Gauligazeit — Mannheims Dominanz im badischen Fußball und nationalsozialistischer Terror in Deutschland
Alt-Nationalspieler Julius Hirsch, der einen Tag später, am Montag, den 10. April von dieser Resolution las, schrieb enttäuscht seinem KFV:
„Ich lese heute im Sportbericht Stuttgart, dass die großen Vereine, darunter auch der KFV, einen Entschluss gefasst haben, dass die Juden aus den Sportvereinen zu entfernen seien. Ich gehöre dem KFV seit dem Jahre 1902 an und habe demselben treu und ehrlich meine schwache Kraft zur Verfügung gestellt. Leider muss ich nun bewegten Herzens meinem lieben KFV meinen Austritt anzeigen. Nicht unerwähnt möchte ich aber lassen, dass in dem heute so gehassten Prügelkind der deutschen Nation auch anständige Menschen und vielleicht noch viel mehr national denkende und auch durch die ‚Tat bewiesene und durch das Herzblut vergossene’ deutsche Juden gibt. Nur aus diesem Grunde und nicht um mich zu brüsten, will ich ihnen nachstehenden Beweis erbringen:
1. Leopold Hirsch ehemals KFV aktiv beim 1. Bad. Leib Grenadier Regiment auch auf dem Gefallenendenkmal des KFV stehend. Von 1914 bis 1918 im Felde beim 94. Res. Inft. Regiment. Besitzer des EK II und verschiedener anderer Orden. Gefallen auf dem Felde der Ehre am 30.6.1918 am Kemmel.
2. Max Hirsch nicht aktiv gedient, meldet sich 1914, obwohl nur ein Auge, freiwillig aus der Schweiz zum Kriegsdienst. Im Felde von 1915/18 bei einer Ahrendt-Station in vorderster Front. Besitzer des EK II und der bad. Silbernen Verdienst-Medaille.
3. Rudolf Hirsch aktiv gedient beim Telegraphenbataillon in Karlsruhe. Im Felde von 1914–1918 bei der bayr. Fliegenden Division Kneisel. Besitzer des EK I und der bayr. Tapferkeitsmedaille.
4. Julius Hirsch aktiv beim 1. Bad. Leib Grenadier Regiment 109 1912/13. Von 1914–1918 im Felde beim 12. bayr. Landwehr Inf. Regiment. Besitzer des EK II und der bayr. Dienstauszeichnung. Anbei noch eine Trauerrede, die ich mir zurück erbitte, anlässlich der Überführung meins Bruders seel. Leopold am 6. Juni 1918.
Gleichzeitig danke ich der KFV Jugend-Abteilung für die freundliche Einladung der Jugendabteilung und bedauere lebhaft das Amt des Beisitzers im Preisgericht nicht übernehmen zu können. Die Einladung anbei zurück.
Ich befinde mich z.Zt. in einer wirtschaftlich prekären Lage und darf wohl die verehrliche Vereinsleitung bitten, mir den noch schuldigen Beitrag zu erlassen, denn ich habe ja noch nie vom KFV in geldlicher Hinsicht Vorteile gehabt.
Ich zeichne mit sportlichem Gruss
Gez. Julius Hirsch“
Der KFV antwortete fast vier Monate später:
„Liebes Mitglied!
Wenn wir Ihre Austrittserklärung bis jetzt noch nicht bestätigt haben, so geschah es deshalb, weil die von den Vereinen in Stuttgart gefasste Entschließung nicht so zu verstehen war, wie Sie sie auffassten. Wir haben immer noch die Richtlinien des Sportkommissars abgewartet, die aber bis heute noch nicht erschienen sind. Unserer Auffassung nach besteht vorerst kein Anlass für Sie, aus dem KFV auszutreten. Wir würden es sehr bedauern, wenn wir Sie als altes und bewährtes Mitglied verlieren würden und bitten Sie daher, Ihre Austrittserklärung als nicht geschehen zu betrachten.
Was die von Ihnen erbetene Bescheinigung betrifft, ist es selbstverständlich unsere oberste Pflicht, diesen Wunsch zu erfüllen. Nun ist in unseren Akten ein Entwurf einer Bescheinigung die wir bereits in Ihrem Besitz wähnten. Da dieser Herr Amtsgerichtsrat Albiez entworfen hat und genannter Herr bis 9. August ds. Js. in Urlaub weilt, wären wir Ihnen für Mitteilung sehr dankbar, ob diese Bescheinigung inzwischen in Ihren Besitz gelangt ist. Wenn nicht, werden wir die Sache sofort Ihrem Wunsche gemäß erledigen.
Mit K.F.V.-Gruß
Der Führer des Vereins:
i A. K. Huber (Karl Daniel Huber)
Die „Richtlinien“, auf die der KFV verwies, ließen auf sich warten. Die Bekanntmachungen dazu hinterlassen beim Leser aber nur wenig Zweifel: Am 19. April 1933 veröffentlichten der DFB und die Deutsche Sportbehörde folgende Erklärung: „Der Vorstand des Deutschen Fußball-Bundes und der Vorstand der Deutschen Sport-Behörde halten Angehörige der jüdischen Rasse, ebenso auch Personen, die sich als Mitglieder der marxistischen Bewegung herausgestellt haben, in führenden Stellungen der Landesverbände und Vereine nicht für tragbar. Die Landesverbände und Vereinsvorstände werden aufgefordert, die entsprechenden Maßnahmen, soweit diese nicht bereits getroffen wurden, zu veranlassen.“ (Fischer/Lindner (1999), S. 192) Am 23 April 1933 rief der Süddeutsche Fußball- und Leichtathletik Verband (SFLV) seine Vereine dazu auf, „die vom Vorstand des Deutschen Fußball-Bundes […] erlassenen Bestimmungen bezüglich Angehörigen der jüdischen Rasse bzw. der marxistischen Bewegung (sofort) zur Durchführung zu bringen“ (Schulze-Marmeling (2016)). Relativierend liest sich die „Amtliche Bekanntmachung 4/33“ des badischen Gausportführers Herbert Kraft vom 16. Dezember 1933: „Der Erlaß von Vorschriften über die Aufnahme nichtarischer Mitglieder in anerkannte Turn- und Sportvereine bleibt nach einer Verfügung des Reichsportführers den Fachverbänden und, soweit von diesen keine bindenden Vorschriften ergehen, den einzelnen Vereinen überlassen“ (Ebner (2016), S. 474).




KFV-Vereinssatzungen und der „Arierparagraph“
Wie andere Sportvereine hatte auch der KFV ab Januar 1935 die Einheitssatzung des Deutscher Reichsausschuss für Leibesübungen (DRL) zu übernehmen, welche die Mitglieder des DRL auf die „leibliche und seelische Erziehung seiner Mitglieder im Geiste des nationalsozialistischen Volksstaates“ verpflichten sollte. Aus nicht bekannten Gründen verzögerte sich die Übernahme der Satzung beim KFV, die zudem auf eine ältere Satzung aus dem Jahr 1933 basierte. Am 27. April 1935 erließ der KFV eine Satzung, die bereits am 15. Juli 1933 von der Mitgliederversammlung beschlossen wurde. In einem handschriftlichen Brief versandt Otto Albiez („Vereinsführer“ von 1932–34) am 29. April, die von Rechtsanwalt Dr. Joseph Ruzek (zu dieser Zeit Schriftwart und später „Vereinsführer“) durchgesehene Satzung an den amtierenden „Vereinsführer“ Fritz Langer (Ruzek befand sie für „in Ordnung“) und mahnte gleichzeitig die Abgabe beim Amtsgericht bis zum Ende des Monats an.
Am 19. Juli 1935 wurde die Satzung von der Mitgliederversammlung nochmals bestätigt. Am 9. August 1935 schrieb der DFB an den KFV mit dem Betreff „Einheitssatzungen“ bereits eine wenig charmante Erinnerung: „Von dem Beauftragten des Reichssportführers für den Bezirk Mittelbaden, Herrn Diplom-Sportlehrer Stiefel, erhalte ich die Nachricht, dass auch Ihr Verein noch mit der Vorlage der laut Anordnung des Reichsportführers anzunehmenden Einheitssatzung im Rückstand ist. Ich gebe Ihnen, ohne die bisherige Schlamperei näher zu kritisieren, hiermit letztmals Gelegenheit, die Satzungen innerhalb der nächsten Woche an unsere Gaugeschäftsstelle […] zu senden […]. Es ist mir unerklärlich, wie es jetzt noch Vereine geben kann, die diese doch wirklich einfache und für den Weiterbestand des Vereins notwendige Anordnung des Reichssportführers nicht befolgt haben. Es ist dringend notwendig, dass mit der ewigen Schlamperei endlich aufgeräumt wird.“ Am 26. August 1935 reichte der KFV die Satzung schließlich beim DFB ein. Anders als der FC Bayern München, der 1. FC Nürnberg oder TSV München 1860 hatte der KFV jedoch keinen „Arierparagrafen” zusätzlich in die Satzungen eingefügt.
Als zum 21.12.1938 der Nationalsozialistische Reichsbund für Leibesübungen (NSRL), „eine von der NSDAP betreute Organisation“, entsteht, erlässt dieser im März 1940 eine „Einheitssatzung“, die der KFV wie die übrigen Vereine übernehmen wird (eine Kopie der KFV-Satzung mit dem Wortlaut der Anpassung von 1940 liegt leider nicht vor). Darin heißt es: „Mitglieder können nicht Personen sein, die nicht deutschen oder artverwandten Blutes oder solchen gleichgestellt sind“ (das Zitat stammt aus der allgemeinen Einheitssatzung). KFV-Mitglieder jüdischen Glaubens bzw. mit Eltern jüdischen Glaubens war zu diesem Zeitpunkt längst bei jüdischen Sportgemeinschaften aktiv (sowie Walter und Max Ransenberg und Nationalspieler Julius Hirsch beim „Turnclub Karlsruhe“).


EINSCHUB: Skandal um den „Deutschen Gruß“ / Internationele Medien berichteten
Eine Weihnachtsreise in Frankreich, auf welcher der KFV jeweils ein Freundschaftsspiel gegen den FC Metz sowie den AS Nancy austrug, blieb nicht ohne Folgen für den Altmeister. In Nancy bat man den KFV, auf den „deutschen Gruß“ zu verzichten, da der KFV ansonsten kein Antrittsgeld bekommen würde. Der KFV ließ sich darauf ein, bezog das Antrittsgeld und unterließ den Gruß zu Beginn des Spiels. Die NS-Sportbehörde um Ministerialrat Kraft reagierte unmittelbar nach dem Bekanntwerden des Vorfalls und entzog dem KFV die Erlaubnis, im Ausland Freundschaftsspiele austragen zu dürfen (siehe Abbildungen).
Zwei Jahre später stellte der KFV eine tief demütige Anfrage bei Ministerialrat Kraft, der erneuten Einladung der Mannschaften aus Metz und Nancy folgen zu dürfen und dort Freundschaftsspiele auszutragen: „Als im Jahre 1933 der KFV in Frankreich gegen den Fussballklub de Nancy und Fussballklub de Metz antrat, hat das damals von den Vereinsleitungen dieser Vereine erzwungene Unterbleiben des deutschen Grusses unliebsames Auftreten erregt.“ […] „Im Interesse der Pflege sportlicher Beziehungen und nicht zuletzt mit Rücksicht auf die kommende Olympiade würden wir unter Zurückstellung unserer Bedenken geneigt sein, gegen Nancy und Metz auf deren Plätze anzutreten, sofern selbstverständlich einwandfreie Zusage über Wahrung sportlichen Anstandes und über Anerkennung des deutschen Grusses vorliegen“.
Ministerialrat Herbert Kraft genehmigte mit der Nebenbedingung: „Ich bitte aber dafür besorgt zu sein, dass Vorkommnisse, wie im Jahr 1933, unter allen Umständen vermieden werden“. Fünf Jahre später hingegen, als die englische Amateurmannschaft Corinthians Gast des KFV war, brachten die Engländer „zusammen mit der Mannschaft des gastgebenden Vereins den Deutschen Gruß aus, was von den Zuschauern freudig begrüßt wurde“ (Badische Presse, 19.4.1938, No. 106).
Neue Bedeutung des Vorfalls im Jahr 2018
Ein Tweet des amerikanischen Politikwissenschaftlers George Ciccariello-Maher der einen Zeitungsartikel über den KFV aus dem Jahre 1934 postete, sorgt gerade in den USA für Aufsehen. Was ist geschehen? Künftig müssen Football-Spieler der NFL während der Nationalhymne zu Beginn der Spiele stehen oder in der Kabine bleiben. Vorausgegangen war ein Kniefall des Quarterbacks Colin Kaepernick, der während der Nationalhymne mit einem Kniefall gegen Rassendiskriminierung demonstrierte. Zahlreiche schwarze NFL-Profis waren danach dem Beispiel Kaepernicks gefolgt. Dies löste eine landesweite Debatte aus, in der sich auch Präsident Donald J. Trump zu Wort meldete („Holt diesen Hurensohn sofort vom Feld, er ist gefeuert!“) Ciccariello-Maher postete daraufhin an die NFL gerichtet einen Zeitungsartikel der australischen Zeitung Advocate (vom 9. Januar 1934), in dem vom KFV berichtet wird, der damals aufgrund des Unterlassens des „Hitlergrußes“ vor einem Spiel im französischen Metz für ein Jahr von den Nazi-Behörden für Auslandsreisen gesperrt wurde. Ciccariello-Maher möchte mit dem Tweet mahnen, dass aufgezwungene und unter Strafe gestellte Begrüßungsriten vor Sportereignissen keine Lösung sind.




Ob all das, was in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg über das Innenleben der (Sport-) Vereine nach außen getragen wurde, immer den historischen Tatsachen entsprach, lässt sich im Nachhinein nur schwer verifizieren. Welche Motive der Einzelne hatte, in den Wochen von der Machtergreifung (30. Januar 1933) der NSDAP bis zur Aufnahmesperre (Diese dauerte vom 1. Mai 1933 bis zum 30. April 1937) der Partei beizutreten – ausschließlich private oder auch von idealistischen Überlegungen geprägte – , darüber können nur die damals handelnden Personen selbst Auskünfte erteilen, und das ist – sofern nicht zu Lebzeiten geschehen und der Nachwelt als schriftlich fixiertes Gedankengut (Hauptquellen waren die Entnazifizierungsakten) überliefert – in der Jetztzeit nicht mehr zu stemmen, da die Protagonisten von einst alle bereits von der irdischen Bühne abgetreten sind. „Wir Spieler waren unpolitisch“, so die Aussage von Franz Ahl, mit 102 Jahren ältestes Vereinsmitglied jener Generation angehörig, die die Gauliga, in welcher der KFV acht Jahre vertreten war, als aktiver Spieler miterlebt hat. Das mag auf die meisten Spieler, nicht nur solche des KFV, durchaus zutreffen, doch wie sah es eigentlich bei den Funktionären in den Vereinen aus? Wie sehr fühlten sich diese mit der NS-Ideologie verbunden? Und wie sah die Außendarstellung des Vereins aus? Wie sehr hat sich ein Verein mit den außen- und innenpolitischen Entwicklungen im Reich identifiziert? „Der politische Himmel verfinsterte sich immer mehr; es lag Gewitterstimmung über Europa, Polen war frech geworden. Krieg, Krieg ging es von Mund zu Munde. Endlich nahte die Entscheidungsstunde – Polen bekam die Antwort, die es verdiente.“ (Quelle: KFV-Mitteilungen Nr. 1, Jg. 1939/40, Dezember 1939, Seite 4 ) Zugang zu diesen Fragen erhält man nur, wenn die vereinseigenen Publikationen noch, möglichst lückenlos, vorhanden sind, um die darin enthaltenen Informationen einer kritischen Betrachtung unterziehen zu können. Für die vorliegende Untersuchung standen die vereinseigenen KFV-Mitteilungen von 1933 bis zum März 1941 zur Verfügung. Einer Anordnung der Reichssportführung zufolge, war die Herausgabe von vereinseigenen Publikationen ab diesem Zeitpunkt verboten, um möglichst alle freien Ressourcen dem Staatsziel Nr. 1, dem Endsieg, zuzuführen.
