Geschich­te der wei­te­ren Abteilungen

Beim KFV konn­te nicht nur Fuß­ball gespielt wer­den. Früh eta­blier­ten sich wei­te­re Abtei­lun­gen wie Leicht­ath­le­tik und Hand­ball. Die Ten­nis­ab­tei­lung des Ver­eins mach­te sich gar als “TC Karls­ru­he-West” selbst­stän­dig und exis­tiert (Stand 2022) heu­te immer noch. 

Auf die­ser Sei­te möch­ten wir ins­be­son­de­re auf die sehr erfolg­rei­che Leicht­ath­le­tik-Abtei­lung ein­ge­hen. Beson­ders am Her­zen liegt uns dabei die Erin­ne­rung an Karo­li­ne Rad­ke-Bat­schau­er, die nach ihrer Kar­rie­re eine gro­ße För­de­rin des Ver­eins und ein ech­tes Vor­bild blieb. 

Leicht­ath­le­tik-Abtei­lung

Bereits 1905 grün­de­te der KFV eine Ten­nis- sowie eine Leicht­ath­le­tik­ab­tei­lung. 1919 folg­te die Frau­en­leicht­ath­le­tik­ab­tei­lung. Ab 1906 rich­te der KFV einen eige­nen Leicht­ath­le­tik­wett­kampf, die soge­nann­ten Inter­na­tio­na­len Olym­pi­schen Spie­le u.a. mit Lauf‑, Sprung- (Weit­sprung, Hoch­sprung, Drei­sprung), Wurf- (Dis­kus­wer­fen, Kugel- und Stein­sto­ßen) und Mehr­kampf­wett­be­wer­ben aus.

Bekann­te KFV-Leicht­ath­le­ten waren u.a. Adolf Speck (Deut­schen Meis­ter im 110-Meter-Hür­den­lauf, 1909), Alo­is Wirth (10.000m-Läufer) und Karl Maria Zeiss (Mit­tel­stre­cken­läu­fer).

Georg Amber­ger wur­de 1920 deut­scher Meis­ter über 800m. Albert Stein­metz wur­de bei den Deut­schen Meis­ter­schaf­ten 1935 Fünf­ter über 200 und 1936 Vier­ter über 100 Meter. Bei den Olym­pi­schen Spie­len in Ber­lin erreich­te Stein­metz auf der 200-Meter-Stre­cke den Zwi­schen­lauf. Sei­ne per­sön­li­che Best­zeit über 200 Meter stell­te er in 21,8 s 1935 in Darm­stadt auf. Über 100 Meter lag sei­ne Best­zeit bei 10,5 s, gelau­fen 1938 in Dortmund.

Erfol­ge im Leichtathletik

deut­sche Meisterschaften

  • 1909 Ers­ter im 110-Meter-Hür­den­lauf durch Adolf Speck
  • 1920 Ers­ter im 800-Meter-Lauf durch Georg Amberger
  • 1920 Drit­ter im 400-Meter-Lauf durch Georg Amberger
  • 1921 Zwei­ter im 3‑mal-1000-Meter-Staf­fel­lauf (Hein­zel­mann – Amber­ger – Hoffmann)
  • 1922 Drit­ter im 400-Meter-Hür­den­lauf durch Georg Amberger
  • 1927 Ers­te im 800-Meter-Lauf durch Lina Rad­ke-Bat­schau­er in neu­er Weltrekordzeit
  • 1933 Drit­ter im Dis­kus­wurf durch Ernst Lampert
  • 1935 Vier­ter im Mara­thon­lauf durch Alo­is Wirth
  • 1935 Fünf­ter im 200-Meter-Lauf durch Albert Steinmetz
  • 1936 Vier­ter im 100-Meter-Lauf durch Albert Steinmetz
süd­deut­sche Meisterschaften
  • 1910 Ers­ter im 110-Meter-Hür­den­lauf durch Adolf Speck
  • 1912 Drit­ter im Dis­kus­wurf durch Max Breunig
  • 1920 Ers­ter im 800-Meter-Lauf durch Georg Amberger
  • 1920 Ers­ter in der olym­pi­schen Staf­fel (Amber­ger – Neu­mann – Kuhn­münch – Sayer)
  • 1920 Zwei­ter im 400-Meter-Lauf durch Otto Neumann
  • 1924 Drit­ter durch Otto Ort­ner im 1500-Meter-Lauf
  • 1925 Zwei­ter durch die 3‑mal-1000-Meter-Staf­fel der Männer
  • 1925 Zwei­te durch die 4‑mal-100-Meter-Staf­fel der Frauen
  • 1925 Zwei­te im 100-Meter-Lauf durch Lie­sel Weber
  • 1926 Ers­te im 100-Meter-Lauf durch Lie­sel Weber
  • 1927 Ers­te im 800-Meter-Lauf durch Lina Radke-Batschauer
  • 1933 Ers­ter im Dis­kus­wurf durch Ernst Lampert

Bei den Deut­schen Kampf­spie­len 1922 in Ber­lin ver­trat der KFV die Ver­bands­staf­fel des Badi­schen Ver­ban­des im olym­pi­schen Staf­fel­lauf und wur­de hin­ter Bran­den­burg Zweiter.

