7.Epoche |
1986–2004

Die zwei­te Hälf­te der 1980er Jahre

Nach einem ent­täu­schen­den 8. Platz konn­te sich der KFV 1985 trotz einer auf­wen­di­gen Vor­be­rei­tung nur leicht ver­bes­sern und lan­de­te auf dem sechs­ten Rang. Trai­ner Cor­ne­li­us Rastet­ter warf mit­ten in der Sai­son das Hand­tuch, sodass kurz­fris­tig Ersatz gefun­den wer­den muss­te. Im Kreis­po­kal muss­ten sich die Schwarz-Roten dage­gen erst im End­spiel dem FC Ger­ma­nia Fried­richs­tal (0:1) geschla­gen geben (umstrit­te­ner Elf­me­ter). Saf­tig wur­de es im BFV-Pokal. Gegen den frisch­ge­ba­cke­nen Meis­ter der Ober­li­ga Baden-Würt­tem­berg, SV Sand­hau­sen, ver­lor man mit 0:13! Einen Erklä­rungs­ver­such fin­det man in der Vor­gän­ger­chro­nik des KFV: „1. Zwei Klas­sen Unter­schied; 2. Unse­re Spie­ler fuh­ren direkt von der Arbeits­stel­le nach Sand­hau­sen; 3. In den letz­ten drei Wochen betrug das Trai­nings­pro­gramm maxi­mal zwei Ein­hei­ten, Sand­hau­sen stand 5 Mal wöchent­lich im Saft“. Schon Kon­fu­zi­us wuss­te: In allen Din­gen hängt der Erfolg von den Vor­be­rei­tun­gen ab! Auch ein Gast­spiel von Hota Bava­ria New York ver­lor der KFV mit 1:5.
Ein Jahr spä­ter ging der KFV aber­mals auf Ver­jün­gungs­kur: 20,6 Jah­re betrug das Durch­schnitts­al­ter der Mann­schaft ohne die drei ältes­ten Spie­ler. Sie­ben A‑Jugendspieler rück­ten nach. Ste­fan Stern­kopf, der Bru­der des ehe­ma­li­gen KSC- und FC-Bay­ern-Spie­lers Micha­el, kam eben­so aus der eige­nen Jugend hin­zu. Nur knapp und mit viel Pech ver­pass­te der KFV die Meis­ter­schaft. Nach 19 Spiel­ta­gen lag der KFV vor­ne. Dann kam das Spiel gegen Dur­lach-Aue. Alle ande­ren Spie­le des Spiel­ta­ges wur­den wegen Unbe­spiel­bar­keit abge­sagt. Auf dem mit hohem Schnee bedeck­ten Boden muss­te ein Glücks­schuss her, der den Dur­la­chern gelang. Die­ses Spiel war der Knack­punkt der Sai­son und die uner­fah­re­nen Karls­ru­her lie­ßen sich vom FV Wie­sen­tal in der End­pha­se der Sai­son über­ho­len. Dop­pelt ärger­lich: Bei den unte­ren als auch obe­ren Spiel­klas­sen durf­te auch der Zweit­plat­zier­te um den Auf­stieg spie­len. In der Lan­des­li­ga jedoch nicht! Der KFV blieb auch wei­ter in der Liga.

1. Mann­schaft. V.l.n.r.: Butz, Hof­mann, Vogel (Spiel­füh­rer), Al. Krö­ner, Stre­bel, Kre­mer, Klei­nert, Hirth, Bucher, Bell­won, Frei­tag, Schmitt, Frit­scher. Sai­son 1984/1985, Quel­le: KFV.
Die KFV-Mannschaft 1986/87: Obere Reihe, v.l.n.r.: Heß, Adam, Theis, Wallisch, Galetzka, Schöbel, Krumm, Licht; mittlere Reihe, v.l.n.r.: Hafner, Gimmel, Bronzel, Durmus, Sanz, Wintersinger, Saric, Freitag, Mangler, Ybach, Lemke; untere Reihe, v.l.n.r.: Kunzmann, Adler, Mohr, Abel, Bartosch, Paul, Theurer, Sternkopf, Strebel. Quelle: KFV-Archiv.
Die KFV-Mann­schaft 1986/87: Obe­re Rei­he, v.l.n.r.: Heß, Adam, Theis, Wal­lisch, Galetz­ka, Schö­bel, Krumm, Licht; mitt­le­re Rei­he, v.l.n.r.: Haf­ner, Gim­mel, Bron­zel, Dur­mus, Sanz, Win­ter­sin­ger, Saric, Frei­tag, Mang­ler, Ybach, Lem­ke; unte­re Rei­he, v.l.n.r.: Kunz­mann, Adler, Mohr, Abel, Bar­to­sch, Paul, Theu­rer, Stern­kopf, Stre­bel. Quel­le: KFV-Archiv.
1. Mannschaft 1987/88. V.l.n.r.: Herrmann, Schulze, Freitag, Gimmel, Diem, Wintersinger, Sanz, Bronzel, G. Lechner, Böhm, Licht, Wallisch, Schöbel, W. Lechner, Schumacher, Schilling, M. Lechner, Diener, Streb, Lembke, Adam, E. Busselmaier, De La Porte, Malsam, Mohr, Mangler, Rast, Schomberg, Bartosch, Sternkopf, Goletzka, Krumm. Quelle: KFV.
1. Mann­schaft 1987/88. V.l.n.r.: Herr­mann, Schul­ze, Frei­tag, Gim­mel, Diem, Win­ter­sin­ger, Sanz, Bron­zel, G. Lech­ner, Böhm, Licht, Wal­lisch, Schö­bel, W. Lech­ner, Schu­ma­cher, Schil­ling, M. Lech­ner, Die­ner, Streb, Lembke, Adam, E. Bus­sel­mai­er, De La Por­te, Mal­sam, Mohr, Mang­ler, Rast, Schom­berg, Bar­to­sch, Stern­kopf, Goletz­ka, Krumm. Quel­le: KFV.
Mannschaft, Saison 1988/89. V.l.n.r.: Böhm, Malsam, Schilling, Freitag, Hofmann, Gaiser, Gimmel, Bronzel, Mangler, Wintersinger, Adam, de la Porte, Schwarz, U. Mohr, Gertzs, Bartosch, Eggenreich, Galetzka, Krumm, Lembke. Quelle: KFV.
Mann­schaft, Sai­son 1988/89. V.l.n.r.: Böhm, Mal­sam, Schil­ling, Frei­tag, Hof­mann, Gai­ser, Gim­mel, Bron­zel, Mang­ler, Win­ter­sin­ger, Adam, de la Por­te, Schwarz, U. Mohr, Gertzs, Bar­to­sch, Eggen­reich, Galetz­ka, Krumm, Lembke. Quel­le: KFV.
Saison 1989/90, Quelle: KFV.
Sai­son 1989/90, Quel­le: KFV.
Ste­fan Stern­kopf (Num­mer 10) steigt hier im Spiel gegen SV Lan­gen­stein­bach in die Höhe. Ste­fan Stern­kopf ist der Bru­der des KSC- und FC-Bay­ern-Pro­fis Micha­el Stern­kopf und spiel­te nach sei­ner Zeit beim KFV (1985–1988) bei den KSC-Ama­teu­ren, ehe er zum FC Schaff­hau­sen wech­sel­te, wo er zusam­men mit dem spä­te­ren Bun­des­trai­ner Joa­chim Löw in der zwei­ten Liga der Schweiz spielte.

