Kurt „Kaddel“ Ehrmann – 7.Juni 1922 in Karlsruhe – 2. August 2013 in Karlsruhe
Der in der Karlsruher Oststadt geborene und zusammen mit vier Geschwistern aufgewachsene Kurt Ehrmann spielte ab 1929 in der Jugendabteilung von FC Frankonia Karlsruhe Fußball. Bereits Ehrmanns Vater war bei der Frankonia aktiv. „Kaddel“ Ehrmann übte von klein auf das beidbeinige Spiel mit dem Ball. Der technikversessene Ehrmann übte stundenlang das Jonglieren mit dem Ball und baute damit sein Ballgefühl aus, „Kaddel“ spielte von Beginn an im Sturm, am liebsten auf der Halb- oder Mittelstürmerposition. Seine späteren Berufungen in die DFB-Auswahlmannschaften erfolgten jeweils als linker Flügelstürmer.
Der einsetzende Weltkrieg verhinderte sein erstes Spiel bei den Senioren von Frankonia. Bereits im Dezember 1940 wurde Ehrmann als Soldat eingezogen. Ab 1942 spielte er beim Gauligisten Post SG Danzig. In die Stadt an der Ostsee wurde er nach einer Verwundung entsandt. Im „Sportbereich 19 Danzig-Westpreußen“ stürmte er an der Seite von Ernst Löttke, der mit dem VfR Mannheim 1949 die erste Nachkriegsmeisterschaft gewinnen sollte. Im Dezember 1944 musste Ehrmann wieder an die Front, wurde gefangen genommen und landete in einem Gefangenenlager in Cham in der Oberpfalz.
Erst im Mai 1946 wurde er freigelassen, bis dahin vertrieb sich Ehrmann die Zeit mit den Mitinsassen mit Fußballturnieren. Seine Freilassung in Cham erfolgte nicht ohne Eigennutz unter wesentlicher Mithilfe des KFV, so dass Ehrmann konsequenterweise auch zu den Schwarz-Roten wechselte. Zwei Spiele konnte Kurt Ehrmann noch in der ersten Nachkriegsrunde 1945/46 in der Oberliga Süd bestreiten. In der Saison 1946/47 bildete er zusammen mit Albert Janda einen der stärksten linken Flügel in der auf 20 Vereine aufgestockten Oberliga Süd. Als technisch brillanter Linksaußen absolvierte Kurt Ehrmann 35 Spiele und erzielte neun Tore. Für Kurt Ehrmann folgte nach dem Abstieg des KFV aus der Oberliga Süd eine Saison in der Landesliga Nordbaden. Zur Runde 1948/49 wechselte Kurt Ehrmann jedoch zum Stadtrivalen VfB Mühlburg und kehrte somit wieder in die Oberliga Süd zurück. Am 14. November 1948 bestritt er am neunten Spieltag sein siebtes Spiel und erzielte in der 38. Spielminute seinen dritten Treffer für Mühlburg beim 3:3-Unentschieden gegen FC Bayern München. Die Folgen einer Rippenfellentzündung und Konflikte mit Trainer Robert „Boba“ Kraft, der 1951 noch den KFV trainierte, verhinderten weitere Einsätze Kurt Ehrmanns beim VfB Mühlburg. „Kaddel“ wechselte zur Runde 1949/50 wieder zum KFV. In dieser Runde konnte er mit seinem Klub die Meisterschaft in der Bezirksklasse und damit die Aufnahme in die neu geschaffene 1. Amateurliga Nordbaden feiern.
Sein nationaler Durchbruch gelang Ehrmann mit der deutschen Amateurvizemeisterschaft 1951 (siehe oben). Bundestrainer Sepp Herberger hob Ehrmann zusammen mit dem dreifachen Bremer Torschützen Schröder in seiner Spielanalyse hervor und berief beide zu den Olympischen Sommerspielen 1952 in Helsinki.




