Biografie: Fritz Müller „Müller-Spitzer“ –  Enfant terrible, Exzentriker, Fußballtalent

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Fritz Müller „Müller-Spitzer“ –  16. Juli 1910 in Karlsruhe – 3. Juli 1984 in Karlsruhe

Aus der Jugend des VfB Karlsruhe kam Müller 1931 zum KFV, wo er seine Feuertaufe in der ersten Mannschaft in der Saison 1931/32 mit Bravour bestand: Am 13. September 1931 schoss er beim 3:0-Sieg gegen den SC Freiburg im ersten Spiel auch gleich sein erstes Tor. Schon sehr früh schwärmte der KFV-Trainer Lawrence vom jungen Stürmertalent (Der Kicker, N. 31, 28.07.1931). Müller – weithin bekannt als „Müller-Spitzer“ – spielte fortan für den nach Frankreich abgewanderten Fritz Keller auf der Position des Mittelstürmers. Müllers Vater war bei der Kriminalpolizei beschäftigt, während Müller Junior als Kraftfahrer bei der Stadt Karlsruhe arbeitete. Zu Beginn der 1930er Jahre galt Müller als einer der begabtesten Fußballtalente des Landes. Bereits 1932 lief er für die Süddeutsche Auswahl auf, mit der er der Schweiz B ein 0:0 abrang. Im Februar 1933 erzielte er in Marseille für die Süddeutsche Auswahlmannschaft beim 4:3 ein Tor gegen die Auswahl von Südostfrankreich („Der raffinierteste aber von allen Stürmern war Müller. Er war Dribbelkönig dieser süddeutschen Mannschaft. Und er beherrscht diese Kunst so vollständig, dass er es fertig brachte, von der Mittellinie aus durch die französosche Halvesreihe durchzubrechen, die französischen Backs zu düpieren und dann mit einem Bombenschuß den dritten Treffer zu markieren“; ASZ, Nr. 14, 15.02.1933). Seine Dribblings wie auch seine Spielweise wurden von den Zeitgenossen bestaunt: „Seinen rechts wie links abgefeuerten glasharten Schüssen stellte sich kein Torwart gerne entgegen […] Wenn er gut aufgelegt war, spielte er alles in Grund und Boden“. 1933 folgte der nächste, konsequente Karriereschritt: Müller wurde von Reichstrainer Dr. Otto Nerz zu Testspielen der Nationalmannschaft eingeladen. In Vorbereitung auf ein Länderspiel in Berlin gegen Frankreich wurde er in einer „mutmaßlichen“ deutschen Nationalmannschaft gegen die Frankfurter Stadtauswahl getestet. Das Spiel endete mit einen enttäuschenden  3:3. Zwar zeigte „Müller [..] eine ganz außerordentlich gute Leistung“, für den Reichstrainer ergab sich jedoch zunächst „kein klares Bild des Sturmes“. Nerz ließ daher zunächst nicht durchblicken, in welcher Aufstellung er die französische Elf in Berlin empfangen wolle („Zur Stunde kann ich noch nichts sagen. Am Sonntag abend wird in Berlin die Entscheidung gefällt werden“). Letztlich stand Müllers Name nicht auf dem Zettel des Reichstrainers. Das Spiel gegen die Franzosen endete mit 3:3. 

Eine Anomalie der Natur verlieh Müller eine besondere Gabe: Müllers „hoher Reihen“, d. h. sein hoher Fußwurzelknochen/Spann, begünstigte seine Schussstärke (die Karlsruher Zeitgenossen nannten es „Sauschuss“). Im Spiel gegen Fürth (3:0) schoss er so „scharf auf das Tor von Fürth, daß der eisenharte Verteidiger Hagen, der durch eine Kopfabwehr ein sicheres Tor verhinderte, bewußtlos zu Boden fiel und minutenlang hinter dem Tor behandelt werden mußte“. Das Talent, den Ball zwischen Abwehrspielern und Keeper hindurch ins Tor zu „spitzeln“, trug ihm den Namen „Spitzer“ sein.

Obwohl er nur einige Jahre als Fußballer in Karlsruhe aktiv war, gelang er durch sein aufbrausendes Temperament und seiner exzentrischen Persönlichkeit zu großer Popularität. Seinen Einsatz in der Nationalmannschaft verbaute er sich allerdings schnell durch Vernachlässigung der sportlichen Disziplin. Oft entschied er – im positiven als auch negativem Sinne – ein Spiel alleine: In einem denkwürdigen Spiel zog Müller die Hosen herunter und präsentierte einem Gegenspieler den Allerwertesten, um zu zeigen, wie viel oder wenig er von einem vorangegangen Kommentar des Kontrahenten hielt. Die gleiche Eskapade soll er sich bei Reichstrainer Otto Nerz geleistet haben. Wegen einer Tätlichkeit und einer Schiedsrichterbeleidigung wurde er im Spiel gegen den VfB Stuttgart vom Platz gestellt und für vier Monate gesperrt. Ein herber Rückschlag für den KFV! Im Jahre 1933/34 wurde er wegen fortgesetzter Unsportlichkeiten und grober Verstöße gegen die Vereinsdisziplin vom KFV freigestellt und vom süddeutschen Fußballverband für ein Jahr gesperrt. Im Januar 1934 bestritt er beim 1:2 gegen den SV Waldhof sein letztes Spiel für den KFV und schloss sich nach seiner Sperre dem inzwischen zum VfB 05 Mühlburg fusionierten Jugendverein an, wo er den Klassenerhalt mit den Mühlburgern in der Gauliga Baden erreichen konnte. Doch auch in Mühlburg hatte sich Müller nicht im Griff: In einem Spiel in Viernheim wurde er gegen den Schiedsrichter tätlich und daraufhin „für dauernd“ aus dem DFB ausgeschlossen.

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