von Andreas Ebner
In der mittlerweile 125-jährigen Vereinsgeschichte des Karlsruher FV nimmt der Zeitraum zwischen 1933 und 1945 einen besonderen Stellenwert ein. Das Besondere daran war, dass die politische Umwälzung im Deutschen Reich, die sich 1933 mit der Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler Bahn gebrochen hatte, nicht nur den öffentlichen Lebensbereich mit der NS-Ideologie überzog sondern auch jenen, der über diesen Bereich hinaus gemeinhin mit dem Begriff „privat“ in Verbindung gebracht wird. Der Einzelne sollte nur Teil eines großen Ganzen sein, ein winziger Baustein eines Staatengebildes, das – entgegen der Verlautbarungen der NS-Elite, wonach das von ihr geschaffene Reich als das tausendjährige in die Geschichtsbücher Eingang finden sollte – nur einen Wimpernschlag in der Geschichte der Menschheit dauerte – und doch so nachhaltig in Erinnerung bleibt, weil in diesem Zeitraum sich Dinge ereigneten, deren Aufarbeitung bis in die Gegenwart reicht und die moderne Geschichtsschreibung noch lange Zeit beschäftigen wird. Das Ende des Großdeutschen Reiches, aus dem ein Germanisches Weltreich entstehen sollte, hatte sich schon lange vor der „eigentlichen“ Kapitulation am 8. Mai 1945 angedeutet, und zwar nach dem verlorenen Feldzug gegen den bolschewistischen Erzfeind, welcher mit der Einkesselung der 6. Armee in Stalingrad im Winter 1942 eingeläutet wurde.
Heute, mehr als sieben Jahrzehnte danach, sind die Wunden, welche die Diktatur und der Zweite Weltkrieg hinterließen, noch nicht alle verheilt. Die Erinnerung an diese Zeit wachhalten oder wachrufen – dieses Unterfangen ist Herausforderung und Verpflichtung zugleich. War das Interesse an diesem Zeitabschnitt der deutschen und europäischen Geschichte in den Anfangsjahren nach der „Stunde Null“ nicht sehr ausgeprägt, so zeigt die Kurve mittlerweile in die andere Richtung, gilt es doch, alle Lebensbereiche möglichst umfassend auszuleuchten. Lange Zeit war der sportliche Sektor vernachlässigt, verschiedene Publikationen der letzten Jahre deuten darauf hin, dass inzwischen ein Umdenken stattgefunden hat.
Im Folgenden soll nicht nur die sportzentrierte Entwicklung des KFV aufgezeigt (I), sondern – soweit möglich – auch die Beziehungen des Vereins zu den offiziellen politischen Stellen offengelegt werden (II). Vereinsversammlungen und Jubiläen (III) sowie Biografien der Vereinsvorsitzenden des KFV in der Zeit des Dritten Reichs, sogenannte „Vereinsführer“, werde am Ende des Kapitels behandelt.
Die sportliche Entwicklung in der Gauliga Baden
Als eines von zehn Gründungsmitgliedern war es dem KFV vergönnt, in die neugeschaffene Gauliga eingereiht zu werden. Diese war im Sommer 1933 innerhalb der Grenzen des Landes Baden gebildet worden als eine von anfänglich 16 Gauligen im Deutschen Reich. Den Karlsruher Vereinen gestand die Gausportführung drei Startplätze zu, zwei davon waren fest vergeben – an den Karlsruher FV und den FC Phönix Karlsruhe. Wer von den beiden anderen in Frage kommenden Vereinen – FC Mühlburg und VfB Karlsruhe – der Dritte im Bunde sein durfte – diese Streitfrage wurde durch den Zusammenschluss der Mühlburger mit dem in der Weststadt beheimateten VfB Karlsruhe zum VfB Mühlburg zur Zufriedenheit aller Beteiligten gelöst.
Ob man die acht Spielzeiten, in denen der KFV der Gauliga angehörte, aus heutiger Sicht als „erfolgreich“ qualifiziert, hängt von der Interpretation ab, die man diesem Begriff zugrunde legt. Gemessen an (Gauliga-)Titeln sicherlich nicht, denn diese gingen ausnahmslos nach Mannheim, was bedeutet, dass dem Karlsruher Publikum Spiele um die deutsche Meisterschaft verwehrt blieben. Grund zur Freude hatte man trotzdem. Denn 1938 – nach dem Abstieg in die Bezirksklasse – wurde man auf Anhieb Meister und rückte wieder ins Oberhaus auf wie auch 1943 nach zwei Jahren der erneuten Abstinenz von der badischen Eliteklasse. Zu registrieren sind also zwei Meisterschaften in dieser Zeitspanne, beide errungen im „Unterhaus“, wie man noch heute zur zweiten Spielklasse zu sagen pflegt.
Unter Trainer Leopold Kastner schlug das sportliche Pendel des KFV am höchsten, sprich: erfolgreichsten, aus. Es war die Saison 1935/36, die man im 45. Jahr des Bestehens mit dem 3. Tabellenplatz abschließen und gleichzeitig auch die beiden Lokalkonkurrenten FC Phönix Karlsruhe und VfB Mühlburg hinter sich lassen konnte. Insgesamt 100 Begegnungen waren es, die die Vereine auf dem Gauligaparkett gegeneinander austrugen, davon 30 mit Beteiligung des Karlsruher FV.Anknüpfend an die Ausführungen im Festbuch zum 90-jährigen Jubiläum und um Wiederholungen zu vermeiden, hielten wir es für angemessen, uns der Zeit in der Weise zu nähern, indem wir, in chronologischer Abfolge und ausgehend von der Zahl 11 als feste Größe im Fußballsport, jene 11 (Gauliga-)Spiele herausgreifen möchten, die uns am bemerkenswertesten erscheinen bzw. es im Rahmen dieser Betrachtung verdienen, festgehalten zu werden.
(1) 1. Gauligaspiel des KFV
09.09.1933: Karlsruher FV – VfL Neckarau 2 – 1 (1-1)
Stadler – Huber I, Wünsch – Nagel II, Reiser, Schneider – Gaßmann, Siccard I, Müller, Bekir, Maier
Tore: 0-1 Seitz (26.), 1-1 Müller (40./FE), 2-1 Müller (49.)
Schiedsrichter: Glaser ( Neckarsulm )
Zuschauer: 3000 / ca. 4000
Bes. Vork.: Diringer (Neckarau) hält FE von Müller (1. Halbzeit)
3000 Zuschauer waren zu diesem Spiel erschienen, „trotz des gleichzeitig stattfindenden 1. Nationalsozialistischen Großflugtages.“ (Hakenkreuzbanner, 11.09.1933) In punkto Spielkultur war die Begegnung anfänglich keine Offenbarung, wobei der starke Wind den Spielfluß doch sehr beeinträchtigte. Auf Seiten des KFV ragte ein Mann heraus: Fritz Müller, in und um Karlsruhe, ja in ganz Baden unter dem Kosenamen „Spitzer“ bekannt. Durch einen Doppelpack des „Spitzer“ sicherte sich der KFV seine ersten beiden Punkte in der Gauliga. Im KFV-Mitteilungsblatt war zu lesen:
… wir siegten, nicht schön, aber arbeitsmäßig, pflichtbewußt. Unser Stil wird vorläufig kein Schaustück sein, dazu fehlen uns die Künstler. Feinheiten, Variationen, Kombinationsbilder auf kleinen Räumen werden selten auftreten. Die Art unserer Spieler gestattet ihnen, ein konsequentes, fleißiges, kampfbetontes Spiel zu zeigen, mit eisenharter Abwehr, wobei eben soviel Stürmer nach rückwärts beordert werden müssen, als der überlegene Gegner uns abverlangt. Wir „mauern“ nicht freiwillig, sondern schicken dorthin unsere Spieler, wo die Kameraden sie brauchen. Wir gehen aber sofort zur Offensive über, wenn der Gegner es erlaubt ! Wir kämpfen lieber auf feindlichem Boden als in unserer Heimat …
Quelle: KFV-Mitteilungen Nr. 1, Jg. 1933/34, November 1933, Seite 10.
(2) Der Tabellenführer verliert beim Schlusslicht
05.11.1933: SC Freiburg – Karlsruher FV 4 – 2 (3-0)
Karlsruher FV: Stadler – Immel, Nagel II – Siccard I, Wünsch, Schneider – Echle, Ahl, Müller, Link, Bekir
Tore: 1-0 Koßmann (15.), 2-0 Stolz (17.), 3-0 Koßmann (40.), 4-0 Gäßler (48.), 4-1 Bekir (58.), 4-2 Ahl (78.)