1956 wechselte Kurt Ehrmann im Alter von 34 Jahren zum 1. FC Pforzheim und belegte mit dem „Club“ aus dem Brötzinger Tal den vierten Rang. Der KFV stieg in der Runde 1956/57 aus der 2. Liga ab. Vier Jahre dirigierte der technisch herausragende Kurt Ehrmann das Spiel des 1. FC Pforzheim in der 2. Liga Süd. Nach der Saison 1959/60 beendete Kurt Ehrmann im Alter von 38 Jahren seine aktive Spielerkarriere.
Die Liste mit Ehrmann Trainerstationen nach seiner aktiven Karriere ist lang: TSV Ellmendingen (1953-55), FC Jöhlingen (1955-60), FC Rastatt 04 (1960/61), VfB Bühl (1961/62), ASV Durlach (1961-69), Phönix Bellheim (1967), FV Weingarten (1970-73), FV Daxlanden (1973-75). Den ASV Durlach führte Ehrmann von der A-Klasse in die 1. Amateurliga; mit Bühl gewann er den südbadischen Pokal. In den 1990er Jahren war Ehrmann Vorsteher des KFV-Altenkreises und blieb seinem KFV bis zu seinem Tod eng verbunden.




Interview mit Kaddel Ehrmann (2012)
von Steffen Herberger
Welche Erlebnisse mit dem KFV haben sich besonders in Ihren Erinnerungen verankert?
Zunächst einmal das Spiel um die deutsche Amateurmeisterschaft 1951, wo der KFV Vizemeister geworden ist. Bei der ersten Amateurmeisterschaft das Finale zu erreichen, war schon ein Erfolg und auch ein sehr historischer Tag für den Verein. 1952 haben wir zudem den Aufstieg geschafft und sind in die erste Amateurliga gelangt.
Ein weiteres Erlebnis war, als wir mit dem KFV in Berlin ein Spiel hatten. Unser Mittelläufer war geschäftlich unterwegs und wollte privat mit dem Auto anreisen. Vor dem Spiel, wir waren schon alle umgezogen, kam er dann nicht. Nun musste ich, obwohl ich noch nie auf der Position spielte, als Mittelläufer antreten. Hinzu kam noch, dass im Vorfeld des Spiels der gegnerische Mittelstürmer – mein Gegenspieler – in einer Zeitung als einer der großen Mittelstürmer angehimmelt wurde. Ich dachte mir: „Na, euch werd‘ ich es zeigen, wie groß dieser Stürmer ist“. Im Spiel schließlich habe ich ihm zwei Bälle mit dem Kopf abgenommen, habe mich zu ihm umgedreht und gesagt: „Ha du, wo warsch denn du“ – ich habe meine Gegenspieler gerne verrückt gemacht – „du musch ein bissel größer werde und früher hüpfe“. In den folgenden Spielminuten stand ich hinter ihm, habe von dort den Ball geköpft und ihn ausgelacht [lacht]. Es war einer meiner besten Spiele und wir haben drei zu null gewonnen. Ich mochte nie die Spieler, die groß von sich Rede machten, aber keine guten Fußballer waren. Ein Grund dafür, warum ich mich an dieses Ereignis immer noch gerne zurück erinnere.
Im Spiel habe ich am liebsten den „Goalmann“ (Torhüter) ausgespielt. Das hat mich oft in Schwierigkeiten gebracht, denn die können ja schließlich auch was. Vor 5000 Zuschauern habe ich mich mal im Fünf-Meter-Raum auf den Ball gesetzt und gewartet bis der Goalmann, nach einem zuvor erfolgten Angriff und Abwehrversuch wieder aufgestanden war. Er wollte noch nach dem Ball hechten, aber in dem Moment schoss ich den Ball unter ihm durch. Das Publikum hat getobt.
Während meiner aktiven Zeit hatte ich zudem viele Freunde und Fans. Ein Unternehmer aus Furtwangen schrieb mir jedes Jahr zu Weihnachten: „Herr Ehrmann, wenn ich zum KFV gehe, freue ich mich immer auf die Art wie sie mit dem Fußball umgehen.“
Wer war Ihr Lieblingsmitspieler beim KFV?
Das ist schwer zu sagen. Ein Lieblingsspieler war sicherlich der Mittelstürmer Willi Ott. Hannes Herberger vielleicht, aber er hat nur kurz bei uns gespielt. Mit ihm war ich sehr gut befreundet. Aber wir haben einfach sehr viele gute Spieler gehabt.