Im Som­mer 1989 ver­lie­ßen 25 Spie­ler der 1. und 2. Mann­schaft den Ver­ein, da sich der KFV kei­ne lukra­ti­ven Auf­lauf­gel­der mehr leis­ten konn­te. „Der KFV muss auf Spar­flam­me kochen“ hieß es dazu im Lokal­blatt BNN. Wie so oft hat­te der KFV sei­nen schon gut bezahl­ten Spie­lern noch ein­mal mehr Geld gebo­ten, konn­te es sich aber am Ende nicht leis­ten. Obwohl der KFV als Abstiegs­kan­di­dat gehan­delt wur­de, über­rasch­ten die Karls­ru­her als Vize­meis­ter. Trai­ner Rolf Mül­ler resü­mier­te dazu: „Nach einer bei­spiel­lo­sen Gesund­schrump­fung haben die Spie­ler an der Hertz­stra­ße die Ärmel hoch­ge­krem­pelt, trai­niert und dis­zi­pli­niert auch teil­wei­se begeis­tern­den Fuß­ball gespielt. […] Ich wür­de mir wün­schen, dass jedes kri­ti­sche Wort mit einem Spen­den­bei­trag für den KFV unter­legt wer­den wür­de, dann wäre die Kri­tik erträg­li­cher und der Ver­ein könn­te viel­leicht Abhil­fe schaf­fen“. Die Idee wur­de lei­der nie in die Tat umge­setzt und nicht nur des­we­gen ging es für den KFV wei­ter finan­zi­ell bergab.

Für den KFV spiel­ten im Stadt­der­by:

23. Mai 1989: KFV – Karls­ru­her Sport-Club 3:2 (1:1)
KFV: Paul, Mang­ler (König), Gim­mel, Schwarz, Trei­er (Dick­el­mann), Matena, Bau­er, Grimm, Bron­zel, Gai­ser, Mal­sam
1:0 Mal­sam (13.), 1:1 Schüt­ter­le (22.), 2:1 Gai­ser (47.), 3:1 Mal­sam (56.), 3:2 Schüt­ter­le (74.)
Zuschau­er: 400, KFV-Sta­di­on an der Telegrafenkaserne.

Peinlich! Im Mai 1989 verliert die Profimannschaft des KSC gegen den KFV. Der bisher letzte Sieg der Schwarz-Roten im Stadtderby. Die Bundesligamannschaft von Trainer Winfried Schäfer kam nicht mit der Kontertaktik zurecht. Vielleicht vereitelte das Spiel sogar die Verpflichtung des Rumänen Sorin Răducanu von Dinamo Bukarest, der als Gastspieler beim KSC weilte, sich beweisen musste und gegen den KFV ziemlich blass blieb. Quelle: KFV-Archiv.
Pein­lich! Im Mai 1989 ver­liert die Pro­fi­mann­schaft des KSC gegen den KFV. Der bis­her letz­te Sieg der Schwarz-Roten im Stadt­der­by. Die Bun­des­li­ga­mann­schaft von Trai­ner Win­fried Schä­fer kam nicht mit der Kon­ter­tak­tik zurecht. Viel­leicht ver­ei­tel­te das Spiel sogar die Ver­pflich­tung des Rumä­nen Sorin Rădu­ca­nu von Dina­mo Buka­rest, der als Gast­spie­ler beim KSC weil­te, sich bewei­sen muss­te und gegen den KFV ziem­lich blass blieb. Quel­le: KFV-Archiv.

Anek­do­te: Kurio­ser Gast beim Jubi­lä­ums­spiel gegen Dina­mo Zagreb

Zum Jubi­lä­ums­jahr 1990/91 schaff­te der KFV end­lich den lan­ge ersehn­ten Auf­stieg in die Ver­bands­li­ga. Mit einem 2:0 gegen die von Karl-Heinz Kwo­lek trai­nier­te GU Pforz­heim sicher­ten sich die Schwarz-Roten am 30. Spiel­tag die Meis­ter­schaft. Zum ers­ten Mal seit 1976/77 (damals in der 2. Ama­teur­li­ga Mit­tel­ba­den) war der KFV damit wie­der viert­klas­sig.
Am 1. Mai 1991 gas­tier­te Dina­mo Zagreb beim KFV. Vor rund 2000 Zuschau­ern gewan­nen die Kroa­ten mit 5:1. Natio­nal­spie­ler Mla­den Mla­de­no­vić, der auch bei der EM 1996 für Kroa­ti­en auf­lau­fen soll­te, brach­te Zagreb zwei­mal in Füh­rung, ehe Cupac und zwei­mal Laya alles klar mach­ten. Kurio­ser Gast an die­sem Tag im Tele­gra­phen­sta­di­on: Bun­des­li­ga­spie­ler Vla­di­mir „Vla­do“ Kasa­lo vom 1. FC Nürn­berg, der nach Eigen­to­ren in den Spie­len gegen den VfB Stutt­gart sowie den Karls­ru­her SC eini­ge Zeit spä­ter wegen Wett­be­trugs fest­ge­nom­men wur­de. Er kam ver­mut­lich, um sei­nen ehe­ma­li­gen Kol­le­gen von Dina­mo Zagreb „Hal­lo“ zu sagen…

Zagrebs Tor­schüt­ze Cupac gegen Grimm vom KFV. Quel­le: KFV-Archiv.
Ein­tritts­kar­te zum Fest­ban­kett “100 Jah­re KFV”, rechts: Tisch­kar­te, Quel­le: KFV-Archiv 
Mann­schaft, Sai­son 1990/1991, Quel­le: KFV. 
Die 1. Mannschaft 1992: Obere Reihe v.l.n.r.: Grimm, Anton, Hauri, Leukert, Bronzerl, Arnold, Bauer, Stober. Mittlere Reihe, v.l.n.r.: 1. Vorsitzender Weingärtner, Trainer Müller, Schuth, Gimmel, Gaiser, Kempermann, Soja, 3. Vorsitzender Pöhlmann, Spielausschussvorsitzender Hess. Vordere Reihe v.l.n.r.: Fielitz, Böhrer, Mangler, Kaschewski, Österle, Mohr, Malsam und Dybek. Quelle: KFV-Archiv.
Die 1. Mann­schaft 1992: Obe­re Rei­he v.l.n.r.: Grimm, Anton, Hau­ri, Leu­kert, Bron­zerl, Arnold, Bau­er, Sto­ber. Mitt­le­re Rei­he, v.l.n.r.: 1. Vor­sit­zen­der Wein­gärt­ner, Trai­ner Mül­ler, Schuth, Gim­mel, Gai­ser, Kem­per­mann, Soja, 3. Vor­sit­zen­der Pöhl­mann, Spiel­aus­schuss­vor­sit­zen­der Hess. Vor­de­re Rei­he v.l.n.r.: Fie­litz, Böh­rer, Mang­ler, Kaschew­ski, Öster­le, Mohr, Mal­sam und Dybek. Quel­le: KFV-Archiv.
Die 1. Mann­schaft 1994. Quel­le: KFV-Archiv.
Nach einem guten sechs­ten Platz in der Ver­bands­li­ga muss­te der KFV nach dem Jubi­lä­um wie­der abstei­gen. Der Abstieg bedeu­te­te nur den Auf­takt einer wah­ren Fahr­stuhl­fahrt in den 1990er Jahren.
1994 über­nahm Ex-Bun­des­li­ga­pro­fi Rudi Wim­mer, der von 1969 bis 1983 für den KSC spiel­te, das Trai­ner­amt beim KFV. Der am 20.Januar 1944 im mäh­ri­schen Ostrau gebo­re­ne Tor­hü­ter kam vom dama­li­gen Bun­des­li­ga­ab­stei­ger Kickers Offen­bach nach Karls­ru­he und blieb bis zu sei­nem Kar­rie­re­en­de die unum­strit­te­ne Nr.1 im Tor der Bade­ner. Wim­mer bestritt von sei­nen ins­ge­samt 449 Pflicht­spiel­ein­sät­zen 151 in der 1. Bun­des­li­ga. Ein hoher Erfah­rungs­schatz, von dem auch der KFV pro­fi­tier­te. Es folg­ten sofor­ti­ger Wie­der­auf­stieg und sofor­ti­ger Wie­der­ab­stieg zur Sai­son 1994/95. In die­sen Jah­ren ver­folg­ten rund 180 Zuschau­er regel­mä­ßig die Spie­le des KFV an der Hertzstraße.
 

