Unsere frühen Pioniere sind echte Vordenker des Fußballs. Im biederen Kaiserreich, als der noch junge Sport als “Fusslümmelei” und “englische Krankheit” bezeichnet wurde, war es mehr als außergewöhnlich wenn (junge) Menschen mit bunten Blusen und weiten Hosen auf ehemaligen Militärplätzen gegen eine runde Lederkugel traten. Mut und viel Idealismus musste man als Fußballer mitbringen. In der Beamten- und Verwaltungsstadt Karlsruhe umso mehr.
Auf diesen Seiten stellen wir die Gründerväter unseres Vereins vor, die auch wesentliche Impulsgeber des Fußballs in Süddeutschland gewesen sind.
Einige mitgereiste KFV-Fans und Angehörige feuerten die Schwarz-Roten im anschließenden Spiel im Stadion an. Nach der Partie wurden Wimpel und Geschenke ausgetauscht. Im Stadionrestaurant „Eleven“ speisten beide Mannschaften schließlich zusammen.
Wolfgang Ade, Koordinator der KFV-Traditionsmannschaft, organisierte die Reise der Karlsruher in die Schweiz. „Wir danken den Senioren 40+ des BSC Young Boys Bern/Wyler für das tolle und faire Freundschaftsspiel“, so der frühere Spieler und Trainer des KFV. „Das komplette Bern-Wochenende war ein unvergessliches Erlebnis“. Rüdiger Herr – stets eng in Kontakt mit Ade – organisierte auf Seiten der Berner Veteranenelf das Freundschaftsspiel.
Walther Bensemann
(* 13. Januar 1873 in Berlin; † 12. November 1934 in Montreux)
Walther Bensemann war ein deutscher Fussballpionier.
Bensemann war Jude und Sohn einer Bankiersfamilie. Während seines Aufenthalts in einer Privatschule in Montreux in der Schweiz kam er mit dem damals noch neuen Sport Fußball in Kontakt. Nachdem er nach Karlsruhe gezogen war, um dort sein Abitur am heutigen Bismarck-Gymnasium abzulegen, begann er, diesen Sport in Deutschland zu verbreiten. Im September 1889 gründete er in Karlsruhe den International Football Club, den ersten Fußballverein in Süddeutschland. Er war an der Gründung des Karlsruher FV (1891) sowie der Karlsruher Kickers beteiligt. 1900 war er Mitgründer des Deutschen Fussball Bundes und an der Gründung der Frankfurter Kickers, einem der Vorgängervereine von Eintracht Frankfurt beteiligt. Bensemann sah im Fußball den Gedanken von FairPlay und Toleranz verwirklicht und betrachtete ihn als ein Mittel zur Völkerverständigung. Daher organisierte er zeitlebens Spiele zwischen Vereins- und Auswahlmannschaften aus verschiedenen Ländern. Erstmals gelang ihm dies 1893 mit einer Begegnung zwischen Auswahlmannschaften aus Lausanne und Süddeutschland. Ein Höhepunkt in diesen Bemühungen war die Organisation der fünf so genannten Ur-Länderspiele. Diese Länderspiele deutscher Auswahlmannschaften, die nicht in der offiziellen Statistik des DFB geführt werden, fanden zwischen 1899 und 1901 gegen englische Teams statt. 1920 gründete er in Konstanz mit dem Kicker die Fußballzeitung Deutschlands. Noch unter seiner Leitung zog das Blatt über Stuttgart und Ludwigshafen nach Nürnberg, wo die Redaktion noch heute beheimatet ist.





Guillaume François (Guy) Zweerts
(24 April 1876 in Amsterdam – 6 Oktober 1955 in Baarn)
gewann mit RAP Amsterdam 1897, 1898 und 1899 die niederländische Fußballmeisterschaft. Auch den Holdertcup (später KNVB-Pokal, niederländischer Vereinspokal) ging 1899 an RAP aus Amsterdam. 1902 kam er zum KFV und spielte u.a. im legendären Spiel gegen die Mannschaft der Oxford University, die damals in Karlsruhe gastierte. 1903 hätte er sich fast erster deutscher Fußballmeister nennen können, wäre die Telegramm-Affäre nicht dazwischen gekommen (siehe dort). Zurück in der niederländischen Heimat heiratete er 1906 in Amsterdam und wurde später Vater von drei Kindern. Nach seiner Laufbahn lebte er als Tabakhändler in Baarn (südöstlich von Amsterdam). Zweerts war durchaus ein vermögender Mann und lebte mit seiner Familie in einer Villa. Sein Vermögen machte er aber nicht mit dem Fußball, sondern durch den Tabakhandel und dem Erbe seiner Eltern Guillaume François Zweerts und Catharina Gerharda Berkhoff, die ebenfalls erfolgreiche Tabakhändler in Amsterdam waren.



