Biografie: Fritz „Frieder“ Förderer – Rekordnationalspieler, Dribbelkönig und Schusskanone

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Fritz „Frieder“ Förderer – 5. Januar 1888 in Karlsruhe – 20.Dezember 1952 in Weimar

von Dr. Ernst Otto Bräunche

Von den elf KFV-Nationalspielern war Fritz Förderer einer der bekanntesten und erfolgreichsten. Förderer war nicht nur der erste Karlsruher Nationalspieler, sondern auch der Rekordnationalspieler des KFV. Von 1908 bis 1913 trug er elfmal das Trikot der deutschen Natio­nal­­mann­­schaft und schoss zehn Tore, eine auch heute noch mehr als beachtliche Torquote.

Der am 5. Januar 1888 in Karlsruhe als Sohn eines Mecha­­ni­kers geborene und 1908 von Germania Karlsruhe zum KFV gekommene Stürmer bildete mit Gottfried Fuchs und Julius Hirsch das erfol­g­reichs­te Innensturmtrio des KFV und der Natio­nal­­mann­­schaft vor dem Ersten Weltkrieg. In dieser Zeit wurde Förderer mit dem KFV dreimal Süddeut­scher Meister, 1910 Deutscher Meister und 1912 Deutscher Vizemeis­ter. Er gehörte sowohl der Natio­nalelf an, die am 5. April 1908 das erste offizielle Länder­spiel einer deutschen Natio­nal­­mann­­schaft in Basel bestritt und trotz eines Tores von Förderer mit 3:5 verlor, als auch jener, die den ersten deutschen Länder­spiel­­sieg am 4. April 1909 im KFV-Stadion mit 1:0 über die Schweiz errang. Auch in dem legendären Spiel der Nationalmannschaft gegen Russland in Helsinki trug er vier Tore zum 16:0-Sieg bei. Er gehörte auch zu den Karlsruher Spielern, die gegen die Niederlande am 24. März 1912 in Zwolle ein 5:5 herausholten. Förderers letztes Länder­spiel endete allerdings mit einer 1:4-Niederlage am 26. Oktober 1913 in Hamburg gegen Dänemark. Ein kompli­­zier­ter, während eines Spieles um den Kronprin­­zen­­po­­kal im Spätjahr 1913 in Nürnber­g zugezo­­ge­­ner Beinbruch und der Erste Weltkrieg verhin­­der­ten weitere Einsätze in der Natio­nal­­mann­­schaft. Doch auch so ist er ohne Zweifel einer der erfolgreichsten Fußballer des KFV.

Seit Kriegs­­­be­­ginn 1914 war Förderer als Soldat in den Vogesen eingesetzt. Noch während des Krieges wurde der gelernte Elektriker, der zuvor bei den Süddeut­schen Telefon- und Telegraphen-Werken in Karlsruhe gearbeitet hatte, Ende 1916 zu den Leuna­wer­ken abkom­­man­­diert, die von der BASF bei Halle aufgebaut wurden. Bis in die Nachkriegs­­­zeit spielte er beim VfL Halle 1896 wieder Fußball und wurde mit dem Verein noch zweimal, 1916/17 und 1918/19, Mittel­­deut­­scher Meister. Im Endspiel 1917 war Förderer gegen den Dresdener Fußball­ring der heraus­ra­­gen­de Stürmer und bereitete beide Tore zum 2:0 Endstand vor.

Nach dem Krieg zog er nach Halle, wo er für den VfL Halle bis 1932 als Platzwart und Sport­leh­­rer, zeitweise auch als Trainer und als Tennis­­leh­­rer tätig war. Die offizielle Prüfung als Sport­leh­­rer legte er in diesem Jahr ab und war danach u. a. für Merseburg 99, Schwaben Augsburg, Jahn Regensburg, den 1. FC Straubing, Cricket-Victoria Magdeburg und den VfB Köthen 02 tätig. 1919 kam er als Gastspieler zum Spiel des KFV gegen MTK Budapest nach Karlsruhe zurück, wo er vor 6000 Zuschauern ein letztes Mal mit seinen Sturmpartnern Fuchs und Hirsch in einer Mannschaft spielte, diesmal jedoch als erfolgreicher Verteidiger gegen den Star der Ungarn Imre Schlosser.

