frü­he pio­nie­re bis 1918

Unse­re frü­hen Pio­nie­re sind ech­te Vor­den­ker des Fuß­balls. Im bie­de­ren Kai­ser­reich, als der noch jun­ge Sport als “Fuss­lüm­me­lei” und “eng­li­sche Krank­heit” bezeich­net wur­de, war es mehr als außer­ge­wöhn­lich wenn (jun­ge) Men­schen mit bun­ten Blu­sen und wei­ten Hosen auf ehe­ma­li­gen Mili­tär­plät­zen gegen eine run­de Leder­ku­gel tra­ten. Mut und viel Idea­lis­mus muss­te man als Fuß­bal­ler mit­brin­gen. In der Beam­ten- und Ver­wal­tungs­stadt Karls­ru­he umso mehr.
Auf die­sen Sei­ten stel­len wir die Grün­der­vä­ter unse­res Ver­eins vor, die auch wesent­li­che Impuls­ge­ber des Fuß­balls in Süd­deutsch­land gewe­sen sind.

Die Tra­di­ti­ons­mann­schaft des KFV – bestehend aus frü­he­ren und aktu­el­len Spie­lern des Alt­meis­ters – reis­te bereits am frü­hen Mor­gen mit dem Bus nach Bern und besuch­te davor gemein­sam mit dem Schwei­zer Gast­ge­ber das Muse­um der Young Boys Bern im Sta­di­on, wo sich die Karls­ru­her Mann­schaft in das Gäs­te­buch ein­trug. Den Karls­ru­hern wur­de schnell klar: Der zwölf­ma­li­ge Schwei­zer Meis­ter wur­de wie der KFV von Gym­na­si­as­ten gegrün­det und blickt auf eine sehr lan­ge Tra­di­ti­on zurück.
Eini­ge mit­ge­reis­te KFV-Fans und Ange­hö­ri­ge feu­er­ten die Schwarz-Roten im anschlie­ßen­den Spiel im Sta­di­on an. Nach der Par­tie wur­den Wim­pel und Geschen­ke aus­ge­tauscht. Im Sta­di­on­re­stau­rant „Ele­ven“ speis­ten bei­de Mann­schaf­ten schließ­lich zusam­men.
Wolf­gang Ade, Koor­di­na­tor der KFV-Tra­di­ti­ons­mann­schaft, orga­ni­sier­te die Rei­se der Karls­ru­her in die Schweiz. „Wir dan­ken den Senio­ren 40+ des BSC Young Boys Bern/Wyler für das tol­le und fai­re Freund­schafts­spiel“, so der frü­he­re Spie­ler und Trai­ner des KFV. „Das kom­plet­te Bern-Wochen­en­de war ein unver­gess­li­ches Erleb­nis“. Rüdi­ger Herr – stets eng in Kon­takt mit Ade – orga­ni­sier­te auf Sei­ten der Ber­ner Vete­ra­nen­elf das Freundschaftsspiel.

Walt­her Bensemann

(* 13. Janu­ar 1873 in Ber­lin; † 12. Novem­ber 1934 in Montreux)

Walt­her Ben­se­mann war ein deut­scher Fussballpionier.

Ben­se­mann war Jude und Sohn einer Ban­kiers­fa­mi­lie. Wäh­rend sei­nes Auf­ent­halts in einer Pri­vat­schu­le in Mon­treux in der Schweiz kam er mit dem damals noch neu­en Sport Fuß­ball in Kon­takt. Nach­dem er nach Karls­ru­he gezo­gen war, um dort sein Abitur am heu­ti­gen Bis­marck-Gym­na­si­um abzu­le­gen, begann er, die­sen Sport in Deutsch­land zu ver­brei­ten. Im Sep­tem­ber 1889 grün­de­te er in Karls­ru­he den Inter­na­tio­nal Foot­ball Club, den ers­ten Fuß­ball­ver­ein in Süd­deutsch­land. Er war an der Grün­dung des Karls­ru­her FV (1891) sowie der Karls­ru­her Kickers betei­ligt. 1900 war er Mit­grün­der des Deut­schen Fuss­ball Bun­des und an der Grün­dung der Frank­fur­ter Kickers, einem der Vor­gän­ger­ver­ei­ne von Ein­tracht Frank­furt betei­ligt. Ben­se­mann sah im Fuß­ball den Gedan­ken von Fair­Play und Tole­ranz ver­wirk­licht und betrach­te­te ihn als ein Mit­tel zur Völ­ker­ver­stän­di­gung. Daher orga­ni­sier­te er zeit­le­bens Spie­le zwi­schen Ver­eins- und Aus­wahl­mann­schaf­ten aus ver­schie­de­nen Län­dern. Erst­mals gelang ihm dies 1893 mit einer Begeg­nung zwi­schen Aus­wahl­mann­schaf­ten aus Lau­sanne und Süd­deutsch­land. Ein Höhe­punkt in die­sen Bemü­hun­gen war die Orga­ni­sa­ti­on der fünf so genann­ten Ur-Län­der­spie­le. Die­se Län­der­spie­le deut­scher Aus­wahl­mann­schaf­ten, die nicht in der offi­zi­el­len Sta­tis­tik des DFB geführt wer­den, fan­den zwi­schen 1899 und 1901 gegen eng­li­sche Teams statt. 1920 grün­de­te er in Kon­stanz mit dem Kicker die Fuß­ball­zei­tung Deutsch­lands. Noch unter sei­ner Lei­tung zog das Blatt über Stutt­gart und Lud­wigs­ha­fen nach Nürn­berg, wo die Redak­ti­on noch heu­te behei­ma­tet ist. 

1887
Ent­hül­lung der Gedenk­ta­fel für Walt­her Ben­se­mann in der Nähe des Eng­län­der­plat­zes in Karls­ru­he (2018). Quel­le: KFV.
Im Novem­ber 1934 berich­tet die Karls­ru­her Pres­se zum Tode Walt­her Ben­se­mann. Quel­le: KFV-Archiv.
Abbil­dung: Am 8. Sep­tem­ber 1928 rief Walt­her Ben­se­mann im Schloss­ho­tel Karls­ru­he den Club der Alten (CDA) mit ver­dien­ten Fuß­ball­pio­nie­ren ins Leben. Kurz vor sei­nem Tod bezeich­ne­te Ben­se­mann die Ver­ei­ni­gung als eine sei­ner wich­tigs­ten Grün­dun­gen. An der Grün­dungs­ver­samm­lung waren fol­gen­de Alt­spie­ler betei­ligt: (von links nach rechts) Fritz Lang­ner (KFV), Dr. Ger­hard Wag­ner (Preu­ßen Ber­lin), 1905er-Vize­meis­ter Juli­us Zins­er (KFV), Haber­stroh (Phö­nix Karls­ru­he), Geor­ges Mathis (FV Straß­burg), Karl Gre­vé (Phö­nix Karls­ru­he), Ver­eins­grün­der Walt­her Ben­se­mann (KFV), Dr. Ivo Schri­cker (KFV), W. Kra­toch­vil (Mann­hei­mer FG 96), Albert Sohn (Ein­tracht Frank­furt), 1905er-Vize­meis­ter Lud­wig Heck (KFV), Hans Trapp (Stutt­gar­ter Kickers), Karl Geppert (Alemannia/Phönix). Sit­zend: Dr. Thal­mann (FC Basel), Wal­ter Her­mann (Baden-Baden) und Rer­gi­nald Wes­ten­darp (HSV). Quel­le: KFV-Archiv.