Willem Christiaan Schierbeek
(13. September 1879 in Groningen – 23. September 1952 in Den Haag)
war der Keeper der KFV-Mannschaft, die im Finale der Deutschen Fußballmeisterschaft 1905 stand. Er muss so stark gewesen sein, dass er den langjährigen KFV-Keeper Wilhelm Langer aus dem Tor verdrängte. Der Handelsbeauftragte spielte in seiner Heimat beim Fußball-Club HBS (Houdt Braef Stant) von Den Haag, einem der führenden Vereine der Niederlande zu jener Zeit. Vermutlich war er zuvor auch beim FC Haarlem, einem befreundeten Verein der Den Haager aktiv.
Prinz Maximilian von Baden
(* 10. Juli 1867 in Baden, Baden; † 6. November 1929 in Salem bei Überlingen)
war letzter deutscher Reichskanzler, Protektor und Schirmherr des KFV. Die Annahme des Protektorats 1905 war für die damaligen Spieler und Mitglieder eine hohe Ehre. „Dankbar gedenken wir […] des badischen Prinzen, unseres hochverehrten Protektors, der in weitblickendem Verständnis für die kulturelle Bedeutung des Rasensports, selbst ein glühender Anhänger sportliche Betätigung, dem aufstrebenden Verein als Schirmherr zur Seite stand und durch die öffentliche Bekundung seines warmen Interesses dem Wohle des Karlsruher Fußballvereins, diesem gar manche wertvolle Unterstützung gedeihen ließ“, heißt es dazu in der Festschrift zum 30-jährigen Vereinsjubiläum.
Nationale und internationale Bedeutung erlang er 1918, in den Wirren des 1. Weltkriegs. Am 30. September empfiehlt Reichskanzler Georg Graf von Hertling bei seinem Rücktritt Max von Baden als Nachfolger. Am 3. Oktober wird Max von Baden zum Reichskanzler und preußischen Ministerpräsidenten berufen. 5. Oktober: Auf Druck der Obersten Heeresleitung (OHL) übermittelt Max von Baden ein Waffenstillstandsgesuch an den amerikanischen Präsidenten Woodrow Wilson auf Basis von dessen 14-Punkte-Programm.
Im Oktober erzwingt Max von Baden die Entlassung des Generals Erich Ludendorff aus der OHL. Am 9. November verkündet er die Abdankung des Kaisers und übergibt Friedrich Ebert, das Amt des Reichskanzlers. Nach seinem Rücktritt widmet er sich auf Schloß Salem der Gründung einer Schule, die zur Heranbildung einer neuen geistigen Elite in Deutschland beitragen soll.



Die Gebrüder Zinser – Architekten auf und neben dem grünen Rasen
Die Gebrüder Gottfried jun. und Julius Zinser (1879 – 13. Mai 1929) traten schon früh dem KFV bei. Beide waren auch erfolgreich im Rudern und errangen den ersten Sieg bei einem Auslandsstart des Karlsruher Ruder-Vereins „Wiking 1899“ in Luzern im Zweier. Julius Zinser war der talentiertere Fußballer der Bürder und wurde 1905 Vizemeister mit dem KFV. Sowohl Gottfried als auch Julius traten in die die Fußstapfen ihres Vaters und wurden Architekten. Nach Julius Zinsers Plänen wurde u.a. 1912 die Fabrikhalle der Heidelberger Federhalterfabrik gebaut sowie das Heinsteinwerk Heidelberg, welches im gleichen Zeitraum entstand (heute beherbergt das Gebäude u.a. einen deutsch-französischen Kindergarten). Zwei Jahre nach dem Tod seines Vaters starb KFV-Vizemeister Julius Zinser 1929 nach kurzer Krankheit in Karlsruhe. Von seinem Bruder Gottfried Zinser stammen die Entwürfe des Klubhauses des KFV von 1909.