Eine 1990er KFV-Jugend — Im Gespräch mit zwei ehe­ma­li­gen Jugendspielern

Arnold Dybek und Vik­tor Göh­ring spiel­ten in ihren Jugend­jah­ren in den 1990ern beim KFV. Dybek brach­te es zu Schal­ke 04 und For­tu­na Düs­sel­dorf, wäh­rend, Göh­ring Kapi­tän von SV Wald­hof Mann­heim wur­de und in der mol­da­wi­schen Fuß­ball­na­tio­nal­mann­schaft spielte.

Mit bei­den führ­ten wir Kurz­in­ter­views (2009):

Herr Dybek, wie sind Sie zum KFV gekom­men und in wel­cher Begeg­nung tru­gen Sie zum ers­ten Mal das KFV-Trikot?

Ich bin mit vie­len wei­te­ren jun­gen Spie­lern von der KSC Jugend zum KFV gewech­selt. Aus­schlag­ge­bend war vor allem der lei­der schon ver­stor­be­ne Jugend­trai­ner Wer­ner Tietze.

Wel­che Erleb­nis­se mit dem KFV haben sich beson­ders in Ihren Erin­ne­run­gen ver­an­kert?
Die letz­ten zwei Jugend­jah­re beim KFV waren aus­schlag­ge­bend für mei­ne wei­te­re Ent­wick­lung. Wir konn­ten tol­le Erfol­ge fei­ern und waren damals eine super Mannschaft.

Wel­che Per­sön­lich­keit beim KFV hat Sie am meis­ten geprägt?
In mei­ner Zeit war Wer­ner Tiet­ze ein tol­ler Trai­ner, der mich geprägt hat.

Was mach­ten Sie nach Ihrer Zeit beim KFV ?
Mit 16 Jah­ren begann ich eine Aus­bil­dung bei der Baden­werk AG (EnBW). Nach mei­ner Berufs­aus­bil­dung leis­te­te ich mei­nen Zivil­dienst beim ASB. Mit 21- 28 Jah­ren Berufs­fuß­ball­spie­ler (Sie­he oben!). Danach Lehr­amts­stu­di­um. Seit 6 Jah­ren unter­rich­te ich nicht weit weg der ehe­ma­li­gen Hei­mat des KFV in der Nord­west­stadt an der Wer­ner von Sie­mens Schu­le, Sport Tech­nik und Wirtschaftslehre.

Was hat Sie beim KFV am meis­ten beein­druckt?
Die Tra­di­ti­on des KFV und der Zusam­men­hal­tung in der dama­li­gen A‑Jugend sowie die damals noch rela­tiv hoch spie­len­de 1. Mann­schaft des KFV (Ver­bands­li­ga)

Herr Göh­ring, wie sind Sie zum KFV gekom­men und in wel­cher Begeg­nung tru­gen Sie zum ers­ten Mal das KFV-Trikot?

Nach­dem ich in der B‑Jugend beim KSC nicht regel­mä­ßig zum Ein­satz kam, wech­sel­te ich zum KFV , weil es in der nähe­ren Umge­bung die bes­te Alter­na­ti­ve dar­stell­te. An das ers­te Spiel kann ich mich nicht mehr erinnern.

Wel­che Erleb­nis­se mit dem KFV haben sich beson­ders in Ihren Erin­ne­run­gen ver­an­kert?
Kei­ne Spe­zi­el­le aber ich habe sehr gute Erin­ne­run­gen an die Zeit. Vie­le gute Spie­le gegen den KSC oder Wald­hof oder die ver­al­te­ten Kabi­nen, der Hart­platz und das Sta­di­on, was es ja lei­der nicht mehr gibt. Aus der Zeit sind mir mit Sig­gi Stühn und Ana­tol Sat­tel noch 2 super Kum­pels geblieben.

Wel­che Per­sön­lich­keit beim KFV hat Sie am meis­ten geprägt?
Mit Sicher­heit Mis­ter KFV Wer­ner Titze. Nach sei­nem Tod ging es lei­der mit dem Ver­ein bergab.

War­um ist der KFV nicht irgend­ein Fuß­ball­ver­ein?
Natür­lich die Tra­di­ti­on und der Meis­ter­ti­tel. Frü­her hät­te ich noch das Sta­di­on gesagt. Lei­der gibt es die Spiel­stät­te nicht mehr was dem Ver­ein mit Sicher­heit ein gutes Stück Iden­ti­tät nahm.

Als Kapi­tän die Mann­schaft des tra­di­ti­ons­rei­chen SV Wald­hof Mann­heim auf den Platz füh­ren – war das der größ­te Moment in Ihrer Spiel­erlauf­bahn?
Kapi­tän wur­de ich nach dem Zwangs­ab­stieg in die Ober­li­ga 2003/04. Im Jahr zuvor spiel­ten wir noch in der 2. Bun­des­li­ga und ich kam ins­ge­samt auf 8 Ein­sät­ze. Der größ­te Moment war mein ers­ter Zweit­li­ga­ein­satz im Novem­ber 2002 auf dem alten Aache­ner Tivo­li vor über 12.000 Zuschau­ern. Das Spiel gewan­nen wir mit 2:1.

Was sind Ihre Erin­ne­run­gen als Natio­nal­spie­ler von Mol­da­wi­en ?
Ich bin in Mol­da­wi­en gebo­ren.  Der Trai­ner zur dama­li­gen Zeit war Vik­tor Pasul­ko, mein ehe­ma­li­ger Trai­ner beim ASV Dur­lach. Wir spiel­ten in Rei­chen­bach gegen den KSC und ver­lo­ren das Spiel durch einen zwei­fel­haf­ten Elf­me­ter kurz vor Ende mit 2:1. 

Wem drü­cken Sie die Dau­men wenn die DFB-Elf gegen die Aus­wahl aus Mol­da­wi­en oder Kasach­stan spielt?
Natür­lich der Deut­schen. Ich kam im Alter von 2 Jah­ren nach Deutsch­land so dass der Bezug nach Russ­land bzw. Kasach­stan eher gering ist.

Mit Ihrem Bru­der Vik­tor, mit dem Sie eben­so zusam­men beim KFV und dem SV Wald­hof spiel­ten, gibt es gleich zwei „Göh­rings“ die es bis zur 2. Bun­des­li­ga geschafft haben, wie kam es zu der fami­liä­ren Begeis­te­rung zum Fuß­ball?
Der Ball war halt immer im Mit­tel­punkt, ande­re Hob­bys hat­ten wir nicht. Ein gewis­ses Talent war da und so wech­sel­ten wir schon früh in der Jugend zum KSC und alles nahm sei­nen Lauf. 

