Biografie: Friedrich Wilhelm Nohe – Temperamentvoller DFB-Präsident und KFV-Vorsitzender

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Friedrich Wilhelm Nohe – März 1877 in Straßburg – 10.Januar 1962 in Zürich

von Hagen Leopold

Im Jahr 1890 lernte Nohe, als Lehrer der modernen Sprache in der Militärschule in London tätig, das Fußballspiel kennen, dessen begeisterter Anhänger er sehr schnell wurde. Fünf Jahre lang spielte er aktiv in einem englischen Klub. Nach seiner Rückkehr nach Deutschland siedelte er im Jahr 1896 von Wiesbaden nach Karlsruhe über, wo er alsbald Mitglied des Karlsruher Fußballvereins wurde. Schon im Oktober 1896 übertrug man ihm das Amt des ersten Vorsitzenden, das er lange Jahre innehatte. Bereits im Jahr 1894 hatte ein gewisser Walther Bensemann versucht die süddeutschen Vereine zusammenzuschließen. An jenem 17.Oktober 1897 versammelten sich im „Landsknecht“ zu Karlsruhe die Vertreter der acht damals in Süddeutschland maßgebenden Vereine. Nohe fand nach eigener Aussage in seinen Erinnerungen, seinen Gegenspieler in Person des süddeutschen, zu damaliger Zeit in Berlin studierenden Walther Bensemann. Dieser hatte noch einen offenen Brief an die in Karlsruhe zwecks Gründung einer Fußball-Union am 17. Oktober versammelten Fußballer gerichtet. Nohe war stets für sein herausragendes Organisationstalent weit bekannt, und als er als Vertreter seines Vereins KFV der Gründung des Süddeutschen Verbandes 1897 beiwohnte, wurde er einstimmig zum Vorsitzenden gewählt. Er hat die Gunst der Stunde für sich genutzt. Mit Recht, fühlte sich Bensemann als der eigentliche Gründer des Süddeutschen Fußballsports übergangen. Nohe wurde am Ostersonntag 1898 im Hotel Monopol in Karlsruhe zum ersten Vorsitzenden des Verbandes Süddeutscher Fußballvereine gewählt, dem er dann bis 1907 vorstehen sollte.

Als am 28. November 1899 die Auswahlmannschaften aus dem Fußball-Mutterland England und Deutschland den Großen Exerzierplatz zu Karlsruhe betraten und das erste geschichtsträchtige Jahrhundert-Match in Karlsruhe stattfand, war kein geringerer als der Fußball-Pionier Walther Bensemann (der spätere „Kicker“-Gründer) der Schiedsrichter.  Er hatte es sich nicht nehmen lassen, das Jahrhundert-Match auch persönlich anzupfeifen, da er die Deutschland-Tournee der Briten organisiert und auch aus eigener Tasche bezahlt hatte. Es war ein steiniger Weg bis zum sportlichen „Weltwunder“ – die englischen Fußball-Giganten, die so gut wie nie aufs Festland kamen und dann nur für astronomische Summen.

Bensemann, damals ein gerade 26-jähriger Student, ließ sich weder von 62 deutschen Protestbriefen noch von der Absage des geplanten Spielorts in Hamburg entmutigen, sondern bestand auf seinem einmaligen Projekt. Er selbst bezahlte die kolportierten 4.000 Mark Antrittsprämie. Die Engländer erwiesen sich als faire Sportsleute und sollen daraufhin weitere 4.300 Mark an Spesen selbst übernommen haben.

Doch der größte Widerstand gegen dieses Spiel kam ausgerechnet aus Karlsruhe selbst : Denn der Präsident des noch jungen (1897 gegründeten) Süddeutschen Fußballverbandes (V.S.F.V.), Friedrich Wilhelm Nohe, wollte das Ländermatch unter allen Umständen verhindern. Mit drastischen Mitteln: Nohe, der gleichzeitig KFV-Vorstand war, verweigerte nicht nur die Spielstätte am Engländerplatz, sondern verbot auch, dass Verbandsmitglieder bei dem Match auflaufen durften! Dies hatte kuriose Folgen: Der FC Phönix Karlsruhe, bei dem Bensemann gleichzeitig Mitglied (!) war, stellte nun seinen eigenen Platz auf dem „Großen Exer“ zur Verfügung – und wurde dafür auf Betreiben Nohes aus dem Verband geworfen. Noch bizarrer ging es bei den KFV-Spielern Fritz Langer und Julius „Julle“ Zinser zu: Da sie unbedingt mitkicken wollten, kehrten sie kurzerhand ihrem Verein unter dem KFV-Präsidenten Nohe den Rücken und traten beim FC Phönix ein.