Dr. phil. August Marx –
Albert Einsteins Cousin als früher Fußballprogrammatiker des KFV
12. April 1864 in Ulm — 11. November 1934 in Durlach
August Marx wurde als Sohn eines jüdischen Kaufmanns 1864 in Ulm geboren und heiratete in den 1880er Jahren die Stuttgarterin Luise Gutmann. Ab 8. März 1888 unterrichtete er als Lehramtspraktikant im Karlsruher Lyceum (heutiges Bismarck-Gymnasium), dass sich neben dem Engländerplatz befindet, 1895 als Professor. 1889 promovierte er in Heidelberg mit der Dissertation „Griechische Märchen von dankbaren Tieren und Verwandtes“ mit summa cum laude. Der Altphilologe und späterer Direktor des Durlacher Gymnasiums (1919–1930), empfahl als einer der ersten, den Fußballsport im Schulbetrieb zu übernehmen und wird in den KFV-Chroniken durchgängig als „sachlich denkender Berater für die Jugendlichen“ beschworen. 1894 veröffentlichte er die Schrift „Turnen und Bewegungsspiel am Karlsruher Gymnasium“, in dem er auch die Rolle des Fußballs behandelt. Seine Auseinandersetzungen mit Bensemann um die programmatische Ausrichtung des KFV führten zur (Aus-)Gründung der Karlsruher Kickers (siehe oben). Von 1893 bis 1895 blieb Marx die führende Persönlichkeit im KFV, scheiterte jedoch schließlich mit seinen Auffassungen über die praktische Umsetzung des modernen Fußballspielbetriebs.
Marx war Sohn von Albert Einsteins Tante Clementine Einstein (1842–1930) und besuchte regelmäßig seine Eltern in Ulm. Sein Vater – aus Weikersheim stammend – bereits zum dritten Mal verheiratet und 13 Jahre älter als Clementine Einstein, starb 1909 an Arterienverkalkung und einer Nervenerkrankung. Sein Bruder Ernst (geb. 1878) starb im Mai 1917 während des ersten Weltkrieges in einem Brüsseler Militärkrankenhaus an einer Blutvergiftung. August Marx war einer der ersten Freunde des 1894 nach Karlsruhe gezogenen Fritz Haber, der 1918 den Chemie-Nobelpreis gewann und durch das Haber-Bosch-Verfahren zur Ammoniaksynthese, welche die Massenproduktion von Stickstoffdüngern ermöglichte, berühmt wurde. Haber war Teil der abendlichen Stammtischgesellschaft um August Marx, dem Geschichtslehrer Dauber, den Gebrüdern Hausrath (ein Gymnasiallehrer und ein Forstwissenschaftler) und dem Maler Leopold Graf Kalckreuth. Ob auch der KFV einmal ein Gesprächsthema in der illustren Runde war, ist nicht überliefert. Durch Marx Freundschaft zu Haber soll dieser Albert Einstein eine Position in der Preußischen Akademie der Wissenschaften in Berlin vermittelt haben (ca. 1913). Sicher ist, dass sich Albert Einstein und Fritz Haber durch Marx kennenlernten und später auch gute Freunde wurden. 1919 empfahl Albert Einstein seiner im gleichen Jahr geschiedenen (ersten) Ehefrau Mileva Marić von Zürich mit den Kindern zu Marx nach Durlach zu ziehen, um dort günstiger wohnen zu können. Ein Jahr später verwarf Einstein die Idee allerdings wieder. Die Freundschaft zwischen Fritz Haber und Marx hielt ein Leben lang. Rudolf Moos (1866–1951), Cousin 2. Grades zu Einstein und bekannter Unternehmer der Herrenschuhmarke „Salamander“, erinnerte sich in seinen Memoiren, dass sich Haber auf einer Dinnerparty von Albert Einstein am 27. Juli 1920 (bei der auch bei auch Reichsaußenminister Walther Rathenau zu Gast war) bei ihm nach Marx erkundete. Im Sterbejahr Habers, ging bei dessen Sohn Hermann auch ein Kondolenzschreiben von Marx ein.
In Durlach galt August Marx galt als feinsinniger Schuldirektor. 1922 veröffentlichte er mit „Senecas Apokolokyntosis für den Schulgebrauch“ seine letzte Schrift. Am Durlacher Gymnasium förderte er u.a. den Reallehrer Josef Hausmann, der 1936 mit dem Aufbau der jüdischen Schule Karlsruhe beauftragt und 1942 in Auschwitz ermordet wurde. Bis zu seinem Tod, vier Jahre nach seiner Pensionierung, bewohnte er mit seiner Familie ein Haus großbürgerlichen Zuschnitts in der Karlsruher Händelstraße. Aus August Marx‘ Ehe mit Luise Gutman stammt die Tochter Lore (geb. 18.12.1899 in Karlsruhe) und die zwei Söhne und Erich (geb. 1901 in Karlsruhe) und Walter Marx (26.06.1907 in Karlsruhe – 08.1984 in Los Angeles). 1934 emigrierte Walter in die USA, da er als „Nichtarier“ – auch wenn er keine Religionsgemeinschaft angehörte – keine beruflichen Chancen in Deutschland hatte und wurde 1954 Professor an der University of Southern California, Los Angeles. Sein Sohn Thomas wurde in den 1950er Jahren in L.A. geboren. Diplom-Ingenieur Erich wanderte bereits 1927 in die USA aus. Die studierte Biologin Lore folgte 1933 über Dänemark in die USA (1936). August Marx ruht heute auf dem liberal-jüdischen Friedhof in Karlsruhe, Grab-Nr. 710.