Ende der Interviews

Verbandsliga 1994/95 mit Paglialonga, Zirafi, Unal, Sandrock, Seozios, Trainer Wimmer, untere Reihe, v.l.n.r.: Accursio, Radanovic, Zwick und Eichler. Quelle: KFV.
Ver­bands­li­ga 1994/95 mit Pagli­al­on­ga, Zira­fi, Unal, Sand­rock, Seo­zi­os, Trai­ner Wim­mer, unte­re Rei­he, v.l.n.r.: Accur­sio, Rad­a­no­vic, Zwick und Eich­ler. Quel­le: KFV.
KFV in der Sai­son 1996/97. Hin­te­re Rei­he v. links: Trai­ner Tho­mas Gim­mel, Uwe Rosen­gardt, Gian­ni Pagli­al­on­ga, Hei­ko Reddmann, Mario Grimm, Tho­mas Zwick, Achim Bür­ger, Damir Zubak. Vor­ne: Pao­lo Duar­te, Chris­ti­an Ben­der, Frank Schwarz, Kai Fie­litz, Ralf Öster­le, Mat­thi­as Pehl, Gue­ri­no Manes. Quel­le: KFV. 
KFV in der Sai­son 1997/98. Hin­ter Rei­he v. links: Tho­mas Gim­mel, Uwe Rosen­gardt, Tomis­lav Zel­j­ko, Mar­cus Ling­nau, Marc Schön , Ste­fan Kie­sel. Mit­te: Trai­ner Wolf­gang Ade, Mir­zet Jus­ufo­vic, Ste­phan Schlicht­ing, Frank Schwarz, Rober­to Accur­sio, Andre­as Grams, Spiel­aus­schuss­vor­sit­zen­der Klaus Adam, 1.Vorstand Sieg­fried Schnei­der, Spiel­aus­schuss Man­fred Jer­szma­nov­ski. Vor­ne: Sieg­fried Stühn, Romeo Susac, Kai Fie­litz, Anto­nio Per­chio, Ralf Öster­le, Gian­ni Pagli­al­on­ga, Pao­lo Duar­te, Gue­ri­no Manes. Quel­le: KFV. 

In den fol­gen­den drei Jah­ren spiel­te der KFV in der Lan­des­li­ga bis nach einer schlech­ten Sai­son­leis­tung das Abstiegs-Rele­ga­ti­ons­spiel zur Bezirks­li­ga ver­lo­ren wur­de (1999/2000) und der Alt­meis­ter den Weg in die Bezirks­li­ga anzu­tre­ten hat­te. Dem Abstieg folg­te die bis­her letz­te sport­li­che Meis­ter­schaft des KFV und damit der Wie­der­auf­stieg in die Lan­des­li­ga, dem der erneu­te Abstieg in die Bezirks­li­ga folg­te. Par­al­lel zum sport­li­chen Nie­der­gang wur­de nun auch die finan­zi­el­le Lage immer pre­kä­rer. Durch eine Umschul­dung wur­den dem Ver­ein von einer sei­ner Ban­ken teil­wei­se Schul­den erlas­sen, doch im Jah­re 1999 mach­te der KFV schon einen Ver­lust von 33.000 DM. Das Bene­fiz­spiel zwi­schen dem KSC und dem VfB Stutt­gart (1:2) auf dem Platz des KFV zuguns­ten der Schwarz-Roten zog immer­hin 3.000 Zuschau­er an.

Der KSC-Profi als KFV-Trainer Mitte der 1990er Jahre. Quelle: BNN
Der KSC-Pro­fi als KFV-Trai­ner Mit­te der 1990er Jah­re. Quel­le: BNN
Flug­kampf mit Wein­gar­ten, Dezem­ber 1996. Quel­le: KFV-Archiv. 
Die Macher im Spiel­be­trieb: Klaus Adam (links) und Wolf­gang Ade (rechts). Quel­le: KFV-Archiv.
KFV-Spieler Jusofovic setzt sich hier gegen die Abwehr der SpVgg Oberhausen durch, August 1997. Quelle: KFV.
KFV-Spie­ler Juso­fo­vic setzt sich hier gegen die Abwehr der SpVgg Ober­hau­sen durch, August 1997. Quel­le: KFV.
“Bezirks­li­ga — Wir haben fer­tig” lau­te­te der Slo­gan der KFV-Mann­schaft, Quel­le: KFV.
Die ers­te Elf des KFV in der Sai­son 1998/99. Quel­le: KFV. 

Nach einer pas­sa­blen Sai­son, zog der KFV in der Sai­son 2001/2002 sei­ne Reser­ve­mann­schaft zurück. Ein Tief­punkt. KFV-Trai­ner Ried­le leg­te „man­gels Per­spek­ti­ven“ sein Trai­ner­amt nie­der. Der KFV war inzwi­schen nicht gera­de das Lieb­lings­kind des Fuß­ball­ver­ban­des. Sogar Schieds­rich­ter waren ange­ekelt vom Zustand der Umklei­de­ka­bi­nen und schwo­ren nie­mals wie­der ein KFV-Spiel pfei­fen zu wol­len. 2001 war der Schul­den­stand des KFV inzwi­schen auf mehr als eine hal­be Mil­lio­nen Mark ange­wach­sen. Die Stadt­wer­ke stell­ten kurz­zei­tig gar den Strom ab. Der KFV konn­te sich nicht dazu durch­rin­gen, die sport­li­chen Ambi­tio­nen zurück­zu­schrau­ben. 2001 besaß fast die Hälf­te des Kaders wei­ter­hin einen Ver­trags­ama­teur-Sta­tus, was bedeu­te­te, dass der Klub jedem die­ser Spie­ler min­des­tens 200 Mark im Monat zah­len muss­te. 2002 mel­de­te der KFV aus Per­so­nal­man­gel sei­ne Jugend­teams ab, sowie ein wenig spä­ter sei­ne ers­te Mann­schaft (nach einem 0:8 gegen FSSV Karls­ru­he). Der Rück­zug war nicht effek­tiv und brach­te nicht den erhoff­ten Neu­auf­schwung, denn auch in der dar­auf anschlie­ßen­den Sai­son hat­te der KFV nach acht Spie­len nur einen Zäh­ler auf dem Punk­te­kon­to. 2001 über­nahm Gun­ter Diet­rich das Trai­ning beim KFV, der vor der Wen­de beim DDR-Dritt­li­gis­ten Stahl Frei­tal als Spie­ler und Trai­ner sei­ne Spo­ren ver­dien­te. In der dar­auf­fol­gen­den Sai­son stieg der KFV in der Kreis­li­ga A ab. Die Sai­son 2003/04 soll­te die letz­te Sai­son vor dem zwi­schen­zeit­li­chen Aus sein. Das Spiel­jahr 2004/05 lief für den KFV zwar noch an, aber schon im Herbst wur­de der Spiel­be­trieb ein­ge­stellt, da man die Abga­ben an den Fuß­ball­ver­band nicht mehr bezah­len konnte.

Par­al­lel zur wirt­schaft­li­chen Mise­re erfolg­te der sport­li­che Abstieg
Bene­fiz­spiel des KSC im KFV-Sta­di­on 1999
Sport-Mix-Artikel vom 15.10.2004. Quelle: KFV-Archiv
Sport-Mix-Arti­kel vom 15.10.2004. Quel­le: KFV-Archiv

Ver­lust der sport­li­chen Heimat

2004 begann nicht ganz über­ra­schend das wohl dun­kels­te Kapi­tel der Ver­eins­ge­schich­te. Der KFV konn­te sei­ne Schul­den beim Fuß­ball­ver­band nicht mehr beglei­chen. Es folg­ten der Aus­schluss aus dem Spiel­be­trieb und der Abriss der sport­li­chen Hei­mat. Ein Ein­schnitt, von dem sich der Ver­ein bis heu­te erho­len muss.

Doch der Rei­he nach: Am 14. Juli 2004 wur­de ein Insol­venz­ver­wal­ter für den KFV bestellt. Im Herbst 2004 war der KFV nicht mehr in der Lage, die Ver­bands­ab­ga­ben zu bezah­len und wur­de dar­auf­hin vom Badi­schen Fuß­ball­ver­band vom Spiel­be­trieb aus­ge­schlos­sen. Der Ver­ein hat­te 280.000 Euro Schul­den angehäuft!

