Bundesligastar beim KFV und Trainerkarussell der 1960er Jahre
1967 wechselte der KSC-Bundesligaprofi Witlatschil zum KFV, der wohl den Abstieg des Traditionsvereins aus der Amateurliga verhinderte. Witlatschils KFV-Debüt gegen Mosbach (2:0) wollten 1.000 Zuschauer sehen. Da die Spiele des KFV gegen die Vertragsspielermannschaft des KSC meist relativ eindeutig ausgingen, etablierten sich die Spiele gegen die KSC Amateure zu einer Art kleinem Derby:
4. Februar 1968: 1. Amateurliga Nordbaden, 20. Spieltag, KFV – Karlsruher SC Amateure 3:0 (0:0)
KFV: Andert, Jung, Voigt, Meinzer, Witlatschil, Hegele, Wenz, Hoffmann, Machauer, Blau, Sattler
KSC: Jung, Obert, Heckmann, Leihenner, Beck, Kilgus, Kaltenbacher, Lörz, Ripp, Seifert, Leuchtmann
Tore: 1:0 Machauer (53.), 2:0 Meinzer (75.), 3:0 Sattler (87. Min)
Schiedsrichter: Siebert (Mannheim), KFV-Stadion, Zuschauer: 1200.
Zum 80. Vereinsjubiläum spielte der KFV zuhause gegen das Bundesligateam von Rot-Weiß Essen, welches der KFV mit 0:3 vor gut 3.000 Zuschauern verlor. In der Amateurliga Nordbaden blieben die Spiele gegen die KSC Amateure, SV Waldhof Mannheim, VfR Mannheim, SV Sandhausen und die beiden Pforzheimer Vereinen die meistbesuchten.
In den 1960er Jahren trainierten teils prominente Trainer den Altmeister: Fritz Ruchay (1909–2000) war u.a. 1938 badischer Gausportlehrer, Trainer bei SV Waldhof Mannheim 1940–1947, bei den Stuttgarter Kickers, beim Badischen Fußballverband als Verbandstrainer von 1950–1952, beim 1. FC Pforzheim, bei Union Böckingen und VfR Kaiserslautern von 1954–56. Als Spieler war er in Ostpreußen bei SpVgg ASCO Königsberg und dem SV Prussia-Samland Königsberg aktiv. 1935 wurde er deutscher Nationalspieler. 1959 übernahm er zusammen mit Simon Weber das Traineramt beim KFV.
Der Trainer des KFV von 1968 bis 1970 sowie in der Saison 1975/76 Josef „Jupp“ Schäfer, begann beim SV Kupppenheim als Spieler und gelang über den VfB Mühlburg nach dessen Fusion zum KSC, wo er 1952 bis 1955 spielte. 1955 bis 1957 stürmte er selbst nochmal einmal für den KFV. 1975 protestierte der KFV-Spielausschuss gegen seine Verpflichtung, da er den damaligen Trainer Hyll (1923–2009) nicht ziehen lassen wollte. Der Spielausschuss trat daraufhin zurück.
1964 übernahm schließlich Georg Seeburger (1919–2002) das Traineramt. Beim KFV blieb er zwei Jahre. 1967/68 kehrte er noch ein zweites Mal als Trainer zum KFV zurück. Für den KSC-Fusionsverein VfB Mühlburg bestritt er über 400 Pflichtspiele. Er wirkte maßgeblich an der Fusion zum KSC mit und war bis 1960 Trainer der KSC-Amateure.






Badischer Amateurmeister und der Fast-Aufstieg in die Zweitklassigkeit
Nach einer Mammutsaison gab es in der badischen Amateurklasse eine beispiellose Pattsituation: Gleich fünf Vereine standen punktgleich an der Tabellenspitze. Die Konsequenz war eine Entscheidungsrunde, die der KFV souverän mit Siegen gegen den FC Dossenheim, den 1. FC Pforzheim, SV Sandhausen und dem VfB Eppingen für sich entschied.
Viertes und letztes Entscheidungsspiel um die badische Amateurmeisterschaft:
11. 05. 1974: KFV – FC Dossenheim 3:0 (1:0)
KFV: Gubitz, Kammerer, Kilgus, Cuntz (20. Min., Voigt), Hägele, Durand, Zopf, Stephan, Jung, Kwolek (80. Min., Gaßmann), Sucietto
Tore: Kwolek (2), Jung (1)
Stadion Oberhausen, Zuschauer: 2000.
Trotz der Meisterschaft wurde der KFV – nicht zum ersten Mal – Opfer einer Reform des deutschen Ligasystems. Bis 1974 waren fünf Regionalligen als zweithöchste Spielklassen der Unterbau der 1. Bundesliga gewesen. Vorjahresmeister der Amateurliga Nordbaden, der VfR Mannheim, schaffte nach erfolgreicher Relegationsrunde den Sprung in die Regionalliga Süd. Durch eine Ligareform war dem KFV die Chance des Aufstiegs später erst gar nicht gegeben, denn die Regionalliga wurde im darauffolgenden Jahr abgeschafft und durch eine zweigleisige 2. Bundesliga ersetzt. Der KFV verblieb somit in der Amateurliga und konnte nicht zum Karlsruher SC aufschließen.