Abbildung: August Marx 1934, Quelle: Dr. Peter Güß, aus dem Nachlass von Dr. Eduard Dietz (1866–1940), Karlsruhe.


Dr. Ivo Schricker
(* 18.März 1877 in Straßburg, Elsass; † 10.Januar 1962)
Dr. Ivo Schricker spielte wie sein Bruder Erwin unter anderem bei den Karlsruher Kickers, beim FV Straßburg und beim Akademischen S.C. Berlin. Mit dem Karlsruher FV wurde er mehrmals Süddeutscher Meister. 1899 gehörte er zu den besten Akteuren bei den ersten — noch inoffiziellen — Länderspielen gegen Mannschaften aus England. Nach seiner aktiven Zeit war Schricker von 1923 bis 1925 Vorsitzender des Süddeutschen Fußballverbandes. 1932 wurde er zum ersten FIFA-Generalsekretär gewählt und übte dieses Amt bis Dezember 1950 aus.



Friedrich Wilhelm Nohe – Temperamentvoller DFB-Präsident und KFV-Vorsitzender
10. April 1864 — 13. Oktober 1940
Im Jahr 1890 lernte Nohe, als Lehrer der modernen Sprache in der Militärschule in London tätig, das Fußballspiel kennen, dessen begeisterter Anhänger er sehr schnell wurde. Fünf Jahre lang spielte er aktiv in einem englischen Klub. Nach seiner Rückkehr nach Deutschland siedelte er im Jahr 1896 von Wiesbaden nach Karlsruhe über, wo er alsbald Mitglied des Karlsruher Fußballvereins wurde. Schon im Oktober 1896 übertrug man ihm das Amt des ersten Vorsitzenden, das er lange Jahre innehatte. Bereits im Jahr 1894 hatte ein gewisser Walther Bensemann versucht die süddeutschen Vereine zusammenzuschließen. An jenem 17.Oktober 1897 versammelten sich im „Landsknecht“ zu Karlsruhe die Vertreter der acht damals in Süddeutschland maßgebenden Vereine. Nohe fand nach eigener Aussage in seinen Erinnerungen, seinen Gegenspieler in Person des süddeutschen, zu damaliger Zeit in Berlin studierenden Walther Bensemann. Dieser hatte noch einen offenen Brief an die in Karlsruhe zwecks Gründung einer Fußball-Union am 17. Oktober versammelten Fußballer gerichtet. Nohe war stets für sein herausragendes Organisationstalent weit bekannt, und als er als Vertreter seines Vereins KFV der Gründung des Süddeutschen Verbandes 1897 beiwohnte, wurde er einstimmig zum Vorsitzenden gewählt. Er hat die Gunst der Stunde für sich genutzt. Mit Recht, fühlte sich Bensemann als der eigentliche Gründer des Süddeutschen Fußballsports übergangen. Nohe wurde am Ostersonntag 1898 im Hotel Monopol in Karlsruhe zum ersten Vorsitzenden des Verbandes Süddeutscher Fußballvereine gewählt, dem er dann bis 1907 vorstehen sollte.
Als am 28. November 1899 die Auswahlmannschaften aus dem Fußball-Mutterland England und Deutschland den Großen Exerzierplatz zu Karlsruhe betraten und das erste geschichtsträchtige Jahrhundert-Match in Karlsruhe stattfand, war kein geringerer als der Fußball-Pionier Walther Bensemann (der spätere „Kicker“-Gründer) der Schiedsrichter. Er hatte es sich nicht nehmen lassen, das Jahrhundert-Match auch persönlich anzupfeifen, da er die Deutschland-Tournee der Briten organisiert und auch aus eigener Tasche bezahlt hatte. Es war ein steiniger Weg bis zum sportlichen „Weltwunder“ – die englischen Fußball-Giganten, die so gut wie nie aufs Festland kamen und dann nur für astronomische Summen.
Bensemann, damals ein gerade 26-jähriger Student, ließ sich weder von 62 deutschen Protestbriefen noch von der Absage des geplanten Spielorts in Hamburg entmutigen, sondern bestand auf seinem einmaligen Projekt. Er selbst bezahlte die kolportierten 4.000 Mark Antrittsprämie. Die Engländer erwiesen sich als faire Sportsleute und sollen daraufhin weitere 4.300 Mark an Spesen selbst übernommen haben.
