Auch nach der erfolgreichen Meisterschaft im Jahr 1910 war es mit dem erfolgreichen Fußball beim KFV noch lange nicht vorbei. Geradezu spektakulär mutet das “Spielermaterial” an, das auch nach dem 1. Weltkrieg den Weg zum Altmeister fand. Auf dieser Seite haben wir ihre Portraits durchleuchtet.
Übersicht
Deutsche Nationalspieler
Lorenz „Lora“ Huber (1906–1989), Deutscher Nationalspieler
Ludwig Damminger (1912–1981), Deutscher Nationalspieler
Franz Immig (1918–1955), Deutscher Nationalspieler
Emil „Mile“ Kutterer (1898–1974), Deutscher Nationalspieler
Ernst „Willi“ Willimowski (1916–1997), Deutscher und polnischer Nationalspieler
Nationalspieler anderer Nationalmannschaften
Rafet Bekir „Bombacı“ (1899–1977), Türkischer Nationalspieler
Fritz „Frédéric“ Keller (1913–1985), Französischer Nationalspieler, WM-Teilnehmer 1938
Aldo Poretti (1906-?), Schweizer Nationalspieler
Weitere Spieler des KFV:
Fritz „Spitzer“ Müller (1910–1984), Deutscher B‑Nationalspieler
Takis Xanthopoulos (?-?), Griechischer Torwart
Karl Ziegler (1919–2019), Bundesradtrainer, Entdecker von Rudi Altig
Trainer-Portraits:
James “Jimmy” Lawrence, früherer Rekordspieler von Newcastle United
Jack Burton, aus England
Ralph Hymmen
Ludwig Tretter
Rudolf Janssen
Fritz Müller „Müller-Spitzer“ – Enfant terrible, Exzentriker, Fußballtalent
16. Juli 1910 in Karlsruhe – 3. Juli 1984 in Karlsruhe
Aus der Jugend des VfB Karlsruhe kam Müller 1931 zum KFV, wo er seine Feuertaufe in der ersten Mannschaft in der Saison 1931/32 mit Bravour bestand: Am 13. September 1931 schoss er beim 3:0‑Sieg gegen den SC Freiburg im ersten Spiel auch gleich sein erstes Tor. Schon sehr früh schwärmte der KFV-Trainer Lawrence vom jungen Stürmertalent (Der Kicker, N. 31, 28.07.1931). Müller – weithin bekannt als „Müller-Spitzer“ – spielte fortan für den nach Frankreich abgewanderten Fritz Keller auf der Position des Mittelstürmers. Müllers Vater war bei der Kriminalpolizei beschäftigt, während Müller Junior als Kraftfahrer bei der Stadt Karlsruhe arbeitete. Zu Beginn der 1930er Jahre galt Müller als einer der begabtesten Fußballtalente des Landes. Bereits 1932 lief er für die Süddeutsche Auswahl auf, mit der er der Schweiz B ein 0:0 abrang. Im Februar 1933 erzielte er in Marseille für die Süddeutsche Auswahlmannschaft beim 4:3 ein Tor gegen die Auswahl von Südostfrankreich („Der raffinierteste aber von allen Stürmern war Müller. Er war Dribbelkönig dieser süddeutschen Mannschaft. Und er beherrscht diese Kunst so vollständig, dass er es fertig brachte, von der Mittellinie aus durch die französosche Halvesreihe durchzubrechen, die französischen Backs zu düpieren und dann mit einem Bombenschuß den dritten Treffer zu markieren“; ASZ, Nr. 14, 15.02.1933). Seine Dribblings wie auch seine Spielweise wurden von den Zeitgenossen bestaunt: „Seinen rechts wie links abgefeuerten glasharten Schüssen stellte sich kein Torwart gerne entgegen […] Wenn er gut aufgelegt war, spielte er alles in Grund und Boden“. 1933 folgte der nächste, konsequente Karriereschritt: Müller wurde von Reichstrainer Dr. Otto Nerz zu Testspielen der Nationalmannschaft eingeladen. In Vorbereitung auf ein Länderspiel in Berlin gegen Frankreich wurde er in einer „mutmaßlichen“ deutschen Nationalmannschaft gegen die Frankfurter Stadtauswahl getestet. Das Spiel endete mit einen enttäuschenden 3:3. Zwar zeigte „Müller [..] eine ganz außerordentlich gute Leistung“, für den Reichstrainer ergab sich jedoch zunächst „kein klares Bild des Sturmes“. Nerz ließ daher zunächst nicht durchblicken, in welcher Aufstellung er die französische Elf in Berlin empfangen wolle („Zur Stunde kann ich noch nichts sagen. Am Sonntag abend wird in Berlin die Entscheidung gefällt werden“). Letztlich stand Müllers Name nicht auf dem Zettel des Reichstrainers. Das Spiel gegen die Franzosen endete mit 3:3.