Für den KFV auf und neben dem Platz: Rolf Kahn
Rolf Kahn, Sohn eines Baltendeutschen aus dem lettischen Liepāja, besser bekannt als KSC-Bundesligaspieler der frühen 1960er Jahre sowie als Vater des ehemaligen DFB‑, KSC- und Bayern-Stars Oliver Kahn, übernahm 1978/79 das Traineramt bei den Schwarz-Roten an der Hertzstraße. Ob der 9‑jährige Oliver auch mal beim Training zugeschaut hat? Im Saisonfinale des Abstiegskampfs war Kahn sogar noch einmal als Spieler in der hart geführten Partie in Flehingen (1:1) am Ball. Durch den Punktgewinn gelangte der KFV an das rettende Ufer.

Trotz der Abstiegskämpfe resignierte der „karlsruherischste aller Karlsruher Vereine“ (Oberbürgermeister Dullenkopf) nicht. Nach vier Jahren in der Bezirksliga (1977/78 noch die fünfte Spielklasse, ab 1978/79 die sechste Spielklasse) gelang es dem KFV 1980/81 – pünktlich zum 90-jährigen Vereinsjubiläum – in die Landesliga aufzusteigen. Im Jahr zuvor scheiterte der KFV knapp am Aufstieg durch eine Niederlage gegen die SpVgg Oberhausen nach Verlängerung (1:2). Auch im Aufstiegsjahr musste gezittert werden, da der letzte Saisongegner des KFV – der SV Blankenloch – Einspruch gegen das Spiel am letzten Spieltag einlegte (4:1 für den KFV), aufgrund eines Regelverstoßes des Schiedsrichters. Der Einspruch wurde jedoch abgewiesen und das Vereinsjubiläum konnte in Ruhe begangen werden. Je nach aktueller Finanzlage gönnte sich der KFV fortan einen mehr oder weniger guten Spielerkader. Im Jahr 1980 gab der Verein insgesamt 157.000 DM aus.







90-jähriges Jubiläum und Gastspiele des VfB Stuttgart und der ägyptischen Fußballnationalmannschaft
Mit den Nachsaison-Jubiläumsspielen 1981 gegen die Bundesligamannschaften des VfB Stuttgart (0:12) und des KSC (2:12) tat sich der KFV keinen Gefallen. In der relativ langweiligen Partie gegen den KSC trug sich auch Joachim Löw dreimal in die Torschützenliste ein. In der sommerlichen Hitze ließ auch der Bundesligadritte, der VfB, vor 2.000 Zuschauern dem KFV keine Chance. 15.000 Mark zuzüglich Mehrwertsteuer, Lunchpakete für die Bundesligastars und Stehempfang gab der KFV für das Gastspiel der Schwaben aus. Abermals stand die Ausgabenpolitik des Initiators und inoffiziellen KFV-Chef Günter Rüssel („Wir müssen beweisen, den KFV gibt es noch“) in der Kritik. Von den Zuschauergeldern vereinnahmte der KFV nicht einmal die Hälfte.
In der Landesliga wurde der KFV prompt Vierter. Eines gutes Ergebnis, das ohne die Sturmschwäche des KFV leicht hätte besser sein können. Auch im kommenden Jahr schoss der KFV nur 49 Tore und verbesserte sich um einen Tabellenplatz. Eine echte Fußballrarität bescherte dem KFV die ägyptische Nationalelf, deren junge Mannschaft den KFV mit 4:1 bezwang. Der KFV-Trainer in der Saison 1984/85 war kein Unbekannter für die Karlsruher Fußballwelt: Hugo Rastetter. Dieser war bereits als Spieler des VfB Mühlburg (1935–1952) bzw. des KSC (1952–1955) aktiv und hatte daher eine Menge Erfahrung im Gepäck. Zudem hütete Rainer Paul, Sohn des KSC-Bundesligakeepers Manfred, das KFV-Tor.