Guil­laume Fran­çois (Guy) Zweerts

(24 April 1876 in Ams­ter­dam – 6 Okto­ber 1955 in Baarn)

gewann mit RAP Ams­ter­dam 1897, 1898 und 1899 die nie­der­län­di­sche Fuß­ball­meis­ter­schaft. Auch den Hol­dert­cup (spä­ter KNVB-Pokal, nie­der­län­di­scher Ver­eins­po­kal) ging 1899 an RAP aus Ams­ter­dam. 1902 kam er zum KFV und spiel­te u.a. im legen­dä­ren Spiel gegen die Mann­schaft der Oxford Uni­ver­si­ty, die damals in Karls­ru­he gas­tier­te. 1903 hät­te er sich fast ers­ter deut­scher Fuß­ball­meis­ter nen­nen kön­nen, wäre die Tele­gramm-Affä­re nicht dazwi­schen gekom­men (sie­he dort). Zurück in der nie­der­län­di­schen Hei­mat hei­ra­te­te er 1906 in Ams­ter­dam und wur­de spä­ter Vater von drei Kin­dern. Nach sei­ner Lauf­bahn leb­te er als Tabak­händ­ler in Baarn (süd­öst­lich von Ams­ter­dam). Zweerts war durch­aus ein ver­mö­gen­der Mann und leb­te mit sei­ner Fami­lie in einer Vil­la. Sein Ver­mö­gen mach­te er aber nicht mit dem Fuß­ball, son­dern durch den Tabak­han­del und dem Erbe sei­ner Eltern Guil­laume Fran­çois Zweerts und Catha­ri­na Ger­harda Berkhoff, die eben­falls erfolg­rei­che Tabak­händ­ler in Ams­ter­dam waren.

Grab von Zweerts in den Niederlanden
Der KFV-Vize­meis­ter Schier­beek im Tri­kot von HBS Den Haag. Quel­le: Erwin Balk, Haarlem.
KFV-Spie­ler Zweerts mit sei­ner Gat­tin in spä­te­ren Jahren

Wil­lem Chris­tia­an Schierbeek

(13. Sep­tem­ber 1879 in Gro­nin­gen – 23. Sep­tem­ber 1952 in Den Haag)

war der Kee­per der KFV-Mann­schaft, die im Fina­le der Deut­schen Fuß­ball­meis­ter­schaft 1905 stand. Er muss so stark gewe­sen sein, dass er den lang­jäh­ri­gen KFV-Kee­per Wil­helm Lan­ger aus dem Tor ver­dräng­te. Der Han­dels­be­auf­trag­te spiel­te in sei­ner Hei­mat beim Fuß­ball-Club HBS (Houdt Braef Stant) von Den Haag, einem der füh­ren­den Ver­ei­ne der Nie­der­lan­de zu jener Zeit. Ver­mut­lich war er zuvor auch beim FC Haar­lem, einem befreun­de­ten Ver­ein der Den Haa­ger aktiv.

Prinz Maxi­mi­li­an von Baden

(* 10. Juli 1867 in Baden, Baden; † 6. Novem­ber 1929 in Salem bei Überlingen)

war letz­ter deut­scher Reichs­kanz­ler, Pro­tek­tor und Schirm­herr des KFV. Die Annah­me des Pro­tek­to­rats 1905 war für die dama­li­gen Spie­ler und Mit­glie­der eine hohe Ehre. „Dank­bar geden­ken wir […] des badi­schen Prin­zen, unse­res hoch­ver­ehr­ten Pro­tek­tors, der in weit­bli­cken­dem Ver­ständ­nis für die kul­tu­rel­le Bedeu­tung des Rasen­sports, selbst ein glü­hen­der Anhän­ger sport­li­che Betä­ti­gung, dem auf­stre­ben­den Ver­ein als Schirm­herr zur Sei­te stand und durch die öffent­li­che Bekun­dung sei­nes war­men Inter­es­ses dem Woh­le des Karls­ru­her Fuß­ball­ver­eins, die­sem gar man­che wert­vol­le Unter­stüt­zung gedei­hen ließ“, heißt es dazu in der Fest­schrift zum 30-jäh­ri­gen Vereinsjubiläum.

Natio­na­le und inter­na­tio­na­le Bedeu­tung erlang er 1918, in den Wir­ren des 1. Welt­kriegs. Am 30. Sep­tem­ber emp­fiehlt Reichs­kanz­ler Georg Graf von Hert­ling bei sei­nem Rück­tritt Max von Baden als Nach­fol­ger. Am 3. Okto­ber wird Max von Baden zum Reichs­kanz­ler und preu­ßi­schen Minis­ter­prä­si­den­ten beru­fen. 5. Okto­ber: Auf Druck der Obers­ten Hee­res­lei­tung (OHL) über­mit­telt Max von Baden ein Waf­fen­still­stands­ge­such an den ame­ri­ka­ni­schen Prä­si­den­ten Wood­row Wil­son auf Basis von des­sen 14-Punkte-Programm.

Im Okto­ber erzwingt Max von Baden die Ent­las­sung des Gene­rals Erich Luden­dorff aus der OHL. Am 9. Novem­ber ver­kün­det er die Abdan­kung des Kai­sers und über­gibt Fried­rich Ebert, das Amt des Reichs­kanz­lers. Nach sei­nem Rück­tritt wid­met er sich auf Schloß Salem der Grün­dung einer Schu­le, die zur Her­an­bil­dung einer neu­en geis­ti­gen Eli­te in Deutsch­land bei­tra­gen soll.

Von links nach rechts, Ben­se­mann, G.N. Fos­ter, Exc. von Eisen­de­cher, Mor­gan-Owen, Fritz Lan­ger, Prinz Max von Baden, Alt­stadt­rat Zins­er (1907). Quel­le: KFV-Archiv.
Max von Baden bei einem Spiel-Besuch beim KFV
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Wie der Vater so der Sohn: KFV-Ehren­mit­glied Bert­hold von Baden (1906–1963) auf der Titel­sei­te der KFV-Ver­eins­nach­rich­ten. Quel­le: KFV-Archiv.