Die Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler fand auch in den KFV-Mitteilungen Widerhall.
Dort stand zu lesen (KFV-Mitteilungen Nr. 1, November 1933, Seite 1): „In der größten Not Deutschlands hat der Lenker aller menschlichen Schicksale, der immer auf Seiten der Tapferen und Unverzagten ist, dem Manne die Führung der Deutschen in die Hand gegeben, der seit mehr als einem Jahrzehnt mit einem Häuflein Unentwegter mit unerhörter Energie und Zähigkeit den Kampf um den deutschen Menschen geführt hat. Als das deutsche Volk am 5. März dieses Jahres endlich zu sich selbst erwachte und dem Deutschesten aller Deutschen, Adolf Hitler, unbeschränkte Vollmacht erteilte, zog ein neuer Geist in Deutschland ein. Deutschland schüttelte die schicksalergebene Erstarrung des letzten Jahrzehnts ab und begann, mit neuerweckter Energie unter der neuen Leitung, die endlich eine Führung war, den Kampf um sein Leben als Nation und Staat.“
Zum 50. Geburtstag des Führers am 20. April 1939 fühlte sich der Karlsruher FV aufgerufen, dem „Schöpfer Großdeutschlands“ seine Glückwünsche zu übermitteln. All die Geschehnisse seit der Machtübernahme „erfüllen uns mit tiefster Dankbarkeit und freudigstem Stolz.“
In der Ausgabe vom Dezember 1938 findet sich ein Passus, der das Verhältnis der Vereine zu den staatlichen Institutionen über alle Vereinsgrenzen hinweg am besten beschreibt: „Gerne wird auch festgestellt, dass die Beziehungen des Vereins zu staatlichen und städtischen Behörden, der Wehrmacht und der Partei ausgezeichnete sind“ (KFV-Mitteilungen Nr. 3, Dezember 1938, Seite 2), was sich auch in folgender Bemerkung widerspiegelt: „Unsere Sportanlage haben wir der Wehrmacht und Partei stets zur Verfügung gestellt.“(KFV-Mitteilungen Nr. 4, Jg. 1939/40, September 1940, Seite 3). Ein Blick auf die Berufe jener Männer, die dem Karlsruher FV in der schicksalsträchtigen Zeit von 1933 bis 1945 als Vereinsführer oder Stellvertreter vorstanden zeigt: es waren Personen, die man – damals wie heute – üblicherweise zu den Privilegierten in einer Gesellschaft zählen muss. Vier Juristen , drei städtische Bedienstete, ein Apotheker und ein Verlagsinhaber – sie alle waren gut vernetzt, und davon profitierten der KFV wie auch all jene Vereine, deren Arrangement mit den neuen Machthabern ein ebenso vertrautes gewesen war. Zumindest war das zu Friedenszeiten so, doch als der große Weltenbrand durchs Reich fegte, war es vorbei mit der Herrlichkeit. Nicht überall, doch vielerorts, schlugen die Uhren plötzlich anders, und das war beim KFV nicht anders, beim VfB Mühlburg schon. Anlässlich eines Gauligaspiels gegen den VfB gerieten die Vereine nämlich derart aneinander, dass selbst die Fachpresse sich dieser Auseinandersetzung annahm – aus heutiger Sicht erfreulicherweise, sonst wäre von diesem Vorgang nichts der Nachwelt erhalten geblieben. Worum ging es? Anlässlich der Gauligabegegnung gegen den VfB Mühlburg, welche am 10. November 1940 stattfand und 0–10 endete (Auch das Rückspiel am 16.03.1941 gewann der VfB Mühlburg hoch mit 9 – 0), waren Vorwürfe laut geworden, der VfB Mühlburg werde bei der Abstellung von Spielern zum Militärdienst in wettbewerbswidriger Weise bevorzugt. Tatsächlich kamen beim VfB in dieser Saison 28 Spieler zum Einsatz, während es beim Karlsruher FV mehr als doppelt so viele waren, nämlich 63. Und das offenbarte sich auch in der Abschlussplatzierung beider Vereine. Der VfB Mühlburg wurde Zweiter, der KFV belegte Platz neun. Genaugenommen war das der letzte Tabellenplatz, denn der 1. FC 08 Birkenfeld zog sich Ende Dezember 1940 vom Spielbetrieb zurück, und alle ausgetragenen Begegnungen mit Birkenfelder Beteiligung wurden laut Reglement für ungültig erklärt und gestrichen.
Der stellvertretende Vereinsführer des KFV, Appenzeller, äußerte sich nach dem Spiel wie folgt (ASZ-Sportbericht Nr. 46, 18.11.1940, Seite 12):
Die Mannschaft, die uns zu diesem Spiele zur Verfügung stand, war nicht eine zweite, sondern höchstenfalls eine dritte Garnitur, abgesehen von den beiden Urlaubern Haas und Benz, die jedoch mangels Training außer Form waren. Daß von vornherein das Ergebnis des Spieles ein irreguläres sein mußte, liegt auf der Hand; umso mehr sind deshalb die Sprechchöre, die vom Zuschauerblock von der Gegenseite herübertönten, zu verurteilen. Wir wissen nicht, welche Glücksumstände es dem VfB Mühlburg ermöglichen, fast sonntäglich seine komplette Friedensmannschaft zur Verfügung zu haben. Aus diesem Glücksumstand seitens der Mühlburger Zuschauer gegenüber dem nicht vom Glück so begünstigten Gegnern eine Frotzelei zu machen in Form des Sprechchores: „Wo bleibt der Altmeister?“ ist eine sportliche Unanständigkeit, ganz abgesehen davon, daß sie eine Brüskierung unserer Soldaten darstellt. Unsere Antwort auf die im Sprechchor gerichtete Frage lautet: „Unsere Spieler stehen an der Front!“
Die Replik des VfB-Vorsitzenden Deutsch ließ nicht lange auf sich warten (ASZ-Sportbericht Nr. 47, 25.11.1940, Seite 2).
Darin hieß es u. a.: Ich erkenne an, daß äußerst glückliche Umstände es meinem Verein gestatten, zur Zeit noch so spielstark anzutreten. Aber gerade weil diese Umstände nicht nur Zufall sind und außer jeder Beeinflussung liegen, sondern auch jahrelange, intensive Arbeit unserer Jugendertüchtigung bedingen, kann und darf im Interesse meines Vereins der Brief des KFV nicht unwidersprochen bleiben. Von meinem Verein sind etwa 120 Spieler und Mitglieder an der Front bzw. unter den Fahnen. … Die mir noch zur Verfügung stehenden älteren Spieler sind Spezial- und Facharbeiter, deren Tätigkeit nach Angaben aller führenden Kreise ( siehe auch die letzte Rede des Herrn Reichsarbeitsministers Seldte) jener Pflicht gleichzuachten ist, der unsere Soldaten an der Front genügen. Daß einige Spieler hier oder in unmittelbarer Nähe in Garnison stehen, ist Zufall, oder kann auch sagen Glück; sie waren übrigens lange Zeit im besetzen Gebiet, bis sie wieder mit ihrem Truppenteil hierher kamen. Ich bedauere nach wie vor das verwerfliche und unsportliche Verhalten der Schreier, muß aber entschieden ablehnen, diese in Verbindung mit meinem Verein bringen zu lassen. … Es wäre mir und auch den Spielern meines Vereins schon aus rein sportlichen Gründen lieber, sich mit stärksten Gegnern messen zu dürfen. Mein Wunsch ist, daß die durch den Krieg bedingten abnormen Verhältnisse im Sport bald durch ein siegreiches Ende des Kampfes beseitigt werden und Ihr Verein dann auch wieder mit einer starken und gleichwertigen Mannschaft sich an den Spielen beteiligen kann.


EINSCHUB: Kurioser Gast im Klubhaus (aus einem Brief des KFV an den „Kreisführer“ Landhäusser, August 1939), aus einem Brief von KFV-Trainer Tretter:
Am Sonntag den 20. August [1939] erschien um 12 Uhr mittags im Clubhaus des KFV in leicht angeheitertem Zustand ein Herr der sich sofort an den Tisch setzte an dem ich mein Essen einnahm. Derselbe war mir unbekannt. Er stellte zuerst allgemeine Fragen über den KFV, die ich ihm nicht beantworte. Daraufhin ging er aus sich heraus und gab sich als Interessenvertreter vom Führer aus und erkläre mir er könne mich zwingen ihm Antwort zu geben […]. Seine Drohung wenn ich ihn keine Auskunft gebe so werden über den KFV in seiner Zeitung keine Nachrichten mehr gebracht, veranlassten mich ihm nach seinem Ausweis zu fragen. Er gab mir darauf zu verstehen, dass er auch noch Schriftführer des VfB Mühlburg sei und er mich doch schon jahrelang kenne und er möchte von mir doch gerne wissen, welche Rolle ich mit meiner derzeitigen unmöglichen Elf in der Meisterschaft spielen wolle. [Der Gast] geriet [..] in Wut und sagte Brecht [KFV-Kapitän Oswald Brecht, der kurz zuvor zum Lokalrivalen Mühlburg wechselte] ist weg und andere werden folgen. Er sei der Mann gewesen der Brecht in Huttenheim wiederholt besucht habe und alles eingeleitet hätte. […] Er habe Brecht besoffen gemacht und ihn dann unterschreiben lassen […] durch den Weggang Brechts sei der ruhmreiche KFV am Verrecken. Er benahm sich derart unverschämt, dass ich die Absicht hatte ihn aus dem Lokal zu werfen, wurde aber von unserem Clubwirt gebeten davon im Interesse der Ruhe Abstand zu nehmen. Er hatte dann auch noch die Frechheit unsere Kabine der ersten Mannschaft zu betreten […]. Daraufhin betrat er das Spielfeld und legte sich hinter das Tor und erklärte wiederum er sei Pressevertreter. Er musste unter Anwendung von Gewalt aus dem Platze entfernt werden.
EINSCHUB – Das Gastspielrecht: Während des Krieges erlaubte ein gelockertes Gastspielrecht, Spielern temporär für einen Verein zu spielen, in dessen Stadt sie stationiert wurden. Dies zeigte insbesondere gegen Ende des Krieges skurrile Auswüchse: Nicht selten war ein Spieler für mehrere Vereine innerhalb nur weniger Monate aktiv.
Zu Protokoll: Jahresversammlungen und Jubiläen im Dritten Reich
von Andreas Ebner
Im vorliegenden sind die offiziellen Mitgliederversammlungen des Verein während der Diktatur dargestellt.
15.07.1933 Jahresversammlung (Moninger-Gartensaal)
Die erschienen Mitglieder – eine Zahl wird nicht genannt – entlasteten „einmütig“ den bisherigen Vorstand, bekannten sich zum Führergedanken und wählten Otto Albiez zum Vereinsführer. Dieser hat nach eigenen Angaben „bei der Ernennung meiner Mitarbeiter zum großen Teil auf frühere Vorstandsmitglieder zurückgegriffen.“ Daneben wurden vier Ausschüsse gebildet – Haupt‑, Finanz‑, Sport- und Jugendausschuss. Aufgrund der nicht zufriedenstellenden Finanzlage wurde eine neue Kassenordnung beschlossen, die ein Verbot neuer Verbindlichkeiten beinhaltete.
11.07.1934 Jahresversammlung (Moninger-Gartensaal)
Im Mittelpunkt dieser Jahresversammlung standen zahlreiche Ehrungen. Insgesamt 44 Mitglieder erhielten die goldene bzw. silberne Vereinsnadel überreicht. Zwei ehemalige Aktive wurden zu Ehrenspielführern ernannt: Walter Finneisen und Karl Link. Nach Aussprache wurde die Wahl des Vereinsführers bis zum 1. August zurückgestellt. Nahezu einstimmig wurde Fritz Langer in dieser Versammlung zum Vereinsführer gewählt, nachdem sich der bisherige Vereinsführer, Otto Albiez, „infolge anderweitiger Inanspruchnahme“ nicht mehr in der Lage sah, den Verein weiter zu führen. Langer nahm an und bestellte sofort Karl Daniel Huber zu seinem Vertreter. Zwei der vier Ausschüsse erhielten eine neue Bezeichnung. Aus dem Hauptausschuss wurde der Verwaltungsausschuss, der Sportausschuss hieß fortan Spielausschuss.
10.07.1935 Jahresversammlung (Moninger-Gartensaal)
83 Personen waren zu der an einem Mittwochabend anberaumten Jahresversammlung erschienen, was bedeutete, dass nur 17 % aller Mitglieder den Weg zu dieser Versammlung gefunden hatten. Am Ende des Geschäftsjahres waren „bei 60 Zugängen und 64 Abgängen“ 485 Mitglieder registriert. Zur finanziellen Lage des Vereins konnte man erfahren, dass „bei der geübten eisernen Sparsamkeit im Verein“ es trotz eines Minus´ im Spielbetrieb möglich war, „die Verbindlichkeiten etwas zu senken, wobei allerdings auch die Gläubiger durch Nachlässe an ihren Forderungen Verständnis für die Lage des KFV bewiesen.“ Die Versammlung bestätigte Fritz Langer in seiner Eigenschaft als Vereinsführer und beschloss einstimmig die vom Reichssportamt entworfene Mustersatzung. Aus dem ehemaligen Verwaltungsausschuss wurde der „Führerbeirat“, der Finanzausschuss wurde künftig als „Kassenausschuss“ bezeichnet. Erstmals gab es mit Hans Plesch einen Dietwart, dessen Aufgabe es war, die weltanschaulichen Grundzüge der NS-Ideologie zu erläutern.
26.06.1936 Jahresversammlung (Moninger-Gartensaal)
Auf der Jahresversammlung vom 26. Juni 1936 gab es einen Führungswechsel, nachdem Fritz Langer erklärt hatte, sich „aus beruflichen Gründen“ nicht mehr zur Wahl zu stellen. Von den 108 erschienenen Mitgliedern votierten 88 für und 14 gegen den bisherigen Stellvertreter Karl Künkel, 6 Mitglieder enthielten sich der Stimme. In Personalunion versah Karl Künkel das Amt des Kassenwartes und war auch Vorsitzender des Ältestenrates.
