1919 bis 1933: Der KFV unter süddeutschen Spitzenmannschaften
von Steffen L. Herberger
1918 erfolgte der schwere Neuaufbau des Vereins. Schnell wurde klar: Der KFV gehört nicht mehr zur Speerspitze des deutschen Fußballs. In den beiden Jahrzehnten zwischen den Kriegen sollten es vor allem der 1. FC Nürnberg, die SpVgg Fürth und der Hamburger SV sein, die um die deutsche Meisterschaft stritten. Auch in Süddeutschland verlagerte sich das fußballerische Gewicht vom Westen in den Osten (nach Bayern).
Süddeutschland – nun ohne das Elsass, dass Frankreich zufiel – organisierte sich nach dem 1. Weltkrieg in 10 Kreisligen. Der KFV spielte in der „Kreisliga Südwest“, die wiederum in mehreren Gruppen für die Regionen Württemberg, Odenwald und Baden untergliedert war. Die Elf des KFV bestand zur „Stunde null“ nach dem Weltkrieg nur noch aus einem Rumpfkader der alternden Meisterschaftsgeneration und neuen, hoffnungsvollen Talenten. Einer der Stürmertalente war Emil Melcher (geb. 25. Oktober 1895 in Karlsruhe), der sich aber weniger als Spieler sondern in der Folgezeit nur in einer illustren Trainerkarriere, in der er Eintracht Frankfurt, die Stuttgarter Kickers, Alemannia Aachen, Schwaben Augsburg, VfL Bochum, Bayer 04 Leverkusen, den Freiburger FC und den Wuppertaler SV trainierte, einen größeren Namen machen sollte (als Trainer blieb er allerdings selten mehr als ein Jahr einem Verein treu). Eine andere KFV-Personalie war dafür umso entscheidender für die ersten Tage nach dem Weltkrieg: Karl Egetmeyer (geb. 21. September 1875 in Karlsruhe), der bereits von 1900 bis 1909 für den KFV spielte, sowie in der Nachkriegszeit von 1919 an noch einmal zusammen mit Hirsch und Tscherter in der ersten Elf stand, leistete seinen wichtigsten Beitrag zur KFV-Vereinsgeschichte 1914 auf einem Verbandstag. Als Verhandlungsführer des KFV bewahrte er den Altmeister am grünen Tisch vor einem erstmaligen Abstieg in die Zweitklassigkeit! Einige Jahre nach seiner Heldentat am Verhandlungstisch, wurde er der erste Verwaltungsratsvorsitzende des VfR Mannheim. Im Juli 1948 ging er als Mannheimer Gasdirektor nach 48 Jahren im Dienst der Stadt Mannheim in den Ruhestand. Auch sein Bruder Alfred Egetmeyer war Spieler des KFV, ehe er im Dezember 1908 als Lehrer nach Furtwangen versetzt wurde. Dort bescherte er dem FC 07 Furtwangen einen starken Aufschwung, wurde aber bereits nach einem Jahr wieder versetzt. Er fiel im 1. Weltkrieg.


Ungarnmeister gegen KFV – Ein verschossener Elfmeter als Geschenk an die Gäste
Es war eines der ersten Nachkriegshighlights: Vor über 6.000 Zuschauern spielte der KFV 1919 gegen den ungarischen Meister MTK Budapest, noch mit den Meisterspielern Förderer (der dafür aus Halle gekommen war), Tscherter, Fuchs und Hirsch in seinen Reihen. Kurz vor Schluss bekam der KFV wegen eines Handspiels eines Ungarns einen Elfmeter zugesprochen, den die Budapester partout nicht akzeptieren wollten. Jedes Mal, wenn der Ball von einem KFV-Spieler auf den Elfmeterpunkt gelegt wurde, stieß ihn ein MTK-Spieler wieder weg. Erst als der umsichtige Förderer den Ungarn klar machte, dass er absichtlich daneben schießen würde, konnte der Elfmeter ausgeführt werden. Das Publikum schrie und pfiff zunächst, spendete dem sportlichen Tun Förderers jedoch schließlich Beifall. Nach drei passablen, aber an Meisterschaftsehren dürftigen Nachkriegsjahren, gewannen die Schwarz-Roten 1922 die Kreisliga Südwest und spielten als stärkstes badisches Team gegen die Sportfreunde Stuttgart um die Meisterschaft im Bezirk Württemberg/Baden, verloren aber das Rückspiel knapp mit 0:1, nach einem vorrangegangen 1:1.



