Walter Ransenberg – April 1923 in Karlsruhe – 6. Mai 2003 in Karlsruhe
Schon mit sieben Jahren trat Walter Ransenberg dem KFV 1931 bei. Der junge KFV-Spieler Walter Ransenberg – Sohn von Leopold – lebte bis 1936 in gutem Einvernehmen mit seinen Lehrern und Mitschülern in der damaligen Pestalozzischule in der Bismarckstraße, bis er eines Tages einen glühenden Nationalsozialisten als neuen Lehrer bekam. Der neue Lehrer erklärte zu Beginn, er könne bei 27 Schülern keine Rücksicht auf einen einzigen nehmen. Als guter Fußballer war er beim Auswählen von Mannschaften im Schulsport immer als erster „gewählt“ worden, unter dem neuen Lehrer jedoch immer als letzter, weil sich die Mitschüler nicht trauten, den „Halbjuden“ in ihre Mannschaft zu wählen. Zahlreiche weitere Kränkungen und Zurücksetzungen seitens jenes Lehrers führten dazu, dass Ransenberg sich weigerte, weiterhin in die Schule zu gehen. Sein Gesuch im Herbst 1936 in die jüdische Schule zu gehen, lehnte das Stadtschulamt ab, da dort nur (voll-)jüdische Schüler aufgenommen wurden. Nach 1933 konnte er nur noch beim jüdischen „Turnclub Karlsruhe“ Fußball spielen, auch beim KFV war für ihn kein Platz mehr geblieben (dort spielte er übrigens zusammen mit Julius Hirsch). Schließlich wurde dem frustrierten Walter immerhin der Wechsel zur Waisenschule in der Stösserstraße erlaubt, wo er besser behandelt wurde.
„Es hat Momente gegeben, wo wir uns abgesetzt hatten, wo wir … versucht haben, das Weite zu finden“. Je nach Situation waren die Ransenbergs bis zu 14 Tage von Karlsruhe weggewesen, um sich drohenden Deportationen zu entziehen. Schmerzlich erinnerte sich er noch an die Deportation seiner Großmutter: Nach Bekanntwerden der Zwangsausweisung von jüdischen Karlsruhern fuhr er alleine zur Wohnung seiner allein wohnenden Oma Berta, die er aber nicht mehr auffand. Er radelte zum Bahnhof, um die Großmutter auf dem Vorplatz zu sehen, konnte sie in der menschenüberfüllten Unterführung (905 Karlsruher Juden wurden an diesem Tag deportiert) nicht mehr finden. Er sah sie nie wieder. Als 15-Jähriger wurde er für kurze Zeit sogar festgenommen. Die Spitze der Hässlichkeit erfuhren Walter und Vater Leopold Ransenberg am Vormittag des 10. Novembers 1938, als man sie zusammen mit jüdischen Mitbürgern wie Vieh über den Karlsruher Marktplatz jagte, angetrieben von einer frenetisch-gehässigen Menschenmenge: „Um halb zehn Uhr morgens kamen sie. Ich sollte mitkommen. Mein Vater und ich. Und da stand unten ein Wagen, wie man ihn verwendet, um Schweine zu verfrachten. Da hat man uns hineingesetzt und über die Kaiserstraße gefahren, im Schritttempo. Am Marktplatz hat man uns aussteigen lassen. Da standen dann schon die Menschen, 1000 und mehr Personen. Man hat eine Gasse gebildet, vielleicht einen Meter breit und 300 bis 400 Meter lang, bis zum Polizeipräsidium. Es gab Leute, die haben gespuckt und geschlagen. Andere haben keinen Ton gesagt“.
Die Demütigungen vergaß das spätere KFV-Ehrenmitglied, das 1962 auch die goldene KFV-Ehrennadel für langjährige Mitgliedschaft erhielt, jedoch nie: „Ich bin mit dieser Sache nie fertig geworden, bis zum heutigen Tag nicht, so dass ich zwischen jedem anderen Menschen und mir immer eine Barriere gelegt sehe“[1], erklärte Ransenberg später. Ransenberg blieb dem KFV in der Nachkriegszeit lange verbunden und war im Jahr 2000 noch als Alterspräsident der KFV-Jahreshauptversammlung mit der Leitung der Vorstandswahlen betraut. Mit seiner Frau Irmgard (gest. 1981) lebte Walter Ransenberg bis zu seinem Lebensende in Ettlingen.
[1] Werner, Josef: Hakenkreuz und Judenstern. Das Schicksal der Karlsruher Juden im Dritten Reich, Karlsruhe, 1988.