Die Gebrü­der Zins­er – Archi­tek­ten auf und neben dem grü­nen Rasen

Die Gebrü­der Gott­fried jun. und Juli­us Zins­er (1879 – 13. Mai 1929) tra­ten schon früh dem KFV bei. Bei­de waren auch erfolg­reich im Rudern und erran­gen den ers­ten Sieg bei einem Aus­lands­start des Karls­ru­her Ruder-Ver­eins „Wiking 1899“ in Luzern im Zwei­er. Juli­us Zins­er war der talen­tier­te­re Fuß­bal­ler der Bür­der und wur­de 1905 Vize­meis­ter mit dem KFV. Sowohl Gott­fried als auch Juli­us tra­ten in die die Fuß­stap­fen ihres Vaters und wur­den Archi­tek­ten. Nach Juli­us Zins­ers Plä­nen wur­de u.a. 1912 die Fabrik­hal­le der Hei­del­ber­ger Feder­hal­ter­fa­brik gebaut sowie das Hein­stein­werk Hei­del­berg, wel­ches im glei­chen Zeit­raum ent­stand (heu­te beher­bergt das Gebäu­de u.a. einen deutsch-fran­zö­si­schen Kin­der­gar­ten). Zwei Jah­re nach dem Tod sei­nes Vaters starb KFV-Vize­meis­ter Juli­us Zins­er 1929 nach kur­zer Krank­heit in Karls­ru­he. Von sei­nem Bru­der Gott­fried Zins­er stam­men die Ent­wür­fe des Klub­hau­ses des KFV von 1909.

Dr. phil. August Marx –
Albert Ein­steins Cou­sin als frü­her Fuß­ball­pro­gram­ma­ti­ker des KFV

12. April 1864 in Ulm — 11. Novem­ber 1934 in Durlach

August Marx wur­de als Sohn eines jüdi­schen Kauf­manns 1864 in Ulm gebo­ren und hei­ra­te­te in den 1880er Jah­ren die Stutt­gar­te­rin Lui­se Gut­mann. Ab 8. März 1888 unter­rich­te­te er als Lehr­amts­prak­ti­kant im Karls­ru­her Lyce­um (heu­ti­ges Bis­marck-Gym­na­si­um), dass sich neben dem Eng­län­der­platz befin­det, 1895 als Pro­fes­sor. 1889 pro­mo­vier­te er in Hei­del­berg mit der Dis­ser­ta­ti­on „Grie­chi­sche Mär­chen von dank­ba­ren Tie­ren und Ver­wand­tes“ mit sum­ma cum lau­de. Der Alt­phi­lo­lo­ge und spä­te­rer Direk­tor des Dur­la­cher Gym­na­si­ums (1919–1930), emp­fahl als einer der ers­ten, den Fuß­ball­sport im Schul­be­trieb zu über­neh­men und wird in den KFV-Chro­ni­ken durch­gän­gig als „sach­lich den­ken­der Bera­ter für die Jugend­li­chen“ beschwo­ren. 1894 ver­öf­fent­lich­te er die Schrift „Tur­nen und Bewe­gungs­spiel am Karls­ru­her Gym­na­si­um“, in dem er auch die Rol­le des Fuß­balls behan­delt. Sei­ne Aus­ein­an­der­set­zun­gen mit Ben­se­mann um die pro­gram­ma­ti­sche Aus­rich­tung des KFV führ­ten zur (Aus-)Gründung der Karls­ru­her Kickers (sie­he oben). Von 1893 bis 1895 blieb Marx die füh­ren­de Per­sön­lich­keit im KFV, schei­ter­te jedoch schließ­lich mit sei­nen Auf­fas­sun­gen über die prak­ti­sche Umset­zung des moder­nen Fuß­ball­spiel­be­triebs.
Marx war Sohn von Albert Ein­steins Tan­te Cle­men­ti­ne Ein­stein (1842–1930) und besuch­te regel­mä­ßig sei­ne Eltern in Ulm. Sein Vater – aus Wei­kers­heim stam­mend – bereits zum drit­ten Mal ver­hei­ra­tet und 13 Jah­re älter als Cle­men­ti­ne Ein­stein, starb 1909 an Arte­ri­en­ver­kal­kung und einer Ner­ven­er­kran­kung. Sein Bru­der Ernst (geb. 1878) starb im Mai 1917 wäh­rend des ers­ten Welt­krie­ges in einem Brüs­se­ler Mili­tär­kran­ken­haus an einer Blut­ver­gif­tung. August Marx war einer der ers­ten Freun­de des 1894 nach Karls­ru­he gezo­ge­nen Fritz Haber, der 1918 den Che­mie-Nobel­preis gewann und durch das Haber-Bosch-Ver­fah­ren zur Ammo­ni­ak­syn­the­se, wel­che die Mas­sen­pro­duk­ti­on von Stick­stoff­dün­gern ermög­lich­te, berühmt wur­de. Haber war Teil der abend­li­chen Stamm­tisch­ge­sell­schaft um August Marx, dem Geschichts­leh­rer Dau­ber, den Gebrü­dern Haus­rath (ein Gym­na­si­al­leh­rer und ein Forst­wis­sen­schaft­ler) und dem Maler Leo­pold Graf Kalck­reuth. Ob auch der KFV ein­mal ein Gesprächs­the­ma in der illus­tren Run­de war, ist nicht über­lie­fert. Durch Marx Freund­schaft zu Haber soll die­ser Albert Ein­stein eine Posi­ti­on in der Preu­ßi­schen Aka­de­mie der Wis­sen­schaf­ten in Ber­lin ver­mit­telt haben (ca. 1913). Sicher ist, dass sich Albert Ein­stein und Fritz Haber durch Marx ken­nen­lern­ten und spä­ter auch gute Freun­de wur­den. 1919 emp­fahl Albert Ein­stein sei­ner im glei­chen Jahr geschie­de­nen (ers­ten) Ehe­frau Mile­va Marić von Zürich mit den Kin­dern zu Marx nach Dur­lach zu zie­hen, um dort güns­ti­ger woh­nen zu kön­nen. Ein Jahr spä­ter ver­warf Ein­stein die Idee aller­dings wie­der. Die Freund­schaft zwi­schen Fritz Haber und Marx hielt ein Leben lang. Rudolf Moos (1866–1951), Cou­sin 2. Gra­des zu Ein­stein und bekann­ter Unter­neh­mer der Her­ren­schuh­mar­ke „Sala­man­der“, erin­ner­te sich in sei­nen Memoi­ren, dass sich Haber auf einer Din­ner­par­ty von Albert Ein­stein am 27. Juli 1920 (bei der auch bei auch Reichs­au­ßen­mi­nis­ter Walt­her Rathen­au zu Gast war) bei ihm nach Marx erkun­de­te. Im Ster­be­jahr Habers, ging bei des­sen Sohn Her­mann auch ein Kon­do­lenz­schrei­ben von Marx ein.
In Dur­lach galt August Marx galt als fein­sin­ni­ger Schul­di­rek­tor. 1922 ver­öf­fent­lich­te er mit „Sene­cas Apo­ko­lo­kyn­to­sis für den Schul­ge­brauch“ sei­ne letz­te Schrift. Am Dur­la­cher Gym­na­si­um för­der­te er u.a. den Real­leh­rer Josef Haus­mann, der 1936 mit dem Auf­bau der jüdi­schen Schu­le Karls­ru­he beauf­tragt und 1942 in Ausch­witz ermor­det wur­de. Bis zu sei­nem Tod, vier Jah­re nach sei­ner Pen­sio­nie­rung, bewohn­te er mit sei­ner Fami­lie ein Haus groß­bür­ger­li­chen Zuschnitts in der Karls­ru­her Hän­del­stra­ße. Aus August Marx‘ Ehe mit Lui­se Gut­man stammt die Toch­ter Lore (geb. 18.12.1899 in Karls­ru­he) und die zwei Söh­ne und Erich (geb. 1901 in Karls­ru­he) und Wal­ter Marx (26.06.1907 in Karls­ru­he – 08.1984 in Los Ange­les). 1934 emi­grier­te Wal­ter in die USA, da er als „Nicht­ari­er“ – auch wenn er kei­ne Reli­gi­ons­ge­mein­schaft ange­hör­te – kei­ne beruf­li­chen Chan­cen in Deutsch­land hat­te und wur­de 1954 Pro­fes­sor an der Uni­ver­si­ty of Sou­thern Cali­for­nia, Los Ange­les. Sein Sohn Tho­mas wur­de in den 1950er Jah­ren in L.A. gebo­ren. Diplom-Inge­nieur Erich wan­der­te bereits 1927 in die USA aus. Die stu­dier­te Bio­lo­gin Lore folg­te 1933 über Däne­mark in die USA (1936). August Marx ruht heu­te auf dem libe­ral-jüdi­schen Fried­hof in Karls­ru­he, Grab-Nr. 710.