Rückkehr auf die deutsche Fußballbühne
1923 wurde das Ligasystem reformiert und die Kreisligen durch „Bezirksligen“ ersetzt, die dem süddeutschen Fußball wieder stärker einen überregionalen Charakter und damit Attraktivität verliehen. Ausgerechnet in der Saison 1922/23, als es galt einen Platz in der neu entstehenden Liga zu sichern, schwächelte der KFV und belegte nur den 5. Platz in der Kreisliga. Während Pforzheim, der Freiburger FC und die Stadtrivalen Phönix und Mühlburg sich für die neue erstklassige Liga qualifizierten, schmachtete der KFV noch weiter in der nun zweitklassigen Kreisliga Mittelbaden.
Zu dieser Zeit etablierte sich mit Max Groke (2.11.1893 ‑1968) ein neuer Führungsspieler im KFV-Team. „Mit seiner Pferdelunge war er nicht herunterzukriegen und dribbeln konnte er über das halbe Spielfeld. Diese Gabe verleitete ihn aber zum zu langen Ballhalten“. Ab 1919 war Groke schon für den KFV aktiv und von 1925 bis 1930 Spielführer der Schwarz-Roten. Für Süddeutschland spielte er 1923 repräsentativ gegen die Schweiz (auch sein Sohn Heinz Groke spielte in der Nachkriegszeit im KFV-Sturm und wurde in den 1990er Jahren noch einmal Spielausschussvorsitzender). In der Saison nach dem schwachen 5. Platz wurde Spieler Groke gleichzeitig Trainer der KFV-Elf. Mit ihrem neuen Spielertrainer errang die Mannschaft zwar die Meisterschaft der zweitklassigen Kreisliga, scheiterte aber in den Aufstiegsspielen am VfB Stuttgart und dem SC Freiburg. Mit aller Macht klappte der ersehnte Aufstieg nach zwei Jahren Zweitklassigkeit 1924/25. Der Aufstieg brachte den KFV nun endlich wieder der Welt näher, in der sich die KFV-Anhänger in ihrer subjektiven Gefühlswelt noch immer befanden: Auf der großen Bühne des deutschen Fußballs! Der KFV trat nun in der Bezirksliga Württemberg-Baden, Gruppe Baden, an. Der Meister der Gruppe Baden spielte im jährlichen Turnus gegen den Meister der Gruppe Württemberg die Württemberg/Baden-Meisterschaft aus. Die besten Mannschaften Süddeutschlands, d. h. die Meister der Bezirke Main/Hessen, Rhein/Saar, Bayern und eben Württemberg/Baden spielten um die Süddeutsche Meisterschaft, die wiederum – wie schon in früheren Zeiten – die Qualifikation zur deutschen Meisterschaftsendrunde sicherte. Insofern bestand für den KFV wieder die reale Option, ein Wort in der deutschen Fußballmeisterschaft mitzureden.
Wie schon im Jahrzehnt davor, wirkte erneut ein britischer Trainer nach einer Krisenzeit als Katalysator für den sportlichen Erfolg: James Lawrence wurde im August 1925 verpflichtet. Lawrence bewies weniger pädagogisches Gespür, als fußballtheoretisches Wissen. Den KFV-Recken soll er das sogenannte W‑System bzw. WM-System, das im britischen Fußball seit 1925 praktiziert wurde, gelehrt haben. Das Ergebnis von Lawrences Wirken glich einer Sensation: Der KFV wurde als frischer Aufsteiger Meister der Liga Württemberg-Baden und qualifizierte sich prompt für die süddeutsche Meisterschaft! Die größte Glückseligkeit für die Schwarz-Roten brachte schließlich ein 9:0‑Kantersieg im Lokalschlager gegen den FC Phönix: „Das Rezept, das den kranken KFV wieder gesund machte, heißt unter dem neuen Trainer unermüdliches Training, sportliche Einigkeit, Disziplin und strenge Enthaltsamkeit“, urteilte eine Zeitung abschließend über den neuen Geist beim KFV.