… Ihr Lieblingsgegenspieler?
Angenehme Spieler! Wie z.B. der Streitle (Anmerkung der Redaktion: Jakob Streitle, 1916-1982, Bayern München), ein hervorragender Spieler. Mein bestes Spiel habe ich wahrscheinlich gegen ihn gemacht. Die Begegnungen gegen Bayern München waren ohnehin schon damals die attraktivsten.
… Ihr Lieblingstrainer beim KFV?
An und für sich habe ich beim KFV nur gute Trainer gehabt. Aber was heißt schon Lieblingstrainer? Unter denen, wo man am liebsten trainiert hat, hat man am wenigsten trainiert [lacht]. Aber die besten und herausragendsten Trainer waren Max Breunig (Bild rechts), Schneider beim KFV und Herberger. Aber hauptsächlich Max Breunig. Ich habe im Fußball „gesehen“. Genau das habe ich von Max Breunig gelernt, der immer sagte „Du musch bevor du den Ball kriegst, gucke wo du ihn wieder nabringst, wenn du das nicht machst, dann verzögersch du das Spiel. Derjenige der vorher sieht, der spielt besser“. Es ist im Fußball wichtig den Spielfluss im Laufen zu halten. Bei ihm habe ich auch das englische Spiel kennen gelernt, das mit drei Zügen zum Torschuss führt. Er hatte einen sehr großen Fußballverstand gehabt.
Bei Bundestrainer Herberger (links mit Ehrmann bei den Olympischen Spielen 1952 in Helsinki) habe ich eine gute Nummer gehabt. Er war von seinen Fähigkeiten einer der besten Nationaltrainer, auch wenn er mit Fritz Walter ein bisschen ins Gerede gekommen ist, aber Fritz Walter war eben auch ein guter Spieler. Herberger war für alle ein Sport- und Fußballfreund. In gewisser Hinsicht hat er den Erfolg nur im guten Spiel und nicht im bloßen Laufen und Rennen gesehen. Er hat sich auch um Sachen gekümmert, wie Anstellungen etc., denn die Fußballer sind nicht immer so einfach, wie sie sich darstellen.
Im Jahr 2010 feierte der KFV das hundertjährige Jubiläum der deutschen Meisterschaft. Haben Sie persönliche Erinnerungen oder einen Bezug zur Meisterelf?
Ich hab viele Verbindungen zu den Spielern gehabt und sehr viel von Ihnen gelernt. Auch Julius Hirsch, der nach seiner Karriere in Karlsruhe geblieben ist, habe ich kennen gelernt. Vor 1918, aber auch in den 1920er und 1930er hatten wir sehr gute Spieler beim KFV, die ich kennen lernen durfte. Die Meistermannschaft war um Klassen besser als wir damals und edler in Ihrem Auftreten. Auch Damminger war ein guter Spieler und Nationalspieler, nur war das ein Pfälzer [lacht].
Werden Sie noch oft auf Ihre Karriere angesprochen oder erhalten Fanpost?
Ja, sehr viel. Im Jahr bekomme ich zwischen 150 und 250 Autogrammanfragen aus ganz Europa. Gerade gestern habe ich einen Brief nach Warschau geschickt. Ein Mädchen aus Südamerika, deren Vater oder Großvater KFV-Anhänger war, schrieb mir. Nach Australien habe ich schon Autogramme geschickt. Ich habe schon wunderschöne Briefe bekommen, die ich meist persönlich beantwortet habe. Auf der Straße oder in einer Gaststätte erkennen mich noch vor allem die älteren KFV- und Phönix-Spieler.
Wo sehen Sie den KFV in der Zukunft?
Wenn der KFV noch einmal im Amateurbereich Fuß fasst, von der Kreisklasse ausgehend, dann wäre das eine Leistung, die man nicht hoch genug einschätzen könnte. Möglich ist alles.
Ihr Schlusswort Herr Ehrmann!
Meine Leidenschaft bis zum heutigen Tag ist der KFV. Für mich war der KFV mein Verein, bei dem ich Fußball gespielt habe, mit Leib, Liebe und Lust.