Anekdote: Skandalspiel in Münzesheim
Die Ausgangssituation war klar: Der KFV als Zweiter der Bezirksliga, Staffel 6, trat am 27. Januar 1980 gegen den Tabellenelften, Münzesheim, an. Die Gastgeber aus Münzesheim gewannen mit 6:3 (2:1). Hintergrund: Der skurrile Schiedsrichter Winfried H. gab in diesem Spiel fünf (!) Elfmeter (3 für den Gastgeber, 2 für den KFV) und verhängte acht (!) Zeitstrafen, die es damals noch gab. Der Unparteiische auf dessen Porsche ein Aufkleber mit dem Text „Ein Spiel wird erst schön durch den Schiedsrichter“ angebracht war, hatte eine Vorgeschichte vorzuweisen: Aus dem Kreis Heidelberg wechselte er nach Karlsruhe. Von dort ins Rheinland und dann in den Kreis Pforzheim (Karlsruher Schiedsrichter Obmann Engelhardt: „Was war ich froh, als ich diese Flasche los hatte“). Die Auseinandersetzung um den Unparteiischen wurde daraufhin in der Lokalpresse weitergeführt.
Wie war das — damals in den 1980er Jahren?
2009 konnte die Redaktion der Webseite ein Interview mit den früheren Spieler Hans Gawliczek führen.
Wie sind Sie zum KFV gekommen und in welcher Begegnung trugen Sie zum ersten Mal das KFV-Trikot?
Ich kam auf Wunsch des damaligen Trainers Ludolf Hyll mit 29 Jahren vom 1.FC Pforzheim. Das 1. Spiel war in der Bezirksliga (Saison 80/81)
Welche Erlebnisse mit dem KFV haben sich besonders in Ihren Erinnerungen verankert?
Jeder „richtige“ Fußballer ist irgendwie abergläubisch, das war auch ich. Meine Macke beim KFV war, dass ich immer mit den gleichen Socken spielte, solange wir nicht verloren hatten. Und in der Meistersaison 80/81 war das eine Serie von ca. 22 Spielen. Die Strümpfe litten natürlich mit der Zeit darunter, und entstandene Löcher wurden zunächst immer von meiner Frau genäht. Irgendwann wurde es ihr zuviel, also fing ich an, sie mit Tape zuzukleben (die Löcher).
Die anderen Spieler hänselten mich zunächst deswegen immer und lachten sich kaputt. Doch nach einer gewissen Zeit ohne Niederlage änderte sich das ins Gegenteil. Vor jedem Spiel fragten sie mich, ob ich denn auch die „Sieger-Socken“ dabei hätte. Und mit jedem Sieg wuchs der (Aber-) Glaube beim gesamten Team sowie die Anzahl und Größe der Pflaster an meinen Strümpfen.
Ausgerechnet am alles entscheidenden letzten Spieltag in Spöck hatte ich sie vergessen!! Das Entsetzen bei allen war groß, und so wurde meine Frau noch vor dem Spiel schnell nach Hause geschickt, um sie zu holen. 1 Minute vor Spielbeginn traf sie ein, ich zog sie an und wir gewannen 4:1 und damit die Meisterschaft.
Als nach der Saison Ludolf Hyll in den wohlverdienten Trainer-Ruhestand verabschiedet wurde, schenkte ich ihm die ungewaschenen und mit Tape geklebten Socken als Bild hinter einer „geruchsdichten“ Glasscheibe. Es hing viele Jahre in seinem Keller mit anderen Andenken an seine Trainerzeit. Keine Ahnung, wo sie heute geblieben sind.
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Am Abend der Meisterschaft feierten wir ausgiebig und feucht-fröhlich im Clubheim des KFV. Irgendwann zu später Stunde kam einer von uns – ich glaube es war Mittelstürmer Bernd Höllig – auf die Idee, wir könnten doch unten auf dem Platz eine außergewöhnliche Ehrenrunde drehen. Wir trafen uns auf dem Spielfeld, entledigten uns aller Klamotten und liefen laut jubelnd — so wie Gott uns geschaffen hatte — eine Ehrenrunde. Leider (bzw. zum Glück) gibt es davon keine Bilder, aber jeder, der dabei war, wird sie ewig in Erinnerung behalten – so wie den KFV.
Welche Persönlichkeit beim KFV hat Sie am meisten geprägt/inspiriert?
Trainer Ludolf Hyll, Spielausschussvorsitzender Gerhart Lechner, Kapitän und Co-Trainer Arthur Böhm
Was machten Sie nach Ihrer Zeit beim KFV ?
1982 Lehrerstelle (Sport, Deutsch) an der BBS Neustadt, 3 Jahre Spieler beim FC 08 Hassloch, seit 1985 Volleyballtrainer und Spieler (Mixed, heute noch aktiv) beim TV Edenkoben; Tennis in verschiedenen Vereinen, aktuell: TC Hainfeld-Modenbachtal
Was hat Sie beim KFV am meisten beeindruckt?
Der Zusammenhalt des gesamten Teams: Mannschaft, Trainer, Betreuer. Vor allem Trainer Ludolf mit seiner menschlichen Art, aber auch seinem Fußballverstand und seinen Statistiken; hat mich selbst als (Volleyball-) Trainer stark geprägt.
Warum sind Sie dem KFV treu geblieben?
Ich habe heute noch im Schrank mein altes schwarz-rot gestreiftes KFV-Trikot.
Was würden Sie heute den KFV-Spielern mit auf den Weg geben?
Spaß am Spiel haben – Gewinnen ist nicht alles; immer fair bleiben; Verletzungen auskurieren !