In der Endrunde der süddeutschen Meisterschaft ging dem KFV, der innerhalb einer Jahresfrist die strapaziösen Aufstiegsspiele für die Bezirksliga bestritt sowie in der Bezirksliga selbst Meister wurde, jedoch die Luft aus. Ersatzgeschwächt und ohne Frische konnte der KFV in der Endrunde der süddeutschen Meisterschaft nicht mit Gegnern wie dem FC Bayern München oder dem Vorjahresvizemeister FSV Frankfurt mithalten. Auch gegen den späteren deutschen Meister in dieser Saison, die SpVgg Fürth, konnte der KFV zuhause nicht gewinnen:
So., 07.03.1926: Endrunde der Süddeutschen Meisterschaft – 5. Spieltag
KFV – SpVgg Fürth 1:2 (1:0)
KFV: Hans Eberlein, Huber, Hermann Trauth, Wolz, Max Groke, Hermann Greiler, Wilhelm Würzburger, Hermann Ege, Jean Vogel, Leopold Kastner, Walter Finneisen
Fürth: Neger – Müller, Hagen – Kleinlein, Leinberger, H. Krauß – Auer, Franz, Seiderer, Ascherl, Kießling
1:0 Würzburger (8.), 1:1 Seiderer (46.), 1:2 Leinberger (75.)
Stadion an der Telegrafenkaserne, Zuschauer: 8000, Schiedsrichter: Herrmann (Ludwigshafen)




Im folgenden Jahr landete der KFV knapp hinter dem VfB Stuttgart auf dem zweiten Tabellenplatz der Bezirksliga Württemberg/Baden. In der Trostrunde der Zweitplatzierten der deutschen Bezirksligen, die noch einmal das Tor zur Meisterschaftsendrunde weit aufriss, startete der KFV als Favorit. Ein stark umkämpftes und äußerst hart geführtes Spiel gegen den VfR Mannheim stellte jedoch einen entscheidenden Wendepunkt zu Ungunsten der Karlsruher dar: „Zum Spiele gegen den VfR fuhren wir mit einer außerordentlich starken Mannschaft nach Mannheim. Es hätte ein packendes und spannendes Treffen werden können, wenn nicht… Die Zuschauer kamen aus dem Staunen nicht heraus. Unsere Spiele der letzten Jahre gegen Mannheim zählten stets zu den besten und fairsten. Was sich aber da entwickelte und abwickelte, hatte mit dieser Kennzeichnung nichts mehr gemein. Kaum waren 5 Minuten vergangen, da war Günther so gut wie erledigt. Wenig später humpelte Ferdinand Lange bedenklich. Bekir ging bei der Pause mit einer Gesichtsverletzung in die Kabine, als ob er eben aus einem Boxring käme. Und kurz vor Spielschluß wurde Kastner ins Exil geschickt, als er die dauernden Hinterhältigkeiten und Gemeinheiten des gegnerischen Mittelläufers Deschner abzuwehren versuchte. Es war schauerlich. Insbesondere die Herren Deschner und Engelhardt II haben sich als vollendete, Sportsleute‘ erwiesen; wir würden nichts vermissen, wenn wir diesen Leuten künftig nicht mehr begegnen würden.“ KFV-Spieler Kastner war jedoch nicht ganz unschuldig an den erhitzten Gemütern: Der „KFV führte schon 5:0. Alle Tore hatte Kastner geschossen. Dann redete er! Und aus dem Glückspilz wurde ein Unglückspilz. Mannheim holte noch auf!“ (Badische Presse, 12.9.1935). Der KFV gewann zwar mit 5:4, konnte ersatzgeschwächt allerdings nur noch den zweiten Platz in der Trostrunde der Bezirksligazweiten, knapp hinter dem TSV 1860 München, belegen. Haarscharf verpasste der KFV damit nach 15 Jahren Abstinenz sein Comeback in der deutschen Meisterschaftsendrunde.