19.12.1936 45‑j. Jubiläum (Moninger-Gartensaal)
In diese Zeitspanne fällt ebenso das 45-jährige Vereinsjubiläum, welches am 19. Dezember 1936 im Gartensaal des Restaurants „Moninger“ (Ecke Kaiser-/Karlstraße) gefeiert wurde. Nicht in großem Stil, aber dennoch dem Anlass entsprechend. Im Rahmen der Feier nahm der für den verhinderten Fachamtsleiter Linnenbach erschienene Gaukassenwart Otto Zweifel als Vertreter des Gaues 14 zahlreiche Ehrungen vor. U.a. erhielt der ( nicht anwesende ) badische Innenminister Karl Pflaumer „für besondere Verdienste um den Sport“ die goldene Ehrennadel des Vereins; die beiden ehemaligen Aktiven Rafet Bekir und Erwin Schneider wurden zu Ehrenspielführern ernannt. Daneben wurde die Vereinsfahne geweiht. Der frühere Vorsitzende des Vereins, Otto Albiez, hielt die Weiherede und enthüllte die Fahne, die er dem Vereinsführer übergab. Bei verschiedenen Gesangsvorträgen und Tanzdarbietungen, begleitet von der „nimmermüden Hauskapelle“, ließ man den Abend ausklingen. „Und so war es schon stark am frühen Morgen, als die letzten Unentwegten den Weg zu den heimischen Penaten antraten, um in ihren Träumen nochmals bunte Bilder von diesem Stiftungsfest des KFV vorübergleiten zu sehen, das gerade in seiner intimen Geschlossenheit als der einzig zur Zeit möglichen Form in allen Teilen als wohlgelungen bezeichnet werden kann und bei allen Teilnehmern eine frohe und bleibende Erinnerung hinterlassen wird, um, wie so viele Feiern zuvor, einzugehen in die Annalen der Geschichte unseres nunmehr 45 Jahre alten KFV (KFV-Mitteilungen, a.a.O., Seite 6).
18.06.1937 Jahresversammlung (Moninger-Gartensaal)
Nur 72 Mitglieder fanden sich zur Jahresversammlung 1937 ein, was den Vereinsführer zu der Feststellung bewog, „daß der Besuch der Versammlung nicht der Wichtigkeit der Tagesordnung entsprach.“ Seit 1925 hatte man ununterbrochen der höchsten Spielklasse angehört, nun war der GAU, sprich: Abstieg, eingetreten, was auch ein Verdienst des Trainers („ungeeignete Person“ ) gewesen sei, dem man mitten in der Saison den Laufpass gegeben hatte. Bei der Wahl des neuen Vereinsführers erhielt Karl Künkel 65 Stimmen bei 7 Enthaltungen. An die Mitglieder richtete er den „eindringlichen Appell zur Einigkeit, da wir als KFVler ja alle das gleiche Ziel im Auge haben, das Wohl und Hochkommen unseres lieben KFV.“ Einstimmig angenommen wurde die Erhöhung des Mitgliedsbeitrages für ordentliche Mitglieder auf 15,- RM p. a. ( „dringend gebotene Notwendigkeit“ ). (KFV-Mitteilungen Nr. 1, Jg. 1937/38, September 1937, Seite 2 ff.)
16.07.1938 Jahresversammlung (Moninger-Gartensaal)
Eine nochmalige Erhöhung um 3 RM auf 18 RM p. a. beschloss die Mitgliederversammlung ein Jahr später, und das bei nur einer Gegenstimme. Gar einstimmig wurde die Amtszeit des Vereinsführers Künkel um ein weiteres Jahr verlängert. Der Schuldenstand lag „um etwas über 3000 Mark“ höher als im Vorjahr, die Finanzlage beschrieb man so: „Zwar nicht rosig, aber auch nicht besorgniserregend.“ Sportlich lief es ohnehin rund, nachdem man den Betriebsunfall vom letzten Jahr wettgemacht und den Wiederaufstieg in die Gauliga perfekt gemacht hatte mit einer Bilanz, wie sie „bei einem Bezirksklassenverein und Aufstiegsmeister im ganzen deutschen Reichsgebiet unerreicht dasteht: von insgesamt 30 Verbandsspielen ( einschl. Aufstiegsspielen ) ging kein einziges verloren; nur 5 endeten unentschieden, 25 wurden gewonnen und dabei das schöne Torverhältnis von 146:21 erzielt.“ (KFV-Mitteilungen Nr. 1, Jg. 1938/39, September 1938, Seite 3 ff.)
14.06.1939 Jahresversammlung (Moninger-Gartensaal)
Über 100 Mitglieder hatten sich eingefunden, im Gegensatz zum Vorjahr „eine verhältnismäßig starke Beteiligung.“ Stark auch die Anzahl der Mitglieder, die am Ende des abgelaufenen Geschäftsjahres 542 – 213 aktive und 329 passive Mitglieder – betragen hat. 37 Mitglieder waren neu eingetreten, so dass die Zahl der Austritte ( 19 ) mehr als kompensiert werden konnte. Mit 95 gegen 7 Stimmen wählte die Versammlung Karl Künkel für ein weiteres Jahr ins höchste Amt.
16.07.1940 Jahresversammlung (Moninger-Gartensaal)
Erstmals werden konkrete Zahlen zur finanziellen Lage genannt. Im abgelaufenen Geschäftsjahr betrug die Gesamtschuld 30568,94 RM, eine Zunahme von 1864,25 RM gegenüber dem Vorjahr, welche „in der Hauptsache“ auf das „Anwachsen der Zinsenlast bei gleichzeitig stark verminderten Einnahmen aus dem Spielbetrieb zurückzuführen ist.“ Die Zahl der Mitglieder wurde mit 581 angegeben, die sich wie folgt zusammensetzte: 346 Passive ( inkl. 31 Ehrenmitglieder und 5 Ehrenspielführer ) und 235 Aktive, „davon vom Fußball 186 ( 86 Jugendliche ).“ Die Wahl des Vereinsführers musste neuerdings erst noch „von den Behörden“ überprüft werden, was bedeutet, dass bis zur deren endgültigen Entscheidung der Vereinsführer sein neues Amt noch nicht wahrnehmen bzw. dieses nur kommissarisch verwalten durfte. Die Wahl fiel auf das 61-jährige KFV-Urgestein Fritz Langer, dessen Tod im Jahre 1942 einen nochmaligen Wechsel in der Vereinsführung erforderlich machte.
1941: 50-jähriges Jubiläum (Moninger-Gartensaal)
Kriegsbedingt wurde auf eine offizielle Feier verzichtet, nicht jedoch auf die Ehrung verdienter Mitglieder, welche vom Vereinsführer höchstselbst vorgenommen wurde. Von der Herausgabe einer Festschrift nahm man ebenfalls Abstand; eine solche erschien 1951 anlässlich des 60-jährigen Jubiläums.
EINSCHUB: Brief von der Garonne an den KFV-Vorstand
Brief des KFV-Mitglieds Carl-Maria Zeis (24.07.1940), Bereichspressewart und Sportwart des Kreises Karlsruhe für Leichtathletik, an den stellvertretenden Vereinsführer Appenzeller als Antwort auf die neueste Ausgabe der KFV-Vereinsnachrichten (1940), in der u.a. die Jahreshauptversammlung Thema war: „Wenn schon ‚Kommissionen‘ und ‚Stillhalte-Abkommen‘ notwendig sind, um eine geregelte Durchführung einer Mitgliederversammlung vor dem Jubiläumsjahr zu ermöglichen, dann wäre es besser, ein derart alt und morsch gewordener K.F.V. würde noch vor Erreichung seines 50. Lebensjahres einen sanften, aber ehrlichen Tod sterben. Das ist gelinde gesagt, eine Affenschande und ich bedaure ausserordentlich, daß ich bei der Mitgliederversammlung d e n Herren nicht Bescheid sagen kann. Das ist mir ein Zeichen dafür, daß die Menschen weder die Zeichen der Zeit im politischen Geschehen, noch die Änderungen in der Aufgabenstellung des deutschen Sportes und seiner Vereine begriffen haben. Darüber sollte jetzt nach 7 Jahren so langsam auch weniger intelligenten Herren ein Seifensieder aufgegangen sein. Diese Clique sieht aber bedauerlicherweise in den deutschen nationalsozialistischen Gemeinschaften der Leibesübungen immer noch eine xbeliebige Vereinigung von am Sport interessierten Menschen, die da noch „treu und brav“ eigentlich sollte man sagen „frech und unverschämt“ ihren früheren liberalistischen Methoden von Abstimmung und Mehrheit ‚huldigen‘ darf, weil man ja sonst keine Möglichkeit mehr dazu hat. Die Herren werden sich aber ganz gewaltig täuschen. Der Krieg nimmt mal ein Ende, dann werden die ‚Jungen‘ des K.F.V. zurückkommen und das kann ich den Herren schon heute versichern, die werden dann andere Saiten aufziehen und wenn dabei manche, in früheren Zeiten vielleicht verdiente Männer, über die Klinge springen müssen. […] Er [der Verein] hat […] in erster Linie […] eine nationalpolitische Aufgabe zu erfüllen […] und wer das noch nicht begriffen hat oder nicht begreifen will, […] und wenn er zu feige oder bequem ist das zu tun, dann müssen die Gemeinschaften ihre Reihen selbst von solchen unbrauchbaren Gestalten säubern. Das mag ein wenig hart klingen, aber ich […] harter Mann [habe], die Liebe zum K.F.V. nicht aus meinem Herzen gerißen, aber einmal ist auch der Geduldigste am Ende. Der Herr Baudirektor [Anm. d. R.: Vereinsvorsitzender Fritz Langer] ist ohne Zweifel eine ‚traditionelle Erscheinung‘. Sein Verhalten in der Künkel-Ära [Anm. d. R. Karl Künkel, Vereinsvorsitzender von 1936–40] war aber alles andere als die eines Sportsmannes. Wenn ich ihn mir vorstelle, daß er am Jubiläum eine Rede ‚reden‘ soll, dann geh mir jetzt schon der Angstschweiß aus, das wäre für ihn und die Zuschauer eine Qual.“ (1942 starb Zeis in einem Lazarett in Bordeaux an einem Halsleiden)
EINSCHUB: Brief eines KFV-Mitglieds an KFV-Vorstand Appenzeller
Am Sonntag, den 28. 7. 40, wohnte ich mit meiner Frau und einem Bekannten dem Schluss des Fussballspieles KFV-Phönix bei. Nach Schluss des Spieles begaben wir, meine Frau, der Bekannte und ich, uns hinter die Zuschauertribüne, da ich mit dem KFV-Spieler Wiegand sprechen wollte. Hinter der Zuschauertribüne hielten sich eine größere Anzahl Personen auf. […] Während wir […] uns unterhielten, kam plötzlich [Karl Röderer], der [..] Platzmeister bei Phönix ist, […] heraus […] und schrie dann: „Platz sauber machen, sonst lasse ich den Notruf kommen“. Unter den jungen Leuten befanden sich welche die „Hallo“ schrien. Röderer, der meines Erachtens schon etwas aufgeregt war, […] geriet nicht mehr in Aufregung. Er drohte dann mit Schlägen, worauf es wieder ein Hallo gab. Plötzlich schrie nun Röderer „Judenbande!“ […] Nach meinem Dafürhalten hat Röderer mit der Aeußerung „Judenbande“ nur die Mitglieder bezw. Anhänger des KFV treffen wollen“.
EINSCHUB: Interne Querelen und angespanntes Verhältnis zu den Fußballbehörden
1940 bildeten Fritz Langer und Joseph Ruzek eine Art internen Untersuchungsausschuss, der sich mit Fragen beschäftigte, „die Gegenstand von Vorwürfen einerseits gegen den früheren Vereinsführer, Herrn Künkel, andererseits von ihm gegen die Herren Tscherter und Enzenroß gebildet haben, Klärung zu schaffen“. Neben der Rechtmäßigkeit einer Trainerverpflichtung und der unerwarteten Aufstellung eines Gegenkandidaten bei der Wahl zum „Vereinsführer“ 1939, ging es auch um das „Schlechte[s] Verhältnis zu den Behörden“. In der Niederschrift darüber ist zu lesen: „Die Tatsache, daß der KFV bei den Fussballbehörden schlecht angeschrieben war und zum Teil noch ist, muß als bedauerliche, aber nicht wegzuleugnende Tatsache zunächst hingenommen werden. […] Es erschien aber als wahrscheinlich, daß zum Teil eine gewisse Reserve der Fussballbehörden gegenüber dem Vereinsführer bestand [Anm. d. Red.: Karl Künkel], die aus den Vorgängen anläßlich seiner Wahl zum Vereinsführer berührten“ […]. Auf jeden Fall haben auch die […] Verfahren wegen Spielerziehung eine gewisse Rolle in der Einstellung der Behörden zum KFV gespielt. Schließlich war aber […] die Arbeit des Spielausschusses nicht so, daß ein reibungsloses Zusammenarbeiten mit den Behörden möglich war. Die Tatsache, daß der KFV außerordentlich häufig bestraft werden musste, daß Verbandsbehörden um Auskünfte beim Spielausschuß, insbesondere gelegentlich der Kassenrevision, wiederholt vergeblich ersuchen mussten, hat sicherlich entscheidend zu der Mißstimmung gegen den KFV beigetragen. […]. Warum der KFV Verbandsanfragen, wie im Falle der Einheitssatzungen von 1935 verschleppte, ob es auch reinen organisatorischen Unzulänglichkeiten oder aus bewusster Verzögerung heraus geschah, ist nicht klar. „Es muß aber anerkannt werden, daß der Vereinsführer nach seiner Wiederwahl 1939 durch Aussprachen mit den Fussballgaubehörden wie auch mit dem Reichsamt Fussball versucht hat, diese Mißstimmung gegen den KFV zu beheben. Daß diese Aktion nicht zur vollen Auswirkung gekommen ist, liegt am Ausbruch des Krieges […]“.


Reflektion: KFV-Vereinsführer und ihre Stellvertreter
von Andreas Ebner
Im vorliegenden wurden die KFV-Vorsitzenden auf Basis der jeweiligen Entnazifizierungsverfahren durchleuchtet.