Durch die Zah­lungs­un­fä­hig­keit mach­te die Stadt von Ihrem Erb­pacht­recht Gebrauch, womit die Sport­an­la­ge zurück an die Stadt Karls­ru­he fiel. Mit die­sem Schritt konn­te ein Deal über die Büh­ne gehen, der schon gerau­mer Zeit vor­aus­ge­plant wur­de. Eini­ge Mona­te zuvor ver­schob die Stadt Karls­ru­he die Aus­zah­lung der Sport­för­de­rung an den KFV vom Febru­ar in den Mai des Jah­res, was die Liqui­di­täts­kri­se des KFV ver­schärft hatte.

Der Deal: „Es besteht die Mög­lich­keit, einen Teil des Filet­grund­stücks zu ver­mark­ten, die Beton­burg von Club­haus wäre weg“
Die Stadt Karls­ru­he plan­te durch ihren Sport­bür­ger­meis­ter Harald Denecken bereits im April 2004 (der KFV nahm zu die­sem Zeit­punkt noch am Spiel­be­trieb teil) die Ver­wer­tung des KFV-Gelän­des (bereits 2001 bezeich­ne­te Denecken das KFV-Gelän­de als „Schand­fleck“). Kon­kret mach­te die Stadt mit dem Mie­ter- und Bau­ver­ein Karls­ru­he fol­gen­den Deal: Die Stadt ver­kauf­te das vom KFV frei gewor­de­ne Are­al für 910.00 EUR und über­nahm dafür ca. 3000 m² Roh­bau­land im Stadt­teil Dax­lan­den für ca. 135.000 EUR. Aus dem damit ver­blei­ben­den Erlös von 775.000 EUR ließ die Stadt das KFV-Ver­eins­heim abrei­ßen (103.000 EUR) sowie den alten Platz umge­stal­ten (335.000 EUR). Die Platz­an­la­ge des Nach­bar­ver­eins wur­de (100.000 EUR) erwei­tert und umge­stal­tet. Zwi­schen­zeit­lich wur­de sei­tens der Stadt auch die Fusi­on des KFV mit dem Nach­bar­ver­ein ange­dacht, die aber aus unter­schied­li­chen Grün­den nicht zustan­de kam. Es blieb etwas mehr als 100.000 EUR Gewinn aus dem Geschäft für die Stadt. Ursprüng­lich sah man auch für den KFV eine „Umge­stal­tung der Sport­an­la­ge“ vor. Letzt­lich wur­de aber das gesam­te Are­al einem Nach­bar­ver­ein zuge­schla­gen. Am 5. April 2005 wur­de das Insol­venz­ver­fah­ren gegen den KFV man­gels Mas­se abgewiesen.

Die Stadt Karls­ru­he mach­te ein “gutes Geschäft” mit der Ver­äu­ße­rung eines Teils des KFV-Are­als. Quel­le: KFV.

KFV-Not­vor­stand über­schrei­tet sei­nen Wir­kungs­kreis
Der KFV wur­de durch den ein­ge­setz­ten Not­vor­stand, einem inzwi­schen ver­stor­be­nen Rechts­an­walt, ver­tre­ten. Aus­weis­lich des Beschlus­ses zur Bestel­lung des Not­vor­stan­des wur­de bezüg­lich sei­nes „Wir­kungs­krei­ses“ fol­gen­des fest­ge­legt: „Eine Beschrän­kung der Ver­tre­tungs­macht des Vor­stan­des wird nicht aus­ge­spro­chen. Der Not­vor­stand hat jedoch in ers­ter Linie die Auf­ga­be, die nächs­te Mit­glie­der­ver­samm­lung zur Neu­wahl des Vor­stan­des ein­zu­be­ru­fen.“ Die „unein­ge­schränk­te Bevoll­mäch­ti­gung“ wird letzt­lich durch die expli­zi­te Beto­nung der Pflicht zur Ein­be­ru­fung einer Mit­glie­der­ver­samm­lung und Neu­wahl des Vor­stan­des prä­zi­siert. Der ein­ge­setz­te Rechts­an­walt hat sei­ne Ver­pflich­tung nicht erfüllt, die dar­in bestand, eine Mit­glie­der­ver­samm­lung zur Neu­wahl eines Vor­stan­des ein­zu­be­ru­fen. Zum ande­ren hat er eigen­mäch­tig, ohne die Mit­glie­der zu befra­gen oder zu infor­mie­ren, die Sport­an­la­ge des Ver­eins zur Dis­po­si­ti­on gestellt und damit sei­ne Bevoll­mäch­ti­gung überschritten.

Ver­flech­tun­gen zwi­schen der Stadt Karls­ru­he und dem Mie­ter- und Bau­ver­ein
Pikan­ter­wei­se war der dama­li­ge Lei­ter des Dezer­na­tes VI – Sport, Sozia­les, Aus­län­der­fra­gen und Woh­nungs­an­ge­le­gen­hei­ten – zu jener Zeit auch Mit­glied des Vor­stan­des des Mie­ter- und Bau­ver­eins Karls­ru­he eG (MBV). Der MBV konn­te Kennt­nis vom mög­li­chen Frei­wer­den des KFV-Sport­ge­län­des neh­men und erwarb dann tat­säch­lich spä­ter als Inves­tor eines Alten­pfle­ge­heims einen Teil des ehe­ma­li­gen KFV-Geländes.

2006: Pünkt­lich zur Fuß­ball-Welt­meis­ter­schaft im eige­nen Land wur­de eine der geschichts­träch­tigs­ten Stät­ten von Karls­ru­he abge­ris­sen, Quel­le: KFV.
Spatenstich mit Geschäftsführer des Mieter- und Bauvereins Gerhard Damian, Bürgermeister Harald Denecken und Harald Nier, Vorstand des Landesverbandes der Inneren Mission u.a. Quelle: Die Nordweststadt.
Spa­ten­stich mit Geschäfts­füh­rer des Mie­ter- und Bau­ver­eins Ger­hard Dami­an, Bür­ger­meis­ter Harald Denecken und Harald Nier, Vor­stand des Lan­des­ver­ban­des der Inne­ren Mis­si­on u.a. Quel­le: Die Nordweststadt.

Gemein­de­rats­sit­zun­gen — Ent­schei­dun­gen unter fal­schen Prä­mis­sen
Inzwi­schen wur­de spä­tes­tens durch Gemein­de­rats­sit­zun­gen im Jah­re 2006 publik, dass der Mie­ter- und Bau­ver­ein als Bau­herr ein Senio­ren­heim mit rund 100 Pfle­ge­plät­zen auf dem süd­li­chen Teil des Gelän­des des ehe­ma­li­gen KFV-Sta­di­ons bau­en möch­te. Das soge­nann­te „Pro­jekt Senio­ren­pfle­ge­heim Karls­ru­her Weg 17“. Bei den betref­fen­den Abstim­mun­gen im Karls­ru­her Gemein­de­rat zu Beschluss­sa­chen, die den Bau des Alten­heims betref­fen, wur­de nun stets – fälsch­li­cher­wei­se – dar­auf ver­wie­sen, dass der KFV als Ver­ein nicht mehr exis­tie­re. „So schwer es auch fällt, […]. Ich weiß, dass vie­len im Haus die­se Zustim­mung schwer­fällt. […] Wenn ich mich recht erin­ne­re, war er 1909 Deut­scher Meis­ter. Da geht schon ein Stück Tra­di­ti­on ver­lo­ren“ resü­mier­te Ober­bür­ger­meis­ter Fen­rich im Karls­ru­her Gemein­de­rat (der sich hier auch noch im Meis­ter­schafts­jahr des KFV irr­te). Auch in ihm hat­te der KFV nicht gera­de einen Sym­pa­thi­san­ten auf sei­ner Sei­te: Mit Gün­ther Rüs­sel, der über Jahr­zehn­te die Füh­rungs­per­son im KFV war, stand er jah­re­lang in par­tei­in­ter­nen Strei­tig­kei­ten. In einer Sit­zung des Karls­ru­her Gemein­de­rats ging es am 24. Janu­ar 2006 um den „Vorhabenbezogene[n] Bebau­ungs­plan “Karls­ru­her Weg 17”, Karls­ru­he-Nord­west­stadt“, also dem Bau des oben erwähn­ten Alten­heims auf einem Teil der alten KFV-Sport­an­la­ge. Der Teil der Sport­an­la­ge, auf dem das Alten­heim gebaut wer­den soll­te, wur­de wie oben schon erwähnt, von der Stadt Karls­ru­he an den Mie­ter- und Bau­ver­ein für knapp eine Mil­lio­nen EUR ver­kauft. In einer Beschluss­vor­la­ge (TOP 6) die­ser Sit­zung heißt es: „Der öffent­li­chen Aus­le­gung des Pro­jekts wur­de in der Sit­zung ein­stim­mig zuge­stimmt“. Am 9.Mai 2006 beschäf­tig­te man sich letzt­mals im Gemein­de­rat mit der „Flä­che, die der tra­di­ti­ons­rei­che Karls­ru­her Fuß­ball­ver­ein (KFV) bedau­er­li­cher­wei­se nicht mehr benötigt“. 

