William „Billy“ Townley – 14. Februar 1866 in Blackburn, England – 30. Mai 1950 in Blackpool, England
Townleys Fußballkarriere begann bei Blackburn Swift und Blackburn Olympics. Aufgewachsen in der englischen Baumwollstadt Blackburn, nördlich von Manchester, kam er bereits in den Public Schools mit dem Fußball in Kontakt. Zu Beginn der Saison 1888/1889 wechselte er zu den Blackburn Rovers, zu diesem Zeitpunkt einer der Spitzenclubs in England. In seiner ersten Saison mit den Blackburn Rovers erreichte er mit der Mannschaft den 4. Platz, 14 Punkte hinter Preston North End den damals „Unbesiegbaren“. Mit neu verpflichteten Spielern aus Schottland beendeten die Blackburn Rovers die nachfolgende Saison 1889/1890 bereits als Drittplatzierter nur noch 6 Punkte hinter Preston North End. Besser lief es in dieser Saison im FA Cup in dem sie das Endspiel gegen Sheffield Wednesday erreichten. Townley spielte auf der Position des linken Flügelstürmers und war einer der besten Spieler auf dem Platz, nicht zuletzt wegen seines Hattricks in diesem Spiel (Endstand 6:1) – dem ersten Hattrick in der Geschichte des englischen FA-Cups. Auch bei der Titelverteidigung im FA-Cup in der nächsten Saison 1890/1891 trug Townley seinen Beitrag zum Sieg gegen Notts County bei. Er erzielte das alles entscheidende 3.Tor beim 3:1 Sieg.[1] Aufgrund von Unzufriedenheiten mit der Bezahlung bei Blackburn Rovers wechselte er 1891 zu Stockton. In den folgenden drei Jahren erzielte er 27 Tore in 77 Spielen. In diesen Jahren arbeitete er auch als Lehrer an der Brunswick Street Board School in Stockton. Nach einer kurzzeitigen Rückkehr zu den Rovers (1893/94), schloss er sich dem Zweitligisten FC Darwen an, wo er sechs Jahre verbrachte, bevor er zu Manchester City wechselte. Aufgrund einer schweren Kopfverletzung musste er dort seine Karriere als Fußballspieler beenden. 1889 und 1890 absolvierte Townley zwei Länderspiele für die englische Nationalmannschaft gegen Wales am 23. Februar 1889 (4:1) und 1890 gegen Irland. In diesem Spiel erzielte er zwei Tore zum 9:1 Sieg Englands.
Da Townley sich schon frühzeitig für die theoretischen Elemente des Fußballspiels interessierte und er die notwendigen pädagogischen Kenntnisse bei seiner Lehrerausbildung erwarb, war der Beruf des Fußballtrainers quasi die logische Folge. Was Townley nach Deutschland führte, ist nicht bekannt. Vermutlich lag es am hohen Wettbewerb um renommierte Trainerstellen auf der Insel, die ihn auf den Kontinent führte. Seine Pionierarbeit im süddeutschen Raum bleibt aber bis heute unumstritten. Die unglaublich hohe Anzahl von Trainerstationen umfassten die erfolgreichsten Klubs in Süddeutschland: DFC Prag (1908/09), KFV (17.01.1909-April 1911 sowie im Mai 1912), SpVgg Fürth (1911-13), FC Bayern München (1913/14), SpVgg Fürth (01/1914-08/1914), FC Bayern München 1919-21), FC St. Gallen (1920), SV Waldhof Mannheim (01/1921-03/1921), SC Viktoria Hamburg (1921-23), FC St. Gallen (1923-25), Niederländische Nationalmannschaft (1924), Eintracht Hannover (1926), SpVgg Fürth (05/1926-09/1927), FSV Frankfurt (1927-30), SpVgg Fürth (1930-32) und Arminia Hannover (1932/33).
Doch der Reihe nach: Nach seinem Trainerdebüt beim Deutschen Fußballclub Prag, dem Deutschen Vizemeister von 1903, wurde er für stolze 1000 Goldmark vom KFV verpflichtet, wo er am 17. Januar 1909 sein Amt antrat. Der „Verein konnte dies wagen, weil ein opferbereiter, vertrauensvoller Mitgliederstamm vorhanden war, der […] das Risiko einer Traineranstellung bejahte“. Vermutlich gehörte insbesondere Walther Bensemann zu diesen Mitgliedern, welche die Verpflichtung des Engländers auch finanziell unterstützten.
