KFV-Trainer im Dritten Reich
in diesem Beitrag geht es um die KFV-Trainer während des Dritten Reichs
Ralph Hymmen – Belgischer Offensivtrainer
24. Dezember 1893 in Antwerpen
Hymmens Eltern stammten aus dem Raum Dortmund und zogen vermutlich aus beruflichen Gründen nach Antwerpen. Hymmen studierte in Antwerpen und trat am 8. September 1909 dem Royal Antwerp FC, dem ältesten Fußballklub des Landes, der deswegen auch „The Great Old“ genannt wird, bei. Dort spielte er 1911 in der Jugendmannschaft sowie in der zweiten Mannschaft, ehe er zu Beerschot AC (Beerschot Antwerpen Club) wechselte, einem Verein aus einem südlichen Randbezirk von Antwerpen. 1911/12 absolvierte Hymmen dort einige Pflichtspiele in der ersten belgischen Liga und entkam mit dem Klub knapp dem Abstieg. Auch bei den Young Boys Bern soll er gespielt haben (Fußball Nr. 35, 31. 08. 1937). In der Gauliga Niedersachen betreute er als Trainer zunächst die „Wunderdorfmannschaft“ SV Algermissen und wechselte daraufhin nach Schlesien zu Vorwärts Rasensport Gleiwitz. Von dort aus zog es ihn an den Norden nach Pommern, wo er sich für zwei Jahre dem SV Viktoria 09 Stolp anschloss. Als Trainer gewann er 1936 und 1937 dort die Pommernmeisterschaft und führte das Team zur deutschen Meisterschaftsendrunde. In der Meisterschaft setzte es jedoch schon in der Gruppenphase hohe Niederlagen gegen Schalke 04, Hertha BSC und Werder Bremen. Beim KFV trat Hymmen am 20. Juli 1937 seine Trainerstelle an.
In der Karlsruher Lokalzeitung (Badische Presse, 3.6.1937, No. 150) ließ er zuvor seinen Lebenslauf in einem Artikel zum Amtsantritt verklären: Als belgischer Landesmeister (er spielte nur für die zweite Mannschaft) soll er für Furore gesorgt haben und zudem als Spieler von West Ham United auf Welttournee gegangen sein (zu dieser Station findet sich kein Nachweis). Die Stärkung des Sturms war das Hauptaugenmerk des Belgiers während seiner Tätigkeit in der Residenzstadt. Der Nicht-Raucher, der auch keinen Tropfen Alkohol trank, war Vorbild in der Lebensführung für die Aktiven. Hymmen blieb bis 1939 beim KFV. Von 1943 bis zum Ende des Spielbetriebs im August 1944 war Hymmen Trainer der Alemannia Aachen, die als erste deutsche Stadt zwei Monate später von den Alliierten eingenommen wurde.
Ludwig Tretter – Bayrischer „Hans Dampf“ und Wandervogel
19. August 1900 in Plattling – gest. in Regensburg
Als Spieler trat der Niederbayer für Jahn Regensburg gegen das Leder. Nach dem 1. Weltkrieg arbeitete er für einige Tageszeitungen, war aber schon zu dieser Zeit als freiberuflicher Sportlehrer und „Wanderlehrer“ aktiv. Seine Fußball-Trainerkarriere begann er beim FC Bayern Hof (1928-30) und dem SSV Elberfeld. Seine ersten renommierten Stationen waren Leipzig, FV Saarbrücken (1936/37), Ulm (1938/39), ehe er über die Stuttgarter Kickers schließlich 1939 beim KFV landete. Tretters Start beim KFV stand unter keinem guten Stern. KFV-Vereinsführer Künkel wurde nach Tretters Verpflichtung unterstellt, er hätte ein schlechtes Zeugnis der Stuttgarter Kickers bei der Entscheidung für einen neuen Trainer absichtlich unterschlagen und somit den Vorstandskollegen nicht genügend zur Kenntnis gebracht. Grund für sein schlechtes Zeugnis bei den Stuttgartern waren wohl „Zwistigkeiten“ zwischen ihm und dem damaligen Stuttgarter Vereinsführer. In Karlsruhe war der Vater von vier Kindern außerdem privater Sportlehrer am Humboldt- sowie am Kantgymnasium. Er gehörte dem Nationalsozialistischen Lehrerbund an.
Ende 1946 forderte er – inzwischen Aushilfskraft an einer bayrischen Schule – verbittert vom „Landesbezirk Baden, Abt. Kultus u. Unterricht“ ihm doch endlich Zeugnisse und Papiere aus seiner Arbeitszeit in Karlsruhe zuzusenden, ohne die er nirgendwo eine Anstellung finden könne: „Nachdem ich nur Antifaschist war, wiederholt von der Gestapo geholt wurde und nur durch Zufall dem KZ entging (der Zufall lautete Einberufung, Krankheit, Krieg, Verwundung und zuletzt Gefangenschaft, wundert mich Ihre Handlungsweise nicht mehr. Mein Freund Orf. Alfred Kanzler hatte nicht unter solchen Zufälligkeiten zu leiden und starb im KZ. Ich selbst kehrte als kranker Mensch heim und konnte an meiner ehemaligen Wirkungsstätte (Kantschule Humboldt- und Rastatt) nicht ankommen, während man gute Nazis ohne weiteres beschäftigt.“[1]
Abbildung: Die erste Mannschaft des KFV in den späten dreißiger Jahren mit Trainer Hymmen (ganz rechts): Spielausschuss und Meisterspieler Tscherter, Weckel, Torhüter Stadler, Nationalspieler Immig, Bolz I, Bolz II, Wünsch, Helm, und Weindel. Knieend von links: Brecht, Benz, Rapp, Walz und Nationalspieler Damminger. Rechts: Der bayrische Fußballlehrer Ludwig Tretter, der zwei Jahre beim KFV wirkte. Quelle: KFV-Archiv / SV Sodingen.