Schiedsrichter: Selzam (Heidelberg)
Zuschauer: 2500 / 3000
„Sportclubs großer Sieg“ (Freiburger Zeitung), „Sensation in Freiburg“ (ASZ), „Eine Überraschung“ (Der Alemanne) – schon die Schlagzeilen ließen es anklingen, dass die Begegnung einen anderen Verlauf angenommen hatte als man es vor dem Zusammentreffen beider Mannschaften vermuten durfte. „Man kommt eigentlich in die Versuchung, dem Tabellenersten gegenüber dem Letzten der Tabelle einen sicheren und glatten Sieg zuzusprechen, wenn man nicht die Launen des Sportclubs kennen würde“ schrieb die Breisgauer Zeitung in ihrer Vorschau. Just diesen Launen mußte sich der KFV beugen und unterlag – wie auch zuvor der VfB Mühlburg – im Winterer-Stadion des SC Freiburg. Innerhalb von zwei Minuten lag der KFV mit 0-2 hinten, „von diesem Augenblick an war es um die Harmonie im KFV-Gefüge geschehen, während die SC-ler dagegen zu einer Form aufliefen, die stark an die denkwürdigen Trostrundenspiele anno 1928 erinnerte“ (Freiburger Zeitung). Auch der Berichterstatter der KFV-Mitteilungen fand deutliche Worte: „Das war die bisher schwächste Mannschaft, die auch das schwächste Spiel lieferte. Der Sturm war ein sanftes Windchen. Nur Bekir zeigte forschen Angriffsgeist.“ (KFV-Mitteilungen Nr. 1, Jg. 1933/34, November 1933, Seite 12).
(3) Rekordkulisse und 1. Sieg im Derby
05.01.1936: Karlsruher FV – FC Phönix Karlsruhe 3 – 0 (2-0)
Karlsruher FV: Stadler – Immel, Bolz I – Reiser, Wünsch, Schneider – Brecht, Benz, Rapp, Huber I, Damminger
Tore: 1-0 Brecht (3.), 2-0 Rapp (31.), 3-0 Rapp (80.)
Schiedsrichter: Kläger (Offenburg)
Zuschauer: > 6000
Im 6. Gauligaspiel beider Vereine gegeneinander gab´s den 1. Sieg für den KFV zu vermelden, und das vor einer Rekordkulisse von über 6000 Zuschauern. Es war das mittlerweile 96. Aufeinandertreffen der beiden deutschen Altmeister, zu welchem der Ex-Brötzinger Rapp zwei der drei Treffer beisteuerte. „Die Leistung des KFV war großartig. Hier gab es kein langes Zipfeln und Überlegen, keine übertriebenen Künsteleien und Schnörkel, sondern eine Methode, die nur von einem Ziel beherrscht war, nämlich auf kürzestem und sicherstem Weg zu Erfolgen zu kommen. Die Mannen vom KFV arbeiteten auf allen Plätzen mit Vernunft und Erfolg. Gut eingeschlagen hat vor allem der Sturmführer Rapp, der nicht nur Tore schoß, sondern auch in der Ballverteilung, wie überhaupt in der ganzen Anlage des Angriffsspiels ansprechende Leistungen zeigte“ (Badische Presse, 06.01.1936).
Auch hier schlägt die militärische Erstarkung des Deutschen Reichs – wenige Monate zuvor war die allgemeine Wehrpflicht eingeführt worden – auf die Berichterstattung durch, wenn es etwa heißt: es war nicht nur der prickelnde Reiz dieses „Lokalkampfs“, der über 6000 Zuschauern den Marschbefehl hinter die Telegraphenkaserne diktierte, sondern ebenso sehr auch die besondere Lage beider Vereine, die laut Tabellenbarometer dem einen den Weg zur Meisterschaft weit offen ließ, den anderen jedoch in unheilvollste Abstiegssorgen verwickelte. Unter diesen Umständen gab es für Phönix nur die eine, von der nackten Existenzsicherung diktierte Devise: siegen oder sterben (Badische Presse, 06.01.1936).




(4) Vor rund 8000 Zuschauern: Der KFV besiegt den Meister
16.02.1936: Karlsruher FV – SV Waldhof 3 – 2 (1-1)
Karlsruher FV: Stadler – Immel, Bolz I – Helm, Wünsch, Reiser – Brecht, Benz, Rapp, Götter, Huber I
Tore: 1-0 Rapp (1.), 1-1 Siffling I (36.), 2-1 Huber (75.), 2-2 Heermann (85.), 3-2 Brecht (86.)
Schiedsrichter: Bräutigam (Freiburg)
Zuschauer: ca. 7500 / 8000
Vor der größten Kulisse, die der KFV zu Gauligazeiten in seinem Stadion begrüßen durfte, zählt diese Begegnung gegen den SV Waldhof, der lange Zeit die Tabellenführung innehatte, welche er nach dieser Niederlage vorübergehend an den 1. FC Pforzheim abtreten musste. Es war die Revanche für die hohe Niederlage im Hinspiel. Mit 8-2 hatte der SV Waldhof kurz vor dem Jahreswechsel den KFV besiegt, „Waldhof verkörperte beste Fußballschule“ (Der Führer). Diese Niederlage, die einer Demütigung gleichkam, nahm sich der KFV zu Herzen. Sehr sogar. „KFV hatte in seiner Mannschaft, obwohl er diesmal auf den gesperrten Damminger verzichten mußte, keinen schwachen Punkt. Die Mannschaft spielte mit Hergabe des letzten an körperlicher Kraft und rang den Gegner verdient nieder“ schrieb das in Mannheim erscheinende Hakenkreuzbanner (HKB, 17.02.1936). „Der KFV hat dem voraussichtlichen badischen Meister eine völlig gerechte und einwandfreie Niederlage beigebracht“ war in der Badischen Presse zu lesen (Badische Presse, 17.02.1936), und auch die ASZ lag auf dieser Linie: „Die Karlsruher waren von einer Angriffsfreudigkeit, gepaart mit einem so gediegenen Können, daß ihnen letzten Endes verdientermaßen der knappe Sieg zufallen mußte“ (ASZ, 17.02.1936).
(5) Höchster Gauligasieg beim Lokalkonkurrenten
14.02.1937: VfB Mühlburg – Karlsruher FV 0 – 4 (0-2)
Karlsruher FV: Stadler – Huber I, Bolz I – Reiser, Wünsch, Holzigel – Walz, Benz, Rapp, Huber II, Litsch
Tore: 0-1 Rapp (22.), 0-2 Benz (30.), 0-3 Holzigel (62.), 0-4 Bolz (75.)
Schiedsrichter: Wacker ( Niefern )
Zuschauer: > 5000
Neue Hoffnung keimte auf nach dem deutlichen 4-0 Sieg im Lokalderby, der den Abstand auf den gleichfalls abstiegsgefährdeten VfB Mühlburg auf drei Punkte verkürzte. Sollte der KFV doch noch dem drohenden Abstieg entgehen können? Es war nur ein kurzes Aufflackern, denn schon im nächsten Spiel gegen den 1. FC Pforzheim blieb man beim 1-3 nur zweiter Sieger, während den Mühlburgern wiederum eine Woche später gegen denselben Gegner ein Sieg in gleicher Höhe gelang. Der Abstieg war dennoch – trotz eines 7-1 Sieges gegen den Freiburger FC – am Ende nicht zu vermeiden. Weshalb sich der KFV eine Spielklasse tiefer begeben musste? Bis zuletzt war unklar, wer die Mannschaft übernehmen würde, nachdem Heiner Stuhlfauth kurzfristig seine Zusage zurückgezogen hatte. Heinz Jansen aus Münster/Westf. erfüllte die Erwartungen nicht, und schließlich sprang Jean Vogel, einst Mittelstürmer im Verein, in die Bresche. Da er gleichzeitig noch bei den Durlacher Germanen aktiv spielte, war es ihm nicht möglich, bei sämtlichen Verbandsspielen anwesend zu sein. Ein weiterer Umstand war die schlechte körperliche Verfassung der Mannschaft, die darauf zurückzuführen war, dass etliche Spieler nicht regelmäßig am Training teilnehmen konnten, und schließlich habe es an der Ungeeignetheit vieler Stammspieler der 1. Mannschaft gelegen, so dass in 18 Begegnungen 25 Spieler zum Einsatz kamen. Ein weiterer Punkt verdient festgehalten zu werden, nämlich, dass man eine positive Tordifferenz aufzuweisen hatte: 25-22 Treffer. „Hat man je in der Sportgeschichte ein ähnliches Kuriosum erlebt?“ (KFV-Mitteilungen, Jg. 1936/37, Juni 1937, Seite 4). Wir wissen es nicht, können es aber zumindest für die badische Gauliga verneinen.