Der Abriss des Gelän­des
Nach­dem sich die Stadt durch den Pla­nungs­aus­schuss in einer nicht öffent­li­chen Sit­zung am 5. Mai 2004 und einer wei­te­ren am 8. Juli 2004, als auch im Ple­num des Gemein­de­rats (24.01.2006) mit dem Bebau­ungs­plan­ent­wurf befass­te und am 24. Janu­ar 2006 die Aus­le­gung des Bebau­ungs­plan­ent­wurfs beschlos­sen hat­te, wur­de einer ent­spre­chen­den Ände­rung des Bebau­ungs­plans für das Pro­jekt Karls­ru­her Weg 17 end­gül­tig am 9. Mai 2006 zuge­stimmt. Das KFV-Sta­di­on als bau­li­che Sub­stanz war nun ver­lo­ren. Mit ihm der süd­li­che Teil des alten KFV-Gelän­des auf dem das Alten­heim erbaut wur­de.

Juni 2006 – eine para­do­xe Situa­ti­on: Schwarz-rot-gol­de­ne Blu­men­ket­ten im gan­zen Land, die deut­sche Natio­nal­mann­schaft löst bereits in der Vor­run­de wäh­rend der Welt­meis­ter­schaft im eige­nen Land eine bun­des­wei­te Par­ty aus. Zur glei­chen Zeit wird in Karls­ru­he damit begon­nen, das ältes­te Fuß­ball­sta­di­on des Lan­des, das Sta­di­on in dem die deut­sche Natio­nal­mann­schaft zum ers­ten Mal in ihrer Geschich­te einen Sieg errin­gen konn­te (1:0 gegen die Schweiz am 4. April 1909), abzureißen.

Stadt­rat Cra­mer appel­lier­te – wie spä­ter ersicht­lich wur­de, ver­ge­bens – eini­ge bau­li­che Ele­men­te des KFV-Gelän­des zu ret­ten: „Ich habe schon vor Mona­ten dem Herrn Bür­ger­meis­ter Denecken geschrie­ben und um drei Din­ge gebe­ten. Zunächst ging es um die Schrift „KFV” über dem alten Haupt­ein­gang“, sowie dem „Mosa­ik […] im Ein­gangs­be­reich“. Außer­dem: „Was man da hin­sicht­lich des Ehren­mals machen kann, dass man nicht sozu­sa­gen alles unter­pflügt […]. Da möch­te ich ein­fach noch ein­mal an Sie appel­lie­ren.“ Eine Bit­te, die letzt­lich nicht erhört wurde.

Mit­glie­der­ver­lust – Ein Kahl­schlag beim Alt­meis­ter
Ver­eins­in­tern tra­ten unüber­brück­ba­re Dif­fe­ren­zen zuta­ge. Sieg­fried Schnei­der, Ver­eins­vor­sit­zen­der von 1992 bis 2000, trat empört zurück und ver­ließ den Ver­ein, als man ihm die finan­zi­el­le Mise­re anlas­te­te. Ludolf Hyll, mehr­ma­li­ger Trai­ner des KFV, lag ohne­hin seit den frü­hen 1990ern in Oppo­si­ti­on zur KFV-Vor­stand­schaft. Die Ten­nis­ab­tei­lung des KFV ent­wi­ckel­te sich schon lan­ge mehr und mehr zu einem Ver­ein im Ver­ein und mach­te sich 2005 mit dem ehe­ma­li­gen KFV-Vor­sit­zen­den Dr. Wolf‑D. Kol­ler (1984–1986) als Ten­nis­club West selbst­stän­dig. Der Alt-KFV-Vor­sit­zen­de (1982–1992) Peter Wein­gärt­ner wech­sel­te zum ASV Dur­lach und wur­de dort sport­li­cher Lei­ter. Manch einer iden­ti­fi­zier­te sich wohl so sehr mit dem alten Platz, dass er nicht mehr wei­ter im KFV blei­ben woll­te, ande­re woll­ten ein­fach nicht einem Ver­ein ange­hö­ren, der noch­mal von vor­ne, in der letz­ten, pres­t­ige­lo­sen Liga, begin­nen muss­te. Ande­re wie­der­um bürg­ten vor dem Insol­venz­ver­fah­ren für den Ver­ein, sahen ihr Geld nie wie­der und fühl­ten sich von ande­ren Mit­glie­dern allei­ne gelas­sen. Per­sön­li­che Ver­wer­fun­gen, Ver­bit­te­run­gen und Strei­tig­kei­ten durch­zo­gen den KFV.
Fast schon sym­bo­lisch war der Fall Gün­ter Rüs­sels: Rüs­sel (1932–2010), der schon seit 1947 KFV-Mit­glied war, saß von 1965 bis 2006 für die CDU im Karls­ru­her Gemein­de­rat und war 14 Jah­re Par­tei- und 24 Jah­re Frak­ti­ons­vor­sit­zen­der. Der omni­prä­sen­te und pola­ri­sie­ren­de Rüs­sel hat­te das Karls­ru­her Stadt­ge­sche­hen geprägt und galt neben dem jewei­li­gen Ober­bür­ger­meis­ter jahr­zehn­te­lang lokal­po­li­tisch als einer der mäch­tigs­ten Män­ner der Resi­denz­stadt. Auch beim KFV zog er natür­lich im Hin­ter­grund die Fäden, auch wenn er selbst nie Vor­sit­zen­der des Ver­eins war. Durch­set­zungs­fä­hig und mit Hel­mut Kohl per Du, kann­te er kei­ne abwei­chen­den Mei­nun­gen. 2000 stimm­te fast die Hälf­te der anwe­sen­den KFV-Mit­glie­der bei der Jah­res­haupt­ver­samm­lung gegen ihn, obwohl es nur um eine Posi­ti­on des Vor­stands­bei­sit­zers ging. 2006 stol­per­te er schließ­lich über eine Affä­re: Als Auf­sichts­rats­chef der – vor allem im sozia­len Woh­nungs­bau akti­ven – Karls­ru­her Wohn­bau­ge­sell­schaft „Fami­li­en­heim” soll er Sit­zungs­gel­der und Spe­sen nicht kor­rekt abge­rech­net haben. Auf­grund sei­ner schwe­ren Erkran­kung kam es aber nicht zum Pro­zess. Eine per­sön­li­che Abnei­gung bestand auch zwi­schen Rüs­sel, dem „Mr. KFV“, auf der einen und Denecken und Fen­rich auf der ande­ren Sei­te. Die Fäden zer­lie­fen. Das was übrig blieb, war ein letz­tes Auf­ge­bot des KFV. 

Zei­tungs­ar­ti­kel zum Abriss des Vereinsheims/Stadions, Quel­le: KFV/BNN.