Vereinsführer: Otto Albiez ( 1932–34 ); Friedrich ( „Fritz“ ) Langer ( 1934–36 und 1940–42 ); Karl Künkel (1936–40 ); Dr. Joseph Ruzek ( 1942–45 )
Karl Künkel
geb. am 18.02.1883 in Lörrach — gest. am 06.01.1956 in Karlsruhe
Der am 18. Februar 1883 in Lörrach als Sohn des Grossherzgl. Oberbaukontrolleurs Wilhelm Künkel geborene Karl Künkel gehörte seit 1937 der NSDAP an. Nach eigenem Bekunden erfolgte der Beitritt nur deshalb, „um mir die Staatliche Lotterie-Einnahme, die ich seit 1927 während des zweiten Reiches verliehen bekam, zu erhalten und um mir die Ordensfabrikation, die meine Firma seit über hundert Jahren als Basis des Geschäfts betrieb, aufrecht erhalten zu können, insbesondere weil ich hier ausschließlich auf Staatsaufträge angewiesen war.“Daneben war Künkel auch Mitglied in anderen Parteiorganisationen. Von 1935 bis 1945 gehörte er der Deutschen Arbeitsfront ( DAF ) und dem NSRfL an, dem RKB war er 1934 beigetreten und dem NSV im Jahre 1936. Schließlich trat er „etwa“ 1930 dem Stahlhelm bei und war Mitglied bis zu dessen Auflösung im Jahr 1934. Seine Leidenschaft für das Militärwesen war schon frühzeitig erkennbar. Im April 1905 hatte sich Karl Künkel dem 5. Bad. Inf.Rgt. 113 als „einjähriger Freiwilliger“ angeschlossen, seine Beförderung zum Unteroffizier erfolgte mit Wirkung zum 27. Januar 1906. Im Ersten Weltkrieg fand er vorübergehend Verwendung als Soldat in einer Wachtkompanie, seine Beförderung zum Leutnant der Landwehr erfolgte im März 1915. Da er an chronischem Darmkatarrh erkrankt war und infolgedessen seinen Dienst „sehr häufig“ nicht hatte antreten können, wurde er noch im selben Jahr einem Ersatz-Bataillon überstellt. Im November 1917 wurde Karl Künkel als Hilfsoffizier zum Bahnbeauftragten der Armee-Abteilung B befohlen und ein Jahr später aus dem Heeresdienst entlassen. Sein Vorgesetzter charakterisiert ihn als „kräftige, untersetzte Persönlichkeit. Gegen Untergebene war er bestimmt und scharf, gegen Vorgesetzte taktvoll, jedoch nicht immer militärisch, bei seinen Kameraden war er beliebt. K. ist ein etwas hitziger Charakter.“
Bereits 1896 trat er dem KFV bei. 1902 hatte Karl Künkel an der Oberrealschule Karlsruhe das Abitur bestanden und hatte an der hiesigen technischen Hochschule das Studium der Ingenieurswissenschaften begonnen, das er 1908 als Diplom-Ingenieur abschloss. Drei Jahre später stieg er als Teilhaber ins Juweliergeschäft Ludwig Bertsch, Karlsruhe, ein, welches er 1940 übernahm. Parallel hierzu war er von 1930 bis 1940 Teilhaber am Juweliergeschäft Otto Wennberg in Stuttgart, welches er ebenfalls im Jahre 1940 als alleiniger Inhaber übernahm. Im selben Jahr stellte Künkel sein Amt als Erster Vorsitzender des KFV zur Verfügung, das er seit 1936 innehatte. Im Jahr zuvor war er zum zweiten Vorsitzenden gewählt worden, und als Beisitzer im Vorstand war Künkel erstmals 1927 in Erscheinung getreten; vier Jahre später, anlässlich des 45-jährigen Vereinsjubiläums, erfolgte seine Ernennung zum Ehrenvorsitzenden. Im Alter von 67 Jahren stellte sich Künkel, der zeitweise auch als Vorsitzender des Kassenausschusses und des Ältestenrates amtiert hatte, abermals als 1. Vorsitzender zur Verfügung. Dies war von 1950 bis 1951, und fast hätte es in dieser Saison zu einem Titel gereicht, nachdem man sich fürs Endspiel um die deutsche Amateurmeisterschaft qualifiziert hatte. Zum ersten Mal überhaupt wurde dieser Wettbewerb ausgetragen, und am Ende gab es eine unglückliche 2:3 Niederlage, die man gegen Bremen 1860 bezog, da man in der letzten halben Stunde des Spiels „eine totale Überlegenheit herausspielte“ – und das nach einem 0:3 Rückstand !
Vier Jahre zuvor hatte sich Karl Künkel einem Spruchkammerverfahren zu stellen. Mit Datum vom 6. März 1947 erhob der öffentliche Kläger vor der Spruchkammer Karlsruhe Klage mit dem Antrag, den Betroffenen in die Gruppe der Belasteten einzureihen. In seiner Erwiderung gab Künkel an, er habe innerhalb der Partei keine Ämter bekleidet und sich in keiner Weise aktiv betätigt. „Ausserdem hat sich Herr Oberbürgermeister Töpper, als Zeuge über meine politische Vergangenheit Auskunft zu geben, bereit erklärt. Darüberhinaus habe ich aber den Nazismus in seinen Auswüchsen immer bekämpft. Dies muss auch bei der Parteileitung bekannt gewesen sein, denn als ich zum Vereinsführer des Karlsruher Fussballvereins gewählt worden war, versagte die Partei die Bestätigung dieser Wahl und zwar mit der Begründung, ich sei politisch nicht zuverlässig und hätte die Partei während meiner Tätigkeit als Stadtrat bekämpft.“ Mit Datum vom 24. September 1947 stufte ihn die Spruchkammer II a Karlsruhe in die Gruppe der Mitläufer ein und verurteilte ihn zur Zahlung eines einmaligen Sühnebeitrages zu einem Wiedergutmachungsfonds in Höhe von RM 2.000,- . Zur Begründung führte die Kammer aus, der Betroffene habe nur nominell am NS teilgenommen und sei nie ein überzeugter Nationalsozialist gewesen, was durch Stellungnahmen mehrerer politisch unbelasteter Personen glaubhaft bekundet worden sei. Er habe „seiner von Grund aus ablehnenden Haltung dem NS gegenüber jederzeit durch offene und rückhaltlose Kritik“ Ausdruck verliehen. Das mag man glauben oder auch nicht. Jedenfalls gehörte auch Karl Künkel zum Heer derer, bei denen der Widerspruch zwischen Opportunismus und Opposition klar zutage tritt. Man hat sich mit dem System „arrangiert“, erst Recht, wenn das persönliche und berufliche Fortkommen in Gefahr geriet. Bei Karl Künkel war das nicht anders als bei vielen seiner Landsleute auch, die als „Mitläufer“ verurteilt wurden.
Otto Albiez
geb. am 09.02.1894 in Unteralpfen, Kreis Waldshut — gest. am 13.04.1980 in Karlsruhe
Von 1932 bis 1934 stand Otto Albiez beim Karlsruher FV in vorderster Reihe, bis er von Friedrich Langer als erster Vorsitzender abgelöst wurde. Der 40-jährige Albiez sah sich „infolge anderweitiger Inanspruchnahme“ nicht mehr in der Lage, das höchste Funktionärsamt auszuüben, blieb dem KFV aber in zweiter Reihe erhalten.
Die juristische Aufarbeitung der Causa Otto Albiez nahm für denselbigen einen äußerst günstigen Verlauf. Dem Verbot der Doppelbestrafung hatte es Otto Albiez zu verdanken, dass die mit Datum vom 21. April 1949 an die Zentralspruchkammer Nordbaden gerichtete Anklageschrift des öffentlichen Klägers keine Konsequenzen in Form eines Spruchs nach sich zog. Exakt acht Wochen später wurde das Verfahren von der Kammer durch Einstellungsbeschluss beendet. Vorausgegangen war nämlich ein Verfahren vor der Spruchkammer Freiburg, welche den Betroffenen mit Spruch vom 8. März 1949 in die Gruppe der Mitläufer eingestuft hatte. Aufgrund eines Erlasses des Ministeriums für politische Befreiung vom 23. Dezember 1947 „wird die Entscheidung der Spruchkammer Freiburg anerkannt. Das Verfahren ist demgemäss auf Kosten der Staatskasse einzustellen.“
Der Kelch – er war an Otto Albiez dank glücklicher Umstände vorbeigegangen. Die Ermittlungen, welche parallel in der französischen und amerikanischen Besatzungszone gegen Otto Albiez im Gange waren, verliefen in der Nachkriegszeit noch unkoordiniert, was nicht nur im Falle von Otto Albiez dazu führte, dass ein Verfahren in einer bestimmten Zone bereits zum Abschluss gekommen war, ohne Überprüfung darauf, ob gegen den Betroffenen ggf. in einer anderen Zone ein ebensolches durchgeführt wurde resp. vor dem Abschluss stand. Über zwei Jahre, vom 27. Juni 1946 bis 24. August 1948, befand sich Otto Albiez im Internierungslager Freiburg/Breisgau. Dorthin hatte man ihn verbracht, nachdem festgestellt worden war, dass er nicht nur Angehöriger der NSDAP (seit 1. Mai 1933) gewesen war, sondern auch der Allgemeinen SS, der er vom 15. März 1934 bis Kriegsende angehörte. Zuletzt hatte er den Rang eines Untersturmführers inne, den er 1938 verliehen bekommen hatte. Im Jahr 1937 oder 1938 hat er sich zur Mitarbeit im SD bereit erklärt. „Wie er jedoch angibt, habe er diese Bereitschaft widerrufen und tatsächlich keine Mitarbeit geleistet.“ Otto Albiez ( „In den Jahren vor 1933 stand ich innerlich der Zentrumspartei nahe. Ich habe nie anders als Zentrum gewählt, auch noch am 5. März 1933“ ) war auch in andere Parteiorganisationen „verstrickt“. 1931 trat er dem VDA bei, dem NSRL und RDB jeweils im Jahre 1934, und ab 1935 gehörte er der NSV und dem NSRB an. Aus kleinen ländlichen Verhältnissen stammend, begann Otto Albiez „nach gut bestandenem Abitur“ im Wintersemester 1912 das Studium der Rechtswissenschaften an der Albert-Ludwigs- Universität in Freiburg. Dieses unterbrach er im Jahre 1914 und stellte sich, wie tausende anderer seiner Landsleute, als Kriegsfreiwilliger zur Verfügung. Seine erste Anlaufstation war die Ersatz-Eskadron beim 3. badischen Dragoner-Regiment Prinz Carl Nr. 22. Von Oktober 1914 an war er an der Westfront im Einsatz und nahm hierbei an diversen Gefechten und Schlachten teil. Im April 1917 geriet er als Teilnehmer der Frühjahrsschlacht bei Arras in Kriegsgefangenschaft und wurde nach England verbracht. Ende 1919 kehrte er zurück und führte sein Studium „unter großen wirtschaftlichen Schwierigkeiten“ zu Ende. Im Herbst 1924 bestand er das Referendar- und im Frühjahr 1924 das Assessorexamen, worauf er mit Wirkung vom 1. Dezember 1924 in den Staatsdienst übernommen wurde. Als Staatsanwalt war er anschließend in Karlsruhe und Mosbach tätig. Vom 1. Juli 1927 an war er Amtsgerichtsrat in Lahr/Baden, und im Juni 1929 erfolgte seine Versetzung an das Amtsgericht Karlsruhe. Laut eigenem Bekunden wurde Otto Albiez am 22. August 1939 zur Wehrmacht eingezogen. Als Kompaniechef beim Grenadier-Regiment 109 – zuvor war Albiez zum Hauptmann befördert worden – nahm er am „Westfeldzug“ teil und wurde im Herbst 1940 zum Stab einer Inf.-Division versetzt, die in die Kämpfe auf dem Balkan involviert war; von dort aus wurde seine Division gen Osten kommandiert. An Gelenkrheumatismus erkrankt, kam Otto Albiez im Herbst 1943 ins Lazarett. Eine weitere Verwendung bei der kämpfenden Truppe kam nicht mehr in Frage, und so verrichtete er von 1944 bis Kriegsende seinen Dienst als Dienststellenleiter der Bahnhofswache in Karlsruhe. Zwischenzeitlich war er zum Direktor des Landgerichts Karlsruhe befördert und zum Major der Reserve ernannt worden. Ende 1944 siedelte die Familie nach Donaueschingen um, während Otto Albiez im März 1945 erneut einrücken musste. Mit einer „erheblichen Schädelverletzung u. schweren Gehirnerschütterung“ wurde er nach Tuttlingen ins dortige Lazarett überwiesen und fand im August 1945 zu seiner Familie – mit seiner Frau Sybille hatte er fünf Kinder – zurück. Nahezu zwei Dutzend eidesstattliche Erklärungen sind in der Albiez´schen Entnazifizierungsakte vorhanden. Der einhellige Tenor: Albiez war kein schlechter Mensch und schon gar kein übler Nazi, allenfalls einer von der Sorte, die man gemeinhin als zugänglich, jederzeit hilfsbereit und dem Regime mehr oder minder kritisch gegenüberstehend bezeichnet. Zahlreiche Erklärungen stammen von Weggenossen, die Albiez während seiner langen juristischen Tätigkeit im Staatsdienst begleitet haben. „Albiez war immer ein guter Kollege“ oder „Herr Albiez erfreute sich im Kollegenkreis wie auch insbesondere im Kreis der Rechtsanwälte in Karlsruhe allgemeiner Beliebtheit. Er stand auch als Richter in einem guten und angesehenen Ruf. Er galt als anständiger Charakter“ – so oder so ähnlich lesen sich die Stellungnahmen von Weggenossen aus früheren Tagen. In die SS soll er gar nur „unter Zwang“ eingetreten sein, was sich der Stellungnahme des Leiters der Schutzpolizei, Dr. Willy Heppes, entnehmen lässt. Eine Reinwaschung, die sich gar über ganze fünf Seiten erstreckt und insbesondere seine Mitgliedschaft bei der SS in ein geradezu mystisches Licht rückt, spendierte Dr. Clemens Bretzinger, seines Zeichens Oberlandesgerichtsrat am OLG Karlsruhe und u.a. stellvertretender Vorsitzender der Berufungsspruchkammer für den Landgerichtsbezirk Karlsruhe. „Otto Albiez sei aus Idealismus und Vorliebe für den Sport, insbesondere Reitsport, „der damals außer in KdF fast ausschließlich oder vorwiegend in den Reiterstürmen der SS gepflegt wurde“ , der selbigen beigetreten. „In seinem Fall bedeutet also der Beitritt zur SS wohl kaum mehr als die Zugehörigkeit zur gesellschaftlich vornehmsten Parteigliederung, ohne daß sie zugleich die Übereinstimmung mit den erst später hervorgetretenen verbrecherischen oder sonst zu mißbilligenden Zielen der Gliederung beweist.“ Eine Fortsetzung seiner Karriere im Justizdienst folgte von 1950 bis 1961. Der inzwischen 56-jährige „Mitläufer“ übernahm seinen „alten“ Posten als Direktor des Karlsruher Landgerichts. Seinen Ruhestand durfte der Pensionär bis zum 13. April 1980 genießen, dann schloss der 86-jährige für immer die Augen.