(6a) Höchster Gauligasieg (1)
04.04.1937: Karlsruher FV – Freiburger FC 7 – 1 (4-1)
Karlsruher FV: Stadler – Huber I, Bolz I – Bolz II, Wünsch, Holzigel – Walz, Echle, Damminger, Bekir, Huber II
Tore: 1-0 Wünsch (10.), 2-0 Walz (12.), 3-0 Bekir (16.), 4-0 Huber II, 4-1 Roser (35.), 5-1 Walz (53.), 6-1 Huber II, 7-1 Damminger (71.)
Schiedsrichter: Schmetzer (Mannheim)
Zuschauer: knapp 3000 / 3200 / 3500
Es ist bereits angeklungen. Der 7-1 Sieg gegen den Freiburger FC hielt den KFV kurzfristig noch „am Leben“. Mehr aber nicht. „Dieser KFV legte vor 3000 Zuschauern ein Spiel hin, das Hand und Fuß hatte und das von einer Hingabe getragen wurde, die begeistern mußte“ schrieb die Freiburger Tagespost. „Der einheimischen Elf ein Gesamtlob“, so die Badische Presse in ihrer Nachbetrachtung. Weiter heißt es: „Dennoch muß das Spiel des alten Kämpen Bekir besonders herausgestellt werden. Was Bekir gestern wieder zeigte, ist der größten Hochachtung würdig. Von der ersten bis zur letzten Minute kämpfte er, spielte seine Kameraden frei und schoß ein Tor. Eine ganz besondere Leistung war sein Solodurchbruch am Ende des Spiels. Nur schade, daß der Torschuß nicht den verdienten Erfolg brachte, die Querlatte war der Retter für Freiburg.“ Für den 37-jährigen Bekir war es das letzte Gauligaspiel vor heimischem Publikum. Zwei weitere Spiele, beide auswärts, schlossen sich an, danach war Schluss für den „Bomber“, der insgesamt 26 Einsätze in der Gauligamannschaft des KFV bestritt und dabei 6 Mal erfolgreich war.
(6b) Höchster Gauligasieg (2)
25.12.1938: Karlsruher FV – Offenburger FV 7 – 1 (4-0)
Karlsruher FV: Eßwein – Immig, Bolz I – Helm, Wünsch, Holzigel – Brecht, Benz, Hellwig, Morlock, Damminger
Tore: 1-0 Damminger (2.), 2-0 Damminger (5.), 3-0 Brecht (29.), 4-0 Morlock (39.), 5-0 Wünsch (57.), 5-1 Wagner (72.), 6-1 Morlock, 7-1 Brecht
Schiedsrichter: Brust ( Mannheim )
Zuschauer: ca. 800-900 / ca. 1000
Auf schneebedecktem Platz und bei 5 Grad Kälte begegneten sich beide Mannschaften erstmals in einem Spiel um Gauligapunkte. Letztmals war man in der Saison 1932/33 aufeinandergetroffen, als die höchste Spielklasse noch Bezirksliga hieß. Mit 1-1 hatte man sich damals die Punkte geteilt, diesmal gab´s keine Kompromisse. „KFV in Festtagsstimmung“ lautete die Schlagzeile in der ASZ, die den OFV als die „schwächste Mannschaft in der badischen Gauliga“ bezeichnete. Tatsächlich wurde der OFV diesem „Ruf“ gerecht, verblieb am Ende aber dennoch in der Gauliga, da diese in der folgenden Saison geteilt wurde. Ein Spiel um Punkte zwischen beiden Vereinen gab´s seitdem nicht mehr.




(7) Ausschreitungen und Platzsperre
05.02.1939: Karlsruher FV- VfR Mannheim 0 – 0
Karlsruher FV: Eßwein – Immig, Bolz I – Helm, Wünsch, Haas – Brecht, Benz, Hellwig, Morlock, Damminger
Tore: —
Schiedsrichter: Bräutigam (Freiburg)
Zuschauer: 4500 / 5000 / 6000
Ein Spiel, das nicht zu jenen gehört, an die man sich gern zurückerinnert. Und zwar deshalb nicht, weil der eigentliche Zweck des Zusammentreffens, das Fußballspiel, mehr und mehr in den Hintergrund gedrängt wurde. „Leider bekam man im Verlauf des Treffens … Dinge zu sehen, die mit Fußball nichts mehr zu tun haben. Fußball ist ein Kampfsport, der den Einsatz jeden Spielers erfordert, der aber nicht so weit gehen darf, daß am Ende des Treffens 4 Mann das Krankenhaus aufsuchen müssen“ (Badische Presse). Zum Sündenbock auserkoren wurde Schiedsrichter Bräutigam aus Freiburg: „Es tut uns leid, diese Feststellung treffen zu müssen, denn Bräutigam ist ein so anständiger Mensch und war in den langen Jahren als aktiver Gauligaspieler ein so vorbildlich fairer Sportsmann, daß wir ihn ungern in den Mittelpunkt einer öffentlichen Polemik stellen. Aber es steht unabänderlich fest, daß sein uns unerklärliches Versagen in allererster Linie ausschlaggebend für die schauderhaften Vorkommnisse in dem betreffenden Spiel war“ (KFV-Mitteilungen, Jg. 1938/39, Nr. 4, März 1939, Seite 4). Die Gaubehörde urteilte nicht gerade zimperlich. Sechs Monate Sperre für den Schiedsrichter und 2 Spiele Platzsperre für den KFV, ferner wurden die KFV-Spieler Damminger und Morlock sieben bzw. zwölf Monate vom Spielverkehr ausgeschlossen.
(8) Ein durchaus ungewöhnliches Resultat
7.1.1940: Karlsruher FV – 1. FC Pforzheim 5 – 10 (2-4)
Karlsruher FV: Kraft – Nagel, Weiß – Arnold, Herold, Schweizer – Schwörer, Herter, Steimle, Rapp, Wiegand
Tore: 1-0 Schwörer (5.), 1-1 Rau, 1-2 Fischer I, 2-2 Schwörer, 2-3 Rau, 2-4 Dierlamm, 2-5 Fischer I, 2-6 Rau, 2-7 Rau, 3-7 Herter, 4-7 Schwörer, 5-7 Wiegand, 5-8 Dierlamm, 5-9 Hartmann, 5-10 Rau
Schiedsrichter: Lauer (Plankstadt)
Zuschauer: ca. 200
Bes. Vork.: Wiegand verschießt Elfmeter (2. Halbzeit)
Ein „Schützenfest auf dem KFV-Platz“ (Pforzheimer Rundschau) zu Beginn des neuen Jahres – und das vor nur 200 Zuschauern. Was am kalten Januarsonntag und dem gleichzeitig stattfindenden Spiel im Wildparkstadion (FC Phönix Karlsruhe – 1. FC 08 Birkenfeld) gelegen haben könnte, wie der Berichterstatter des Führer vermutete. Der Pforzheimer Rau erzielte allein die Hälfte der Treffer seins Teams, welches die Qualifikation für die Endrunde nur knapp verpasste. „Das Spiel wurde von den mit der besseren Mannschaft vertretenen Pforzheimern auf Grund ihrer größeren Beweglichkeit verdient gewonnen, wenngleich ihre Überlegenheit nicht so groß war, wie die Tordifferenz vermuten läßt“ (Der Führer).
(9) Höchste Heimniederlage
10.11.1940: Karlsruher FV – VfB Mühlburg 0 – 10 (0-4)
Karlsruher FV: Moll – Geisler, Haug – Pförtner, Haas, Siccard – Sprießler, Benz, Beck, Günther, Scherer
Tore: 0-1 Seeburger (3.), 0-2 Rastetter (27./FE), 0-3 Fischer (32.), 0-4 Fischer (44.), 0-5 Rastetter (55.), 0-6 Fischer, 0-7 Gruber (FE), 0-8 Rastetter, 0-9 Seeburger I, 0-10 Rastetter (89.)