Abbil­dung: August Marx 1934, Quel­le: Dr. Peter Güß, aus dem Nach­lass von Dr. Edu­ard Dietz (1866–1940), Karlsruhe.

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Eine der weni­gen über­lie­fer­ten Fotos von August Marx.
Das Karls­ru­her Tag­blatt 79 (21.3.1927), Sport Tur­nen Spiel, berich­tet über den Geburts­tag Schri­ckers. Quel­le: KFV-Archiv.

Dr. Ivo Schricker

(* 18.März 1877 in Straß­burg, Elsass; † 10.Januar 1962)

Dr. Ivo Schri­cker spiel­te wie sein Bru­der Erwin unter ande­rem bei den Karls­ru­her Kickers, beim FV Straß­burg und beim Aka­de­mi­schen S.C. Ber­lin. Mit dem Karls­ru­her FV wur­de er mehr­mals Süd­deut­scher Meis­ter. 1899 gehör­te er zu den bes­ten Akteu­ren bei den ers­ten — noch inof­fi­zi­el­len — Län­der­spie­len gegen Mann­schaf­ten aus Eng­land. Nach sei­ner akti­ven Zeit war Schri­cker von 1923 bis 1925 Vor­sit­zen­der des Süd­deut­schen Fuß­ball­ver­ban­des. 1932 wur­de er zum ers­ten FIFA-Gene­ral­se­kre­tär gewählt und übte die­ses Amt bis Dezem­ber 1950 aus.

 

Fei­er zum 80. Geburts­tag von Ivo Schri­cker im Kreis vie­ler KFV-Freun­de: Alt­spie­ler Otto Raupp, Fischer, der ehe­ma­li­ge KFV-Vor­sit­zen­de Albiez, Göring, Wal­ter Finn­ei­sen, Dr. Mey­er, Meis­ter­spie­ler Tscher­ter, Alt­na­tio­nal­spie­ler Lorenz Huber, Wil­li Sic­card, Gort, Alfred Reeb. Davor KFV-Grün­dungs­mit­glied Wil­helm Lan­ger, Dr. Ivo Schri­cker und Wil­helm Häf­ner. Quel­le: Stadt­ar­chiv Karlsruhe.
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War dem KFV bis ans Lebens­en­de ein treu­er Beglei­ter: Ivo Schri­cker. Quel­le: KFV.

Fried­rich Wil­helm Nohe – Tem­pe­ra­ment­vol­ler DFB-Prä­si­dent und KFV-Vorsitzender

10. April 1864 — 13. Okto­ber 1940

Im Jahr 1890 lern­te Nohe, als Leh­rer der moder­nen Spra­che in der Mili­tär­schu­le in Lon­don tätig, das Fuß­ball­spiel ken­nen, des­sen begeis­ter­ter Anhän­ger er sehr schnell wur­de. Fünf Jah­re lang spiel­te er aktiv in einem eng­li­schen Klub. Nach sei­ner Rück­kehr nach Deutsch­land sie­del­te er im Jahr 1896 von Wies­ba­den nach Karls­ru­he über, wo er als­bald Mit­glied des Karls­ru­her Fuß­ball­ver­eins wur­de. Schon im Okto­ber 1896 über­trug man ihm das Amt des ers­ten Vor­sit­zen­den, das er lan­ge Jah­re inne­hat­te. Bereits im Jahr 1894 hat­te ein gewis­ser Walt­her Ben­se­mann ver­sucht die süd­deut­schen Ver­ei­ne zusam­men­zu­schlie­ßen. An jenem 17.Oktober 1897 ver­sam­mel­ten sich im „Lands­knecht“ zu Karls­ru­he die Ver­tre­ter der acht damals in Süd­deutsch­land maß­ge­ben­den Ver­ei­ne. Nohe fand nach eige­ner Aus­sa­ge in sei­nen Erin­ne­run­gen, sei­nen Gegen­spie­ler in Per­son des süd­deut­schen, zu dama­li­ger Zeit in Ber­lin stu­die­ren­den Walt­her Ben­se­mann. Die­ser hat­te noch einen offe­nen Brief an die in Karls­ru­he zwecks Grün­dung einer Fuß­ball-Uni­on am 17. Okto­ber ver­sam­mel­ten Fuß­bal­ler gerich­tet. Nohe war stets für sein her­aus­ra­gen­des Orga­ni­sa­ti­ons­ta­lent weit bekannt, und als er als Ver­tre­ter sei­nes Ver­eins KFV der Grün­dung des Süd­deut­schen Ver­ban­des 1897 bei­wohn­te, wur­de er ein­stim­mig zum Vor­sit­zen­den gewählt. Er hat die Gunst der Stun­de für sich genutzt. Mit Recht, fühl­te sich Ben­se­mann als der eigent­li­che Grün­der des Süd­deut­schen Fuß­ball­sports über­gan­gen. Nohe wur­de am Oster­sonn­tag 1898 im Hotel Mono­pol in Karls­ru­he zum ers­ten Vor­sit­zen­den des Ver­ban­des Süd­deut­scher Fuß­ball­ver­ei­ne gewählt, dem er dann bis 1907 vor­ste­hen sollte.