Doch der größte Widerstand gegen dieses Spiel kam ausgerechnet aus Karlsruhe selbst : Denn der Präsident des noch jungen (1897 gegründeten) Süddeutschen Fußballverbandes (V.S.F.V.), Friedrich Wilhelm Nohe, wollte das Ländermatch unter allen Umständen verhindern. Mit drastischen Mitteln: Nohe, der gleichzeitig KFV-Vorstand war, verweigerte nicht nur die Spielstätte am Engländerplatz, sondern verbot auch, dass Verbandsmitglieder bei dem Match auflaufen durften! Dies hatte kuriose Folgen: Der FC Phönix Karlsruhe, bei dem Bensemann gleichzeitig Mitglied (!) war, stellte nun seinen eigenen Platz auf dem „Großen Exer“ zur Verfügung – und wurde dafür auf Betreiben Nohes aus dem Verband geworfen. Noch bizarrer ging es bei den KFV-Spielern Fritz Langer und Julius „Julle“ Zinser zu: Da sie unbedingt mitkicken wollten, kehrten sie kurzerhand ihrem Verein unter dem KFV-Präsidenten Nohe den Rücken und traten beim FC Phönix ein.
Vielleicht waren sich die beiden großen Fußball-Pioniere Nohe und Bensemann schlicht zu ähnlich. Diese Zerwürfnisse wurden weder von Nohe noch von Bensemann auszuräumen versucht. Unabhängig davon wurde Nohe aufgrund seiner Verdienste später auch zum Ehrenvorsitzenden des KFV ernannt.
Neben diesem Amt des Vorsitzenden des Süddeutschen Verbandes wurde er beim 8. Bundestag des DFB am 21. Mai 1904 in Kassel zum Vorsitzenden des Deutschen Fußballbundes gewählt. Just an diesem Tag wurde auch der Fußball-Weltverband FIFA in Paris gegründet. Nohe sah sich jedoch nach einjähriger Tätigkeit gezwungen, eine beabsichtigte Wiederwahl beim Verbandstag 1905 in Köln abzulehnen, weil es ihm unmöglich war, die beiden Ämter als Vorsitzender des Bundes und des Verbandes auf längere Dauer nebeneinander zu führen, und weil er seinem Süddeutschen Verband nicht untreu werden wollte.
Nohe war einer der Vorkämpfer des Gedankens der Schaffung großer Landesverbände, und die Entwicklung des Deutschen Fußballbundes gab ihm in seiner Auffassung der Dinge Recht. Für die Güte und den Erfolg seiner Arbeit spricht auch die Tatsache, dass er zehn Jahre lang auf den Verbandstagen des SFV stets einstimmig zum Vorsitzenden wiedergewählt wurde. Es traf ihn sehr, dass gerade das von ihm geplante Stiftungsfest aus Anlass des 10-jährigen Bestehens des Verbandes Süddeutscher Fußballvereine nicht stattfinden sollte, weil sich der Verbandsvorstand 1907 im Meinungskampf mit dem DFB befand. Es gab zunächst Differenzen zwischen dem Süden und Berlin, später auch mit dem DFB selbst. Der von Nohe verlangte sogar den zeitweiligen Austritt seines SFV aus dem DFB. Dies war jedoch von der Vertreterversammlung wiederholt abgelehnt worden.
Im Jahr 1907 trat Nohe daher von der Leitung des Süddeutschen Verbandes zurück. Mit ihm legten sämtliche Mitglieder des Verbandsvorstandes ihre Ämter nieder. Einmal mehr haben persönliche Differenzen dem verdienten aber auch streitbaren Führer zu seinem im Interesse der Fußballsache bedauerlichen Entschluss geführt. Wie tief sich Nohe durch den ablehnenden Vertretertags-Beschluss getroffen fühlte, möge die Tatsache beweisen, dass er nicht nur die vom gleichen Vertretertag beschlossene Ernennung zum Ehrenvorsitzenden des Verbandes ablehnte, sondern auch seine Mitgliedschaft im Verband süddeutscher Fußball-Vereine aufkündigte! Mit großem Weitblick hatte Nohe den SFV als ersten Verband mit einer Gauaufteilung versehen und folgerichtig mit dieser aufgebauten Verwaltung sinnvolle Strukturen geschaffen , mit denen sich ein ganzes Verbandsgebiet effektiv verwalten lies, ohne Gefahr zu laufen , dass sich später weitere kleinere Verbände gründen könnten. In seiner knapp 10-jährigen Amtszeit als 1. Verbandsvorsitzender war die ursprünglich Zahl von acht Vereinen mit 350 Mitgliedern auf fast 200 Vereine mit mehr als 10.000 Mitgliedern gestiegen.