Schiedsrichter: Pennig (Mannheim), Zuschauer: > 2000
Ausgerechnet im Lokalderby gegen den VfB Mühlburg erlebte der KFV seine schwärzeste Gauliga-Stunde. Schon im Hinspiel war man dem VfB mit 0-9 unterlegen, und nun das ! Mit einer „reinen Verlegenheitself“ sei man gegen den VfB Mühlburg überhaupt angetreten, stand in den KFV–Mitteilungen zu lesen. „Das einzige Bollwerk, das dem Mühlburger Tatendrang Widerstand leisten konnte, hieß Moll und stand beim KFV zwischen den Pfosten. „Er hielt, was zu halten war und war mit Abstand der beste Mann“ (KFV-Mitteilungen Nr. 6, Jg. 1940/41, Dezember/Januar, Seite 2 ). Das Derby blieb nicht ohne Nachklänge. Weil einige Zuschauer, wohl Anhänger des VfB Mühlburg, den Kantersieg zu verbalen Ausfällen zum Anlass nahmen („Wo bleibt der Altmeister ?“), sah sich der KFV genötigt, die Dinge richtigzustellen und darauf hinzuweisen, dass man wesentlich mehr Spieler zum Wehrdienst habe abstellen müssen als der VfB, dessen (Stamm-)Spieler aufgrund ihrer heimatnahen Verwendung in der Rüstungsproduktion in schöner Regelmäßigkeit in den Gauligaspielen zum Einsatz kamen. Ein klarer Fall von Wettbewerbsverzerrung!
(10) Eine von zwei Niederlagen, die der spätere Meister Neckarau in dieser Saison einstecken musste
01.12.1940: Karlsruher FV – VfL Neckarau 2 – 1 (2-1)
Karlsruher FV: Moll – Weiß, Huber I – Morlock, Geisler, Pförtner – Keck, Scherer, Steimle, Siccard, Rohrer
Tore: 1-0 Rohrer (16.), 2-0 Pförtner (17.), 2-1 Preschle (30.)
Schiedsrichter: Boeres ( Lahr )
Zuschauer: 1200 / 1500
Mit zehn Mann nahm der KFV dem späteren Meister VfL Neckarau beide Punkte ab. Siccard war kurz vor der Halbzeitpause verletzt worden und stand beim Wiederanspiel zwar auf dem Platz, musste diesen jedoch kurze Zeit später endgültig verlassen, während sich seine Kameraden den Neckarauer Angriffen vehement entgegenstellten und den knappen Vorsprung über die Zeit retten konnten. „Dem KFV gebührt ein Kompliment! Er hat sich nach der Reihe der unglücklichen Niederlagen ernsthaft aufgerafft und sein Selbstbewusstsein wieder gefunden. Die Mannschaft hat vollbracht, was einem VfR Mannheim, einem 1. FC Pforzheim nicht gelungen ist: die kampfstarken Neckarauer zu schlagen. 1500 Zuschauer sahen den Karlsruher Sieg und erkannten ihn beifällig an“ (Badische Presse ).
(11) Letztes Gauligaspiel
05.03.1944: FC Rastatt – Karlsruher FV 3 – 4 (0-1)
Karlsruher FV: ( Aufstellung nicht bekannt )
Tore: 0-1 Willimowski (40.), 1-1 Dürrschnabel (65.), 1-2 Bachmann, 2-2 Schäfer, 2-3 Willimowski (78.), 2-4 Willimowski, 3-4 Babel (85.)
Schiedsrichter: Pennig ( Mannheim )
Zuschauer: nur wenige Hundert
Ein Dreierpack von Ernst Willimowski, der es in den Jahren 1941 und 1942 als Spieler des PSV Chemnitz bzw. TSV 1860 München auf acht Einsätze in der deutschen Nationalmannschaft gebracht hatte, sicherte dem KFV im letzten Gauligaspiel beide Punkte. „Entscheidenden Anteil des Erfolges der Gäste hatte zweifellos Willimowski, der alle seine Kameraden überragte, nicht nur, weil alle Direktiven von ihm ausgingen, sondern weil er darüber hinaus noch vollendete Fußballkunst mit allen Feinheiten demonstrierte, die ihn zum besten Spieler auf dem Platz stempelt“ (Der Führer). Leider ist die Aufstellung zu diesem letzten Gauligaspiel des KFV nicht überliefert.
Der KFV im Nationalsozialismus: Weder Heldengeschichte, noch reaktionäre Gesinnungsgemeinschaft
Der KFV im Dritten Reich (I)
Am Sonntag, den 9. April 1933 waren die an der Süddeutschen Meisterschaftsendrunde beteiligten Vereine in Stuttgart zu einer Tagung zusammengekommen, „um zu der sportlichen Lage Stellung zu nehmen“. Die teilnehmenden Vereine – darunter auch der KFV – unterzeichneten an diesem Tage eine Entschließung, in der sie zum Ausdruck bringen „im Sinne dieser Mitarbeit alle Folgerungen, insbesondere in der Frage der Entfernung der Juden aus den Sportvereinen zu ziehen“. Wer für den KFV an der Tagung teilnahm, ist nicht bekannt. Ein Protokoll der Tagung ließ sich auf im DFB-Archiv nicht ausfindig machen. Am gleichen Tag spielte der KFV zuhause in Karlsruhe gegen Union Böckingen (3:2).
Alt-Nationalspieler Julius Hirsch, der einen Tag später, am Montag, den 10. April von dieser Resolution las, schrieb enttäuscht seinem KFV:
„Ich lese heute im Sportbericht Stuttgart, dass die großen Vereine, darunter auch der KFV, einen Entschluss gefasst haben, dass die Juden aus den Sportvereinen zu entfernen seien. Ich gehöre dem KFV seit dem Jahre 1902 an und habe demselben treu und ehrlich meine schwache Kraft zur Verfügung gestellt. Leider muss ich nun bewegten Herzens meinem lieben KFV meinen Austritt anzeigen. Nicht unerwähnt möchte ich aber lassen, dass in dem heute so gehassten Prügelkind der deutschen Nation auch anständige Menschen und vielleicht noch viel mehr national denkende und auch durch die ‚Tat bewiesene und durch das Herzblut vergossene’ deutsche Juden gibt. Nur aus diesem Grunde und nicht um mich zu brüsten, will ich ihnen nachstehenden Beweis erbringen:
- Leopold Hirsch ehemals KFV aktiv beim 1. Bad. Leib Grenadier Regiment auch auf dem Gefallenendenkmal des KFV stehend. Von 1914 bis 1918 im Felde beim 94. Res. Inft. Regiment. Besitzer des EK II und verschiedener anderer Orden. Gefallen auf dem Felde der Ehre am 30.6.1918 am Kemmel.
- Max Hirsch nicht aktiv gedient, meldet sich 1914, obwohl nur ein Auge, freiwillig aus der Schweiz zum Kriegsdienst. Im Felde von 1915/18 bei einer Ahrendt-Station in vorderster Front. Besitzer des EK II und der bad. Silbernen Verdienst-Medaille.
- Rudolf Hirsch aktiv gedient beim Telegraphenbataillon in Karlsruhe. Im Felde von 1914-1918 bei der bayr. Fliegenden Division Kneisel. Besitzer des EK I und der bayr. Tapferkeitsmedaille.
- Julius Hirsch aktiv beim 1. Bad. Leib Grenadier Regiment 109 1912/13. Von 1914-1918 im Felde beim 12. bayr. Landwehr Inf. Regiment. Besitzer des EK II und der bayr. Dienstauszeichnung.
Anbei noch eine Trauerrede, die ich mir zurück erbitte, anlässlich der Überführung meins Bruders seel. Leopold am 6. Juni 1918.
Gleichzeitig danke ich der KFV Jugend-Abteilung für die freundliche Einladung der Jugendabteilung und bedauere lebhaft das Amt des Beisitzers im Preisgericht nicht übernehmen zu können. Die Einladung anbei zurück.
Ich befinde mich z.Zt. in einer wirtschaftlich prekären Lage und darf wohl die verehrliche Vereinsleitung bitten, mir den noch schuldigen Beitrag zu erlassen, denn ich habe ja noch nie vom KFV in geldlicher Hinsicht Vorteile gehabt.
Ich zeichne mit sportlichem Gruss
Gez. Julius Hirsch“
Der KFV antwortete fast vier Monate später:
„Liebes Mitglied!
Wenn wir Ihre Austrittserklärung bis jetzt noch nicht bestätigt haben, so geschah es deshalb, weil die von den Vereinen in Stuttgart gefasste Entschließung nicht so zu verstehen war, wie Sie sie auffassten. Wir haben immer noch die Richtlinien des Sportkommissars abgewartet, die aber bis heute noch nicht erschienen sind. Unserer Auffassung nach besteht vorerst kein Anlass für Sie, aus dem KFV auszutreten. Wir würden es sehr bedauern, wenn wir Sie als altes und bewährtes Mitglied verlieren würden und bitten Sie daher, Ihre Austrittserklärung als nicht geschehen zu betrachten.