Nach dem Krieg tingelte Ludwig Tretter durch die deutsche Fußballwelt: 1947/48 trainierte er Wacker München, in der Oberliga Süd schließlich den BC Augsburg (1948/49), den TSV Schwaben Augsburg (1949-1951) und 1952 erneut kurzzeitig den FC Bayern Hof. Über den VfR Mannheim (1952/53) kam er zum SV Sodingen. Der Verein aus dem Bergmannsstädtchen konnte sich unter Tretter für die Endrunde der deutschen Meisterschaft qualifizieren. Gegen den HSV verlor der SV Sodingen dort in der Gruppenphase knapp mit 1:0 in der 81. Minute und verpasste damit die K.O.-Phase. Ein vermeintlicher Ausgleich, der wegen Handspiels des Sodinger Spielers Wächter aberkannt wurde, brachte Trainer Tretter in einem Interview mit dem Kicker in Rage: „Da will doch nicht etwa ein Mensch behaupten, es sei ein Handspiel Wächters gewesen. Unserem Wächter fehlt doch der Unterarm überhaupt. Ich habe keine Worte mehr!“. 1953/54 wechselt Tretter schließlich zu Preußen Münster.
Rudolf Jansen – Glückloser Rheinländer
Der um 1895 geborene Rheinländer soll sich als Schüler der Borussia Mönchengladbach (damals noch München-Gladbach) angeschlossen und schon mit 16 Jahren in der Erstligaelf gestanden haben. 1912 – mit 17 Jahren – spielte er bereits repräsentativ für den Westdeutschen Fußballverband. Der Mittelläufer wechselte jedoch bald zum VfR Köln 04 (Vorreiter der heutigen Viktoria Köln) und diente im 1. Weltkrieg als Soldat. Nach dem Krieg zog es ihn angeblich in die Niederlande zu Go Ahead Deventer. Laut einem Artikel der Badischen Presse zur Vorstellung des Trainers gehörte er zum Team, das zweimal die holländische Meisterschaft (1917 und 1922) holte. Nachgewiesen ist in Deventer aber nur ein Jansen, der in der zweiten Mannschaft spielte. Ob Jansen seinen Lebenslauf frisierte oder der KFV absichtlich dick auftrug, ist nicht bekannt. Von 1924 bis 1927 soll er Trainer von MVV Maastricht gewesen sein. Auch das ist nirgendwo verbürgt. Über Bremen, Borussia Rheine (heute: FC Eintracht Rheine), Preußen Münster und VfB 03 Bielefeld (heute: VfB Fichte Bielefeld) kam Jansen schließlich zum KFV. Jansen lehnte strikt die damals neue WM-Formation aus England ab und gehörte damit zu den fußballerischen Traditionalisten, die dem 2-3-5-System nahe standen. Im Abstiegsjahr des KFV wurde er schon früh entlassen und in der KFV-Mitgliederversammlung als „ungeeignete Person“ abgestempelt.
EINSCHUB: Kurioser Gast im Klubhaus (aus einem Brief des KFV an den „Kreisführer“ Landhäusser, August 1939), aus einem Brief von KFV-Trainer Tretter:
Am Sonntag den 20. August [1939] erschien um 12 Uhr mittags im Clubhaus des KFV in leicht angeheitertem Zustand ein Herr der sich sofort an den Tisch setzte an dem ich mein Essen einnahm. Derselbe war mir unbekannt. Er stellte zuerst allgemeine Fragen über den KFV, die ich ihm nicht beantworte. Daraufhin ging er aus sich heraus und gab sich als Interessenvertreter vom Führer aus und erkläre mir er könne mich zwingen ihm Antwort zu geben […]. Seine Drohung wenn ich ihn keine Auskunft gebe so werden über den KFV in seiner Zeitung keine Nachrichten mehr gebracht, veranlassten mich ihm nach seinem Ausweis zu fragen. Er gab mir darauf zu verstehen, dass er auch noch Schriftführer des VfB Mühlburg sei und er mich doch schon jahrelang kenne und er möchte von mir doch gerne wissen, welche Rolle ich mit meiner derzeitigen unmöglichen Elf in der Meisterschaft spielen wolle. [Der Gast] geriet [..] in Wut und sagte Brecht [KFV-Kapitän Oswald Brecht, der kurz zuvor zum Lokalrivalen Mühlburg wechselte] ist weg und andere werden folgen. Er sei der Mann gewesen der Brecht in Huttenheim wiederholt besucht habe und alles eingeleitet hätte. […] Er habe Brecht besoffen gemacht und ihn dann unterschreiben lassen […] durch den Weggang Brechts sei der ruhmreiche KFV am Verrecken. Er benahm sich derart unverschämt, dass ich die Absicht hatte ihn aus dem Lokal zu werfen, wurde aber von unserem Clubwirt gebeten davon im Interesse der Ruhe Abstand zu nehmen. Er hatte dann auch noch die Frechheit unsere Kabine der ersten Mannschaft zu betreten […]. Daraufhin betrat er das Spielfeld und legte sich hinter das Tor und erklärte wiederum er sei Pressevertreter. Er musste unter Anwendung von Gewalt aus dem Platze entfernt werden.
[1] GLA Karlsruhe, 235-1, 4636.