Als am 28. Novem­ber 1899 die Aus­wahl­mann­schaf­ten aus dem Fuß­ball-Mut­ter­land Eng­land und Deutsch­land den Gro­ßen Exer­zier­platz zu Karls­ru­he betra­ten und das ers­te geschichts­träch­ti­ge Jahr­hun­dert-Match in Karls­ru­he statt­fand, war kein gerin­ge­rer als der Fuß­ball-Pio­nier Walt­her Ben­se­mann (der spä­te­re „Kicker“-Gründer) der Schieds­rich­ter. Er hat­te es sich nicht neh­men las­sen, das Jahr­hun­dert-Match auch per­sön­lich anzu­pfei­fen, da er die Deutsch­land-Tour­nee der Bri­ten orga­ni­siert und auch aus eige­ner Tasche bezahlt hat­te. Es war ein stei­ni­ger Weg bis zum sport­li­chen „Welt­wun­der“ – die eng­li­schen Fuß­ball-Gigan­ten, die so gut wie nie aufs Fest­land kamen und dann nur für astro­no­mi­sche Sum­men.
Ben­se­mann, damals ein gera­de 26-jäh­ri­ger Stu­dent, ließ sich weder von 62 deut­schen Pro­test­brie­fen noch von der Absa­ge des geplan­ten Spiel­orts in Ham­burg ent­mu­ti­gen, son­dern bestand auf sei­nem ein­ma­li­gen Pro­jekt. Er selbst bezahl­te die kol­por­tier­ten 4.000 Mark Antritts­prä­mie. Die Eng­län­der erwie­sen sich als fai­re Sports­leu­te und sol­len dar­auf­hin wei­te­re 4.300 Mark an Spe­sen selbst über­nom­men haben.

Doch der größ­te Wider­stand gegen die­ses Spiel kam aus­ge­rech­net aus Karls­ru­he selbst : Denn der Prä­si­dent des noch jun­gen (1897 gegrün­de­ten) Süd­deut­schen Fuß­ball­ver­ban­des (V.S.F.V.), Fried­rich Wil­helm Nohe, woll­te das Län­der­match unter allen Umstän­den ver­hin­dern. Mit dras­ti­schen Mit­teln: Nohe, der gleich­zei­tig KFV-Vor­stand war, ver­wei­ger­te nicht nur die Spiel­stät­te am Eng­län­der­platz, son­dern ver­bot auch, dass Ver­bands­mit­glie­der bei dem Match auf­lau­fen durf­ten! Dies hat­te kurio­se Fol­gen: Der FC Phö­nix Karls­ru­he, bei dem Ben­se­mann gleich­zei­tig Mit­glied (!) war, stell­te nun sei­nen eige­nen Platz auf dem „Gro­ßen Exer“ zur Ver­fü­gung – und wur­de dafür auf Betrei­ben Nohes aus dem Ver­band gewor­fen. Noch bizar­rer ging es bei den KFV-Spie­lern Fritz Lan­ger und Juli­us „Jul­le“ Zins­er zu: Da sie unbe­dingt mit­ki­cken woll­ten, kehr­ten sie kur­zer­hand ihrem Ver­ein unter dem KFV-Prä­si­den­ten Nohe den Rücken und tra­ten beim FC Phö­nix ein.
Viel­leicht waren sich die bei­den gro­ßen Fuß­ball-Pio­nie­re Nohe und Ben­se­mann schlicht zu ähn­lich. Die­se Zer­würf­nis­se wur­den weder von Nohe noch von Ben­se­mann aus­zu­räu­men ver­sucht. Unab­hän­gig davon wur­de Nohe auf­grund sei­ner Ver­diens­te spä­ter auch zum Ehren­vor­sit­zen­den des KFV ernannt.
Neben die­sem Amt des Vor­sit­zen­den des Süd­deut­schen Ver­ban­des wur­de er beim 8. Bun­des­tag des DFB am 21. Mai 1904 in Kas­sel zum Vor­sit­zen­den des Deut­schen Fuß­ball­bun­des gewählt. Just an die­sem Tag wur­de auch der Fuß­ball-Welt­ver­band FIFA in Paris gegrün­det. Nohe sah sich jedoch nach ein­jäh­ri­ger Tätig­keit gezwun­gen, eine beab­sich­tig­te Wie­der­wahl beim Ver­bands­tag 1905 in Köln abzu­leh­nen, weil es ihm unmög­lich war, die bei­den Ämter als Vor­sit­zen­der des Bun­des und des Ver­ban­des auf län­ge­re Dau­er neben­ein­an­der zu füh­ren, und weil er sei­nem Süd­deut­schen Ver­band nicht untreu wer­den wollte.

Nohe war einer der Vor­kämp­fer des Gedan­kens der Schaf­fung gro­ßer Lan­des­ver­bän­de, und die Ent­wick­lung des Deut­schen Fuß­ball­bun­des gab ihm in sei­ner Auf­fas­sung der Din­ge Recht. Für die Güte und den Erfolg sei­ner Arbeit spricht auch die Tat­sa­che, dass er zehn Jah­re lang auf den Ver­bands­ta­gen des SFV stets ein­stim­mig zum Vor­sit­zen­den wie­der­ge­wählt wur­de. Es traf ihn sehr, dass gera­de das von ihm geplan­te Stif­tungs­fest aus Anlass des 10-jäh­ri­gen Bestehens des Ver­ban­des Süd­deut­scher Fuß­ball­ver­ei­ne nicht statt­fin­den soll­te, weil sich der Ver­bands­vor­stand 1907 im Mei­nungs­kampf mit dem DFB befand. Es gab zunächst Dif­fe­ren­zen zwi­schen dem Süden und Ber­lin, spä­ter auch mit dem DFB selbst. Der von Nohe ver­lang­te sogar den zeit­wei­li­gen Aus­tritt sei­nes SFV aus dem DFB. Dies war jedoch von der Ver­tre­ter­ver­samm­lung wie­der­holt abge­lehnt worden.