Was die von Ihnen erbetene Bescheinigung betrifft, ist es selbstverständlich unsere oberste Pflicht, diesen Wunsch zu erfüllen. Nun ist in unseren Akten ein Entwurf einer Bescheinigung die wir bereits in Ihrem Besitz wähnten. Da dieser Herr Amtsgerichtsrat Albiez entworfen hat und genannter Herr bis 9. August ds. Js. in Urlaub weilt, wären wir Ihnen für Mitteilung sehr dankbar, ob diese Bescheinigung inzwischen in Ihren Besitz gelangt ist. Wenn nicht, werden wir die Sache sofort Ihrem Wunsche gemäß erledigen.
Mit K.F.V.-Gruß
Der Führer des Vereins:
i A. K. Huber“[1]
Die „Richtlinien“, auf die der KFV verwies, ließen auf sich warten. Die Bekanntmachungen dazu hinterlassen beim Leser aber nur wenig Zweifel: Am 19. April 1933 veröffentlichten der DFB und die Deutsche Sportbehörde folgende Erklärung: „Der Vorstand des Deutschen Fußball-Bundes und der Vorstand der Deutschen Sport-Behörde halten Angehörige der jüdischen Rasse, ebenso auch Personen, die sich als Mitglieder der marxistischen Bewegung herausgestellt haben, in führenden Stellungen der Landesverbände und Vereine nicht für tragbar. Die Landesverbände und Vereinsvorstände werden aufgefordert, die entsprechenden Maßnahmen, soweit diese nicht bereits getroffen wurden, zu veranlassen.“[2] Am 23 April 1933 rief der Süddeutsche Fußball- und Leichtathletik Verband (SFLV) seine Vereine dazu auf, „die vom Vorstand des Deutschen Fußball-Bundes […] erlassenen Bestimmungen bezüglich Angehörigen der jüdischen Rasse bzw. der marxistischen Bewegung (sofort) zur Durchführung zu bringen.“[3] Relativierend liest sich die „Amtliche Bekanntmachung 4/33“ des badischen Gausportführers Herbert Kraft vom 16. Dezember 1933: „Der Erlaß von Vorschriften über die Aufnahme nichtarischer Mitglieder in anerkannte Turn- und Sportvereine bleibt nach einer Verfügung des Reichsportführers den Fachverbänden und, soweit von diesen keine bindenden Vorschriften ergehen, den einzelnen Vereinen überlassen“[4].
KFV-Vereinssatzungen und der „Arierparagraph“
Wie andere Sportvereine hatte auch der KFV ab Januar 1935 die Einheitssatzung des Deutscher Reichsausschuss für Leibesübungen (DRL) zu übernehmen, welche die Mitglieder des DRL auf die „leibliche und seelische Erziehung seiner Mitglieder im Geiste des nationalsozialistischen Volksstaates“ verpflichten sollte. Aus nicht bekannten Gründen verzögerte sich die Übernahme der Satzung beim KFV, die zudem auf eine ältere Satzung aus dem Jahr 1933 basierte. Am 27. April 1935 erließ der KFV eine Satzung, die bereits am 15. Juli 1933 von der Mitgliederversammlung beschlossen wurde. In einem handschriftlichen Brief versandt Otto Albiez („Vereinsführer“ von 1932-34) am 29. April, die von Rechtsanwalt Dr. Joseph Ruzek (zu dieser Zeit Schriftwart und später „Vereinsführer“) durchgesehene Satzung an den amtierenden „Vereinsführer“ Fritz Langer (Ruzek befand sie für „in Ordnung“) und mahnte gleichzeitig die Abgabe beim Amtsgericht bis zum Ende des Monats an. Am 19. Juli 1935 wurde die Satzung von der Mitgliederversammlung nochmals bestätigt. Am 9. August 1935 schrieb der DFB an den KFV mit dem Betreff „Einheitssatzungen“ bereits eine wenig charmante Erinnerung: „Von dem Beauftragten des Reichssportführers für den Bezirk Mittelbaden, Herrn Diplom-Sportlehrer Stiefel, erhalte ich die Nachricht, dass auch Ihr Verein noch mit der Vorlage der laut Anordnung des Reichsportführers anzunehmenden Einheitssatzung im Rückstand ist. Ich gebe Ihnen, ohne die bisherige Schlamperei näher zu kritisieren, hiermit letztmals Gelegenheit, die Satzungen innerhalb der nächsten Woche an unsere Gaugeschäftsstelle […] zu senden […]. Es ist mir unerklärlich, wie es jetzt noch Vereine geben kann, die diese doch wirklich einfache und für den Weiterbestand des Vereins notwendige Anordnung des Reichssportführers nicht befolgt haben. Es ist dringend notwendig, dass mit der ewigen Schlamperei endlich aufgeräumt wird.“ Am 26. August 1935 reichte der KFV die Satzung schließlich beim DFB ein. Anders als der FC Bayern München, der 1. FC Nürnberg oder TSV München 1860 hatte der KFV jedoch keinen „Arierparagrafen“ zusätzlich in die Satzungen eingefügt.
Als zum 21.12.1938 der Nationalsozialistische Reichsbund für Leibesübungen (NSRL), „eine von der NSDAP betreute Organisation“, entsteht, erlässt dieser im März 1940 eine „Einheitssatzung“, die der KFV wie die übrigen Vereine übernehmen wird (eine Kopie der KFV-Satzung mit dem Wortlaut der Anpassung von 1940 liegt leider nicht vor). Darin heißt es: „Mitglieder können nicht Personen sein, die nicht deutschen oder artverwandten Blutes oder solchen gleichgestellt sind“ (das Zitat stammt aus der allgemeinen Einheitssatzung). KFV-Mitglieder jüdischen Glaubens bzw. mit Eltern jüdischen Glaubens war zu diesem Zeitpunkt längst bei jüdischen Sportgemeinschaften aktiv (sowie Walter und Max Ransenberg und Nationalspieler Julius Hirsch beim „Turnclub Karlsruhe“).
EINSCHUB: Skandal um den „Deutschen Gruß“
Eine Weihnachtsreise in Frankreich, auf welcher der KFV jeweils ein Freundschaftsspiel gegen den FC Metz sowie den AS Nancy austrug, blieb nicht ohne Folgen für den Altmeister. In Nancy bat man den KFV, auf den „deutschen Gruß“ zu verzichten, da der KFV ansonsten kein Antrittsgeld bekommen würde. Der KFV ließ sich darauf ein, bezog das Antrittsgeld und unterließ den Gruß zu Beginn des Spiels. Die NS-Sportbehörde um Ministerialrat Kraft reagierte unmittelbar nach dem Bekanntwerden des Vorfalls und entzog dem KFV die Erlaubnis, im Ausland Freundschaftsspiele austragen zu dürfen (siehe Abbildungen).
Zwei Jahre später stellte der KFV eine tief demütige Anfrage bei Ministerialrat Kraft, der erneuten Einladung der Mannschaften aus Metz und Nancy folgen zu dürfen und dort Freundschaftsspiele auszutragen: „Als im Jahre 1933 der KFV in Frankreich gegen den Fussballklub de Nancy und Fussballklub de Metz antrat, hat das damals von den Vereinsleitungen dieser Vereine erzwungene Unterbleiben des deutschen Grusses unliebsames Auftreten erregt.“ […] „Im Interesse der Pflege sportlicher Beziehungen und nicht zuletzt mit Rücksicht auf die kommende Olympiade würden wir unter Zurückstellung unserer Bedenken geneigt sein, gegen Nancy und Metz auf deren Plätze anzutreten, sofern selbstverständlich einwandfreie Zusage über Wahrung sportlichen Anstandes und über Anerkennung des deutschen Grusses vorliegen“.
[1] Es ist nicht sicher, wer den Brief des KFV unterzeichnete. Ein Fritz Huber war von Mai 1933 bis 1940 Kassierer des KFV. Fritz Hubers Unterschrift weicht jedoch von der des Briefes ab. Vermutlich war es Karl Daniel Huber (siehe unten) zu dem leider keine Unterschriftenprobe gefunden werden konnte.
[2] Fischer/Lindner (1999), S. 192.
[3] Schulze-Marmeling (2016).
[4] Ebner (2016), S. 474.





Ministerialrat Herbert Kraft genehmigte mit der Nebenbedingung: „Ich bitte aber dafür besorgt zu sein, dass Vorkommnisse, wie im Jahr 1933, unter allen Umständen vermieden werden“. Fünf Jahre später hingegen, als die englische Amateurmannschaft Corinthians Gast des KFV war, brachten die Engländer „zusammen mit der Mannschaft des gastgebenden Vereins den Deutschen Gruß aus, was von den Zuschauern freudig begrüßt wurde“ (Badische Presse, 19.4.1938, No. 106).