Ein Kult­klub im finan­zi­el­len Aus — eine his­to­ri­sche Ein­ord­nung mit Har­dy Grüne

Har­dy Grü­ne gehört zu Deutsch­lands bekann­tes­ten Fuß­ball­his­to­ri­kern. Er beschäf­tigt sich seit vie­len Jah­ren mit deut­scher und inter­na­tio­na­ler Fuß­ball­ge­schich­te. Er ist Her­aus­ge­ber diver­ser Bücher (u. a. „Vom Kron­prin­zen bis zur Bun­des­li­ga“ und „Enzy­klo­pä­die der euro­päi­schen Fuß­ball­ver­ei­ne“) und sieht Fuß­ball­ge­schich­te weni­ger als Sport­ge­schich­te, son­dern viel mehr als „ziem­lich fas­zi­nie­ren­den Teil der Sozi­al- und Kul­tur­ge­schich­te“. Mit ihm konn­te die Redak­ti­on zum KFV (2009) sprechen:

Herr Grü­ne, Sie haben so aus­führ­lich wie kein ande­rer Publi­zist die Früh­ge­schich­te des deut­schen Fuß­balls unter die Lupe genom­men. Wobei den­ken Sie, wenn Sie den Namen „KFV“, bzw. „Karls­ru­her FV“ hören?

Zunächst an einen der ein­fluss­reichs­ten Ver­ei­ne in der Früh­ge­schich­te des Fuß­balls in Deutsch­land, dann an Spie­ler wie Hirsch, Breu­nig, Fuchs und För­de­rer, die zu den bes­ten Akteu­ren ihrer Gene­ra­ti­on gehör­ten. Damit war der Klub ja so etwas wie der „FC Bay­ern der Pio­nier­pha­se“. Dazu die­ser phan­tas­ti­sche Platz an der Tele­gra­fen­ka­ser­ne mit der ein­zig­ar­ti­gen Kulis­se. Der KFV war damals ein inno­va­ti­ver und muti­ger Fuß­ball­ver­ein, was ange­sichts der viel­fäl­ti­gen Wider­stän­de gegen den Fuß­ball höchst bemer­kens­wert war. Als Mit­glied des His­to­ri­ker­teams von Hol­stein Kiel den­ke ich natür­lich auch an die bei­den End­spie­le um die Deut­sche Meis­ter­schaft 1910 und 1912, zwei ech­te Klas­si­ker der deut­schen Fuß­ball­ge­schich­te.
Dann ist der KFV einer der weni­gen Ver­ei­ne in Deutsch­land, der von sei­ner Grün­dung an stets den­sel­ben Namen getra­gen hat, und auch das Wap­pen hat sich ja kaum ver­än­dert. Das ist eine erstaun­li­che Kon­ti­nui­tät.  Ich habe mich sehr über die erfolg­rei­che Wie­der­be­le­bung des Klubs nach dem Aus 2004 gefreut und fin­de es vor­bild­lich, wie der Ver­ein heu­te offen­siv mit sei­ner rei­chen Fuß­ball­ver­gan­gen­heit umgeht und gleich­zei­tig in der Gegen­wart steht.

Das ers­te Meis­ter­schafts­jahr 1903. Die KFV-Spie­ler hat­ten sich kurz vor der Abfahrt nach Leip­zig zum Meis­ter­schafts­halb­fi­na­le gegen Prag in der Jung­ge­sel­len­bu­de ihres Kapi­täns Hans Ruzek ver­sam­melt, um gemein­sam das Ticket für die Holz­klas­se der Eisen­bahn zu lösen, da flat­ter­te ein Tele­gramm ins Haus: “Meis­ter­schafts­spiel ver­legt. DFB”. Die Akteu­re zwei­fel­ten nicht an der Echt­heit der Depe­sche — schon zwei­mal war das Spiel wegen orga­ni­sa­to­ri­scher Pro­ble­me ver­legt wor­den. Erst am nächs­ten Mor­gen flog der Schwin­del auf. Der DFB erklär­te den DFC zum Sie­ger. Denn “das Tele­gramm hät­te Beden­ken aus­lö­sen und zu einer fern­münd­li­chen Rück­fra­ge anre­gen müssen.”

Bekannt wur­de die­se Anek­do­te als die „Tele­gramm­af­fä­re“, die den KFV um sei­ne viel­leicht ers­te Meis­ter­schaft brach­te. Wie­viel­te „Wel­ten“ lie­gen zwi­schen dem Cha­os von 1903 und dem pro­fes­sio­nel­len Fuß­ball 2013?

So vie­le Wel­ten gibt es gar nicht – das sind eher meh­re­re Son­nen­sys­te­me. Aller­dings spre­chen wir auch über zwei Extre­me. 1903 war die Orga­ni­sa­ti­on wirk­lich eine Kata­stro­phe, befand sich der DFB ja noch im Auf­bau. Heu­te ist alles bis ins kleins­te gere­gelt, doch ob das so schön ist, sei dahin­ge­stellt. Für mich hat der Fuß­ball sei­ne Leich­tig­keit längst ver­lo­ren, ist vor allem der Spit­zen­fuß­ball Geset­zen unter­wor­fen, die ihn grund­le­gend ver­än­dert haben. In mei­nen Augen nicht zum Vor­teil. So etwas wie die Tele­gramm­af­fä­re von 1903 ist heu­te völ­lig unvor­stell­bar, nicht zuletzt, weil so vie­le ver­schie­de­ne wirt­schaft­li­che Ein­flüs­se zu spü­ren und zu ver­tre­ten sind.

In Ihrem Buch „Enzy­klo­pä­die des deut­schen Liga­fuß­balls — Vom Kron­prin­zen bis zur Bun­des­li­ga“ schrei­ben Sie noch vom „Lan­des­li­gis­ten“ KFV. Eini­ge Zeit spä­ter war der KFV nicht nur kein Lan­des­li­gist mehr, son­dern muss­te auf­grund der Insol­venz gar län­ge­re Zeit pau­sie­ren um danach ohne eige­nen Platz, mit einer Hand voll Ver­eins­mit­glie­der in der letz­ten Liga zu begin­nen. Hat der KFV inzwi­schen das Gröbs­te überwunden?

Das kann ich aus der Fer­ne schwer beur­tei­len. Ich find es sehr begrü­ßens­wert, dass der Klub sei­ne Kri­se über­wun­den hat und wie­der im Spiel­be­trieb ist. Der Klub hat zwar die gro­ße Tra­di­ti­on, die man selbst­be­wusst tra­gen kann und soll­te, doch die all­täg­li­che Arbeit fin­det in der Gegen­wart statt und da hilft einen der Ruhm von einst nicht all­zu viel. Immer­hin dürf­te der Mythos KFV aber ein Reiz sein, für die­sen Ver­ein zu spie­len. Soweit ich es beur­tei­len kann, ist der Klub auf einem aus­ge­zeich­ne­ten Weg.