Im Jahr 1907 trat Nohe daher von der Lei­tung des Süd­deut­schen Ver­ban­des zurück. Mit ihm leg­ten sämt­li­che Mit­glie­der des Ver­bands­vor­stan­des ihre Ämter nie­der. Ein­mal mehr haben per­sön­li­che Dif­fe­ren­zen dem ver­dien­ten aber auch streit­ba­ren Füh­rer zu sei­nem im Inter­es­se der Fuß­ball­sa­che bedau­er­li­chen Ent­schluss geführt. Wie tief sich Nohe durch den ableh­nen­den Ver­tre­ter­tags-Beschluss getrof­fen fühl­te, möge die Tat­sa­che bewei­sen, dass er nicht nur die vom glei­chen Ver­tre­ter­tag beschlos­se­ne Ernen­nung zum Ehren­vor­sit­zen­den des Ver­ban­des ablehn­te, son­dern auch sei­ne Mit­glied­schaft im Ver­band süd­deut­scher Fuß­ball-Ver­ei­ne auf­kün­dig­te! Mit gro­ßem Weit­blick hat­te Nohe den SFV als ers­ten Ver­band mit einer Gau­auf­tei­lung ver­se­hen und fol­ge­rich­tig mit die­ser auf­ge­bau­ten Ver­wal­tung sinn­vol­le Struk­tu­ren geschaf­fen , mit denen sich ein gan­zes Ver­bands­ge­biet effek­tiv ver­wal­ten lies, ohne Gefahr zu lau­fen , dass sich spä­ter wei­te­re klei­ne­re Ver­bän­de grün­den könn­ten. In sei­ner knapp 10-jäh­ri­gen Amts­zeit als 1. Ver­bands­vor­sit­zen­der war die ursprüng­lich Zahl von acht Ver­ei­nen mit 350 Mit­glie­dern auf fast 200 Ver­ei­ne mit mehr als 10.000 Mit­glie­dern gestie­gen.
Aus­ge­rech­net Ben­se­mann, Fried­rich-Wil­helm Nohes lang­jäh­ri­ger größ­ter Wider­sa­cher, wür­digt die Ver­diens­te die­ses Man­nes wie folgt: „Mit Nohe selbst ist die bedeu­tends­te Per­sön­lich­keit aus dem deut­schen Sport geschie­den. Ich bin nicht immer mit sei­ner Kamp­fes­wei­se ein­ver­stan­den gewe­sen und habe es stets bedau­ert, dass er das „fori­ter in re, sua­vi­ter in modo“ nicht ein­hal­ten konn­te. (Über­set­zung :„Stark in der Sache, mil­de in der Art“) Aber wo viel Licht ist, ist viel Schat­ten; ein gro­ßer und ener­gi­scher Cha­rak­ter lässt sich eben nicht ohne Eigen­schaf­ten den­ken, die zu Zei­ten ver­let­zend wir­ken. Ein intel­li­gen­ter Kopf, ein gebo­re­ner Mas­sen­füh­rer, ein bril­lan­ter Red­ner, ein Mensch von eiser­nem Wil­len, der stets wuss­te, was er woll­te, und die rich­ti­gen Leu­te und Mit­tel zur Errei­chung sei­ner Zie­le fand, ein unver­söhn­li­cher Geg­ner wäh­rend des Kamp­fes, so wird er uns stets in Erin­ne­rung blei­ben. Er war ein Mann, nehmt alles nur in allem, Ihr wer­det nim­mer sei­nes­glei­chen seh‘n“

Wil­helm Lan­ger (links) mit dem alten Weg­ge­fähr­ten Ivo Schri­cker. Quel­le: KFV.
Wil­helm Lan­ger (rechts) erhält vor einem Spiel gegen TSV 1860 Mün­chen im Früh­jahr 1954 ein Ehren­ge­schenk der Münch­ner. Links: Ivo Schri­cker. Quel­le: KFV-Archiv.

Lan­ger – Die KFV-Gründerfamilie

„Man schrieb das Jahr 1890. In der Karl­stra­ße neben dem Restau­rant Monin­ger wohn­te die Fami­lie des Fors­ra­tes Lan­ger. 5 Buben waren der Stolz der Eltern. Sie besuch­ten alle das Real­gym­na­si­um: Fritz, Ernst, Wil­helm, Max, Erwin. Täg­lich toll­ten sie auf dem nahen Plätz­le am Ran­de des Hardt­wal­des, wo eng­li­sche Stu­den­ten der Techn. Hoch­schu­le ihnen die Kunst des Fuß­balls vor Augen führ­ten“. Fritz, Ernst und Wil­helm gehör­ten zu den Grün­dungs­mit­glie­dern des KFV. Auch in der Mut­ter Mar­tha fan­den die jun­gen Pio­nie­re eine gro­ße Unter­stüt­ze­rin (sie­he oben).
Lan­ge Zeit wur­de Wil­helm Lan­ger (23. Janu­ar 1880 in Schlos­sau, Kreis Buchen — 15. Febru­ar 1970 in Karls­ru­he) – „Wil­lem“ geru­fen – von sei­nen bei­den älte­ren Brü­dern Fritz und Ernst als Fuß­bal­ler nicht ernst genom­men. Als der KFV 1895 mit Ernst und Fritz Lan­ger in sei­nen Rei­hen gegen eine Schü­ler­mann­schaft mit Wil­helm im Tor antrat, bis­sen sich Ernst und Fritz an den Para­den von Wil­helm die Zäh­ne aus. In glän­zen­der Manier bewahr­te der damals 15-jäh­ri­ge sei­ne Schü­ler­mann­schaft vor einem Gegen­tor durch den KFV. Sicht­lich genervt fass­te Fritz sein jün­ge­ren Bru­der nach dem Spiel am Arm und droh­te: „Komm num­me heim, heut kriegsch se“. Trotz des anfäng­li­chen Zorns wur­de Wil­helm nach dem denk­wür­di­gen Spiel in den KFV auf­ge­nom­men. Der 1,90 m gro­ße Tor­wart fei­er­te im Spiel gegen den Baden-Bade­ner FC (5:1) 1896 sein Debüt in der ers­ten Mann­schaft und war bis 1908 als Spie­ler der Schwarz-Roten aktiv. „Wir woll­ten als Pen­nä­ler Fuß­ball spie­len, alles ande­re war uns egal“, erin­ner­te er sich mit 81 Jah­ren in einem Inter­view zum 70. Wie­gen­fest des KFV (1961). Wil­helm Phil­ipp Lan­ger „box­te die Bäl­le mit sol­cher Wucht aus dem Tor­raum, dass sie fast so weit ins Feld zurück­flo­gen wie Abschlä­ge mit dem Fuß“. Her­aus­lau­fen und Fuß­ab­weh­ren gehör­ten zu sei­nen Stär­ken. Als Kapi­tän des KFV stell­te er einst einen Mann­schafts­ka­me­ra­den gar kur­zer­hand selbst vom Platz, da sich die­ser nicht sei­nen Anwei­sun­gen ent­spre­chend ver­hielt. In Frei­burg ver­wies er einen Mann­schafts­ka­me­ra­den ins KFV-Tor, als jener nicht mit sei­nem rüden Gegen­spie­ler auf dem Feld zurecht­kam. Dar­auf­hin klär­te Wil­lem die Ange­le­gen­heit auf sei­ne Art: „Wil­helm nahm sich des unge­ra­te­nen Gegen­spie­lers an und ließ in zwei­mal Bekannt­schaft mit den Zuschau­ern machen, die nahe am Platz­ran­de saßen, bis der wil­de Mann sich beru­higt hat­te. Dann ging er wie­der see­len­ru­hig in sein Tor zurück und sag­te zu sei­nem Freun­de: „So, jetzt kann’sch Du wid­der wei­ter­ma­che“. In sei­ner Spie­ler­kar­rie­re stand er zwei­mal im End­spiel um die deut­sche Meis­ter­schaft (1905 kurio­ser­wei­se als Feld­spie­ler) und wur­de mehr­mals süd­deut­scher Meister.