Ausgerechnet Bensemann, Friedrich-Wilhelm Nohes langjähriger größter Widersacher, würdigt die Verdienste dieses Mannes wie folgt: „Mit Nohe selbst ist die bedeutendste Persönlichkeit aus dem deutschen Sport geschieden. Ich bin nicht immer mit seiner Kampfesweise einverstanden gewesen und habe es stets bedauert, dass er das „foriter in re, suaviter in modo“ nicht einhalten konnte. (Übersetzung :„Stark in der Sache, milde in der Art“) Aber wo viel Licht ist, ist viel Schatten; ein großer und energischer Charakter lässt sich eben nicht ohne Eigenschaften denken, die zu Zeiten verletzend wirken. Ein intelligenter Kopf, ein geborener Massenführer, ein brillanter Redner, ein Mensch von eisernem Willen, der stets wusste, was er wollte, und die richtigen Leute und Mittel zur Erreichung seiner Ziele fand, ein unversöhnlicher Gegner während des Kampfes, so wird er uns stets in Erinnerung bleiben. Er war ein Mann, nehmt alles nur in allem, Ihr werdet nimmer seinesgleichen seh‘n“



Langer – Die KFV-Gründerfamilie
„Man schrieb das Jahr 1890. In der Karlstraße neben dem Restaurant Moninger wohnte die Familie des Forsrates Langer. 5 Buben waren der Stolz der Eltern. Sie besuchten alle das Realgymnasium: Fritz, Ernst, Wilhelm, Max, Erwin. Täglich tollten sie auf dem nahen Plätzle am Rande des Hardtwaldes, wo englische Studenten der Techn. Hochschule ihnen die Kunst des Fußballs vor Augen führten“. Fritz, Ernst und Wilhelm gehörten zu den Gründungsmitgliedern des KFV. Auch in der Mutter Martha fanden die jungen Pioniere eine große Unterstützerin (siehe oben).
Lange Zeit wurde Wilhelm Langer (23. Januar 1880 in Schlossau, Kreis Buchen — 15. Februar 1970 in Karlsruhe) – „Willem“ gerufen – von seinen beiden älteren Brüdern Fritz und Ernst als Fußballer nicht ernst genommen. Als der KFV 1895 mit Ernst und Fritz Langer in seinen Reihen gegen eine Schülermannschaft mit Wilhelm im Tor antrat, bissen sich Ernst und Fritz an den Paraden von Wilhelm die Zähne aus. In glänzender Manier bewahrte der damals 15-jährige seine Schülermannschaft vor einem Gegentor durch den KFV. Sichtlich genervt fasste Fritz sein jüngeren Bruder nach dem Spiel am Arm und drohte: „Komm numme heim, heut kriegsch se“. Trotz des anfänglichen Zorns wurde Wilhelm nach dem denkwürdigen Spiel in den KFV aufgenommen. Der 1,90 m große Torwart feierte im Spiel gegen den Baden-Badener FC (5:1) 1896 sein Debüt in der ersten Mannschaft und war bis 1908 als Spieler der Schwarz-Roten aktiv. „Wir wollten als Pennäler Fußball spielen, alles andere war uns egal“, erinnerte er sich mit 81 Jahren in einem Interview zum 70. Wiegenfest des KFV (1961). Wilhelm Philipp Langer „boxte die Bälle mit solcher Wucht aus dem Torraum, dass sie fast so weit ins Feld zurückflogen wie Abschläge mit dem Fuß“. Herauslaufen und Fußabwehren gehörten zu seinen Stärken. Als Kapitän des KFV stellte er einst einen Mannschaftskameraden gar kurzerhand selbst vom Platz, da sich dieser nicht seinen Anweisungen entsprechend verhielt. In Freiburg verwies er einen Mannschaftskameraden ins KFV-Tor, als jener nicht mit seinem rüden Gegenspieler auf dem Feld zurechtkam. Daraufhin klärte Willem die Angelegenheit auf seine Art: „Wilhelm nahm sich des ungeratenen Gegenspielers an und ließ in zweimal Bekanntschaft mit den Zuschauern machen, die nahe am Platzrande saßen, bis der wilde Mann sich beruhigt hatte. Dann ging er wieder seelenruhig in sein Tor zurück und sagte zu seinem Freunde: „So, jetzt kann’sch Du widder weitermache“. In seiner Spielerkarriere stand er zweimal im Endspiel um die deutsche Meisterschaft (1905 kurioserweise als Feldspieler) und wurde mehrmals süddeutscher Meister.