Karo­li­ne Rad­ke-Bat­schau­er  — Die Olym­pia­sie­ge­rin des KFV

  1. Okto­ber 1903 in Karls­ru­he — 14.Februar 1983 in Karlsruhe

Von Dr. Wolf‑D. Junghanns

Am 2. August 1928, bei den Olym­pi­schen Som­mer­spie­len in Ams­ter­dam, hat Lina Rad­ke in mehr­fa­cher Hin­sicht Geschich­te geschrie­ben: Zum ers­ten Mal durf­ten Frau­en an den Leicht­ath­le­tik­wett­be­wer­ben teil­neh­men – im Hoch­sprung, Dis­kus­wer­fen, 100-m-Lauf, in der Sprint­staf­fel und im 800-m-Lauf –, und erst­mals seit dem Ers­ten Welt­krieg stell­te sich bei Som­mer­spie­len wie­der eine deut­sche Mann­schaft der inter­na­tio­na­len Kon­kur­renz. Beson­ders die deut­schen Mit­tel­stre­cken­läu­fer – Otto Pelt­zer u. a. – beglei­te­ten hohe Erwar­tun­gen nach Ams­ter­dam, aber sie “ent­täusch­ten” mit drit­ten und vier­ten Plätzen.

Lina Rad­ke sieg­te in der Welt­re­kord­zeit von 2:16,8 min und gewann damit das ers­te und vor­erst ein­zi­ge Olym­pia­gold über­haupt für die deut­sche Leicht­ath­le­tik; den Män­nern gelang das erst 1936. Mit klu­ger Tak­tik und einem lang­ge­zo­ge­nen “ener­gi­schen” End­spurt über­lief sie die ande­ren Favo­ri­tin­nen in dem bis dahin schnells­ten Ren­nen über die­se Distanz – auch die Zweit- und Dritt­pla­zier­te, Kin­uye Hito­mi (Japan) und Inga Gent­zel (Schwe­den), unter­bo­ten Rad­kes am 1. Juli 1928 in Brieg auf­ge­stell­ten Rekord von 2:19,8 min. Doch die Freu­de hielt sich in Deutsch­land in Gren­zen. Die Pres­se sah “Deutsch­lands Ehre” geret­tet und lob­te die Lauf­leis­tung, bedau­er­te aber z.T., daß der Erfolg “nur” von einer Frau erzielt wor­den war. Damit nicht genug, die Erschöp­fung und Ent­täu­schung eini­ger Final­teil­neh­me­rin­nen, die sich nach dem Ziel­ein­lauf auf das Grün des Sta­di­on­in­nen­raums nie­der­ge­las­sen hat­ten, wur­de viel­fach als “Zusam­men­bruch” gedeu­tet, gerügt und von Offi­zi­el­len zum Vor­wand genom­men, die 800-m-Stre­cke als “zu anstren­gend” und “unäs­the­tisch” wie­der aus dem olym­pi­schen Pro­gramm der Frau­en zu neh­men. Erst 1960, in Rom, wur­de sie wie­der gelaufen.

Ins­ge­samt brach­te die Mit­tel­stre­cke Lina Rad­ke wenig Glück, denn nach­dem auch ande­re natio­na­le Ver­bän­de die Stre­cke absetz­ten, boten sich zuneh­mend weni­ger Wett­kampf­ge­le­gen­hei­ten. 1930 und 1931 beleg­te sie bei den Deut­schen Meis­ter­schaf­ten jeweils den 2. Platz hin­ter ihrer Dau­er­ri­va­lin und spä­te­ren Sprint­spe­zia­lis­tin Marie Dol­lin­ger (TV Lan­gen­zenn, 1. FC Nürn­berg). 1933 strich die NS-Sport­füh­rung den 800-m-Lauf aus dem Meis­ter­schafts­pro­gramm. Lina Rad­ke wehr­te sich dage­gen publi­zis­tisch und mit Welt­re­kord­läu­fen in der Olym­pi­schen Staf­fel (100, 100, 200, 800 m) und in der 3 x 800‑m Staf­fel des VfB Bres­lau – ver­geb­lich. Es blie­ben ihr die Gelän­de- und Wald­läu­fe – hier wur­den auch län­ge­re Stre­cken, meist zwi­schen 1500 und 2000 m, aus­ge­schrie­ben, da sie nicht als erschöp­fen­de Tem­po­läu­fe gal­ten – und die Kon­zen­tra­ti­on auf Kurz­stre­cken, u. a. im Hür­den­lauf, außer­dem die ande­ren leicht­ath­le­ti­schen Dis­zi­pli­nen. Sie gehör­te noch zu den All­round­sport­le­rin­nen, die auch an allen Wurf- und Sprung­wett­be­wer­ben teil­nah­men. Nur 1934, als man sie für die Welt­spie­le der Frau­en in Lon­don (3. Platz) und für einen anschlie­ßen­den Ver­gleich mit einem japa­ni­schen Team in Wup­per­tal (1. Platz), für die pres­ti­ge­träch­ti­ge Gesamt­wer­tung benö­tig­te, durf­te sie “ihre” Stre­cke noch ein­mal offi­zi­ell laufen.