Als Tor­hü­ter – oft­mals unge­recht­fer­tigt als Sün­den­bock für Gegen­to­re ver­ant­wort­lich gemacht – eig­ne­te er sich eine Schlag­fer­tig­keit an, die nicht sel­ten für Schmun­zeln bei den Mit­spie­lern sorg­te. Vom Sport­jour­na­lis­ten Joseph Mich­ler (Badi­sche Pres­se, 3.4.1927, No. 157, S. 16) ist fol­gen­de Anek­do­te über­lie­fert: „Aber dann und wann pas­sier­te auch […] ein Miß­ge­schick, das man Tor nennt. Und dann war immer gro­ßer Ver­druß. Ein­mal gelang es dem Stutt­gar­ter „Spring­bock“ Kipp, daß Trio [Wil­helm Lan­ger, Ernst Holl­stein und Fritz Gutsch] zu schla­gen. Dar­auf­hin dreh­te sich Gutsch nach dem „Wil­lem“ um und mein­te sehr deut­lich: „Hm! Es gibt halt Tore und Toren!!“ Das väter­li­che Dich­ter­blut reg­te sich in ihm und mach­te eben die­sen Aus­fall. „Wil­lem“ ließ sich des­we­gen nicht aus der Fas­sung brin­gen, son­dern gab see­len­ru­hig zurück: „Da hasch‘ recht, Fritz­le, Nur moi‘ i‘, es gibt a Full­back und Holz­böck, net?!!“ [Anmer­kung der Redak­ti­on: „Holz­bock“ = ein tech­nisch wenig ver­sier­ter und recht „gro­ber“ Ver­tei­di­ger; „Full­back“ = eng­li­scher Name für (zen­tra­le) Defen­siv­spie­ler] – Die Männ­lein am K.F.V.-Hügel fei­er­ten vor Ver­gnü­gen. „Fritz­le“ Gutsch aber hat­te es mit einem Male sehr eilig vom Tore weg und an den Ball zu kom­men“.
1905 war Wil­helm Lan­ger maß­geb­lich am Aus­bau des Sport­plat­zes an der (spä­te­ren) Tele­gra­fen­ka­ser­ne betei­ligt. Wil­lem war nicht nur auf Fuß­ball­platz ein All­roun­der: Als Rude­rer erhielt 1913 eines der ers­ten Reichs­port­ab­zei­chen in Gold und war außer­dem im Ten­nis, Ski­sport und als Leicht­ath­let aktiv. Im 1. Welt­krieg wur­de er schwer ver­wun­det und trug zeit­le­bens ein rus­si­sches Infan­te­rie­ge­schoss im Kör­per(!) Als 54-jäh­ri­ger hei­ra­te­te er in Karls­ru­he (sein älte­rer Bru­der Ernst war Trau­zeu­ge). Von 1936 bis 1945 war der Diplom-Inge­nieur Vor­stand des Reichs­bahn­sport­ver­eins Karls­ru­he und beruf­lich als Reichs­bahn­rat bekannt. Bereits 1921 wur­de er zum KFV-Ehren­mit­glied ernannt und erhielt außer­dem den Ehren­brief des DFB.

Ernst Lan­ger wur­de um 1875 in Schlos­sau gebo­ren und soll regel­mä­ßig mit Zwi­cker samt Kett­chen auf der Mit­tel­läu­fer­pos­ti­on gespielt haben. Der Bank­pro­ku­rist wur­de 1921 zusam­men mit sei­nem Bru­der Wil­helm zum Ehren­mit­glied des Ver­eins ernannt. Erwin Lan­ger (7. August 1883 — 18. Janu­ar 1915) fiel im 1. Welt­krieg. Der Stad­bau­di­rek­tor Fried­rich „Fritz“ Leo­pold Lan­ger (9. Sep­tem­ber 1878 in Schlos­sau, Kreis Buchen — 24. Febru­ar 1942 in Karls­ru­he) stand vor dem 1. Welt­krieg an der Spit­ze des Spiel­aus­schus­ses des DFB. Als ein­zi­ge Per­son wur­de er zum KFV-Prä­si­dent auf Lebens­zeit ernannt (sei­ne aus­führ­li­che Bio­gra­fie befin­det sich im Kapi­tel zu den Ver­eins­füh­rern wäh­rend der Zeit des Nationalsozialismus).

Richard Drach – Frü­her KFV-Funktionär

1873 in Karls­ru­he – 1924 in Heidelberg


Drach gehör­te schon zur Grün­dungs­zeit dem KFV an. Als 25-Jäh­ri­ger ver­trat Drach als Mit­glied des KFV den Ver­ein bei der Grün­dung des Ver­ban­des süd­deut­scher Fuß­ball­ver­ei­ne und führ­te zunächst inte­rims­mä­ßig den neu­ge­grün­de­ten Ver­band an. Der stu­dier­te und pro­mo­vier­te Inge­nieur war zunächst Regie­rungs­bau­meis­ter in Karls­ru­he, eher er am 20. April 1914 zum 2. (= tech­ni­schen) Bür­ger­meis­ter von Hei­del­berg gewählt wur­de. Die­ses Amt übte er vom 1. Mai 1914 bis zu sei­nem Tod aus. 1918, kurz nach Ende des 1. Welt­kriegs war er in der deut­schen Novem­ber­re­vo­lu­ti­on Kom­man­deur der Volks­wehr. Poli­tisch betä­tig­te er sich in der DDP. Zusam­men mit füh­ren­den badi­schen Demo­kra­ten dar­un­ter Mar­tin Dibe­l­i­us, Wil­ly Hell­pach, Wal­ter Hoff­mann, Oskar Hof­heinz, Her­mann Maas, Lud­wig Mül­ler, Wil­helm Veith, Alfred Weber, Max Weber, wand­te er sich am 29. Janu­ar 1919 in einem Auf­ruf an die Jugend, sich einer demo­kra­ti­schen Jugend­or­ga­ni­sa­ti­on zusam­men­zu­schlie­ßen. Am 6. Sep­tem­ber 1924 grün­de­te Drach den Hei­del­ber­ger Reichs­ban­ner in der Har­mo­nie, des­sen 1. Vor­sit­zen­der er wur­de. 1922 ver­öf­fent­lich­te er „Die Grund­la­ge künf­ti­ger Stadt­er­neue­rung“, in: Deut­sche Städ­te – Hei­del­berg. Stutt­gart 1922. In Hei­del­berg und in Karls­ru­he ist jeweils eine Stra­ße nach Richard Drach benannt.