Als Torhüter – oftmals ungerechtfertigt als Sündenbock für Gegentore verantwortlich gemacht – eignete er sich eine Schlagfertigkeit an, die nicht selten für Schmunzeln bei den Mitspielern sorgte. Vom Sportjournalisten Joseph Michler (Badische Presse, 3.4.1927, No. 157, S. 16) ist folgende Anekdote überliefert: „Aber dann und wann passierte auch […] ein Mißgeschick, das man Tor nennt. Und dann war immer großer Verdruß. Einmal gelang es dem Stuttgarter „Springbock“ Kipp, daß Trio [Wilhelm Langer, Ernst Hollstein und Fritz Gutsch] zu schlagen. Daraufhin drehte sich Gutsch nach dem „Willem“ um und meinte sehr deutlich: „Hm! Es gibt halt Tore und Toren!!“ Das väterliche Dichterblut regte sich in ihm und machte eben diesen Ausfall. „Willem“ ließ sich deswegen nicht aus der Fassung bringen, sondern gab seelenruhig zurück: „Da hasch‘ recht, Fritzle, Nur moi‘ i‘, es gibt a Fullback und Holzböck, net?!!“ [Anmerkung der Redaktion: „Holzbock“ = ein technisch wenig versierter und recht „grober“ Verteidiger; „Fullback“ = englischer Name für (zentrale) Defensivspieler] – Die Männlein am K.F.V.-Hügel feierten vor Vergnügen. „Fritzle“ Gutsch aber hatte es mit einem Male sehr eilig vom Tore weg und an den Ball zu kommen“.
1905 war Wilhelm Langer maßgeblich am Ausbau des Sportplatzes an der (späteren) Telegrafenkaserne beteiligt. Willem war nicht nur auf Fußballplatz ein Allrounder: Als Ruderer erhielt 1913 eines der ersten Reichsportabzeichen in Gold und war außerdem im Tennis, Skisport und als Leichtathlet aktiv. Im 1. Weltkrieg wurde er schwer verwundet und trug zeitlebens ein russisches Infanteriegeschoss im Körper(!) Als 54-jähriger heiratete er in Karlsruhe (sein älterer Bruder Ernst war Trauzeuge). Von 1936 bis 1945 war der Diplom-Ingenieur Vorstand des Reichsbahnsportvereins Karlsruhe und beruflich als Reichsbahnrat bekannt. Bereits 1921 wurde er zum KFV-Ehrenmitglied ernannt und erhielt außerdem den Ehrenbrief des DFB.
Ernst Langer wurde um 1875 in Schlossau geboren und soll regelmäßig mit Zwicker samt Kettchen auf der Mittelläuferpostion gespielt haben. Der Bankprokurist wurde 1921 zusammen mit seinem Bruder Wilhelm zum Ehrenmitglied des Vereins ernannt. Erwin Langer (7. August 1883 — 18. Januar 1915) fiel im 1. Weltkrieg. Der Stadbaudirektor Friedrich „Fritz“ Leopold Langer (9. September 1878 in Schlossau, Kreis Buchen — 24. Februar 1942 in Karlsruhe) stand vor dem 1. Weltkrieg an der Spitze des Spielausschusses des DFB. Als einzige Person wurde er zum KFV-Präsident auf Lebenszeit ernannt (seine ausführliche Biografie befindet sich im Kapitel zu den Vereinsführern während der Zeit des Nationalsozialismus).
Richard Drach – Früher KFV-Funktionär
1873 in Karlsruhe – 1924 in Heidelberg
Drach gehörte schon zur Gründungszeit dem KFV an. Als 25-Jähriger vertrat Drach als Mitglied des KFV den Verein bei der Gründung des Verbandes süddeutscher Fußballvereine und führte zunächst interimsmäßig den neugegründeten Verband an. Der studierte und promovierte Ingenieur war zunächst Regierungsbaumeister in Karlsruhe, eher er am 20. April 1914 zum 2. (= technischen) Bürgermeister von Heidelberg gewählt wurde. Dieses Amt übte er vom 1. Mai 1914 bis zu seinem Tod aus. 1918, kurz nach Ende des 1. Weltkriegs war er in der deutschen Novemberrevolution Kommandeur der Volkswehr. Politisch betätigte er sich in der DDP. Zusammen mit führenden badischen Demokraten darunter Martin Dibelius, Willy Hellpach, Walter Hoffmann, Oskar Hofheinz, Hermann Maas, Ludwig Müller, Wilhelm Veith, Alfred Weber, Max Weber, wandte er sich am 29. Januar 1919 in einem Aufruf an die Jugend, sich einer demokratischen Jugendorganisation zusammenzuschließen. Am 6. September 1924 gründete Drach den Heidelberger Reichsbanner in der Harmonie, dessen 1. Vorsitzender er wurde. 1922 veröffentlichte er „Die Grundlage künftiger Stadterneuerung“, in: Deutsche Städte – Heidelberg. Stuttgart 1922. In Heidelberg und in Karlsruhe ist jeweils eine Straße nach Richard Drach benannt.