Der KFV im Dritten Reich (II)
von Andreas Ebner
Ob all das, was in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg über das Innenleben der (Sport-) Vereine nach außen getragen wurde, immer den historischen Tatsachen entsprach, lässt sich im Nachhinein nur schwer verifizieren. Welche Motive der Einzelne hatte, in den Wochen von der Machtergreifung[1] der NSDAP bis zur Aufnahmesperre[2] der Partei beizutreten – ausschließlich private oder auch von idealistischen Überlegungen geprägte – , darüber können nur die damals handelnden Personen selbst Auskünfte erteilen, und das ist – sofern nicht zu Lebzeiten geschehen und der Nachwelt als schriftlich fixiertes Gedankengut (Hauptquellen waren die Entnazifizierungsakten) überliefert – in der Jetztzeit nicht mehr zu stemmen, da die Protagonisten von einst alle bereits von der irdischen Bühne abgetreten sind. „Wir Spieler waren unpolitisch“, so die Aussage von Franz Ahl, mit 102 Jahren ältestes Vereinsmitglied jener Generation angehörig, die die Gauliga, in welcher der KFV acht Jahre vertreten war, als aktiver Spieler miterlebt hat. Das mag auf die meisten Spieler, nicht nur solche des KFV, durchaus zutreffen, doch wie sah es eigentlich bei den Funktionären in den Vereinen aus? Wie sehr fühlten sich diese mit der NS-Ideologie verbunden? Und wie sah die Außendarstellung des Vereins aus? Wie sehr hat sich ein Verein mit den außen- und innenpolitischen Entwicklungen im Reich identifiziert?
„Der politische Himmel verfinsterte sich immer mehr; es lag Gewitterstimmung über Europa, Polen war frech geworden. Krieg, Krieg ging es von Mund zu Munde. Endlich nahte die Entscheidungsstunde – Polen bekam die Antwort, die es verdiente.“
(Quelle: KFV-Mitteilungen Nr. 1, Jg. 1939/40, Dezember 1939, Seite 4 )
Zugang zu diesen Fragen erhält man nur, wenn die vereinseigenen Publikationen noch, möglichst lückenlos, vorhanden sind, um die darin enthaltenen Informationen einer kritischen Betrachtung unterziehen zu können. Für die vorliegende Untersuchung standen die vereinseigenen KFV-Mitteilungen von 1933 bis zum März 1941 zur Verfügung. Einer Anordnung der Reichssportführung zufolge, war die Herausgabe von vereinseigenen Publikationen ab diesem Zeitpunkt verboten, um möglichst alle freien Ressourcen dem Staatsziel Nr. 1, dem Endsieg, zuzuführen.
Die Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler fand auch in den KFV-Mitteilungen Widerhall. Dort stand zu lesen:[3]
„In der größten Not Deutschlands hat der Lenker aller menschlichen Schicksale, der immer auf Seiten der Tapferen und Unverzagten ist, dem Manne die Führung der Deutschen in die Hand gegeben, der seit mehr als einem Jahrzehnt mit einem Häuflein Unentwegter mit unerhörter Energie und Zähigkeit den Kampf um den deutschen Menschen geführt hat. Als das deutsche Volk am 5. März dieses Jahres endlich zu sich selbst erwachte und dem Deutschesten aller Deutschen, Adolf Hitler, unbeschränkte Vollmacht erteilte, zog ein neuer Geist in Deutschland ein. Deutschland schüttelte die schicksalergebene Erstarrung des letzten Jahrzehnts ab und begann, mit neuerweckter Energie unter der neuen Leitung, die endlich eine Führung war, den Kampf um sein Leben als Nation und Staat.“
Zum 50. Geburtstag des Führers am 20. April 1939 fühlte sich der Karlsruher FV aufgerufen, dem „Schöpfer Großdeutschlands“ seine Glückwünsche zu übermitteln. All die Geschehnisse seit der Machtübernahme „erfüllen uns mit tiefster Dankbarkeit und freudigstem Stolz.“[4]
[1] 30. Januar 1933.
[2] Diese dauerte vom 1. Mai 1933 bis zum 30. April 1937.
[3] KFV-Mitteilungen Nr. 1, November 1933, Seite 1.
[4] KFV-Mitteilungen Jahrg. 1938/39, Nr. 5, Mai 1939, Seite 2.






In der Ausgabe vom Dezember 1938 findet sich ein Passus, der das Verhältnis der Vereine zu den staatlichen Institutionen über alle Vereinsgrenzen hinweg am besten beschreibt: „Gerne wird auch festgestellt, dass die Beziehungen des Vereins zu staatlichen und städtischen Behörden, der Wehrmacht und der Partei ausgezeichnete sind“[1], was sich auch in folgender Bemerkung widerspiegelt: „Unsere Sportanlage haben wir der Wehrmacht und Partei stets zur Verfügung gestellt.“[2]
Ein Blick auf die Berufe jener Männer, die dem Karlsruher FV in der schicksalsträchtigen Zeit von 1933 bis 1945 als Vereinsführer oder Stellvertreter vorstanden zeigt: es waren Personen, die man – damals wie heute – üblicherweise zu den Privilegierten in einer Gesellschaft zählen muss. Vier Juristen[3], drei städtische Bedienstete, ein Apotheker und ein Verlagsinhaber – sie alle waren gut vernetzt, und davon profitierten der KFV wie auch all jene Vereine, deren Arrangement mit den neuen Machthabern ein ebenso vertrautes gewesen war. Zumindest war das zu Friedenszeiten so, doch als der große Weltenbrand durchs Reich fegte, war es vorbei mit der Herrlichkeit. Nicht überall, doch vielerorts, schlugen die Uhren plötzlich anders, und das war beim KFV nicht anders, beim VfB Mühlburg schon. Anlässlich eines Gauligaspiels gegen den VfB gerieten die Vereine nämlich derart aneinander, dass selbst die Fachpresse sich dieser Auseinandersetzung annahm – aus heutiger Sicht erfreulicherweise, sonst wäre von diesem Vorgang nichts der Nachwelt erhalten geblieben. Worum ging es? Anlässlich der Gauligabegegnung gegen den VfB Mühlburg, welche am 10. November 1940 stattfand und 0-10 endete[4], waren Vorwürfe laut geworden, der VfB Mühlburg werde bei der Abstellung von Spielern zum Militärdienst in wettbewerbswidriger Weise bevorzugt. Tatsächlich kamen beim VfB in dieser Saison 28 Spieler zum Einsatz, während es beim Karlsruher FV mehr als doppelt so viele waren, nämlich 63. Und das offenbarte sich auch in der Abschlussplatzierung beider Vereine. Der VfB Mühlburg wurde Zweiter, der KFV belegte Platz neun. Genaugenommen war das der letzte Tabellenplatz, denn der 1. FC 08 Birkenfeld zog sich Ende Dezember 1940 vom Spielbetrieb zurück, und alle ausgetragenen Begegnungen mit Birkenfelder Beteiligung wurden laut Reglement für ungültig erklärt und gestrichen.
Der stellvertretende Vereinsführer des KFV, Appenzeller, äußerte sich nach dem Spiel wie folgt:[5]
Die Mannschaft, die uns zu diesem Spiele zur Verfügung stand, war nicht eine zweite, sondern höchstenfalls eine dritte Garnitur, abgesehen von den beiden Urlaubern Haas und Benz, die jedoch mangels Training außer Form waren. Daß von vornherein das Ergebnis des Spieles ein irreguläres sein mußte, liegt auf der Hand; umso mehr sind deshalb die Sprechchöre, die vom Zuschauerblock von der Gegenseite herübertönten, zu verurteilen. Wir wissen nicht, welche Glücksumstände es dem VfB Mühlburg ermöglichen, fast sonntäglich seine komplette Friedensmannschaft zur Verfügung zu haben. Aus diesem Glücksumstand seitens der Mühlburger Zuschauer gegenüber dem nicht vom Glück so begünstigten Gegnern eine Frotzelei zu machen in Form des Sprechchores: „Wo bleibt der Altmeister?“ ist eine sportliche Unanständigkeit, ganz abgesehen davon, daß sie eine Brüskierung unserer Soldaten darstellt. Unsere Antwort auf die im Sprechchor gerichtete Frage lautet: „Unsere Spieler stehen an der Front!“
Die Replik des VfB-Vorsitzenden Deutsch ließ nicht lange auf sich warten. Darin hieß es u. a.:[6]
Ich erkenne an, daß äußerst glückliche Umstände es meinem Verein gestatten, zur Zeit noch so spielstark anzutreten. Aber gerade weil diese Umstände nicht nur Zufall sind und außer jeder Beeinflussung liegen, sondern auch jahrelange, intensive Arbeit unserer Jugendertüchtigung bedingen, kann und darf im Interesse meines Vereins der Brief des KFV nicht unwidersprochen bleiben.