Geprägt von seinen schottischen Mitspielern bei den Blackburn Rovers war Townley ein Vertreter des schottischen Kurzpassspiels. Der schottische Fußball war zu dieser Zeit ein Gegenentwurf des englisch Kick `n‘ Rush, bei dem es vor allem darum ging, den Ball hoch und weit nach vorne zu schießen, falls man mit Dribbling (welches sehr extensiv betrieben wurde – analog zum Ball halten im Rugby), am Gegenspieler zu scheitern drohte. Die Schotten dagegen „setzten vor allem auf Kombinationsspiel: Die Spieler passten sich den Ball zu, bereiteten einen Spielzug gemeinsam vor […] spielten [..] auch mal quer oder nach hinten. Dabei versuchten sie stets, den Ball flach zu halten“[2]. Beim KFV lautete Townleys taktisches Credo: „Stoppen, Schauen, Zuspielen“.[3] Nach dem gewonnenen Finale gastierte Townleys Ex-Verein, die Blackburn Rovers, in Karlsruhe und schlugen den frischgebackenen deutschen Meister mit 7:1. Der Klassenunterschied zwischen dem englischen und deutschen Fußball war immer noch deutlich. 1911 erfolgte die Trennung von Townley: „Der Vorstand sah sich infolge des mangelhaften Besuchs der Fußball- und Laufübungen genötigt, den Vertrag mit seinem Trainer Townley zu lösen, da bei der geringen Inanspruchnahme dieses Trainings die schwere finanzielle Belastung sich auf Dauer nicht lohnen konnte.“
Seine größte fußballerische Lebensleistung vollbrachte Townley jedoch in seiner folgenden Trainerstation bei der SpVgg Fürth (heute SpVgg Greuther Fürth), deren Aufstieg in die deutsche Eliteklasse er erst ermöglichte. Mit Townley wechselte 1911 auch seine Entdeckung Julius Hirsch zur SpVgg Fürth, bei der er während seiner Trainerlaufbahn insgesamt viermal tätig war. Im Mai 1912 wurde er für wenige Tage nochmals vom KFV „ausgeliehen“, um die Karlsruher im Meisterschaftsfinale 1912 gegen Holstein Kiel zu betreuen (0:1).
Im Dezember 1913 wurde Townley erstmals vom FC Bayern München verpflichtet, bei dem er jedoch nur 5 Monate blieb und im April 1914 nach Fürth zurückkehrte. Im demselben Jahr erreichte er mit den Fürthern das deutsche Endspiel und schlug den damals dreifachen Meister und Rekordtitelträger VfB Leipzig in Magdeburg nach zweimaliger Verlängerung mit 3:2 Toren. Townley und Julius Hirsch errangen damit ihre 2. Deutsche Meisterschaft. Als sich der erste Weltkrieg ankündigte, verließ Townley Deutschland und ging nach England zurück, um einer drohenden Internierung zu entgehen. Ob Townley im 1. Weltkrieg als britischer Soldat diente, ist nicht bekannt. Nur einige Monate nach Kriegsende kehrte Townley nach Deutschland zurück und wurde erneut vom FC Bayern München verpflichtet. Schon vor dem Krieg beeindruckte er dort den Präsidenten Kurt Landauer.
[1] Die Rekordmarke von vier Toren in FA-Cup-Finals, wurde erst in den 1980er Jahren übertroffen.
[2] Escher, Tobias (2016), S. 28.
[3] In einigen Publikationen kann man erfahren, dass Townley das 2-3-5-System nach Deutschland gebracht hat. Allerdings setzten die führenden deutschen Klubs schon lange vor Townleys Ankunft in Deutschland dieses Spielsystem ein.




Vermutlich aufgrund der finanziellen Verhältnisse der Vereine wurde Townley immer nur für kurze Zeit beschäftigt und mit kurzfristigen Aufgaben betreut. So trainierte er den Schweizer Verein St. Gallen auf Leihbasis in einem „Sommertrainingscamp“ und den SV Waldhof Mannheim sollte er auf die süddeutsche Meisterschaft vorbereiten (unter den Spielern Sepp Herberger). Im März 1921 wechselte er für zwei Jahre zu Victoria Hamburg (wo er ein Gehalt von 800 Mark pro Woche bezogen haben soll), bevor er über den FC St. Gallen (1923-1925), und nach seiner kurzen Trainerbeschäftigung bei Eintracht Hannover (1926), zu seinem Lieblingsverein, der SpVgg Fürth, zurückkehrte. In Hamburg wurde er von seinem Sohn James Chadwick „Jimmy“ Townley (1902-1983) begleitet, ein „spindeldürrer aber schusskräftiger Stürmer“, der einen Profivertrag von Tottenham Hotspur erhielt, aufgrund eines Beinbruchs sich auf der Insel aber nie durchsetzen konnte. Mit den Kleeblättern gewann Townley Senior 1926 erneut das deutsche Endspiel in einem ereignisreichen Spiel in Frankfurt gegen Hertha BSC mit 4:1 und somit seinen 3. Deutschen Meistertitel. Seine Zeit in St. Gallen wurde unterbrochen durch die vier Monate dauernde Betreuung der niederländischen Nationalmannschaft bei den Olympischen Sommerspielen 1924 in Paris. Dort verlor er mit seiner Mannschaft im Halbfinale nur knapp gegen das damals weltbeste Team aus Uruguay und musste sich mit dem undankbaren 4. Platz begnügen.
Von 1927 bis 1930 betreute Townley mit dem FSV Frankfurt den Vizemeister von 1925 bevor er erneut nach Fürth wechselte und 1931 die süddeutsche Meisterschaft gewann. Die letzte verbürgte Trainerstation Townleys war Arminia Hannover. 1934 verließ Townley für immer Deutschland. Townley inspirierte u. a. Richard Girulatis, der den ersten Fußball-Lehrfilm und das erste Fußball-Lehrbuch Deutschlands erstellte, und damit auch die späteren deutschen Reichstrainer Otto Nerz und Sepp Herberger.