Vielleicht waren sich die beiden großen Fußball-Pioniere Nohe und Bensemann schlicht zu ähnlich. Diese Zerwürfnisse wurden weder von Nohe noch von Bensemann auszuräumen versucht. Unabhängig davon wurde Nohe aufgrund seiner Verdienste später auch zum Ehrenvorsitzenden des KFV ernannt.

Neben diesem Amt des Vorsitzenden des Süddeutschen Verbandes wurde er beim 8. Bundestag des DFB am 21. Mai 1904 in Kassel zum Vorsitzenden des Deutschen Fußballbundes gewählt. Just an diesem Tag wurde auch der  Fußball-Weltverband FIFA in Paris gegründet. Nohe sah sich jedoch nach einjähriger Tätigkeit gezwungen, eine beabsichtigte Wiederwahl beim Verbandstag 1905 in Köln abzulehnen, weil es ihm unmöglich war, die beiden Ämter als Vorsitzender des Bundes und des Verbandes auf längere Dauer nebeneinander zu führen, und weil er seinem Süddeutschen Verband nicht untreu werden wollte.

Nohe war einer der Vorkämpfer des Gedankens der Schaffung großer Landesverbände, und die Entwicklung des Deutschen Fußballbundes gab ihm in seiner Auffassung der Dinge Recht. Für die Güte und den Erfolg seiner Arbeit spricht auch die Tatsache, dass er zehn Jahre lang auf den Verbandstagen des SFV stets einstimmig zum Vorsitzenden wiedergewählt wurde. Es traf ihn sehr, dass  gerade das von ihm geplante Stiftungsfest aus Anlass des 10-jährigen Bestehens des Verbandes Süddeutscher Fußballvereine nicht stattfinden sollte, weil sich der Verbandsvorstand 1907 im  Meinungskampf mit dem DFB befand. Es gab zunächst  Differenzen zwischen dem Süden und  Berlin, später auch mit dem DFB selbst. Der von Nohe verlangte sogar den zeitweiligen Austritt seines SFV aus dem DFB. Dies war jedoch  von der Vertreterversammlung wiederholt abgelehnt worden.

Im Jahr 1907 trat Nohe daher von der Leitung des Süddeutschen Verbandes zurück. Mit ihm legten sämtliche Mitglieder des Verbandsvorstandes ihre Ämter nieder. Einmal mehr haben persönliche Differenzen dem verdienten aber auch streitbaren Führer zu seinem im Interesse der Fußballsache bedauerlichen Entschluss geführt. Wie tief sich Nohe durch den ablehnenden Vertretertags-Beschluss getroffen fühlte, möge die Tatsache beweisen, dass er nicht nur die vom gleichen Vertretertag beschlossene Ernennung zum Ehrenvorsitzenden des Verbandes ablehnte, sondern auch seine Mitgliedschaft im Verband süddeutscher Fußball-Vereine aufkündigte! Mit großem Weitblick hatte Nohe den SFV als ersten Verband mit einer Gauaufteilung versehen und folgerichtig mit dieser aufgebauten Verwaltung sinnvolle  Strukturen geschaffen , mit denen sich ein ganzes Verbandsgebiet effektiv verwalten lies, ohne Gefahr zu laufen , dass sich später  weitere kleinere Verbände gründen könnten. In seiner knapp 10-jährigen Amtszeit als 1. Verbandsvorsitzender war die ursprünglich Zahl von acht Vereinen mit 350 Mitgliedern auf fast 200 Vereine mit mehr als  10.000 Mitgliedern gestiegen.

Ausgerechnet Bensemann, Friedrich-Wilhelm Nohes langjähriger größter Widersacher, würdigt die Verdienste dieses Mannes wie folgt: „Mit Nohe selbst ist die bedeutendste Persönlichkeit aus dem deutschen Sport geschieden. Ich bin nicht immer mit seiner Kampfesweise einverstanden gewesen und habe es stets bedauert, dass er das „foriter in re, suaviter in modo“ nicht einhalten konnte. (Übersetzung :„Stark in der Sache, milde in der Art“) Aber wo viel Licht  ist, ist viel Schatten; ein großer und energischer Charakter lässt sich eben nicht ohne Eigenschaften denken, die zu Zeiten verletzend wirken. Ein intelligenter Kopf, ein geborener Massenführer, ein brillanter Redner, ein Mensch von eisernem Willen, der stets wusste, was er wollte, und die richtigen Leute und Mittel zur Erreichung seiner Ziele fand, ein unversöhnlicher Gegner während des Kampfes, so wird er uns stets in Erinnerung bleiben. Er war ein Mann, nehmt alles nur in allem, Ihr werdet nimmer seinesgleichen seh‘n“

Funktionär Nohe. Quelle: Hagen Leopold.
Nohe im DFB-Museum Dortmund, Quelle: KFV-Archiv

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