Adolf Murr
geb. am 08.06.1891 in Karlsruhe-Hagsfeld — gest. am 16.03.1953 in Karlsruhe
Seine berufliche Existenz stand auf dem Spiel, nachdem man Adolf Murr unmissverständlich zu verstehen gegeben hatte, der Partei beizutreten. Im Jahr 1938 war es, als sich Adolf Murr dazu entschloss, dem Ansinnen der NS-Ortsgruppe nachzugeben und den Schritt zu vollziehen, „wobei rückwirkende Beitragszahlung, soweit ich mich erinnere, ab 1. Mai 1937 gefordert wurde.“ Der gelernte Buchdrucker, der auch Inhaber einer Papierwarenhandlung war, führte einen Betrieb, der „von jeher auf die Bedürfnisse der Bürgermeisterämter eingestellt“ war, „und ich erzielte den grössten Teil meines Absatzes mit der Belieferung der badischen Landgemeinden mit Papier- und Schreibwaren sowie mit Vordrucken.“ Außer der NSDAP gehörte Adolf Murr noch dem R. Luftschutzbund an, doch das war nur eine Randnotiz, die im Entnazifizierungsverfahren gegen den nahezu 60-Jährigen nicht entscheidend ins Gewicht fiel. Dieses vollzog sich im unteren Rahmen dessen, was einem „gewöhnlichen“ NSDAP-Mitglied in jener Zeit widerfuhr. Per „Sühnebescheid“ mit Datum vom 12. April 1947 wurde Adolf Murr in die Gruppe der Mitläufer eingereiht und gegen ihn eine Sühneleistung – so hieß das damals – in Höhe von 1500,- RM festgesetzt. Womit für Adolf Murr die leidige Angelegenheit aus der Welt geschafft war, denn Rechtsmittel einzulegen gegen diesen Bescheid kam Adolf Murr nicht in den Sinn, zumal er mit einer ähnlichen „Bestrafung“ gerechnet hatte.
Dr. jur. Joseph Ruzek
geb. am 30.September 1901 in Karlsruhe — gest. am 22.Dezember 1975 in Karlsruhe
„Seine Haltung nach 1933 war die eines Intellektuellen, der versagt hat.“ Mit dieser eindeutigen Stellungnahme des Betriebsrats der Badenwerk A.G. in Karlsruhe, wird die Person Joseph Ruzek zwar nicht allumfänglich, doch zutreffend beschrieben. Denn Joseph Ruzek, der in Heidelberg, Berlin und Freiburg Rechtswissenschaften studiert und im Dezember 1932 mit der Note „sehr gut“ promoviert hatte, war von Kopf bis Fuß ein überzeugter Nationalsozialist, dessen Überzeugung zwar nicht von Anbeginn an eine kompromisslose war, dafür aber seit seinem Parteibeitritt am 1. Mai 1937. Dies belegen zahlreiche Dokumente, die in seiner Entnazifizierungsakte enthalten sind. Diametral hierzu lesen sich die Einlassungen, die von Ruzek selbst vorgenommen wurden. Stets habe er, der Rechtsanwalt, sich als Helfer im Kampfe gegen Unrecht seitens der Partei und nazistische Willkür gesehen und habe dem Nationalsozialismus immer dort, wo es zweckmäßig erschien, „Widerpart geboten.“ Eine Schutzbehauptung? Ganz klar, denn Joseph Ruzek, der von 1934 bis 1936 auch Mitglied der SA, zuletzt im Range eines Sturmmanns, gewesen war, hatte stets sein eigenes Vorwärtskommen im Sinn, obwohl die eidesstattlichen
Erklärungen, welche zu seinen Gunsten abgegeben wurden, vordergründig das Gegenteil belegen. Herr Dr. Ruzek sei „bei den Parteigenossen bezw. bei der SA nicht nur nicht als Nationalsozialist anerkannt“ gewesen, sondern sei als deren Gegner betrachtet worden.“ Als Gegner? Oder gar „Gegenspieler“ der Nazis, wie sich Joseph Ruzek nach dem Krieg selbst bezeichnete? Diese hat man damals für gewöhnlich ins KZ gesteckt oder sich derer auf andere Art und Weise entledigt. Eine Gegnerschaft, zumindest eine im engeren Sinne, hätte auf alle Fälle auch zu einem Berufsverbot geführt. Doch bei Joseph Ruzek – nichts dergleichen. Nach seinem Assessor-Examen, das er im Frühjahr 1929 „als 1. mit sehr gut“ bestanden hatte, arbeitete er zunächst als selbständiger Rechtsanwalt und stand ab 1. Februar 1931 in Diensten des Badenwerks in Karlsruhe. Bis 1933 war er Personalchef, wo ihn die Belegschaft nicht gerne sah. „Wenn auch die Beurteilung eines Personalchefs durch die Angehörigen eines Betriebes immer eine problematische Sache sein wird: die Einmütigkeit der ganzen Belegschaft in der Ablehnung des Herrn Ruzek als solchen, gibt derselben immerhin ein bedeutendes Gewicht.“
Als es darum ging, das „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“, das am 7. April 1933 in Kraft getreten war, in die Praxis umzusetzen, tat sich Joseph Ruzek, der seine Stellung als Personalchef in Abrede gestellt und sich selbst als „Personalsachbearbeiter“ bezeichnet hat , in besonderer Weise hervor. Interessenkonflikte waren für den damals 31-jährigen, der nach eigenem Bekunden „als einziger Jurist des Werkes“ dort tätig gewesen war, nicht auszumachen. Die von ihm bezeichnete „Säuberung“ des Werkes von parteifeindlichen Elementen sei seine ureigenste Aufgabe gewesen. „Ich habe mehr getan, als ich tun mußte, aber nicht, um mir ein rotes oder braunes Röckchen zu verdienen, sondern um den ungerecht beschuldigten Arbeitskameraden zu helfen. Ich habe nämlich darauf gedrungen, daß die Beschuldigten eingehend gehört, die Belastungszeugen ihnen gegenübergestellt werden und daß ich in Vernehmungen erfahrener Jurist hierbei anwesend bin. Auch habe ich durch geeignete Fragen die Entlastungsmomente herausgearbeitet.“ Mit Datum vom 3. Januar 1947 erhob der öffentliche Kläger bei der Spruchkammer Karlsruhe Klage gegen den Betroffenen mit dem Antrag, Joseph Ruzek in die Gruppe der Minderbelasteten einzureihen. Dieser verstand es, durch zahlreiche entlastende Stellungnahmen Dritter das Bild von einem überzeugten Nationalsozialisten zumindest ein Stück weit zu entkräften, was dazu führte, dass ihn die Kammer mit Spruch vom 13. Februar 1947 in die Gruppe der Mitläufer einreihte und ihm auferlegte, einen Betrag in Höhe von 1000,- RM an einen Wiedergutmachungsfonds zu entrichten. Zur Begründung führte die Spruchkammer aus, der Betroffene sei in der Öffentlichkeit nicht als aktiver Nationalsozialist in Erscheinung getreten und habe die Gewaltherrschaft des Regimes nur unwesentlich unterstützt, was durch mehrere Zeugen erwiesen sei. Differenzen mit den „Parteigrößen“ Robert Wagner und Walter Köhler – Wagner hatte ihn in den Jahren 1931 und 1932 im Führer als „Schwarzen Großverdiener“ bezichtigt, Letzterer habe ihn 1934 wegen politischer Unzuverlässigkeit als stellvertretenden Betriebsführer abgesetzt – ließen den Schluss zu, dass Ruzek „mit der Partei nicht eng verbunden war“ . Zudem sei sein 1936 erklärter Austritt aus der SA als „Widerstandsleistung gegen die Ziele des Nationalsozialismus“ zu betrachten. Dass ein Gericht sich einer solchen Argumentation befleißigt, mag nur damit zu erklären sein, dass man die historischen Zusammenhänge nicht richtig gewürdigt hat oder gar bewusst einen falschen Zusammenhang herstellen wollte.
Fakt ist, dass die SA im Jahre 1936 schon längst ihre führende Stellung innerhalb der Partei eingebüßt hatte und nur noch auf dem Papier existierte. Differenzen mit dem Gauleiter lange vor der „Machtergreifung“ sind nicht dazu geeignet, die politische Einstellung Ruzeks in den Jahren 1933 ff. offenzulegen, was ebenso auf das Zerwürfnis mit dem Ministerpräsidenten, dessen Stellung nur vordergründig eine herausragende war, zutrifft. Lange als der Krieg zu Ende war, warf man Joseph Ruzek, der es bis zu seiner Pensionierung im Jahre 1967 als Direktor der Badenwerk AG in Karlsruhe gebracht hatte, noch das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse hinterher. Zahlreiche Wirtschaftsverbände standen dem Vorschlag des Regierungspräsidiums Nordbaden positiv gegenüber: Industrie- und Handelskammer Karlsruhe, der Süddeutsche Wasserwirtschaftsverband, die Vereinigung Deutscher Elektrizitätswerke und selbst der damalige Oberbürgermeister der Stadt Karlsruhe, Günther Klotz. Joseph Ruzek war 1919 als Abiturient dem KFV beigetreten und stellte sich bereits als junger Referendar dem Verein in der Verwaltung zur Verfügung. Zeitlebens fühlte er sich mit dem KFV eng verbunden. „Durch seinen Idealismus, durch seine Liebe zum KFV ist er, sowohl den alten als auch den jungen Mitgliedern, zum leuchtenden Vorbild geworden“ heißt es im Festbuch zum 90-jährigen Jubiläum. Er erhielt die silberne und goldene Ehrennadel des Vereins, welcher ihn auch zum Ehrenvorsitzenden ernannte. Vom Badischen Fußballverband gab es die Ehrennadeln in Bronze, Silber und Gold.
Fritz Langer
geb. am 9.09.1878 in Schloßau — gest. am 24.02.1942 in Karlsruhe
Am 24. Februar 1942 verstarb der Mitbegründer des Karlsruher Fußballvereins, Fritz Langer, in seiner Wahlheimat Karlsruhe. Mit ihm wurde ein „alter, verdienter Pionier des deutschen Fußballsportes“ zu Grabe getragen. Im August 1941 hatte er sich einer „schweren Magenoperation“ unterziehen müssen, von der er sich nur vorübergehend erholt hatte. „Mit eiserner Energie, die ihn immer auszeichnete, kämpfte er von dort an um seine Wiedergesundung, ging unter Aufwendung aller Willenskraft wieder seinem Beruf nach – Fritz Langer war bei den Städtischen Werken in Karlsruhe als Stadtbaudirektor tätig – , erkrankte erneut und mußte sich nun doch dem tückischen Leiden beugen.“
Schon als Halbwüchsiger hatte sich Fritz Langer von der Fußballbegeisterung anstecken lassen, die in der badischen Metropole mehr und mehr um sich griff. Er gehörte zu jener Mannschaft des KFV, die im März 1892 ihr erstes Fußballspiel gegen die innerörtliche Konkurrenz vom „Internationalen Footballclub Karlsruhe“ austrug und dieses mit 0–1 verlor. Nicht weiter tragisch, denn alles steckte noch in den Kinderschuhen, und eine Blamage blieb dem jungen Verein ja immerhin erspart. Fritz Langer kickte noch eine geraume Zeit in der „Ersten“, bevor er 1903 den Vorsitz des Vereins übernahm. Seine erste Amtszeit dauerte bis 1905, die zweite begann 1908 und endete 1911 – in diesem Zeitraum wurde der Verein deutscher Meister – , und als Nachfolger seines Vorgängers Hermann Rupp amtierte Fritz Langer von 1912 bis 1913 ein drittes Mal in dieser Funktion. Parallel hierzu sah man Fritz Langer von 1907 bis 1912 als Kreisvorsitzender des Südkreises, einen von vier Kreisen, in die der Verband Süddeutscher Fußball – Vereine damals untergliedert war.
Auch als Schiedsrichter stellte er sich dem Verein zur Verfügung, um dann nochmals im krisengeschüttelten Zeitraum 1922–23 den Vorsitz zu übernehmen. Für sein Wirken im und für den Verein wurde er in der Folgezeit zum Ehrenmitglied und Präsidenten auf Lebenszeit ernannt. 1931 wurde ihm die große Ehrennadel des Süddeutschen Fußball- und Leichtathletik-Verbandes verliehen. Im selben Jahr stand er dem Verein ein fünftes Mal als 1. Vorsitzender vor. Zunächst bis 1932, dann erneut von 1934 bis 1936 und schließlich von 1940 bis 1942. Unter seiner Ägide erreichte der KFV im Spieljahr 1935/36 mit Platz drei die beste Gauligaplatzierung. Von der Beantragung eines „Unbedenklichkeitszeugnisses“ für seine Wiederwahl im September 1935 ist bekannt, dass er NSDAP-Parteimitglied (Nr. 3463463) war. Nach der Mitgliedsnummer ist Langer vermutlich 1933 in die NSDAP eingetreten. Da Langer bereits 1942 verstarb, liegt von ihm keine Entnazifizierungsakte vor.
Dr. Otto Figlestahler
geb. 24.03.1898 in Karlsruhe — gest. 31.08.1973 in Iffezheim
Sein Wirken für den Karlsruher FV war nur ein kurzzeitiges. Im Juli 1933 übernahm Otto Figlestahler beim Karlsruher FV das Amt des Stellvertretenden Vorsitzenden, das er für die Dauer eines Jahres innehatte. Zusammen mit Otto Albiez stand „Otto II“ an der Spitze des ruhmreichen Karlsruher FV zu jener Zeit, als die Auswirkungen der politischen Umwälzung in Deutschland am heftigsten spürbar waren, und zusammen mit diesem trat Otto Figlestahler – wie Albiez ebenfalls dem Juristenstand angehörig – 1934 ins zweite Glied zurück. Bis zur Machtübernahme war Otto Figlestahler Mitglied der Deutschen Volkspartei. Im Jahre 1935 erfolgte sein Eintritt in die NSDAP, „seine Mitgliedskarte erhielt er mit Datum rückwirkend auf 1.5.1933.“ Dem NS-Rechtswahrerbund gehörte er seit 1934 an.