Jacques Johannes Bouvy
(26. März 1880 in Banda-Neira, Niederländisch-Indien/ Indonesien – 8. Dezember 1961 in ‘s Gravenhage)
stammte aus einer niederländischen Fußballfamilie aus Dordrecht. Sein Großvater Jacobus Johannes gründete 1848 die N.V. Koninklijke Nederlandse Glasfabriek J.J.B.J. Bouvy. Zusammen mit seinen Brüdern Nico(laas) Jan Jerome (1892–1957), Evert (1881–1964) und Adolf Albert (1884–1945) bildete er dort das „Bouvy Kwartet“ des Dordtsche FC. Der berühmteste der Brüder, Nico, verließ Dordtrecht und spielte 1913 bei Altona 1893 Hamburg. 1912 nahm er bei den Olympischen Spielen in Stockholm teil. 1914/15 wechselte er zum HFC Harleem, wo er 1922/23 seine Karriere beendete. In 9 Länderspielen erzielte er vier Tore. Wie sein älterer Bruder Jacques nach Karlsruhe kam, ist nicht bekannt. Möglich ist, dass er Student in Karlsruhe war, da Jacques später als Ingenieur arbeitete. Ab 1904 stand er für den KFV auf dem Platz und wurde 1905 deutscher Vizemeister mit den Schwarz-Roten. 1913 heiratete er im niederländischen ‘s Gravenhage und wurde Vater zweier Kinder.
Graf Alberto Bonacossa — Italienischer Gastspieler
24. August 1883 in Vigevano, Italien — 31. Dezember 1953 in Mailand, Italien
war in der Saison 1904/05 für den KFV aktiv. Er studierte an der technischen Universität in Karlsruhe und war später itelienischer Vertreter im olympischen Komitee. Ab 1932 gab er die Sportzeitschrift „Gazzetta dello Sport“ heraus.


Hans Wolz – Spröder Verwaltungsmann des KFV steigt zum Stellv. Reichsfachamtsleiter des DFB auf
Geboren 1885 in Basel, gestorben (?)
Wolz spielte in der “Sommermannschaft” des KFV, bekleidete von 1907 bis 1913 mehrere Ämter des Vereins sowie u.a. das des stellvertretenden Vorsitzenden (ob er mit dem namensgleichen Hans Wolz, der Spieler der ersten Mannschaft in den 1920er Jahren war, verwandt war, ist unbekannt).
Bei der Post durchlebte er eine stetige Karriere: Seit März 1902 in Karlsruhe im Postdienst, wurde er 1913 Telegrafenassisstent und wurde im April 1917 zum Telegrafensekretär befördert. Nach dem ersten Weltkrieg zog er von Karlsruhe nach Berlin. Im Berlin der 1920er Jahre wirkte er ehrenamtlich an einigen im Bau befindlichen Sportanlagen mit. Felix Linnemann, DFB-Präsident, wurde auf ihn aufmerksam und berief ihn 1930 in die Führungssprite des Verbands und wurde Hauptsportwart. 1942 wurde er Oberpostrat.
Der zuvor politisch passiv lebende Wolz trat im Mai 1933 in die NSDAP ein. Die SED-Kreisleitung Schöneberg-Friedenau will 1948 in Erfahrung gebracht haben, dass dies „auf Drängen seiner Vorgesetzten“ (Havemann, 2005, S. 112) erfolgte. Vermutlich – so argumentiert Havemann – war er kein Mensch mit einer ideologisch fundierten nationalsozialistischen Gesinnung. Sein Parteibeitritt verstand er als Akt karrierebewusster, opportunistischer Anpassung. Wolz soll ein spröder, trockener Geist gewesen sein, „der die Verwaltungsmentalität des Staatsbediensteten selbst bei der Arbeit für den DFB nicht abzulegen vermochte“. Wolz war u.a. für Passwesen und Regeldurchsetzung im DFB verantwortlich. Der gebürtige Baseler gehörte zu den prominenteren Gesichtern des DFB in den 1930er Jahren. So erwähnte bspw. der Kicker vom 07.09.1937 seinen Besuch bei der Einweihung der neuen Tribüne am Riederwald in Frankfurt. Nach dem Tod des Kölner Carl Zörner, der im Osten fiel, wurde Wolz 1943 von DFB-Präsident Linnemann zum stellvertretenden Reichsfachamtsleiter im Fachamt Fußball ernannt.