Von meinem Verein sind etwa 120 Spieler und Mitglieder an der Front bzw. unter den Fahnen. … Die mir noch zur Verfügung stehenden älteren Spieler sind Spezial- und Facharbeiter, deren Tätigkeit nach Angaben aller führenden Kreise ( siehe auch die letzte Rede des Herrn Reichsarbeitsministers Seldte) jener Pflicht gleichzuachten ist, der unsere Soldaten an der Front genügen. Daß einige Spieler hier oder in unmittelbarer Nähe in Garnison stehen, ist Zufall, oder kann auch sagen Glück; sie waren übrigens lange Zeit im besetzen Gebiet, bis sie wieder mit ihrem Truppenteil hierher kamen. Ich bedauere nach wie vor das verwerfliche und unsportliche Verhalten der Schreier, muß aber entschieden ablehnen, diese in Verbindung mit meinem Verein bringen zu lassen. … Es wäre mir und auch den Spielern meines Vereins schon aus rein sportlichen Gründen lieber, sich mit stärksten Gegnern messen zu dürfen. Mein Wunsch ist, daß die durch den Krieg bedingten abnormen Verhältnisse im Sport bald durch ein siegreiches Ende des Kampfes beseitigt werden und Ihr Verein dann auch wieder mit einer starken und gleichwertigen Mannschaft sich an den Spielen beteiligen kann.
Zu Protokoll: Jahresversammlungen und Jubiläen im Dritten Reich
von Andreas Ebner
15.07.1933 Jahresversammlung (Moninger-Gartensaal)
Die erschienen Mitglieder – eine Zahl wird nicht genannt – entlasteten „einmütig“ den bisherigen Vorstand, bekannten sich zum Führergedanken und wählten Otto Albiez zum Vereinsführer. Dieser hat nach eigenen Angaben „bei der Ernennung meiner Mitarbeiter zum großen Teil auf frühere Vorstandsmitglieder zurückgegriffen.“ Daneben wurden vier Ausschüsse gebildet – Haupt-, Finanz-, Sport- und Jugendausschuss. Aufgrund der nicht zufriedenstellenden Finanzlage wurde eine neue Kassenordnung beschlossen, die ein Verbot neuer Verbindlichkeiten beinhaltete.
11.07.1934 Jahresversammlung (Moninger-Gartensaal)
Im Mittelpunkt dieser Jahresversammlung standen zahlreiche Ehrungen. Insgesamt 44 Mitglieder erhielten die goldene bzw. silberne Vereinsnadel überreicht. Zwei ehemalige Aktive wurden zu Ehrenspielführern ernannt: Walter Finneisen und Karl Link. Nach Aussprache wurde die Wahl des Vereinsführers bis zum 1. August zurückgestellt. Nahezu einstimmig wurde Fritz Langer in dieser Versammlung zum Vereinsführer gewählt, nachdem sich der bisherige Vereinsführer, Otto Albiez, „infolge anderweitiger Inanspruchnahme“ nicht mehr in der Lage sah, den Verein weiter zu führen. Langer nahm an und bestellte sofort Karl Daniel Huber zu seinem Vertreter. Zwei der vier Ausschüsse erhielten eine neue Bezeichnung. Aus dem Hauptausschuss wurde der Verwaltungsausschuss, der Sportausschuss hieß fortan Spielausschuss.
10.07.1935 Jahresversammlung (Moninger-Gartensaal)
83 Personen waren zu der an einem Mittwochabend anberaumten Jahresversammlung erschienen, was bedeutete, dass nur 17 % aller Mitglieder den Weg zu dieser Versammlung gefunden hatten. Am Ende des Geschäftsjahres waren „bei 60 Zugängen und 64 Abgängen“ 485 Mitglieder registriert. Zur finanziellen Lage des Vereins konnte man erfahren, dass „bei der geübten eisernen Sparsamkeit im Verein“ es trotz eines Minus´ im Spielbetrieb möglich war, „die Verbindlichkeiten etwas zu senken, wobei allerdings auch die Gläubiger durch Nachlässe an ihren Forderungen Verständnis für die Lage des KFV bewiesen.“ Die Versammlung bestätigte Fritz Langer in seiner Eigenschaft als Vereinsführer und beschloss einstimmig die vom Reichssportamt entworfene Mustersatzung. Aus dem ehemaligen Verwaltungsausschuss wurde der „Führerbeirat“, der Finanzausschuss wurde künftig als „Kassenausschuss“ bezeichnet. Erstmals gab es mit Hans Plesch einen Dietwart, dessen Aufgabe es war, die weltanschaulichen Grundzüge der NS-Ideologie zu erläutern.
26.06.1936 Jahresversammlung (Moninger-Gartensaal)
Auf der Jahresversammlung vom 26. Juni 1936 gab es einen Führungswechsel, nachdem Fritz Langer erklärt hatte, sich „aus beruflichen Gründen“ nicht mehr zur Wahl zu stellen. Von den 108 erschienenen Mitgliedern votierten 88 für und 14 gegen den bisherigen Stellvertreter Karl Künkel, 6 Mitglieder enthielten sich der Stimme. In Personalunion versah Karl Künkel das Amt des Kassenwartes und war auch Vorsitzender des Ältestenrates.
19.12.1936 45-j. Jubiläum (Moninger-Gartensaal)
In diese Zeitspanne fällt ebenso das 45-jährige Vereinsjubiläum, welches am 19. Dezember 1936 im Gartensaal des Restaurants „Moninger“ (Ecke Kaiser-/Karlstraße) gefeiert wurde. Nicht in großem Stil, aber dennoch dem Anlass entsprechend. Im Rahmen der Feier nahm der für den verhinderten Fachamtsleiter Linnenbach erschienene Gaukassenwart Otto Zweifel als Vertreter des Gaues 14 zahlreiche Ehrungen vor. U.a. erhielt der ( nicht anwesende ) badische Innenminister Karl Pflaumer „für besondere Verdienste um den Sport“ die goldene Ehrennadel des Vereins; die beiden ehemaligen Aktiven Rafet Bekir und Erwin Schneider wurden zu Ehrenspielführern ernannt. Daneben wurde die Vereinsfahne geweiht. Der frühere Vorsitzende des Vereins, Otto Albiez, hielt die Weiherede und enthüllte die Fahne, die er dem Vereinsführer übergab. Bei verschiedenen Gesangsvorträgen und Tanzdarbietungen, begleitet von der „nimmermüden Hauskapelle“, ließ man den Abend ausklingen. „Und so war es schon stark am frühen Morgen, als die letzten Unentwegten den Weg zu den heimischen Penaten antraten, um in ihren Träumen nochmals bunte Bilder von diesem Stiftungsfest des KFV vorübergleiten zu sehen, das gerade in seiner intimen Geschlossenheit als der einzig zur Zeit möglichen Form in allen Teilen als wohlgelungen bezeichnet werden kann und bei allen Teilnehmern eine frohe und bleibende Erinnerung hinterlassen wird, um, wie so viele Feiern zuvor, einzugehen in die Annalen der Geschichte unseres nunmehr 45 Jahre alten KFV.[7]
18.06.1937 Jahresversammlung (Moninger-Gartensaal)
Nur 72 Mitglieder fanden sich zur Jahresversammlung 1937 ein, was den Vereinsführer zu der Feststellung bewog, „daß der Besuch der Versammlung nicht der Wichtigkeit der Tagesordnung entsprach.“ Seit 1925 hatte man ununterbrochen der höchsten Spielklasse angehört, nun war der GAU, sprich: Abstieg, eingetreten, was auch ein Verdienst des Trainers („ungeeignete Person“ ) gewesen sei, dem man mitten in der Saison den Laufpass gegeben hatte. Bei der Wahl des neuen Vereinsführers erhielt Karl Künkel 65 Stimmen bei 7 Enthaltungen. An die Mitglieder richtete er den „eindringlichen Appell zur Einigkeit, da wir als KFVler ja alle das gleiche Ziel im Auge haben, das Wohl und Hochkommen unseres lieben KFV.“ Einstimmig angenommen wurde die Erhöhung des Mitgliedsbeitrages für ordentliche Mitglieder auf 15,- RM p. a. ( „dringend gebotene Notwendigkeit“ ).[8]
16.07.1938 Jahresversammlung (Moninger-Gartensaal)
Eine nochmalige Erhöhung um 3 RM auf 18 RM p. a. beschloss die Mitgliederversammlung ein Jahr später, und das bei nur einer Gegenstimme. Gar einstimmig wurde die Amtszeit des Vereinsführers Künkel um ein weiteres Jahr verlängert. Der Schuldenstand lag „um etwas über 3000 Mark“ höher als im Vorjahr, die Finanzlage beschrieb man so: „Zwar nicht rosig, aber auch nicht besorgniserregend.“ Sportlich lief es ohnehin rund, nachdem man den Betriebsunfall vom letzten Jahr wettgemacht und den Wiederaufstieg in die Gauliga perfekt gemacht hatte mit einer Bilanz, wie sie „bei einem Bezirksklassenverein und Aufstiegsmeister im ganzen deutschen Reichsgebiet unerreicht dasteht: von insgesamt 30 Verbandsspielen ( einschl. Aufstiegsspielen ) ging kein einziges verloren; nur 5 endeten unentschieden, 25 wurden gewonnen und dabei das schöne Torverhältnis von 146:21 erzielt.“[9]
[1] KFV-Mitteilungen Nr. 3, Dezember 1938, Seite 2.