In zahlreichen Schriftsätzen legt Figlestahler dar, dass er die NS-Ideologie nicht nur nicht gebilligt, sondern diese auch aktiv bekämpft habe. Die von ihm genannten Entlastungszeugen bekunden, soweit sie in dessen beruflichen Werdegang eingebunden waren, Figlestahler sei zum Eintritt in die Partei gezwungen worden, um seine Position als Vertrauensanwalt der Reichsbahndirektion Karlsruhe nicht zu gefährden. Nach eigener Einlassung sei er kein überzeugter Anhänger des Nationalsozialismus, insbesondere seiner Rassenlehre, gewesen. Seine Mitgliedschaft sei nur eine „rein formelle“ gewesen. In seiner Eigenschaft als Rechtsanwalt habe er sich stets von den hehren Grundsätzen seines Berufsstandes leiten lassen und sich auch für die Belange jüdischer Mitbürger eingesetzt. Durch aktive Teilnahme an verschiedenen Widerstandsbewegungen habe er seinen Widerstandswillen ernsthaft bekundet und sich dadurch gesundheitliche Probleme zugezogen: „Wegen meiner Unterstützung von Widerstandsbewegungen habe ich seelische Belastungsproben ungeheuerlichen Ausmaßes in Form von Aufregungen aller Art über mich ergehen lassen müssen. Während dieser Zeit bin ich durch alle möglichen Hiobsbotschaften von einer Angst in die andere, von einem Schrecken in den anderen gejagt worden. In mir wuchs immer mehr die Erkenntnis, dass der nationalsozialistische Staat kein Recht zu schaffen vermochte, weil er selbst auf hochverräterischer und verbrecherischer Grundlage beruhte, und dass infolgedessen der offen und versteckt geführte Kampf gegen ihn, so aufreibend er auch war, ein erlaubtes und gebotenes Mittel zur Beseitigung der Gewaltherrschaft sein musste.“ Mit Datum vom 21. August 1946 erhob der öffentliche Kläger vor der Spruchkammer Karlsruhe Klage mit dem Antrag, den Betroffenen in die Gruppe 3 einzureihen. Die Spruchkammer Karlsruhe stufte ihn mit Spruch vom 12. September 1946 als „entlastet“ ein und begründete dies damit, der Betroffene habe, trotz seiner formellen Mitgliedschaft in der NSDAP, „sondern nach dem Mass seiner Kräfte aktiv Widerstand gegen die nationalsozialistische Gewaltherrschaft geleistet“, was durch eine Reihe schriftlicher Zeugnisse von maßgebenden und glaubwürdigen Personen“ ebenso erwiesen sei wie die Tatsache, „dass er dadurch Nachteile erlitten hat.“ Nach Kriegsende geriet Otto Figlestahler, der zuletzt als Verbindungsoffizier der Heeresgruppe Süd in Wien stationiert war , in die Fänge der US-Armee und war bis 10. Juni 1945 im Kriegsgefangenenlager Mauerkirchen interniert. Seine politische Heimat fand er ab 1. Oktober 1945 in der neugegründeten CDU, deren Interessen er von 1956 bis 1973 im Karlsruher Kommunalparlament vertrat. Ende der 1950er Jahre sah sich Otto Figlestahler in seiner Eigenschaft als Konkursverwalter mit einem Ermittlungsverfahren wegen Untreue konfrontiert, das jedoch eingestellt wurde. Ein daraufhin angestrengtes Klageerzwingungsverfahren vor dem OLG Karlsruhe gem. § 172 StPO wurde vom 1. Strafsenat des OLG Karlsruhe mit Datum vom 26. Juni 1959 als unbegründet verworfen. Im April 1960 stellte die Staatsanwaltschaft beim OLG Karlsruhe ein ehrengerichtliches Ermittlungsverfahren ein.
Rudolf Appenzeller (geb. 23. September 1899 in Freiburg) war Syndikus / Wirtschaftsjurist bei der Karlsruher Parfümerie- und Toilettenseifenfabrik Wolff & Sohn GmbH. Zu ihm war keine Entnazifizierungsakte in Karlsruhe zu finden (diese liegt vermutlich in Freiburg).
Zu Karl Daniel Huber (geb. 29. 11. 1882 in Lahr) sind keine weiteren Informationen bekannt. Er war Rechnungsinspektor und Oberrechnungsrat in Karlsruhe und trat im Mai 1906 dem KFV bei. In den 1920er Jahren war er Vorsitzender des südwestdeutschen Verbandes für Leichtathletik und Vorsitzender des badischen Leichtathletikverbandes. 1921 wurde er zum KFV-Ehrenmitglied ernannt.
Hans Weigele, Inhaber der Hof-Apotheke in der Kaiserstraße, verstarb bereits vor Kriegsende. Zu ihm ließ sich nichts Näheres ausfindig machen.
Hans Plesch (1890–1943) stand nie an der Spitze des KFV und gehört damit nicht in die Reihe der zuvor behandelten Personen. Plesch war jedoch bis 1937 Obmann für die badische Gauliga und agierte als Verbindungsmann zwischen den Vereinen und der Gaufachamtsleitung. Plesch arbeitete in der Oberpostdirektion, war kein aktiver Sportler, fühlte sich jedoch dem Sport hingezogen, da sein Großvater einer der Gründungsmitglieder des KFV war. Plesch war ab 1933 Mitglied des KFV-Sportauschusses und sogenannter Dietwart. Das Amt des Dietwart wurde verpflichtend eingeführt. Plesch, als Dietwart des KFV, hatte demgemäß den Auftrag die Sportler im nationalsozialistischen Sinne zu schulen und die Gesinnung aus Sicht des Obrigkeitsstaates auf Basis von Parteipropaganda zu verbreiten. Der aus Mannheim stammende Plesch war NSDAP- und SA-Mitglied und wurde 1936 zum Ehrenmitglied des KFV ernannt. 1943 starb er an einem Nierenleiden im Karlsruher Vincentius-Krankenhaus, nachdem er zuvor bereits ernsthaft erkrankt von einer Abkommandierung aus Norwegen zurückkehrte.











Der Versuch eines Resümees





Die sportliche Entwicklung: Der KFV in der Gauliga Baden
Im zweiten Teil dieser Seite ist das sportliche Abschneiden dargestellt.
Vorkriegsjahre 1933–1939
Als eines von zehn Gründungsmitgliedern war es dem KFV vergönnt, in die neugeschaffene Gauliga eingereiht zu werden. Diese war im Sommer 1933 innerhalb der Grenzen des Landes Baden gebildet worden als eine von anfänglich 16 Gauligen im Deutschen Reich. Den Karlsruher Vereinen gestand die Gausportführung drei Startplätze zu, zwei davon waren fest vergeben – an den Karlsruher FV und den FC Phönix Karlsruhe. Wer von den beiden anderen in Frage kommenden Vereinen – FC Mühlburg und VfB Karlsruhe – der Dritte im Bunde sein durfte – diese Streitfrage wurde durch den Zusammenschluss der Mühlburger mit dem in der Weststadt beheimateten VfB Karlsruhe zum VfB Mühlburg zur Zufriedenheit aller Beteiligten gelöst.
Ob man die acht Spielzeiten, in denen der KFV der Gauliga angehörte, aus heutiger Sicht als „erfolgreich“ qualifiziert, hängt von der Interpretation ab, die man diesem Begriff zugrunde legt. Gemessen an (Gauliga-)Titeln sicherlich nicht, denn diese gingen ausnahmslos nach Mannheim, was bedeutet, dass dem Karlsruher Publikum Spiele um die deutsche Meisterschaft verwehrt blieben. Grund zur Freude hatte man trotzdem. Denn 1938 – nach dem Abstieg in die Bezirksklasse – wurde man auf Anhieb Meister und rückte wieder ins Oberhaus auf wie auch 1943 nach zwei Jahren der erneuten Abstinenz von der badischen Eliteklasse. Zu registrieren sind also zwei Meisterschaften in dieser Zeitspanne, beide errungen im „Unterhaus“, wie man noch heute zur zweiten Spielklasse zu sagen pflegt.
Unter Trainer Leopold Kastner schlug das sportliche Pendel des KFV am höchsten, sprich: erfolgreichsten, aus. Es war die Saison 1935/36, die man im 45. Jahr des Bestehens mit dem 3. Tabellenplatz abschließen und gleichzeitig auch die beiden Lokalkonkurrenten FC Phönix Karlsruhe und VfB Mühlburg hinter sich lassen konnte. Insgesamt 100 Begegnungen waren es, die die Vereine auf dem Gauligaparkett gegeneinander austrugen, davon 30 mit Beteiligung des Karlsruher FV.
1. Gauligaspiel des KFV
09.09.1933: Karlsruher FV — VfL Neckarau 2 – 1 (1–1)
Stadler – Huber I, Wünsch – Nagel II, Reiser, Schneider – Gaßmann, Siccard I, Müller, Bekir, Maier
Tore: 0–1 Seitz (26.), 1–1 Müller (40./FE), 2–1 Müller (49.)
Schiedsrichter: Glaser ( Neckarsulm )
Zuschauer: 3000 / ca. 4000
Bes. Vork.: Diringer (Neckarau) hält FE von Müller (1. Halbzeit)
3000 Zuschauer waren zu diesem Spiel erschienen, „trotz des gleichzeitig stattfindenden 1. Nationalsozialistischen Großflugtages.“ (Hakenkreuzbanner, 11.09.1933) In punkto Spielkultur war die Begegnung anfänglich keine Offenbarung, wobei der starke Wind den Spielfluß doch sehr beeinträchtigte. Auf Seiten des KFV ragte ein Mann heraus: Fritz Müller, in und um Karlsruhe, ja in ganz Baden unter dem Kosenamen „Spitzer“ bekannt. Durch einen Doppelpack des „Spitzer“ sicherte sich der KFV seine ersten beiden Punkte in der Gauliga. Im KFV-Mitteilungsblatt war zu lesen:
… wir siegten, nicht schön, aber arbeitsmäßig, pflichtbewußt. Unser Stil wird vorläufig kein Schaustück sein, dazu fehlen uns die Künstler. Feinheiten, Variationen, Kombinationsbilder auf kleinen Räumen werden selten auftreten. Die Art unserer Spieler gestattet ihnen, ein konsequentes, fleißiges, kampfbetontes Spiel zu zeigen, mit eisenharter Abwehr, wobei eben soviel Stürmer nach rückwärts beordert werden müssen, als der überlegene Gegner uns abverlangt. Wir „mauern“ nicht freiwillig, sondern schicken dorthin unsere Spieler, wo die Kameraden sie brauchen. Wir gehen aber sofort zur Offensive über, wenn der Gegner es erlaubt ! Wir kämpfen lieber auf feindlichem Boden als in unserer Heimat …








(2) Der Tabellenführer verliert beim Schlusslicht
05.11.1933: SC Freiburg - Karlsruher FV 4 – 2 (3–0)
Karlsruher FV: Stadler – Immel, Nagel II – Siccard I, Wünsch, Schneider – Echle, Ahl, Müller, Link, Bekir
Tore: 1–0 Koßmann (15.), 2–0 Stolz (17.), 3–0 Koßmann (40.), 4–0 Gäßler (48.), 4–1 Bekir (58.), 4–2 Ahl (78.)
Schiedsrichter: Selzam (Heidelberg)
Zuschauer: 2500 / 3000
„Sportclubs großer Sieg“ (Freiburger Zeitung), „Sensation in Freiburg“ (ASZ), „Eine Überraschung“ (Der Alemanne) – schon die Schlagzeilen ließen es anklingen, dass die Begegnung einen anderen Verlauf angenommen hatte als man es vor dem Zusammentreffen beider Mannschaften vermuten durfte. „Man kommt eigentlich in die Versuchung, dem Tabellenersten gegenüber dem Letzten der Tabelle einen sicheren und glatten Sieg zuzusprechen, wenn man nicht die Launen des Sportclubs kennen würde“ schrieb die Breisgauer Zeitung in ihrer Vorschau. Just diesen Launen mußte sich der KFV beugen und unterlag – wie auch zuvor der VfB Mühlburg – im Winterer-Stadion des SC Freiburg. Innerhalb von zwei Minuten lag der KFV mit 0–2 hinten, „von diesem Augenblick an war es um die Harmonie im KFV-Gefüge geschehen, während die SC-ler dagegen zu einer Form aufliefen, die stark an die denkwürdigen Trostrundenspiele anno 1928 erinnerte“ (Freiburger Zeitung). Auch der Berichterstatter der KFV-Mitteilungen fand deutliche Worte: „Das war die bisher schwächste Mannschaft, die auch das schwächste Spiel lieferte. Der Sturm war ein sanftes Windchen. Nur Bekir zeigte forschen Angriffsgeist.“ (KFV-Mitteilungen Nr. 1, Jg. 1933/34, November 1933, Seite 12).
(3) Rekordkulisse und 1. Sieg im Derby
05.01.1936: Karlsruher FV - FC Phönix Karlsruhe 3 – 0 (2–0)
Karlsruher FV: Stadler – Immel, Bolz I – Reiser, Wünsch, Schneider – Brecht, Benz, Rapp, Huber I, Damminger
Tore: 1–0 Brecht (3.), 2–0 Rapp (31.), 3–0 Rapp (80.)
Schiedsrichter: Kläger (Offenburg)
Zuschauer: > 6000
Im 6. Gauligaspiel beider Vereine gegeneinander gab´s den 1. Sieg für den KFV zu vermelden, und das vor einer Rekordkulisse von über 6000 Zuschauern. Es war das mittlerweile 96. Aufeinandertreffen der beiden deutschen Altmeister, zu welchem der Ex-Brötzinger Rapp zwei der drei Treffer beisteuerte. „Die Leistung des KFV war großartig. Hier gab es kein langes Zipfeln und Überlegen, keine übertriebenen Künsteleien und Schnörkel, sondern eine Methode, die nur von einem Ziel beherrscht war, nämlich auf kürzestem und sicherstem Weg zu Erfolgen zu kommen. Die Mannen vom KFV arbeiteten auf allen Plätzen mit Vernunft und Erfolg. Gut eingeschlagen hat vor allem der Sturmführer Rapp, der nicht nur Tore schoß, sondern auch in der Ballverteilung, wie überhaupt in der ganzen Anlage des Angriffsspiels ansprechende Leistungen zeigte“ (Badische Presse, 06.01.1936).
Auch hier schlägt die militärische Erstarkung des Deutschen Reichs – wenige Monate zuvor war die allgemeine Wehrpflicht eingeführt worden – auf die Berichterstattung durch, wenn es etwa heißt: es war nicht nur der prickelnde Reiz dieses „Lokalkampfs“, der über 6000 Zuschauern den Marschbefehl hinter die Telegraphenkaserne diktierte, sondern ebenso sehr auch die besondere Lage beider Vereine, die laut Tabellenbarometer dem einen den Weg zur Meisterschaft weit offen ließ, den anderen jedoch in unheilvollste Abstiegssorgen verwickelte. Unter diesen Umständen gab es für Phönix nur die eine, von der nackten Existenzsicherung diktierte Devise: siegen oder sterben (Badische Presse, 06.01.1936).
(4) Vor rund 8000 Zuschauern: Der KFV besiegt den Meister
16.02.1936: Karlsruher FV - SV Waldhof 3 – 2 (1–1)
Karlsruher FV: Stadler – Immel, Bolz I – Helm, Wünsch, Reiser – Brecht, Benz, Rapp, Götter, Huber I
Tore: 1–0 Rapp (1.), 1–1 Siffling I (36.), 2–1 Huber (75.), 2–2 Heermann (85.), 3–2 Brecht (86.)
Schiedsrichter: Bräutigam (Freiburg)
Zuschauer: ca. 7500 / 8000
Vor der größten Kulisse, die der KFV zu Gauligazeiten in seinem Stadion begrüßen durfte, zählt diese Begegnung gegen den SV Waldhof, der lange Zeit die Tabellenführung innehatte, welche er nach dieser Niederlage vorübergehend an den 1. FC Pforzheim abtreten musste. Es war die Revanche für die hohe Niederlage im Hinspiel. Mit 8–2 hatte der SV Waldhof kurz vor dem Jahreswechsel den KFV besiegt, „Waldhof verkörperte beste Fußballschule“ (Der Führer). Diese Niederlage, die einer Demütigung gleichkam, nahm sich der KFV zu Herzen. Sehr sogar. „KFV hatte in seiner Mannschaft, obwohl er diesmal auf den gesperrten Damminger verzichten mußte, keinen schwachen Punkt. Die Mannschaft spielte mit Hergabe des letzten an körperlicher Kraft und rang den Gegner verdient nieder“ schrieb das in Mannheim erscheinende Hakenkreuzbanner (HKB, 17.02.1936). „Der KFV hat dem voraussichtlichen badischen Meister eine völlig gerechte und einwandfreie Niederlage beigebracht“ war in der Badischen Presse zu lesen (Badische Presse, 17.02.1936), und auch die ASZ lag auf dieser Linie: „Die Karlsruher waren von einer Angriffsfreudigkeit, gepaart mit einem so gediegenen Können, daß ihnen letzten Endes verdientermaßen der knappe Sieg zufallen mußte“ (ASZ, 17.02.1936).
