Die Gravur des Silberpokals sagte schon alles: „Seine Kaiserliche und Königliche Hoheit Wilhelm, Kronprinz des Deutschen Reiches und von Preußen stiftete im Jahre 1908 diesen Pokal als Wanderpreis für Fußball-Wettspiele zwischen den repräsentativen Mannschaften der Landesverbände des Deutschen Fußball-Bundes“ (der erste deutschlandweite Wanderpokal des Fußballs). Die Teilnehmer des Pokals waren nicht wie im heutigen DFB-Pokal Vereinsmannschaften, sondern repräsentative Auswahlmannschaften der Landesverbände (z.B. Norddeutschland, Westdeutschland). Der Wettbewerb mit dem klangvollen Namen wurde zwischen 1909 und 1918 achtmal mit einem Endspiel in Berlin ausgespielt. Die Tradition, dass Finale in Berlin auszuspielen („Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin“) hat bis heute überlebt! Nach der Monarchie wurde er 1919 in Bundespokal umbenannt und durchlief bis heute eine Reihe von Formatänderungen (Reichsbundpokal und schließlich Länderpokal der Amateure). 1910, 1912 und 1914 ging der Titel an die Auswahl des Verbandes Süddeutscher Fußball-Vereine – unter wesentlicher Beteiligung der KFV-Spieler. Da der KFV sowie der FC Phönix zu den führenden Vereinen im Süden gehörten, stellten die beiden Klubs konsequenterweise auch einen Großteil der Spieler.
Durch das Engagement des Kronprinzen, der in England mit dem Fußball in Berührung kam und die Schirmherrschaft des Pokals übernahm, erfuhr der noch junge Fußballsport eine gesellschaftliche Aufwertung, ganz ähnlich wie in Baden, wo ein anderer Aristokrat, Prinz Max von Baden, Protektor des KFV wurde. Der Pokal wurde zunehmend populär in der Bevölkerung, die Medialisierung des Sports (Berichterstattung, Gründung von Fußballzeitschriften) sowie die Ökonomisierung von Seiten des Verbandes (Umzäunung von Spielfeldern und Eintrittsgelder) wurden weiter ausgebaut.
Das Endspiel der vierten Auflage des Pokals ist in die KFV-Annalen eingegangen: „Da ist vor allem der Platz (Union) zu rügen, auf dem trotz der Unmenge von Sägemehl die Spieler bis zum Knöchel einsanken. Dann reichte der Raum für die über 6000 Zuschauer lange nicht aus, außerdem waren die Zu- und Ausgänge schmutzig“ kritisierte die Sportpresse. Ferner wurden die Eintrittsgelder (man zahlte drei Mark für die Tribüne; 2,50 Mark für einen Sitzplatz und Schüler sowie Soldaten 40-50 Pfennig) heftig kritisiert. Die Mannschaften – Süddeutschland und Berlin – wurden „in schrecklichen elektrischen Rumpelkästen (Auto-Omnibus genannt)“ vom Hotel zum Stadion gefahren. Aufgrund der Kälte, lief KFV-Stürmer Gottfried Fuchs sogar in einem adretten Wollschal auf. Der KFV stellte sechs (!) Spieler der Finalelf aus Süddeutschland. Die „Kanonen der VSFV-Auswahl“ (Illustrierte Sportzeitung) gaben dann auch den Ton an: Fuchs erzielte drei, Hirsch zwei und Förderer ein Tor. Ein KFV-Torspektakel! Fuchs dribbelte im Spiel „durch fünf Gegner“ und Förderers einzigartige Ballbehandlung ließ das Publikum erstaunen. Als der 1,90 Meter große Schiedsrichter Edgar Blüher abpfiff, brach Jubel bei den Süddeutschen aus. Zum zweiten Mal wurde der Kronprinzenpokal gewonnen. Die Süddeutschen waren zuvor keineswegs der Favorit gewesen, denn die Berliner stellten mit der Berliner TuFC Union 1892 immerhin den amtierenden deutschen Meister und Rekordmeister mit drei Titeln und zwei Vizemeisterschaften. Der Berliner „Rasensport“ schwärmte nach dem Finale: „Schnelligkeit, Technik, Schuss, Platzieren, Sichverstehen, Uneigennützigkeit, sowie schnelles Erfassen und Ausnützen der sich bietenden Chancen: alle diese Eigenschaften sind in hohem Maße vorhanden. Und man wünschte sich: Wenn dass doch unsere Leute auch so könnten!“
18. Februar 1912, Endspiel um den Kronprinzenpokal
Süddeutschland – Berlin 6:5 (3:2)
Süddeutschland: Kieferl (Wacker München), Paul Kühnle (Stuttgarter Kickers), Willi Gros, Julius Hirsch, Gottfried Fuchs, Fritz Förderer, Ernst Hollstein, Max Breunig (alle KFV), Karl Wegele (Phönix Karlsruhe), Fritz Höfler (FV Kaiserslautern), Karl Burger (Fürth)
Tore: 1:0 ? (1. Minute), 1:1 Fuchs (12.), 1:2 Förderer (18.), 1:3 Hirsch (28.), 2:3 Kugler (33., Elfmeter), 2:4 Fuchs (53.), 3:4 Worpitzky (60.), 3:5 Fuchs (69.), 3:6 Hirsch (70.), 4:6 Krüger (80.), Worpitzky 5:6 (84.).
Union-Sportplatz in Mariendorf, Berlin, Zuschauer: 6000.
Schiedsrichter: Edgar Blüher (Leipzig)