Im Juli 1927 – kurz nach der verpassten Meisterschaftsendrunde – fand der wohl eigentliche Höhepunkt der Saison statt: Im Karlsruher Wildparkstadion fanden sich 15.000 Zuschauer ein, um die Pokalpartie KFV gegen den frischgebackenen deutschen Meister, den 1. FC Nürnberg, zu verfolgen. Eine Vorschau zu dem Spiel zeigt, wie groß der Eventcharakter des Fußballs bereits in den 1920er war: „Der Wettspielball wird voraussichtlich von einem Flugzeug abgeworfen. Oberbürgermeister Dr. Finter wird den Deutschen Meister im Namen der Stadt begrüßen und die gesamte Feuerwehrkapelle spielt ab 1.00 Uhr unter Leitung des Musikdirektors Irrgang. Als Vorspiel findet eine Begegnung zwischen den Junioren des KFV und des FC Phönix statt“. Der Anstoß verzögerte sich zunächst, da die Nürnberger Stars Kalb und Stuhlfauth erst gegen 3.00 Uhr mit dem Flugzeug in Karlsruhe ankamen. Nach der regulären Spielzeit eines spannenden Spiels stand es immer noch 0:0. Zur Verlängerung erschienen kurioserweise nur noch die Karlsruher. Die Nürnberger konnten nicht zum Weiterspielen bewegt werden. Da der satzungsgemäße Gewinner, der KFV, nach der Partie auf den Sieg verzichtete, bestritt der 1. FC Nürnberg die weiteren Pokalspiele.
In der Saison 1927/28 erlebte man den vermutlich stärksten Nachkriegs-KFV. Gereift durch die ersten Jahre auf hohem Niveau, gewann der KFV souverän die Bezirksliga und schlug Lokalrivale FC Phönix im Entscheidungsspiel um die Meisterschaft im Bezirk Württemberg/Baden, Gruppe Baden souverän mit 6:1. In der süddeutschen Meisterschaft landete der KFV auf dem guten aber undankbaren Platz 4 hinter den Bayern, Eintracht Frankfurt und der SpVgg Fürth.
Auch in der Folgesaison blieb das Derby gegen den Lokalrivalen FC Phönix ein Zuschauermagnet. Vor 10.000 Zuschauern spielte der KFV im November 1928 gegen die Blau-Schwarzen, die das Hinspiel mit 3:2 gewannen. Der KFV war auf Rache aus. In einem rassigen Spiel kämpften die beiden Lokalrivalen verbissen gegeneinander. Nach drei verhängten Elfmetern (zwei für den KFV und einen für Phönix) siegte die KFV-Elf mit 4:2. In einem der folgenden Derbys, im Januar 1930, übte KFV-Star Bekir schlagfertige Selbstjustiz am Phönix-Keeper Krimmer, flog vom Platz und wurde für 13 Wochen gesperrt (mit Wirkung vom 12.04.1930 aber wieder begnadigt). Krimmer selbst wurde noch kurz vor Spielende vom Platz verwiesen. Mit 4:1 errang der KFV im emotionalen Derby erneut den Sieg. Beim Stande von 4:1 verfehlte Eugen Nagel – bekannt als sicherer Elfmeterschütze – mit zittrigen Knien bei einem Strafstoß das Tor. Trotz aller Emotionen und langer Dispute des Unparteiischen mit den Spielern beider Seiten, blieb es bei den Derbys dennoch meist bei relativ fair geführten Partien.