1939 erhielt er eine Anstellung bei der Stadt Weimar als Verwalter der städti­schen Sport­an­la­­gen und als Sport­leh­­rer. Zeitweilig trainierte er 1939 auch die Fußball­mann­­schaft der 3. SS-Toten­­kopf­­stan­d­ar­te Buchenwald, in die NSDAP trat er 1942 ein. Überzeug­ter Natio­nal­­so­­zia­­list war er deshalb vermutlich nicht, da er nach dem Krieg seine Stellung als Platzwart nach kurzer, durch Perso­nal­ein­spa­run­­gen bei der Stadt bedingter, Unter­­bre­chung auf Anordnung der russi­schen Besat­­zungs­­­macht wieder­­­be­­kam und 1945 auch die Fußball­mann­­schaft der in Weimar statio­­nier­ten russischen Soldaten trainierte. Als Trainer kam er mit der SG Weimar Ost, vormals und heute wieder SC Weimar 1903, in der erstmals 1948 ausge­­spiel­ten „Ostzo­­nen­­meis­ter­­schaft“ unter die letzten vier. Als 1952 in Karlsruhe bekannt wurde, dass Fritz Förderer schwer erkrankt in einem Weimarer Krankenhaus lag, erreichten ihn zahlreiche Hilfspakete mit Lebensmitteln und Medikamenten. Er starb am 20. Dezember 1952 in Weimar kurz vor seinem 65. Geburtstag.

 

Daten zu Fritz Förderers Leben:

International
Länderspiele/-Tore: 11/10 von 1908 bis 1913

Vereine als Spieler:
Germania Karlsruhe: 1905-1908, Karlsruher FV: 1908-1919, Vfl Halle 1896: 1919-1932

Vereine als Trainer:
VfL Halle, Schwaben Augsburg: 1932-1933, Jahn Regensburg: 1933-1935, 1. FC Naumburg 05: 1935-1937, FC Köthen 02:  1937-1939, S.C. Weimar:  1939-1952

Kinder:
Fridrich August Förderer (1910-1970)
Lisa Förderer (1913-2005)
Ingeborg Förderer (1924-1945 bei einem Bombenangriff auf Weimar)

Interview mit Alexander Förderer aus Halle, einem Ur-Enkel von Fritz Förderer.

Von Steffen Herberger

KFV: „Förderer“ ist nicht „Beckenbauer“, „Seeler“ oder „Matthäus“. Die meisten Spieler aus der Frühzeit des Fußballs sind heute nur noch in den Köpfen von Fußballbegeisterten präsent  – wird man denn als „Förderer“ überhaupt noch mit Fußball in Verbindung gebracht bzw. darauf angesprochen?

Alexander Förderer: Ja das Gesprächsthema „Fritz Förderer“ ist immer noch groß in der Familie. Auch ältere Generationen in Halle wissen noch, wer Förderer war auch durch seinen Verein in Halle, dem VfL Halle 1896, aber auch durch seinen Sohn Fritz Förderer jun. Der in Halle ein bekannter Tennislehrer war und auf den Sportplätzen der HSG Wissenschaft St. Anna trainierte.

Die Nachkommen von Frieder lebten in der BRD als auch in der DDR. Kam es trotz der deutschen Teilung zum Austausch in der Familie?

Trotz der deutschen Teilung kam Frieders Tochter Lisa, die einen Regensburger heiratete, ein-, zweimal im Jahr nach Halle. Nachdem Lisa in Regensburg verstarb, ist deren Familie nach Lanzarote ausgewandert. Die meisten Nachkommen leben in Halle.

Hat Fritz Förderer Anekdoten über seine Fußballkarriere weitergetragen?
Er sagte immer zu seiner Frau Julchen (gest. 1974): „Mein geliebter KFV“. Über andere Vereine sprach er nicht so. Auch noch aus Weimar beobachtete er das Geschehen um seinen KFV in Karlsruhe. Seine Tochter Lisa hatte immer noch Kontakt nach Karlsruhe bis sie 2005 in Regensburg verstarb.

Das wohl am meisten verbreitete Bild von Fritz Förderer zeigt ihn mit seinen ehemaligen Mitstürmern Gottfried Fuchs und Julius Hirsch. Der berühmte KFV-Innensturm Förderer-Fuchs-Hirsch war auch in der Nationalelf erfolgreich. Fuchs und Hirsch wurden als Juden im dritten Reich verfolgt. Hat Förderer von seinen zwei Mitspielern gesprochen oder hatte er noch nach dem 2. Weltkrieg Kontakt mit Fuchs?