(5) Höchster Gauligasieg beim Lokalkonkurrenten
14.02.1937: VfB Mühlburg - Karlsruher FV 0 – 4 (0–2)
Karlsruher FV: Stadler – Huber I, Bolz I – Reiser, Wünsch, Wilhelm Holzigel – Walz, Benz, Rapp, Huber II, Litsch
Tore: 0–1 Rapp (22.), 0–2 Benz (30.), 0–3 Holzigel (62.), 0–4 Bolz (75.)
Schiedsrichter: Wacker ( Niefern )
Zuschauer: > 5000
Neue Hoffnung keimte auf nach dem deutlichen 4–0 Sieg im Lokalderby, der den Abstand auf den gleichfalls abstiegsgefährdeten VfB Mühlburg auf drei Punkte verkürzte. Sollte der KFV doch noch dem drohenden Abstieg entgehen können? Es war nur ein kurzes Aufflackern, denn schon im nächsten Spiel gegen den 1. FC Pforzheim blieb man beim 1–3 nur zweiter Sieger, während den Mühlburgern wiederum eine Woche später gegen denselben Gegner ein Sieg in gleicher Höhe gelang. Der Abstieg war dennoch – trotz eines 7–1 Sieges gegen den Freiburger FC – am Ende nicht zu vermeiden. Weshalb sich der KFV eine Spielklasse tiefer begeben musste? Bis zuletzt war unklar, wer die Mannschaft übernehmen würde, nachdem Heiner Stuhlfauth kurzfristig seine Zusage zurückgezogen hatte. Heinz Jansen aus Münster/Westf. erfüllte die Erwartungen nicht, und schließlich sprang Jean Vogel, einst Mittelstürmer im Verein, in die Bresche. Da er gleichzeitig noch bei den Durlacher Germanen aktiv spielte, war es ihm nicht möglich, bei sämtlichen Verbandsspielen anwesend zu sein. Ein weiterer Umstand war die schlechte körperliche Verfassung der Mannschaft, die darauf zurückzuführen war, dass etliche Spieler nicht regelmäßig am Training teilnehmen konnten, und schließlich habe es an der Ungeeignetheit vieler Stammspieler der 1. Mannschaft gelegen, so dass in 18 Begegnungen 25 Spieler zum Einsatz kamen. Ein weiterer Punkt verdient festgehalten zu werden, nämlich, dass man eine positive Tordifferenz aufzuweisen hatte: 25–22 Treffer. „Hat man je in der Sportgeschichte ein ähnliches Kuriosum erlebt?“ (KFV-Mitteilungen, Jg. 1936/37, Juni 1937, Seite 4). Wir wissen es nicht, können es aber zumindest für die badische Gauliga verneinen.
(6a) Höchster Gauligasieg (1)
04.04.1937: Karlsruher FV - Freiburger FC 7 – 1 (4–1)
Karlsruher FV: Stadler – Huber I, Bolz I – Bolz II, Wünsch, Holzigel – Walz, Echle, Damminger, Bekir, Huber II
Tore: 1–0 Wünsch (10.), 2–0 Walz (12.), 3–0 Bekir (16.), 4–0 Huber II, 4–1 Roser (35.), 5–1 Walz (53.), 6–1 Huber II, 7–1 Damminger (71.)
Schiedsrichter: Schmetzer (Mannheim)
Zuschauer: knapp 3000 / 3200 / 3500
Es ist bereits angeklungen. Der 7–1 Sieg gegen den Freiburger FC hielt den KFV kurzfristig noch „am Leben“. Mehr aber nicht. „Dieser KFV legte vor 3000 Zuschauern ein Spiel hin, das Hand und Fuß hatte und das von einer Hingabe getragen wurde, die begeistern mußte“ schrieb die Freiburger Tagespost. „Der einheimischen Elf ein Gesamtlob“, so die Badische Presse in ihrer Nachbetrachtung. Weiter heißt es: „Dennoch muß das Spiel des alten Kämpen Bekir besonders herausgestellt werden. Was Bekir gestern wieder zeigte, ist der größten Hochachtung würdig. Von der ersten bis zur letzten Minute kämpfte er, spielte seine Kameraden frei und schoß ein Tor. Eine ganz besondere Leistung war sein Solodurchbruch am Ende des Spiels. Nur schade, daß der Torschuß nicht den verdienten Erfolg brachte, die Querlatte war der Retter für Freiburg.“ Für den 37-jährigen Bekir war es das letzte Gauligaspiel vor heimischem Publikum. Zwei weitere Spiele, beide auswärts, schlossen sich an, danach war Schluss für den „Bomber“, der insgesamt 26 Einsätze in der Gauligamannschaft des KFV bestritt und dabei 6 Mal erfolgreich war.
(6b) Höchster Gauligasieg (2)
25.12.1938: Karlsruher FV - Offenburger FV 7 – 1 (4–0)
Karlsruher FV: Eßwein – Immig, Bolz I – Helm, Wünsch, Holzigel – Brecht, Benz, Hellwig, Morlock, Damminger
Tore: 1–0 Damminger (2.), 2–0 Damminger (5.), 3–0 Brecht (29.), 4–0 Morlock (39.), 5–0 Wünsch (57.), 5–1 Wagner (72.), 6–1 Morlock, 7–1 Brecht
Schiedsrichter: Brust ( Mannheim )
Zuschauer: ca. 800–900 / ca. 1000
Auf schneebedecktem Platz und bei 5 Grad Kälte begegneten sich beide Mannschaften erstmals in einem Spiel um Gauligapunkte. Letztmals war man in der Saison 1932/33 aufeinandergetroffen, als die höchste Spielklasse noch Bezirksliga hieß. Mit 1–1 hatte man sich damals die Punkte geteilt, diesmal gab´s keine Kompromisse. „KFV in Festtagsstimmung“ lautete die Schlagzeile in der ASZ, die den OFV als die „schwächste Mannschaft in der badischen Gauliga“ bezeichnete. Tatsächlich wurde der OFV diesem „Ruf“ gerecht, verblieb am Ende aber dennoch in der Gauliga, da diese in der folgenden Saison geteilt wurde. Ein Spiel um Punkte zwischen beiden Vereinen gab´s seitdem nicht mehr.
(7) Ausschreitungen und Platzsperre
05.02.1939: Karlsruher FV- VfR Mannheim 0 – 0
Karlsruher FV: Eßwein – Immig, Bolz I – Helm, Wünsch, Haas – Brecht, Benz, Hellwig, Morlock, Damminger
Tore: —
Schiedsrichter: Bräutigam (Freiburg)
Zuschauer: 4500 / 5000 / 6000
Ein Spiel, das nicht zu jenen gehört, an die man sich gern zurückerinnert. Und zwar deshalb nicht, weil der eigentliche Zweck des Zusammentreffens, das Fußballspiel, mehr und mehr in den Hintergrund gedrängt wurde. „Leider bekam man im Verlauf des Treffens … Dinge zu sehen, die mit Fußball nichts mehr zu tun haben. Fußball ist ein Kampfsport, der den Einsatz jeden Spielers erfordert, der aber nicht so weit gehen darf, daß am Ende des Treffens 4 Mann das Krankenhaus aufsuchen müssen“ (Badische Presse). Zum Sündenbock auserkoren wurde Schiedsrichter Bräutigam aus Freiburg: „Es tut uns leid, diese Feststellung treffen zu müssen, denn Bräutigam ist ein so anständiger Mensch und war in den langen Jahren als aktiver Gauligaspieler ein so vorbildlich fairer Sportsmann, daß wir ihn ungern in den Mittelpunkt einer öffentlichen Polemik stellen. Aber es steht unabänderlich fest, daß sein uns unerklärliches Versagen in allererster Linie ausschlaggebend für die schauderhaften Vorkommnisse in dem betreffenden Spiel war“ (KFV-Mitteilungen, Jg. 1938/39, Nr. 4, März 1939, Seite 4). Die Gaubehörde urteilte nicht gerade zimperlich. Sechs Monate Sperre für den Schiedsrichter und 2 Spiele Platzsperre für den KFV, ferner wurden die KFV-Spieler Damminger und Morlock sieben bzw. zwölf Monate vom Spielverkehr ausgeschlossen.
(8) Ein durchaus ungewöhnliches Resultat
7.1.1940: Karlsruher FV - 1. FC Pforzheim 5 – 10 (2–4)
Karlsruher FV: Kraft – Nagel, Weiß – Arnold, Herold, Schweizer – Schwörer, Herter, Steimle, Rapp, Wiegand
Tore: 1–0 Schwörer (5.), 1–1 Rau, 1–2 Fischer I, 2–2 Schwörer, 2–3 Rau, 2–4 Dierlamm, 2–5 Fischer I, 2–6 Rau, 2–7 Rau, 3–7 Herter, 4–7 Schwörer, 5–7 Wiegand, 5–8 Dierlamm, 5–9 Hartmann, 5–10 Rau
Schiedsrichter: Lauer (Plankstadt)
Zuschauer: ca. 200
Bes. Vork.: Wiegand verschießt Elfmeter (2. Halbzeit)
Ein „Schützenfest auf dem KFV-Platz“ (Pforzheimer Rundschau) zu Beginn des neuen Jahres – und das vor nur 200 Zuschauern. Was am kalten Januarsonntag und dem gleichzeitig stattfindenden Spiel im Wildparkstadion (FC Phönix Karlsruhe – 1. FC 08 Birkenfeld) gelegen haben könnte, wie der Berichterstatter des Führer vermutete. Der Pforzheimer Rau erzielte allein die Hälfte der Treffer seins Teams, welches die Qualifikation für die Endrunde nur knapp verpasste. „Das Spiel wurde von den mit der besseren Mannschaft vertretenen Pforzheimern auf Grund ihrer größeren Beweglichkeit verdient gewonnen, wenngleich ihre Überlegenheit nicht so groß war, wie die Tordifferenz vermuten läßt“ (Der Führer).
(9) Höchste Heimniederlage
10.11.1940: Karlsruher FV - VfB Mühlburg 0 – 10 (0–4)
Karlsruher FV: Moll – Geisler, Haug – Pförtner, Haas, Siccard – Sprießler, Benz, Otto Beck, Hans Günther, Otto Scherer
Tore: 0–1 Seeburger (3.), 0–2 Rastetter (27./FE), 0–3 Fischer (32.), 0–4 Fischer (44.), 0–5 Rastetter (55.), 0–6 Fischer, 0–7 Gruber (FE), 0–8 Rastetter, 0–9 Seeburger I, 0–10 Rastetter (89.)
Schiedsrichter: Pennig (Mannheim), Zuschauer: > 2000
Ausgerechnet im Lokalderby gegen den VfB Mühlburg erlebte der KFV seine schwärzeste Gauliga-Stunde. Schon im Hinspiel war man dem VfB mit 0–9 unterlegen, und nun das ! Mit einer „reinen Verlegenheitself“ sei man gegen den VfB Mühlburg überhaupt angetreten, stand in den KFV–Mitteilungen zu lesen. „Das einzige Bollwerk, das dem Mühlburger Tatendrang Widerstand leisten konnte, hieß Moll und stand beim KFV zwischen den Pfosten. „Er hielt, was zu halten war und war mit Abstand der beste Mann“ (KFV-Mitteilungen Nr. 6, Jg. 1940/41, Dezember/Januar, Seite 2 ). Das Derby blieb nicht ohne Nachklänge. Weil einige Zuschauer, wohl Anhänger des VfB Mühlburg, den Kantersieg zu verbalen Ausfällen zum Anlass nahmen („Wo bleibt der Altmeister ?“), sah sich der KFV genötigt, die Dinge richtigzustellen und darauf hinzuweisen, dass man wesentlich mehr Spieler zum Wehrdienst habe abstellen müssen als der VfB, dessen (Stamm-)Spieler aufgrund ihrer heimatnahen Verwendung in der Rüstungsproduktion in schöner Regelmäßigkeit in den Gauligaspielen zum Einsatz kamen. Ein klarer Fall von Wettbewerbsverzerrung!
(10) Eine von zwei Niederlagen, die der spätere Meister Neckarau in dieser Saison einstecken musste
01.12.1940: Karlsruher FV - VfL Neckarau 2 – 1 (2–1)
Karlsruher FV: Moll – Weiß, Huber I – Morlock, Geisler, Pförtner – Keck, Scherer, Steimle, Siccard, Rohrer
Tore: 1–0 Rohrer (16.), 2–0 Pförtner (17.), 2–1 Preschle (30.)
Schiedsrichter: Boeres ( Lahr )
Zuschauer: 1200 / 1500
Mit zehn Mann nahm der KFV dem späteren Meister VfL Neckarau beide Punkte ab. Siccard war kurz vor der Halbzeitpause verletzt worden und stand beim Wiederanspiel zwar auf dem Platz, musste diesen jedoch kurze Zeit später endgültig verlassen, während sich seine Kameraden den Neckarauer Angriffen vehement entgegenstellten und den knappen Vorsprung über die Zeit retten konnten. „Dem KFV gebührt ein Kompliment! Er hat sich nach der Reihe der unglücklichen Niederlagen ernsthaft aufgerafft und sein Selbstbewusstsein wieder gefunden. Die Mannschaft hat vollbracht, was einem VfR Mannheim, einem 1. FC Pforzheim nicht gelungen ist: die kampfstarken Neckarauer zu schlagen. 1500 Zuschauer sahen den Karlsruher Sieg und erkannten ihn beifällig an“ (Badische Presse ).
(11) Letztes Gauligaspiel
05.03.1944: FC Rastatt - Karlsruher FV 3 – 4 (0–1)
Karlsruher FV: ( Aufstellung nicht bekannt )
Tore: 0–1 Willimowski (40.), 1–1 Dürrschnabel (65.), 1–2 Bachmann, 2–2 Schäfer, 2–3 Willimowski (78.), 2–4 Willimowski, 3–4 Babel (85.)
Schiedsrichter: Pennig ( Mannheim )
Zuschauer: nur wenige Hundert
Ein Dreierpack von Ernst Willimowski, der es in den Jahren 1941 und 1942 als Spieler des PSV Chemnitz bzw. TSV 1860 München auf acht Einsätze in der deutschen Nationalmannschaft gebracht hatte, sicherte dem KFV im letzten Gauligaspiel beide Punkte. „Entscheidenden Anteil des Erfolges der Gäste hatte zweifellos Willimowski, der alle seine Kameraden überragte, nicht nur, weil alle Direktiven von ihm ausgingen, sondern weil er darüber hinaus noch vollendete Fußballkunst mit allen Feinheiten demonstrierte, die ihn zum besten Spieler auf dem Platz stempelt“ (Der Führer). Leider ist die Aufstellung zu diesem letzten Gauligaspiel des KFV nicht überliefert.