VfB Leip­zig, Ale­man­nia Aachen, Rot-Weiß Essen, SSV Reut­lin­gen, SSV Ulm, SpVgg Wei­den, Ein­tracht Bam­berg, Bon­ner SC, FCR Duis­burg, SW Essen, KFC Uer­din­gen, VfR Neu­müns­ter, SV Babels­berg 03, BFC Dyna­mo, Eisen­hüt­ten­städ­ter FC Stahl, FC Rem­scheid, FC Güters­loh, TeBe und Blau-Weiss 90 Ber­lin, Lüne­bur­ger SK, Dresd­ner SC, SV Des­sau 05…

Grö­ße­re und klei­ne­re Tra­di­ti­ons­ver­ei­ne die schon (min­des­tens eine) Insol­venz hin­ter sich haben. Was machen so vie­le Ver­ei­ne falsch? Oder sind es ein­fach „natür­li­che“ struk­tu­rel­le Umbrü­che?
Einen Ver­ein haben Sie ver­ges­sen: Göt­tin­gen 05, mein eige­ner Klub, der 2003 wegen Insol­venz auf­ge­löst wur­de. Ich weiß also Bescheid. Außer­dem füh­re ich seit eini­gen Jah­ren einen „Insol­venz­ti­cker“ im Rah­men mei­nes Blogs http://fussballglobus.blogspot.de/, in dem ich über wirt­schaft­li­che Pro­ble­me der Klubs zwi­schen der 3. Und der 6. Liga berich­tet. Und jede Sai­son habe ich mehr zu tun, mel­den mehr Ver­ei­ne exis­ten­zi­el­le Pro­ble­me.
Die Grün­de? Viel­fäl­tig. Als ich 05-Fan wur­de, spiel­te der Klub noch in der 2. Bun­des­li­ga-Nord. 2004 war ich dann beim Neu­start in der 8. Liga dabei. Heu­te spie­len wir wie­der 5. Liga, kämp­fen aber jedes Jahr ums Über­le­ben. Einen Etat von 120.000 Euro zu stem­men ist in einer von Bil­dung gepräg­ten Stadt wie Göt­tin­gen enorm schwer. Fuß­ball ist da ein­fach zu teu­er gewor­den, und die Spon­so­ren­land­schaft hat sich ja gewal­tig ver­scho­ben. Die gro­ßen Geld­ge­ber gehen nur noch zu den füh­ren­den Bun­des­li­gis­ten. Der Mit­tel­stand hat genug zu kämp­fen, und die öffent­li­che Hand ist ja häu­fig sel­ber plei­te. Das merkt man häu­fig an der Sta­di­on­fra­ge – Rem­scheid-Len­nep wird grad abge­ris­sen, und der FC Rem­scheid hat kein Zuhau­se mehr.
Es wer­den aber auch bei den Ver­ei­nen zu vie­le Feh­ler gemacht. Unbe­dingt auf­stei­gen zu wol­len und dafür finan­zi­ell gro­ße Risi­ken ein­zu­ge­hen ist halt immer noch eine übli­che Vor­ge­hens­wei­se. Und häu­fig ist das ja auch ver­bun­den mit Ein­zel­spon­so­ren. Wir wür­den in Göt­tin­gen auch ger­ne wie­der Regio­nal­li­ga spie­len. Dazu braucht es aber 300.–400.000 Euro, und die könn­ten nur von einem Außen­ste­hen­den kom­men. In Gos­lar,  nicht weit ent­fernt von Göt­tin­gen, gibt es einen Ver­ein, der jahr­zehn­te­lang auf Bezirks­ebe­ne spiel­te und seit eini­gen Jah­ren Viert­li­gist ist. Ein ein­zi­ger Geld­ge­ber macht es mög­lich. Doch wenn der geht, spiel­te Gos­lar wie­der auf Bezirks­ebe­ne – wenn der Klub Glück hat und das Aben­teu­er über­haupt über­lebt. Da ist viel von dem ver­lo­ren gegan­gen, was einen Fuß­ball­ver­ein mal in sei­ner gan­zen Brei­te und Tie­fe aus­ge­macht hat. 

Was sind Ihre per­sön­li­che Ein­drü­cke und Erleb­nis­se die Sie im Rah­men von Recher­chen zum Karls­ru­her FV gemacht haben?
Als ich vor Jahr­zehn­ten das ers­te Mal bei dem Klub war, exis­tier­te der schö­ne Platz an der Tele­gra­fen­ka­ser­ne noch. Alles war zwar etwas über­wu­chert, aber die His­to­rie war über­all greif­bar. Das ist so ein unglaub­lich his­to­risch besetz­ter Ort gewe­sen. Ich war damals dabei, die „Urplät­ze“ der Fuß­ball­früh­ge­schich­te auf­zu­su­chen, und nir­gend­wo war die Geschich­te der­art prä­sent und greif­bar wie beim KFV. Zudem war ich sei­ner­zeit mit Lud­wig Hyll im Kon­takt, und das mich dem KFV noch näher gebracht.

In jüngs­ter Zeit gibt es immer mehr Ver­öf­fent­li­chun­gen, Kino­fil­me („Der ganz gro­ße Traum“), Web­shops, Archiv­web­sei­ten und Initia­ti­ven die die Früh­ge­schich­te des (deut­schen) Fuß­balls wie­der in das öffent­li­che Bewusst­sein rücken.

Ist das Ihrer Mei­nung nur ein Mode­trend, eine Markt­ni­sche für Ver­la­ge und  Anti­qua­re oder tat­säch­lich ein gestie­ge­nes Inter­es­se und ein „Wie­der­ent­de­cken“ der frü­hen Fußballvergangenheit?

Es ist ja eine regel­rech­te Infla­ti­on. Als ich Anfang der 1990er Jah­re begann, über Fuß­ball und Fuß­ball­ge­schich­te zu publi­zie­ren gab es qua­si kein Mate­ri­al. Und es gab einen enor­men Nach­hol­be­darf. Heu­te hat sich das aus mei­ner Sicht geteilt. Ich ken­ne vie­le sehr lie­be­vol­le Pro­jek­te, die sich mit regio­na­len Aspek­ten der Fuß­ball­ge­schich­te beschäf­ti­gen, was ich groß­ar­tig fin­de. Man muss die Geschich­te des Fuß­ball klein­räu­mig erfor­schen, um sie groß­räu­mig erfas­sen zu kön­nen. Skep­ti­scher sehe ich Film­pro­jek­te, bei denen die Fuß­ball­ge­schich­te  nur als gro­ber roter Faden neben­her­läuft und eigent­lich eine gan­ze ande­re Geschich­te erzählt wird, die nicht sel­ten kom­mer­zi­el­len Hin­ter­grund hat. Aber das zeigt auch nur, wie sehr der Fuß­ball und sei­ne Geschich­te in der Gesell­schaft ange­kom­men sind. Aus Ver­lags­sicht muss ich sagen, das Fuß­ball­ge­schich­te tat­säch­lich häu­fig eher „Nische“ ist, die aber ger­ne besetzt wird, weil ihre Wich­tig­keit gese­hen wird. Das gro­ße Geld lässt sich mit Fuß­ball­ge­schich­te aber nicht machen.

Fritz För­de­rer, Gott­fried Fuchs und Juli­us Hirsch, Ernst Holl­stein, Max Breu­nig, Bekir Refet, Wil­liam Town­ley, Walt­her Ben­se­mann, Ivo Schri­cker . die Lis­te der KFV-Per­sön­lich­kei­ten ist sehr lan­ge. Wel­che davon hat Sie am meis­ten beein­druckt?
Das ist sicher zunächst das Schick­sal von Juli­us Hirsch, das ja heu­te erfreu­li­cher­wei­se gut doku­men­tiert ist und selbst vom DFB gewür­digt wird. Als ich sei­ne Geschich­te vor vie­len Jah­ren das ers­te Mal hör­te, war ich fas­sungs­los, wie der deut­sche Fuß­ball wäh­rend des Drit­ten Rei­ches aber vor allem auch danach mit einem der­art ver­dien­ten Spie­ler umge­gan­gen ist.
Fas­zi­niert war ich immer von Wil­liam Town­ley, der für mich eine der ent­schei­den­den Per­so­nen ist, dass sich Deutsch­lands Fuß­ball sei­ner­zeit wirk­lich ent­wi­ckeln konn­te. Ivo Schri­cker mit sei­nen Ein­flüs­sen bei der FIFA, Max Breu­nig als Trai­ner bei Mün­chen 1860 und Bau­herr der gol­de­nen Löwen-Elf von 1931 haben eben­falls gro­ßen Ein­druck bei mir hinterlassen.