Ob Fritz Kontakt zu Hirsch und Fuchs hatte kann man nicht mehr nachvollziehen aber eins weiß man, dass zu seiner Hochzeit 1913 in Karlsruhe Fuchs und Hirsch mit dabei gewesen sein sollen. Meine Tanten konnten sich erinnern, dass er über Hirsch und Fuchs in der Nachkriegszeit gesprochen hat. Er hat sich für deren Schicksal interessiert und auch gesucht. Aber den Tod seiner Tochter Ingeborg, die bei einem Bombenangriff 9. 2. 1945 in Weimar ums Leben kam beschäftigte ihn weitaus mehr. Deren Tod hatte er nie ganz verkraftet.

1939 trainierte Förderer eine SS-Mannschaft und trat 1942 in die NSDAP ein. Ein überzeug­ter Natio­nal­­so­­zia­­list war er wohl nicht, da er nach dem Krieg u.a. seine Stellung als Platzwart auf Anordnung der russi­schen Besat­­zungs­­­macht wieder­­­be­­kam. Wie beurteilen Sie diesen Zeitraum? Hat er je darüber gesprochen?

Über die Kriegszeit hat er nie sehr viel gesprochen. Meine Ur-Oma wollte nie etwas darüber wissen. Meine persönliche Meinung ist, dass die Leute in Weimar zu 80 % gewusst haben, was in Buchenwald passiert. Das kann man gar nicht versäumen. Ich habe mir es selbst vor Ort einmal angeschaut. Der Trainingsplatz lag nicht weit entfernt vom Lager. Er trainierte die 3. SS-Totenkopfstandarte. Ich habe selbst noch Dokumente über die Stunden, die er als Trainer dort ableistete und wieviel Geld er dafür bekam etc.  Nach dem 2. Weltkrieg wurde er vom russischen Oberst Kudenow als Platzwart eingesetzt und trainierte neben der Soldatenmannschaft auch die Polizeiwachmannschaft in Weimar.

War es in der DDR schwierig das Andenken an einen Vorkriegsnationalspieler wach zu halten oder ist diesem Umstand keine Bedeutung beizumessen?

Der Name Förderer war in Halle bekannt. Zumal mein Opa auch den Tennissport in Halle nach 1945 wieder aufbaute. Auch den VfL, wo er noch aktiv spielte. Als Jugendlicher hatte ich selbst nicht das größte Interesse an meinem Uropa, wusste aber sehr wohl, wer er war. Insbesondere durch meine Groß-Tanten, die ihn noch „live“ erlebten.

Ist die Familie Förderer auch heute noch Fußball-affin?

Nein Fußball spielt in der Familie Förderer kaum einer. Die Generationen danach sind alle zum Tennis gewechselt. 

Welchem Verein drücken Sie heute die Daumen?

Die Generationen, die noch in Halle wohnen, drücken dem VfL Halle 96 die Daumen. Dort spielt auch mein Sohn.

Gibt es auch Ehrungen/Benennungen nach Fritz Förderer? Erfährt er heute noch eine Anerkennung?

Dass Hirsch und Fuchs als Opfer des Nationalsozialismus vorrangig geehrt werden, kann ich gut verstehen. Vor allem vor dem Hintergrund, dass der DFB selbst zu dieser Zeit mit Schuld behaftet ist. Aber ein bisschen finde ich es schon traurig, dass er nie im größeren Rahmen geehrt wurde. Er hat immerhin das erste Länderspieltor geschossen. So etwas gibt es nur einmal und kommt nicht mehr wieder.

Hat Frieder der Familie Erinnerungen an seine großartige Fußballkarriere hinterlassen?

Ja, ich habe einen Ball aus den 1950er Jahren geerbt. Es gibt noch das Ehrenabzeichen des DFB und ein Abzeichen von den Olympischen Spielen von 1912 in Stockholm, Ehrenring (vermutlich 1910) und ein Ehrenring des VfL 1896 Halle.

War Frieder noch einmal nach Kriegsende in Karlsruhe?

Ja, er war auch nach dem Krieg noch einige Mal in Karlsruhe. In Erinnerung geblieben ist ein letztes Treffen mit Tante Babette in Karlsruhe 1950. Das war noch einmal eine letzte größere Förderer-Zusammenkunft. Man verabschiedete Frieders Schwager, der in die USA auswanderte. Bis 1974/75 erreichten die Familie Medikamente aus Karlsruhe (Frieders Frau verstarb 1974).

Förderer im fortgeschrittenen Alter im Experten-Talk mit dem Altinternationalen Ludwig Leinberger (Kapitän der deutschen Nationalelf zwischen 1927 und 1933). Quelle: Alexander Förderer
Förderer (rechts im Bild) mit der Mannschaft der 3. SS-Totenkopfstandarte, der Wachmannschaft des KZ Buchenwald. Quelle: Alexander Förderer.

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