Spielinterview Franz Ahl (1914–2016)
Die Redaktion der Webseite konnte mit dem ehemaligen Spieler Franz Ahl (1914–2016) ein Kurzinterinterview durchführen (2012). Ahl spielte viele Jahre in der Gauliga sowie nach dem Krieg in der Oberliga Süd (in der jeweils höchsten deutschen Spielklasse in diesen Zeiten).
Wie sind Sie zum KFV gekommen und in welcher Begegnung trugen Sie zum ersten Mal das KFV-Trikot?
1928 bin ich als 14-jähriger zum KFV gekommen. Von der B- und A‑Jugend bin ich 1934 in die erste Mannschaft gekommen.
Meine erstes Spiel in der ersten Mannschaft war in Ulm, gegen den SSV Ulm 1846, im Jahre 1935. Wir haben das Spiel mit 1:6 verloren, ich habe den Ehrentreffer geschossen. Ich hatte damals noch das Vergnügen zusammen mit dem berühmten Rafet Bekir (türkischer Nationalspieler und Olympia-Teilnehmer) zu spielen. Der Ulmer Spieler Strauß erzielte bei diesem Spiel allein 5 Tore, er war damals der überragende und bekannteste Spieler der Ulmer Mannschaft.
Wie hat der Krieg Ihre Spielerkarriere beeinträchtigt?
Von 1939 bis 1945 wurde ich von einem Rüstungsunternehmen in Aalen, Württemberg, dienstverpflichtet. Während dieser Zeit habe ich beim VfR Aalen gespielt, der damals wie der KFV an der Gauliga, der höchsten deutschen Fußballliga, teilnahm. Wir mussten damals von 6 Uhr morgens bis halb 6 abends arbeiten, aber das war immer noch besser als Soldat an der Front zu sein. Als Fußballer durfte man samstags sogar etwas früher mit dem arbeiten aufhören…
Welche Erlebnisse haben sich besonders in Ihren Erinnerungen verankert?
Während der Zeit des Nazi-Regimes hatten wir zwei Spiele in der Weihnachtszeit in Frankreich. In Metz und Nancy. In Nancy bat man uns auf den „deutschen Gruß“ zu verzichten der ja damals „in Mode war“, was wir auch taten. Der DFB erteilte dem KFV daraufhin eine halbjährige Auslandsspielsperre.
Beim VfR Aalen schoss ich in einem Spiel, das wir mit 13:1 gewannen, allein 7 Tore. Den Gegner habe ich leider vergessen. Ein Zuschauer meinte mir gehöre die Schützenschnur verliehen (Anm. d. R.: die Schützenschnur ist eine Auszeichnung für besondere Schießleistungen, die an alle Soldaten verliehen werden kann).
Welche Persönlichkeit beim KFV hat Sie am meisten geprägt?
Nationalspieler Lora Huber, Rafet Bekir und die Spieler Wünsch, Schneider, Siccard (Jussel und Willi), Damminger (deutscher Nationalspieler), Benz und Helm.
Wir hatten zu meiner Zeit eine gute Truppe: Siccard Willi-Linksaußen Wünsch war Mittelläufer, Reiser-Mittelläufer, Stadler im Tor, Huber, Immel und Bolz waren Verteidiger, Schön war rechter Läufer, Schneider war Läufer, Benz auf halbrechts, Litsch-Linksaußen, Helm linker Läufer, Damminger-Mittelstürmer, Brecht war Rechtsaußen. Meine besten Freunde Keck und Helm sind beide im Krieg gefallen.
Welche Persönlichkeit aus der Geschichte des KFV bewundern Sie am meisten und warum?
Die großen Spieler der Meistermannschaft, der bekannte Innensturm Hirsch, Fuchs, Förderer usw. habe ich im Grunde nie kennengelernt. Unter Jimmy Lawrence habe ich jedoch trainieren dürfen. Als er Trainer war, spielte ich meist noch in der A‑Jugend. Lawrence war ein sehr guter und sympathischer Mann. Es gab einen Spruch von ihm der legendär war. Jedes Mal wenn ein Spieler einer seiner Anweisungen nicht verstanden hatte, fragte er: „Du Gras im Kopf ?, Du Gras im Kopf ?“. Das war sein Spruch [lacht].
Was machten Sie nach Ihrer Zeit beim KFV?
Ich war bei einigen Vereinen als Trainer beschäftigt, zeitgleich habe ich z.B. bei Bruchhausen noch gespielt (bzw. war der Spielertrainer). Am 22. Januar 1956 verletzte ich mich bei einem Spiel in Oberweier sehr schwer am Bein. Aufgrund dieser Verletzung war ich viereinhalb Monate im Krankenhaus und dann war’s aus mit dem Fußballspielen. Auch eine Mannschaft habe ich danach nicht mehr trainiert.
Was hat Sie beim KFV am meisten beeindruckt?
Die Kameradschaft war hervorragend, das muss ich betonen. Nach dem Spiel gab es immer noch ein gemütliches Beisammensein im „Moninger Gartensaal“. Sowas ist heute fast nicht mehr der Fall. Die „Spesen“ waren für heutige Verhältnisse relativ niedrig. Für ein Heimspiel gab es 10, bei einem Auswärtsspiel 15 Mark. Das waren die Beträge die der DFB erlaubte. Nebenbei gab es von begeisterten Zuschauern manchmal noch etwas.
Warum ist der KFV nicht irgendein Fußballverein?
Der KFV war schon immer etwas Besonderes. In meiner Zeit war der KFV auch beliebter als der Stadtrivale Phoenix Karlsruhe (Anmerkung der Redaktion: späterer Fusionsverein des KSC). Er hatte einfach mehr Sympathien.




Kriegsjahre



Die Redaktion der Webseite konnte 2016 ein kurzer Interview mit dem Autor Andreas Ebner führen:
Herr Ebner, Sie arbeiten an einem umfassenden Buch über die “Gauliga” Baden, wie kamen Sie zu der Idee zu diesem Projekt?
Angefangen hat alles Mitte der 80-er Jahre. Damals begann ich mit dem Sammeln von Festschriften, und zwar ausschließlich von Vereinen aus meiner Umgebung. Das Ganze war noch recht unsystematisch. Immer dann, wenn ich in der Zeitung davon las, daß ein (Fußball-)Verein Jubiläum hat, habe ich mir ein Exemplar der Festschrift besorgt. Im Laufe der Zeit hat sich das dann auf alle neun Fußballkreise des Badischen Fußballverbandes erstreckt. Allerdings war in keiner der Festschriften jene Systematik zu erkennen, die wünschenswert gewesen wäre. Literatur zur Fußballhistorie gab es damals auch noch nicht, erst Hardy Grüne hat mit seinem inzwischen zu einem festen Bestandteil der Sportliteratur gehörenden Buch „Vom Kronprinzen bis zur Bundesliga“ ( 1995 ) eine Bresche geschlagen. Das „Werk“ Ihres inzwischen verstorbenen Ehrenmitgliedes, Ludolf Hyll ( „Süddeutschlands Gußballgeschichte in Tabellenform“ ), kannte ich damals noch nicht. Mitte der neunziger Jahre kam ich dann mit dem DSFS in Berührung und lernte auch Herrn Hyll kennen. Mit diesem habe ich mich regelmäßig ausgetauscht und ich begann damit, selbst Recherchen durchzuführen. Einen Computer hatte ich damals noch keinen, das wurde am Anfang alles noch mittels Schreibmaschine festgehalten. Als dann der Computer Einzug hielt, habe ich diesen mit den Ergebnissen meiner Recherchen „gefüttert“. Parallel hierzu wuchs mein Bestand an Festschriften und Büchern zum Thema „Fußball“ immer mehr, auch an den Recherchen in verschiedenen Archiven und Bibliotheken fand ich großen Gefallen. Nachdem ich Vieles zusammengetragen hatte, kam mir die Idee, selbst etwas zu publizieren, zumal über den badischen Fußballsport kein systematisches Werk existiert, das die Zeit vor 1945 beleuchtet.
Zunächst mußte ich die Überlegung anstellen, in welcher Form dieses Vorhaben am Besten umzusetzen sei. Ich entschied mich dafür, die Gauliga Baden in den Mittelpunkt meiner Betrachtungen zu stellen, zumal es 1933 eine Zäsur nicht nur in der deutschen (Sport-) Geschichte, sondern auch in der Geschichte des badischen Fußballsports gab. Die badischen Vereine spielten nämlich das erste Mal in einer gemeinsamen höchsten Spielklasse. Das hatte es zuvor noch nicht gegeben. Bis 1933 spielten die Vereine aus dem nördlichen Teil Nordbadens mit den Vereinen aus der Pfalz in einer gemeinsamen Spielklasse ( Bezirksliga Rhein bzw. Rhein-Saar ), während die Vereine aus Mittel- und Südbaden in der Bezirksliga Württemberg-Baden zuhause waren.
Übrigens habe ich nicht nur die Gauliga aufgearbeitet, sondern habe zusätzlich noch ein weiteres Kapitel über sämtliche badischen Auswahlspiele zwischen 1933 und 1945 erarbeitet. Das ist dann sozusagen das Sahnehäubchen.
In Ihrer Recherche haben Sie sich auch mit dem KFV befasst. Was sind Ihre Erinnerungen an die Recherche zu KFV-Spielern? Haben Sie ehemalige Spieler getroffen und was sagten andere Spieler/Zeitgenossen über den KFV?
Ich hatte die Gelegenheit, mit dem mittlerweile fast 99-jährigen Franz Ahl, der ja auch Ehrenmitglied Ihres Vereins ist, und seiner Gattin ein mehrstündiges Gespräch zu führen. Dieses war sehr informativ. So bekamen die Spieler – ganz offiziell – als Aufwandsentschädigung für jedes Heimspiel 15 Reichsmark, bei Auswärtsspielen war es die Hälfte. „Rekrutiert“ wurden die Spieler aber schon damals auch aus auswärtigen Vereinen. Es ist also eine Mär, zu glauben, daß in Karlsruher Vereinen nur Spieler aus Karlsruhe oder in Mannheimer Vereinen nur Spieler aus Mannheim am Ball waren. Dabei war die Vorderpfalz ein Quell, der den Vereinen wertvolles Spielermaterial zuführte. Denken wir nur an Franz Immig, Martin Esswein und August Bolz, die alle vom VfR Sondernheim zum KFV fanden. Immig, der bereits 1955 verstarb, machte 1939 zwei Länderspiele für Deutschland und August Bolz bestritt immerhin 8 Auswahlspiele für Baden. Martin Esswein war der Stammtorhüter in der Saison 1938/39, wo er alle 18 Spiele bestritt.
Eine illustre Person, die in der Saison 1933/34 beim KFV gespielt hat, war Fritz Müller, der „Müller´s Spitzer“ oder nur „Spitzer“, wie man ihn in Karlsruhe, ja in ganz (Fußball-)Baden nannte. Der Stürmer, der anschließend zum VfB Mühlburg wechselte, war sehr temperamentvoll und hatte sich oft nicht unter Kontrolle. Das führte dazu, daß man ihn einmal „auf Lebenszeit“ sperrte, worauf er seine Zelte in Karlsruhe abbrach und gen Osten abwanderte. Der Spieler mit den meisten Gauligaeinsätzen beim KFV war Eugen Wünsch, der zwischen 1933 und 1939 81 Spiele bestritt und anschließend ebenfalls zum VfB Mühlburg wechselte.
Mit anderen ehemaligen Gauligaspielern habe ich ebenfalls Gespräche geführt, etwa mit Ludwig Siffling, dem Cousin von Otto Siffling, oder Karl Ramge – beides Waldhöfer. Die Spiele gegen den KFV verliefen immer in fairer Weise, es gab keine Auseinandersetzungen auf oder außerhalb des Spielfeldes.
Sie bilden die Vereine quantitativ, in Form von Einsätzen und Spielen, ab. Gibt es Besonderheiten beim KFV hinsichtlich Ihrer Statistiken?
Zunächst muß betont werden, daß der KFV nicht durchgehend in der Gauliga vertreten war. In der Saison 1937/38 war man zweitklassig, das Gleiche war 1941/42 und 1942/43 der Fall. Bei den üblichen Zusammenstellungen, etwa den Rekordtorschützen oder den Spielern mit den meisten Einsätzen, sind Spieler des KFV deshalb nicht zu finden. Aber auch bei den „Negativstatistiken“ ist dies nicht der Fall, etwa bei den Platzverweisen oder den erzielten Eigentoren. Dennoch gab es eine Statistik, in der der Karlsruher FV das Feld anführt, und zwar bei den Nationalspielern. Immerhin waren es sechs Nationalspieler, die zwischen 1933 und 1944 das Trikot des KFV trugen: Bekir ( Nationalspieler der Türkei ), Damminger, Huber, Immig, Stadler ( Studenten-Nationalspieler ) und Willimowski ( Gastspieler ).
Wie war zu dieser Zeit das „Standing“ der beiden Karlsruher Vereine, Phönix und KFV?
Man kann sagen, dass sich beide Vereine in sportlicher Hinsicht gleichauf gegenüberstanden. Mal war der FC Phönix in der Abschlussplatzierung besser, dann wieder der KFV. Und eine interessante Parallele gab es auch bei den Zuschauern. Bis 1939 hatte der FC Phönix in seinen Heimspielen einen errechneten Zuschauerschnitt von 1610 Zuschauern pro Spiel, der KFV einen solchen von 1600. Das mag, verglichen mit heutigen Zahlen, wenig sein, doch erklärt sich dies dadurch, dass die Maßstäbe damals andere waren und die Stadionkapazität nicht mit der heutigen vergleichbar ist. Spiele mit 30000, 40000, 50000 oder mehr Zuschauern gab es in der badischen Gauliga nicht, wobei auch hier Unterschiede festzustellen sind. Trafen etwa der SV Waldhof und der VfR Mannheim aufeinander, dann gab es – in Friedenszeiten – zumeist zwischen 15000 und 20000 Zuschauer, die ins Stadion strömten, manchmal auch etwas mehr. Bei Spielen der Karlsruher Vereine gegeneinander waren es regelmäßig zwischen 4000 und 8000, niemals aber wurde eine fünfstellige Zuschauerzahl erreicht.
Wer war erfolgreicher, KFV oder Phoenix?
Zunächst muss man sagen, dass der KFV 8 Jahre in der Gauliga spielte, beim FC Phönix, der in der Saison 1943/44 als Kriegsspielgemeinschaft Phönix/Germania auftrat, waren es 10 Jahre. In 7 Spielzeiten waren beide Vereine gemeinsam in der Gauliga vertreten: 1933/34; 1934/35; 1935/36; 1938/39; 1939/40; 1940/41 und 1943/44, es gab also insgesamt 14 Punktspiele in der Gauliga gegeneinander. Dabei hat der FC Phönix knapp die Nase vorn, wie nachstehende Bilanz zeigt:
FC Phönix Karlsruhe 14 6 4 4 25:16 16 – 12
Karlsruher FV 14 4 6 6 16:25 12 – 16