Neben den Derbys waren insbesondere die Spiele gegen den mehrfachen deutschen Meister Nürnberg von hohem Publikumsinteresse. 15.000 Zuschauer sahen 1929 das 0:0 zwischen dem KFV und dem 1. FC Nürnberg im KFV-Stadion. Auch im März 1930 konnten die „Clubberer“ vor 12.000 Zuschauern nicht gewinnen (1:1). „Für beide Vereine besitzt die KFV-Kampfstätte historische Bedeutung. Der »Club« fand hier immer seinen Meister, noch nie konnte er auf diesem für ihn geradezu verhängnisvollen Boden einen Sieg erringen“, urteilte ein Reporter.
Süddeutsche Meisterschaft; Endrunde der Zweit- und Drittplatzierten:
9. 3. 1930: KFV – 1. FC Nürnberg 1:1
KFV: Theo Stadler, Lorenz Huber, Hermann Trauth, Ferdinand Lange, Alfred Reeb, Eugen Nagel, Alfred Reisch, Julius Siccard, Leopold Kastner, Karl Link, Wilhelm Quasten
Nürnberg: Stuhlfauth, Popp, Kugler, Weikmann, Kalb, Fuchs, Reinmann, Oehm, Schmidt, Wieder, Kundt
Tore: 0:1 (unbekannt), 1:1 Kastner
KFV-Stadion, Zuschauer: 12.000.






KFV international
Nachdem der KFV bereits in seinen Anfangsjahren im regen Austausch mit ausländischen Vereinsmannschaften stand, führte der KFV diese Tradition auch in den Zwischenkriegsjahren fort. Über die Osterfeiertage 1930 reisten die Karlsruher unter der Führung von Ivo Schricker nach Holland. Slavia Prag gastierte im Mai 1930 in Karlsruhe. Sogar gegen eine Mannschaft aus Übersee ging es zwei Monate später, als der DSV Milwaukee New York in Karlsruhe gastierte. Eine erneute Frankreichreise führte die KFVler an Weihnachten 1930 unter der abermaligen Leitung von Ivo Schricker zusammen mit Meisterspieler Tscherter nach Marseille, Nancy und Paris. An Ostern 1928 wurde der KFV-Turniersieger in einem gut besetzten internationalen Wettbewerb in Luxemburg. Über Silvester 1932 ging es für den KFV erneut nach Frankreich, wo der KFV gegen den französischen Cup-Sieger Montpellier mit 3:1 gewann und gegen Olympique Marseille vor 10.000 Zuschauern 0:0 spielte.

Wiener Schule in Karlsruhe? Die Systemfrage
Zum 1. Juli 1931 verließ James Lawrence nach sechsjähriger erfolgreicher Tätigkeit den KFV. Als Nachfolger verpflichteten die Karlsruher den Wiener Franz „Benjamin“ Sedlacek (geb. 15. Dezember 1893). Sedlacek war kein Unbekannter für den Altmeister: Mit dem DFC Prag stand der Wiener einst im ersten Finale der deutschen Fußballmeisterschaft (2:7 gegen den VfB Leipzig) und spielte von 1913 bis 1921 beim Wiener AC, mit dem er 1914 österreichischer Fußballmeister wurde. Zwischen 1913 und 1918 brachte er es auf 11 Länderspiele für Österreich, die er bis auf eine einzige Ausnahme (Italien) kurioserweise alle gegen Ungarn bestritt. Auch in die Niederösterreichische Verbandsauswahl wurde er berufen. Nach Trainerstationen bei Vicenza Calcio (1922/23), AC Venezia (1924–27), Lazio Rom (1929/30) und Garbarnia Krakau wurde er ab der Saison 1931/32 offizieller Trainer des KFV.