[2] KFV-Mitteilungen Nr. 4, Jg. 1939/40, September 1940, Seite 3.
[3] In diesem Zusammenhang sei die ausgeprägte Abneigung Hitlers gegen diesen Berufsstand erwähnt. Frank, im besetzten Teil Polens als Generalgouverneur im Einsatz ( „Schlächter von Polen“ ) und in Nürnberg zum Tode verurteilt, spricht von einer „geradezu sich zur Idiosynkrasie entwickelnden Ablehnung des Juristischen in jeder Formalordnung und deren Träger, der Juristen“, vgl. Frank, Hans: Im Angesicht des Galgens, 1953, Seite 76. Im Übrigen hatte auch Heinrich Himmler jeglichen Respekt vor den Juristen, die er als „Herrgottstagediebe“ bezeichnete, verloren, vgl. Kersten, Felix: Totenkopf und Treue, 1952, Seite 133.
[4] Auch das Rückspiel am 16.03.1941 gewann der VfB Mühlburg hoch mit 9 – 0.
[5] ASZ-Sportbericht Nr. 46, 18.11.1940, Seite 12.
[6] ASZ-Sportbericht Nr. 47, 25.11.1940, Seite 2.
[7] KFV-Mitteilungen, a.a.O., Seite 6.
[8] KFV-Mitteilungen Nr. 1, Jg. 1937/38, September 1937, Seite 2 ff.
[9] KFV-Mitteilungen Nr. 1, Jg. 1938/39, September 1938, Seite 3 ff.
14.06.1939 Jahresversammlung (Moninger-Gartensaal)
Über 100 Mitglieder hatten sich eingefunden, im Gegensatz zum Vorjahr „eine verhältnismäßig starke Beteiligung.“ Stark auch die Anzahl der Mitglieder, die am Ende des abgelaufenen Geschäftsjahres 542 – 213 aktive und 329 passive Mitglieder – betragen hat. 37 Mitglieder waren neu eingetreten, so dass die Zahl der Austritte ( 19 ) mehr als kompensiert werden konnte. Mit 95 gegen 7 Stimmen wählte die Versammlung Karl Künkel für ein weiteres Jahr ins höchste Amt.
EINSCHUB: Brief von der Garonne an den KFV-Vorstand
Brief des KFV-Mitglieds Carl-Maria Zeis (24.07.1940), Bereichspressewart und Sportwart des Kreises Karlsruhe für Leichtathletik, an den stellvertretenden Vereinsführer Appenzeller als Antwort auf die neueste Ausgabe der KFV-Vereinsnachrichten (1940), in der u.a. die Jahreshauptversammlung Thema war:
„Wenn schon ,Kommissionen‘ und ,Stillhalte-Abkommen‘ notwendig sind, um eine geregelte Durchführung einer Mitgliederversammlung vor dem Jubiläumsjahr zu ermöglichen, dann wäre es besser, ein derart alt und morsch gewordener K.F.V. würde noch vor Erreichung seines 50. Lebensjahres einen sanften, aber ehrlichen Tod sterben. Das ist gelinde gesagt, eine Affenschande und ich bedaure ausserordentlich, daß ich bei der Mitgliederversammlung d e n Herren nicht Bescheid sagen kann. Das ist mir ein Zeichen dafür, daß die Menschen weder die Zeichen der Zeit im politischen Geschehen, noch die Änderungen in der Aufgabenstellung des deutschen Sportes und seiner Vereine begriffen haben. Darüber sollte jetzt nach 7 Jahren so langsam auch weniger intelligenten Herren ein Seifensieder aufgegangen sein. Diese Clique sieht aber bedauerlicherweise in den deutschen nationalsozialistischen Gemeinschaften der Leibesübungen immer noch eine xbeliebige Vereinigung von am Sport interessierten Menschen, die da noch „treu und brav“ eigentlich sollte man sagen „frech und unverschämt“ ihren früheren liberalistischen Methoden von Abstimmung und Mehrheit ,huldigen‘ darf, weil man ja sonst keine Möglichkeit mehr dazu hat. Die Herren werden sich aber ganz gewaltig täuschen. Der Krieg nimmt mal ein Ende, dann werden die ,Jungen‘ des K.F.V. zurückkommen und das kann ich den Herren schon heute versichern, die werden dann andere Saiten aufziehen und wenn dabei manche, in früheren Zeiten vielleicht verdiente Männer, über die Klinge springen müssen. […] Er [der Verein] hat […] in erster Linie […] eine nationalpolitische Aufgabe zu erfüllen […] und wer das noch nicht begriffen hat oder nicht begreifen will, […] und wenn er zu feige oder bequem ist das zu tun, dann müssen die Gemeinschaften ihre Reihen selbst von solchen unbrauchbaren Gestalten säubern. Das mag ein wenig hart klingen, aber ich […] harter Mann [habe], die Liebe zum K.F.V. nicht aus meinem Herzen gerißen, aber einmal ist auch der Geduldigste am Ende. Der Herr Baudirektor [Anm. d. R.: Vereinsvorsitzender Fritz Langer] ist ohne Zweifel eine ,traditionelle Erscheinung‘. Sein Verhalten in der Künkel-Ära [Anm. d. R. Karl Künkel, Vereinsvorsitzender von 1936-40] war aber alles andere als die eines Sportsmannes. Wenn ich ihn mir vorstelle, daß er am Jubiläum eine Rede ,reden‘ soll, dann geh mir jetzt schon der Angstschweiß aus, das wäre für ihn und die Zuschauer eine Qual.“ (1942 starb Zeis in einem Lazarett in Bordeaux an einem Halsleiden)
16.07.1940 Jahresversammlung (Moninger-Gartensaal)
Erstmals werden konkrete Zahlen zur finanziellen Lage genannt. Im abgelaufenen Geschäftsjahr betrug die Gesamtschuld 30568,94 RM, eine Zunahme von 1864,25 RM gegenüber dem Vorjahr, welche „in der Hauptsache“ auf das „Anwachsen der Zinsenlast bei gleichzeitig stark verminderten Einnahmen aus dem Spielbetrieb zurückzuführen ist.“[1] Die Zahl der Mitglieder wurde mit 581 angegeben, die sich wie folgt zusammensetzte: 346 Passive ( inkl. 31 Ehrenmitglieder und 5 Ehrenspielführer ) und 235 Aktive, „davon vom Fußball 186 ( 86 Jugendliche ).“ Die Wahl des Vereinsführers musste neuerdings erst noch „von den Behörden“ überprüft werden, was bedeutet, dass bis zur deren endgültigen Entscheidung der Vereinsführer sein neues Amt noch nicht wahrnehmen bzw. dieses nur kommissarisch verwalten durfte. Die Wahl fiel auf das 61-jährige KFV-Urgestein Fritz Langer, dessen Tod im Jahre 1942 einen nochmaligen Wechsel in der Vereinsführung erforderlich machte.
1941: 50-jähriges Jubiläum (Moninger-Gartensaal)
Kriegsbedingt wurde auf eine offizielle Feier verzichtet, nicht jedoch auf die Ehrung verdienter Mitglieder, welche vom Vereinsführer höchstselbst vorgenommen wurde. Von der Herausgabe einer Festschrift nahm man ebenfalls Abstand; eine solche erschien 1951 anlässlich des 60-jährigen Jubiläums.
[1] KFV-Mitteilungen Nr. 4, Jg. 1939/40, September 1940, Seite 2 ff.. Ein kurzer Vergleich sei an dieser Stelle gestattet: Der FC Phönix Karlsruhe gibt die Verbindlichkeiten des Jahres 1939 mit 20.000 Mark an, vgl. 60 Jahre Karlsruher Sport Club, 1894-1954, Seite 44.