Eine Anomalie der Natur verlieh Müller eine besondere Gabe: Müllers „hoher Reihen“, d. h. sein hoher Fußwurzelknochen/Spann, begünstigte seine Schussstärke (die Karlsruher Zeitgenossen nannten es „Sauschuss“). Im Spiel gegen Fürth (3:0) schoss er so „scharf auf das Tor von Fürth, daß der eisenharte Verteidiger Hagen, der durch eine Kopfabwehr ein sicheres Tor verhinderte, bewußtlos zu Boden fiel und minutenlang hinter dem Tor behandelt werden mußte“. Das Talent, den Ball zwischen Abwehrspielern und Keeper hindurch ins Tor zu „spitzeln“, trug ihm den Namen „Spitzer“ sein.
Obwohl er nur einige Jahre als Fußballer in Karlsruhe aktiv war, gelang er durch sein aufbrausendes Temperament und seiner exzentrischen Persönlichkeit zu großer Popularität. Seinen Einsatz in der Nationalmannschaft verbaute er sich allerdings schnell durch Vernachlässigung der sportlichen Disziplin. Oft entschied er – im positiven als auch negativem Sinne – ein Spiel alleine: In einem denkwürdigen Spiel zog Müller die Hosen herunter und präsentierte einem Gegenspieler den Allerwertesten, um zu zeigen, wie viel oder wenig er von einem vorangegangen Kommentar des Kontrahenten hielt. Die gleiche Eskapade soll er sich bei Reichstrainer Otto Nerz geleistet haben. Wegen einer Tätlichkeit und einer Schiedsrichterbeleidigung wurde er im Spiel gegen den VfB Stuttgart vom Platz gestellt und für vier Monate gesperrt. Ein herber Rückschlag für den KFV! Im Jahre 1933/34 wurde er wegen fortgesetzter Unsportlichkeiten und grober Verstöße gegen die Vereinsdisziplin vom KFV freigestellt und vom süddeutschen Fußballverband für ein Jahr gesperrt. Im Januar 1934 bestritt er beim 1:2 gegen den SV Waldhof sein letztes Spiel für den KFV und schloss sich nach seiner Sperre dem inzwischen zum VfB 05 Mühlburg fusionierten Jugendverein an, wo er den Klassenerhalt mit den Mühlburgern in der Gauliga Baden erreichen konnte. Doch auch in Mühlburg hatte sich Müller nicht im Griff: In einem Spiel in Viernheim wurde er gegen den Schiedsrichter tätlich und daraufhin „für dauernd“ aus dem DFB ausgeschlossen.
Abbildungen: Zigaretten-Sammelbild (links) und Ehrenurkunde aus Planitz (rechts). Quelle: KFV-Archiv / Dieter Völkel.
Um 1936 zog Müller nach Sachsen, wo er nach Ausbruch des 2. Weltkriegs in Chemnitz dienstverpflichtet wurde und schloss sich dem Planitzer SC (später FSV Zwickau) an. Dort spielte „Spitzer“ in der erstklassigen Gauliga Sachsen. Regelmäßig gehörte er dort zu den besten Saisontorschützen. Höhepunkte seiner Fußballerlaufbahn in Planitz waren die Erringung der Sachsenmeisterschaft 1941/42 sowie die darauffolgenden Spiele um die Deutsche Fußballmeisterschaft. In allen drei Spielen der Meisterschaftsendrunde stand er für die Sachsen auf dem Platz. Im Achtelfinale gegen die Sport-Vereinigung Breslau 02 gelang ihm in der Verlängerung der entscheidende Treffer zum 2:1 für die Planitzer. Im Viertelfinale scheiterten die Sachsen an Vienna Wien (2:3). Bemerkenswert: Im Freundschaftsspiel gegen den VfL Reinsdorf (17. September 1939 — Endstand 11:0 für den PSC) gelang ihm das Kunststück acht(!) Tore zu erzielen. Einsätze in der Gau-Auswahl von Sachsen – oft an der Seite seiner Vereinskameraden Heinz Croy, Herbert Seltmann, Helmut Schubert und Herbert Weigel – versüßten seinen zweiten Karriereabschnitt. Nach seiner Verlegung 1942 nach Dessau trat er dem Bereichsmeister Dessau 05 als Gastspieler bei. In den Kriegswirren geriet er in britische Gefangenschaft und landete in einem kanadischen Kriegsgefangenenlager. Nach Kriegsende blieb er zunächst in Planitz und war Spielertrainer bei der „Sportgruppe“ Planitz, dem Nachfolger des Planitzer Sportclubs in der damaligen Ostzone.