Von Lina Rad­kes Bio­gra­phie sind nur eini­ge Eck­punk­te bekannt – nicht nur wur­de wäh­rend ihrer akti­ven Zeit sehr viel weni­ger über die Frau­en­wett­be­wer­be und das Leben der Ath­le­tin­nen als über die Bio­gra­phien und die viel zahl­rei­che­ren “Kämp­fe” der Män­ner berich­tet, sie selbst scheu­te offen­bar die Öffent­lich­keit und leb­te sehr zurück­ge­zo­gen. Sie wur­de am 18. Okto­ber 1903 in Karls­ru­he als eines von meh­re­ren Geschwis­tern gebo­ren – der Leicht­ath­let Emil Bat­schau­er (1901–1978) war einer ihrer Brü­der. 1917 zog die Fami­lie nach Baden-Baden, wo sie ver­gleichs­wei­se spät, wohl erst 1923, mit dem Sport begann: im Leicht­ath­le­tik-Ver­ein Baden-Baden 1923, der 1926 im Sport­ver­ein Baden-Baden auf­ging. Als Mit­glied des SV wur­de sie 1926 in Braun­schweig Deut­sche Meis­te­rin über 1000 m – nur die­ses eine Mal wur­de die­ser Titel natio­nal ver­ge­ben. 1927 wech­sel­te sie zum Karls­ru­her Fuß­ball­ver­ein, in des­sen Tri­kot sie erst­mals grö­ße­re Auf­merk­sam­keit auf sich zog, als sie am 12. Juni bei einem inter­na­tio­na­len Frau­en­sport­fest in Ber­lin erst den Lan­des­re­kord über 800 m auf 2:28,8 min ver­bes­ser­te und dann am 7. August in Bres­lau in der Welt­re­kord­zeit von 2:23,7 min Deut­sche Meis­te­rin über die­se Stre­cke wurde.

Im Herbst 1927 hei­ra­te­te sie in Baden-Baden den Bres­lau­er Schnei­der­meis­ter und ehren­amt­li­chen Leicht­ath­le­tik­trai­ner Georg Rad­ke (1900–1993), der sie auf die Olym­pi­schen Spie­le vor­be­rei­te­te und auch in Ams­ter­dam selbst trai­nier­te. Das Paar zog nach Bres­lau und ab 1928 star­te­te “Frau Rad­ke”, wie sie in der Pres­se im Unter­schied zu den “Fräu­leins” ihrer Kon­kur­ren­zen bezeich­net wur­de, für den dor­ti­gen Ver­ein für Bewe­gungs­spie­le, mit dem sie schnell zu einer füh­ren­den Ath­le­tin Schle­si­ens wur­de. Bis ein­schließ­lich 1944 nahm sie mit dem VfB an Wett­kämp­fen teil, mit eini­gen Unter­bre­chun­gen, bedingt vor allem durch die Geburt des Soh­nes Nor­bert (1937–2002). Über Aus­bil­dun­gen und beruf­li­che Tätig­kei­ten wur­de bis­lang nichts ermit­telt. Zumin­dest in den ers­ten Bres­lau­er Jah­ren scheint sie Haus­frau gewe­sen zu sein. Neben dem eige­nen Trai­ning unter­stütz­te sie wohl die Aus­bil­dung jün­ge­rer VfB-Athletinnen.