Jac­ques Johan­nes Bouvy

(26. März 1880 in Ban­da-Nei­ra, Nie­der­län­disch-Indi­en/ Indo­ne­si­en – 8. Dezem­ber 1961 in ‘s Gravenhage)

stamm­te aus einer nie­der­län­di­schen Fuß­ball­fa­mi­lie aus Dor­d­recht. Sein Groß­va­ter Jaco­bus Johan­nes grün­de­te 1848 die N.V. Kon­in­kli­jke Neder­land­se Glas­fa­b­riek J.J.B.J. Bou­vy. Zusam­men mit sei­nen Brü­dern Nico(laas) Jan Jero­me (1892–1957), Evert (1881–1964) und Adolf Albert (1884–1945) bil­de­te er dort das „Bou­vy Kwar­tet“ des Dord­tsche FC. Der berühm­tes­te der Brü­der, Nico, ver­ließ Dord­t­recht und spiel­te 1913 bei Alto­na 1893 Ham­burg. 1912 nahm er bei den Olym­pi­schen Spie­len in Stock­holm teil. 1914/15 wech­sel­te er zum HFC Har­leem, wo er 1922/23 sei­ne Kar­rie­re been­de­te. In 9 Län­der­spie­len erziel­te er vier Tore. Wie sein älte­rer Bru­der Jac­ques nach Karls­ru­he kam, ist nicht bekannt. Mög­lich ist, dass er Stu­dent in Karls­ru­he war, da Jac­ques spä­ter als Inge­nieur arbei­te­te. Ab 1904 stand er für den KFV auf dem Platz und wur­de 1905 deut­scher Vize­meis­ter mit den Schwarz-Roten. 1913 hei­ra­te­te er im nie­der­län­di­schen ‘s Gra­ven­ha­ge und wur­de Vater zwei­er Kinder.

Graf Alber­to Bona­cos­sa — Ita­lie­ni­scher Gastspieler

24. August 1883 in Vige­va­no, Ita­li­en — 31. Dezem­ber 1953 in Mai­land, Italien

war in der Sai­son 1904/05 für den KFV aktiv. Er stu­dier­te an der tech­ni­schen Uni­ver­si­tät in Karls­ru­he und war spä­ter ite­lie­ni­scher Ver­tre­ter im olym­pi­schen Komi­tee. Ab 1932 gab er die Sport­zeit­schrift „Gaz­zet­ta del­lo Sport“ heraus.

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Die­se im Archiv des KFV auf­be­wahr­ten Arti­kel sowie ein Schrei­ben des Vor­stan­des an Ivo Schri­cker, mit der Bit­te ein Kon­do­lenz­schrei­ben auf­zu­set­zen, führ­ten über­haupt erst dazu, dass die kur­ze Spiel­zeit Bona­cos­sas beim KFV nicht in völ­li­ge Ver­ges­sen­heit geriet
Hans Wolz am 8.2.1937 in “Der Führer”.

Hans Wolz – Sprö­der Ver­wal­tungs­mann des KFV steigt zum Stellv. Reichs­fach­amts­lei­ter des DFB auf

Gebo­ren 1885 in Basel, gestorben (?)

Wolz spiel­te in der “Som­mer­mann­schaft” des KFV, beklei­de­te von 1907 bis 1913 meh­re­re Ämter des Ver­eins sowie u.a. das des stell­ver­tre­ten­den Vor­sit­zen­den (ob er mit dem namens­glei­chen Hans Wolz, der Spie­ler der ers­ten Mann­schaft in den 1920er Jah­ren war, ver­wandt war, ist unbekannt).

Bei der Post durch­leb­te er eine ste­ti­ge Kar­rie­re: Seit März 1902 in Karls­ru­he im Post­dienst, wur­de er 1913 Tele­gra­fen­as­sisstent und wur­de im April 1917 zum Tele­gra­fen­se­kre­tär beför­dert. Nach dem ers­ten Welt­krieg zog er von Karls­ru­he nach Ber­lin. Im Ber­lin der 1920er Jah­re wirk­te er ehren­amt­lich an eini­gen im Bau befind­li­chen Sport­an­la­gen mit. Felix Lin­ne­mann, DFB-Prä­si­dent, wur­de auf ihn auf­merk­sam und berief ihn 1930 in die Füh­rungs­sprite des Ver­bands und wur­de Haupt­sport­wart. 1942 wur­de er Ober­post­rat.
Der zuvor poli­tisch pas­siv leben­de Wolz trat im Mai 1933 in die NSDAP ein. Die SED-Kreis­lei­tung Schö­ne­berg-Frie­den­au will 1948 in Erfah­rung gebracht haben, dass dies „auf Drän­gen sei­ner Vor­ge­setz­ten“ (Have­mann, 2005, S. 112) erfolg­te. Ver­mut­lich – so argu­men­tiert Have­mann – war er kein Mensch mit einer ideo­lo­gisch fun­dier­ten natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Gesin­nung. Sein Par­tei­bei­tritt ver­stand er als Akt kar­rie­re­be­wuss­ter, oppor­tu­nis­ti­scher Anpas­sung. Wolz soll ein sprö­der, tro­cke­ner Geist gewe­sen sein, „der die Ver­wal­tungs­men­ta­li­tät des Staats­be­diens­te­ten selbst bei der Arbeit für den DFB nicht abzu­le­gen ver­moch­te“. Wolz war u.a. für Pass­we­sen und Regel­durch­set­zung im DFB ver­ant­wort­lich. Der gebür­ti­ge Base­ler gehör­te zu den pro­mi­nen­te­ren Gesich­tern des DFB in den 1930er Jah­ren. So erwähn­te bspw. der Kicker vom 07.09.1937 sei­nen Besuch bei der Ein­wei­hung der neu­en Tri­bü­ne am Rie­der­wald in Frank­furt. Nach dem Tod des Köl­ner Carl Zör­ner, der im Osten fiel, wur­de Wolz 1943 von DFB-Prä­si­dent Lin­ne­mann zum stell­ver­tre­ten­den Reichs­fach­amts­lei­ter im Fach­amt Fuß­ball ernannt.