In der Saison 1947/48 errang er mit der SG Planitz die erste Ostzonenmeisterschaft. Das schon angesetzte Spiel gegen den 1. FC Nürnberg um die gesamtdeutsche Fußballmeisterschaft in Stuttgart wurde aufgrund der fortgeschrittenen politischen Spaltung Deutschlands nicht mehr ausgetragen. Ab 1949 nannte sich sein Verein nun „Zentrale Betriebssportgemeinschaft „Horch“ Zwickau (ZBSG)“. Vom 28. November bis zum 16. Dezember 1949 absolvierte Fritz Müller den ersten durchgeführten Trainer-Lehrgang der noch jungen DDR. Dort wurde unter anderem auch ein Übungsspiel der Trainer-Auswahl gegen eine Bezirks-Auswahl Leipzig durchgeführt (3:1): Mit „Spitzer“ im Team: Die später bekannten DDR-Trainer-Größen Erich Dietel, Fritz Gödicke, Kurt Fritzsche sowie der spätere Bundestrainer Helmut Schön. Auch als 1950 aus „Horch“ die BSG „Motor“ Zwickau wurde, war der nunmehr vierzigjährige „Spitzer“ Müller immer noch dabei. Als im Dezember 1950 acht(!) Zwickauer Stammspieler wegen „Verfehlung gegen die demokratische Sportbewegung“ unerwartet gesperrt wurden, sprang der unverwüstliche „Spitzer“ in die Bresche und schoss u.a. beim 8:1‑Sieg über Brieske-Ost auch noch zwei Tore. In der Saison 1950/51 absolvierte Müller noch fünf DDR-Oberliga-Punktspiele (2 Tore), bevor der 41-Jährige seine Kickschuhe endgültig an den Nagel hing. Nach seiner aktiven Spielzeit übernahm Müller den Trainerposten bei Empor Lauter und führte die Mannschaft 1951/52 zusammen mit Walter Grosam sensationell in die DDR-Oberliga. Die aus der BSG Kompressor Zwickau hervorgegangene BSG Motor Süd Zwickau war 1953 seine darauf folgende Trainerstation. Von April 1955 bis August 1956 trainierte er die DDR-Ligamannschaft von Fortschritt Meerane (Meerane liegt im Landkreis Zwickau). Zurück in Karlsruhe engagierte sich der unverheiratete und kinderlose Müller nicht mehr im Fußballgeschäft. Als 2. Tenor des Männerchor Karlsruhe-West verbrachte er einen ruhigen Lebensabend. Im Jahr 1984 ist Fritz „Spitzer“ Müller in Karlsruhe verstorben.
Abbildung: Keller im KFV-Trikot. Quelle: KFV.
Rafet Bekir – Türkischer Bomber beim KFV
22. Mai 1899 in Konstantinopel/ Istanbul – 5. April 1977 in Karlsruhe
Am 4. September 1921 hatten Emil und Seppl Oberle, Spieler des FC Phönix Karlsruhe, die in Konstantinopel aufgewachsen waren, ein Freundschaftsspiel ihres Teams gegen Galatasaray Istanbul (damals noch „Galata-Serai Konstantinopel“) im Karlsruher Fasanengarten organisiert. Phönix Karlsruhe gewann zwar mit 1:0, doch der nur 1,60 Meter große Rafet Bekir der türkischen Mannschaft stahl mit seiner „katzenartigen Geschmeidigkeit“ und einem perfekten Salto mit gleichzeitigen, beidbeinigen Weiterleiten des Balles den Karlsruhern die Show. Rafet wurde zuvor von Galatasary eigens für die Auslandstournee, die von Genf, Lausanne über Karlsruhe, Frankfurt und Norddeutschland führte, vom Lokalrivalen Besiktas ausgeliehen. Als sich Bekir beim darauf folgenden Spiel gegen den HSV verletzte, wurden die Oberle-Brüder aktiv: Die beiden Phönix-Spieler, die der türkischen Sprache noch mächtig waren, besuchten den Türken im Hamburger Krankenhaus und überzeugten ihn, nach Karlsruhe zu ziehen und für Phönix aufzulaufen. Bekir ließ sich auf das Abenteuer ein, zog nach Nordbaden, schrieb sich an der Universität ein und avancierte schnell zum Star der Schwarz-Blauen. Noch Jahrzehnte später schwärmt die KSC-Chronik von ihm: „Wie wunderbar sah das doch aus, wenn er als kleiner Spieler, der er war, vor dem Tor oft so hoch sprang, daß sein Kopf über der Torlatte auftauchte, oder wenn er mit dem rechten oder linken Fuß auch aus größter Entfernung so unheimlich scharf schoß, daß der gegnerische Torwächter überhaupt nicht reagierte“. Nach zwei Jahren wechselte Bekir nach Pforzheim.