1945 gehör­ten Lina Rad­ke zu den aus Schle­si­en Zwangaus­ge­sie­del­ten. Ihr Mann Georg befand sich eine unbe­kann­te Zeit lang in sowje­ti­scher Kriegs­ge­fan­gen­schaft. Über Thü­rin­gen gelang­ten Rad­kes Ende der vier­zi­ger Jah­re nach Tor­gau, wo Georg Rad­ke wie­der als Schnei­der arbei­te­te und sich erneut für die Leicht­ath­le­tik enga­gier­te. Bei der BSG Che­mie Tor­gau betreu­te er u. a. die 800 m‑Läuferin Elli Sud­row, 1951 und 1953 DDR-Meis­te­rin über 800 m, und die 3 x 800-m-Staf­fel mit Elli Sud­row sowie Lore und Rose Block, die 1952 und 1953 Rekord­zei­ten lief. Er schrieb Leicht­ath­le­tik­be­rich­te für die Pres­se und gilt er als Initia­tor des bis heu­te popu­lä­ren jähr­li­chen Tor­gau­er Tei­chel­au­fes. Lina Rad­ke nahm Anfang der fünf­zi­ger Jah­re auf Krei­se­ebe­ne noch ein­mal an Wett­kämp­fen teil, spe­zi­ell im Dis­kus­wurf und im Kugel­sto­ßen. Nor­bert folg­te dem Vor­bild der Eltern: Er übte sich all­sei­tig in Wurf‑, Sprung- und Lauf­dis­zi­pli­nen und erziel­te in Jugend­wett­be­wer­ben auch Erfol­ge. Lina Rad­ke unter­stütz­te ansons­ten in der ört­li­chen katho­li­schen Gemein­de Behin­der­te. Laut amt­li­cher Notiz ver­lie­ßen Rad­kes am 8. Juli 1961 “ille­gal” Tor­gau und zogen nach Karls­ru­he, wo die ehe­ma­li­ge Leicht­ath­le­tin wei­ter­hin ein zurück­ge­zo­ge­nes Leben führ­te und am 24. Febru­ar 1983 starb. Das Fami­li­en­grab befin­det sich auf dem Mühl­bur­ger Friedhof.

 Abbil­dung: Grab von Karo­li­ne Rad­ke-Bat­schau­er in Karls­ru­he und Bat­schau­er (rechts) im KFV-Dress mit Ger­trud Gla­dit­sch (links) vom FC Phö­nix Karls­ru­he. Quel­le: KFV-Archiv.

Vor und nach dem Zwei­ten Welt­krieg ist Lina Rad­ke mehr­fach geehrt wor­den, u. a. als Ehren­mit­glied des KFV um 1929 und 1973 mit der Ehren­me­dail­le der Stadt Karls­ru­he. Zuletzt im Jahr 2003 durch die Auf­nah­me in die vir­tu­el­le “Hall of Fame” von Leichtathletik.de, anläss­lich derer der pro­mi­nen­te Sport­jour­na­list Gus­tav Schwenk (1923–2015) an sie erin­ner­te. Soll­te die lan­ge kon­tro­vers dis­ku­tier­te “Hall of Fame des deut­schen Sports” sich tat­säch­lich als eine sinn­vol­le Ein­rich­tung eta­blie­ren, um die Erin­ne­rung an beson­ders erfolg­rei­che und vor­bild­li­che Ath­le­tin­nen und Ath­le­ten zu bewah­ren, so ver­dient auch die­se Pio­nie­rin des Mit­tel­stre­cken­laufs, “Deutsch­lands weib­li­cher Hanns Braun”, wie sie ein­mal genannt wur­de, die Aufnahme.

Die Tra­di­ti­ons­mann­schaft des KFV – bestehend aus frü­he­ren und aktu­el­len Spie­lern des Alt­meis­ters – reis­te bereits am frü­hen Mor­gen mit dem Bus nach Bern und besuch­te davor gemein­sam mit dem Schwei­zer Gast­ge­ber das Muse­um der Young Boys Bern im Sta­di­on, wo sich die Karls­ru­her Mann­schaft in das Gäs­te­buch ein­trug. Den Karls­ru­hern wur­de schnell klar: Der zwölf­ma­li­ge Schwei­zer Meis­ter wur­de wie der KFV von Gym­na­si­as­ten gegrün­det und blickt auf eine sehr lan­ge Tra­di­ti­on zurück.
Eini­ge mit­ge­reis­te KFV-Fans und Ange­hö­ri­ge feu­er­ten die Schwarz-Roten im anschlie­ßen­den Spiel im Sta­di­on an. Nach der Par­tie wur­den Wim­pel und Geschen­ke aus­ge­tauscht. Im Sta­di­on­re­stau­rant „Ele­ven“ speis­ten bei­de Mann­schaf­ten schließ­lich zusam­men.
Wolf­gang Ade, Koor­di­na­tor der KFV-Tra­di­ti­ons­mann­schaft, orga­ni­sier­te die Rei­se der Karls­ru­her in die Schweiz. „Wir dan­ken den Senio­ren 40+ des BSC Young Boys Bern/Wyler für das tol­le und fai­re Freund­schafts­spiel“, so der frü­he­re Spie­ler und Trai­ner des KFV. „Das kom­plet­te Bern-Wochen­en­de war ein unver­gess­li­ches Erleb­nis“. Rüdi­ger Herr – stets eng in Kon­takt mit Ade – orga­ni­sier­te auf Sei­ten der Ber­ner Vete­ra­nen­elf das Freundschaftsspiel.