Sedlacek verkörperte als Kadett der „Wiener Schuler“ des berühmten österreichischen Nationaltrainers Hugo Meisl die gegensätzliche Spielkultur seines britischen Amtsvorgängers Lawrence. Die österreichische Fußballphilosophie, welche auf Ballbeherrschung, Kurzpassspiel und geringen Körpereinsatz beruhte, war in vielerlei Hinsicht inkompatibel mit dem britischen „W‑System“ oder „WM-System“, das Lawrence zuvor lehrte. Nach dem sehr glücklichen 2:2 des 1. FC Nürnberg beim KFV schrieb der Kicker zum Systemwechsel beim KFV: „Der KFV stand in seiner Stuttgarter Besetzung im Gefecht. Wiener Schule? Die hatte es beim KFV am Anfang der Gruppenspiele an sage und schreibe zwei Sonntagen auf hohem Niveau gegeben. Dann aber verschwand sie ebenso rasch und vollkommen wieder, wie sie gekommen war. Seither irren die Karlsruher zwischen zwei Systemen herum. Die Spielweise des KFV vegetiert zwischen Lawrence und Sedlacek“. 1932 las sich der Kicker wieder freundlicher, als der KFV „mit feinen typisch Wiener Kombinationsfußball“ gegen den französischen Pokalsieger Montpellier ein Freundschaftsspiel gewann.
Ab den 1930er Jahren entbrannte in Deutschland eine fast schon ideologisch geführte Debatte, ob das britische „WM-System“ (3–2‑2–3) oder die „Wiener Schule“ (eine Weiterentwicklung des 2–3‑5-Systems) zu bevorzugen sei. KFV-Urgestein Schricker stellte sich auf die Seite der Österreicher, wies auf die „ungeheure propagandistische Wirkung des Offensivfußballs“ hin und nannte neben dem 1. FC Nürnberg, Fürth und dem FC Bayern auch den KFV als Beispiel für eine gelungene Umsetzung des Wiener Spielkonzepts. Letztlich setzte sich aber spätestens in den 1940ern das WM-System als Standard durch – auch beim KFV. Dass mit Hans Koudela und Preisinger 1940 zwei Österreicher im Kader des KFV standen, konnte nichts daran ändern. Einen nachhaltigen Gewinn erhielt die KFV-Truppe durch das Engagement des Wieners Sedlacek nicht. Personell konnten die Karlsruher jedoch auf immer stärkere Spieler zurückgreifen: Erfahrene Kräfte um den türkischen Stürmer Bekir wurden durch neue, hoffnungsvolle Talente wie Fritz Müller und Fritz Keller ergänzt. Das zeigte sich auch schon bald in den Ergebnissen: In der Vorrunde der süddeutschen Meisterschaft 1932 lag der KFV auf dem 2. Rang. Doch Abstellungen wichtiger Spieler zu Repräsentativ-Spielen (Länder- und Verbandsspiele), Verletzungspech und oftmals unnötige Sperrungen von Leistungsträgern verhinderten größere Erfolge der Schwarz-Roten in dieser Phase. Von der zweiten Hälfte der 1920er Jahre bis zur Machtergreifung durch die Nationalsozialisten 1933, errang der KFV in den badischen bzw. baden-württembergischen Meisterschaften meist den Titel, zumindest aber die Vizemeisterschaft. In den Endrunden um die Süddeutsche Meisterschaft konnte der KFV sich aber dann schließlich nicht gegen die starken Vereine aus Bayern durchsetzen, die zu dieser Zeit den gesamtdeutschen Fußball dominierten. Die Süddeutschen Meisterschaftsendrunden umfasste zu einem Großteil die besten Mannschaften des Deutschen Reichs: Von Kriegsende bis zur Machtergreifung der Nationalsozialisten stellte Süddeutschland acht deutsche Fußballmeister und vier Vizemeister! Auch wenn auf nationaler Ebene die Konkurrenz zu stark war, behielt der KFV in Karlsruhe meist die Oberhand. Doch auch in Baden sollte sich in darauffolgenden Jahren ein Szenenwechsel abspielen: Die Mannschaften aus Mannheim – insbesondere der SV Waldhof und der VfR – landeten von nun an meist vor den Karlsruher Traditionsklubs.