Abbildung: Bekir Rafet im KFV-Trikot. Quelle: KFV-Archiv.
1926 zog es ihn schließlich zum KFV, wo er mit elf Jahren Spielzeit die längste Station seiner Karriere einlegen sollte. Für den KFV erwies sich Bekir als absoluter Glücksgriff: Der Innenstürmer verfügte über Spielverständnis, Übersicht und Sprungkraft. 1930 ließ er sich im Spiel gegen seinen Ex-Verein, dem Lokalrivalen FC Phönix, zu einem rüden Foul gegen den Torwart hinreißen, für das er 13 Wochen gesperrt, schließlich aber vorzeitig begnadigt wurde („Der ritterlichste und fairste Spieler der KFV-Mannschaft hatte bei einem Zusammenstoß mit dem Phönixtorwart ‚schlagfertige‘ Selbstjustiz geübt oder auszuüben versucht. Beides gilt als Tätlichkeit. Platzverweis war also der Paragraphenweisheit letzter Schluß“, Badische Presse). Ein Trainerengagement des Türken beim VfR Bretten scheiterte 1931, an der zu hohen Vergütung von 200 Mark pro Monat, die Bekir für sich vorsah.
In Istanbul hatte der junge Bekir von Engländern das Fußballspiel gelernt. Mit 19 Jahren bestritt er bereits sein erstes von insgesamt drei Länderspielen für die Türkei. Sowohl 1924 in Paris als auch 1928 in Amsterdam nahm er an den Olympischen Sommerspielen teil. Auch für die badische Verbandsmannschaft lief Bekir auf. In seiner türkischen Heimat blieb er unvergessen. Am Bosporus wurde er liebevoll „Bombacı“ (türkisch für „Bomber“) genannt. Für einige Gastauftritte kehrte er gelegentlich nach Istanbul zurück. Sein letztes Pflichtspiel für den KFV bestritt er als 38-jähriger beim VfL Neckarau im April 1937 in der Gauliga Baden.
Nach seiner aktiven Karriere führte Bekir jeweils einen Kiosk an der Ecke Karlsstraße/Kaiserstraße sowie an der Schützenstraße und lebte mit seiner Frau Else (seit 1979 ebenso KFV-Mitglied) in Ettlingen. Mit 78 Jahren verstarb der große Bombaci an Herzschwäche in Karlsruhe und wurde nach islamischer Tradition begraben zu der eigens der türkische Generalkonsul anreiste. „Ich bin als Türke geboren und möchte auch als Türke sterben“, so Bekir, in einem Zeitungsinterview kurz vor seinem Tod.
Vereinsstationen:
Fenerbahçe Istanbul 1913–1916 Altınordu İdman Yurdu 1916–1918
İttihatspor 1919–1920 Galatasaray Istanbul 1921
FC Phönix Karlsruhe 1921–1923 1. FC Pforzheim 1923–1926
Karlsruher FV 1926–1937
Abbildung: Zeitungsartikel, Quelle: KFV.
Link (türkisch): http://www.mujdatyetkiner.com/bekirrafet.htm
Link: Zeitungsartikel (1960er Jahre) über Bekir (pdf-Datei)
Abbildungen: Mannschaft von Fenerbahçe Istanbul in den 1920er Jahren mit Rafet Bekir. Rechts: Sammelbild. Quelle: Fenerbahçe (links) / KFV (rechts)
Abbildung: Bekir (vordere Reihe in der Mitte) mit der türkischen Nationalmannschaft bei den Olympischen Spielen 1928. Quelle: Wikipedia.
Lorenz „Lora“ Huber – Erster DFB-Nationalspieler nach dem 1. Weltkrieg
24. Februar 1906 in Offenburg — 6. Oktober 1989 in Karlsruhe
Der athletische und kopfballstarke Verteidiger war der erste KFV-Nationalspieler nach der goldenen Generation um Hirsch, Fuchs, Breunig und Förderer. Als Eckpfeiler einer neuen KFV-Spielergeneration ließ er Publikum und Fans ab den 1920er Jahren auf erneute nationale Erfolge hoffen. Seine Karriere startete er beim Offenburger FV, mit dem er 1925 die Kreisligameisterschaft in Südbaden gewann. Während der darauffolgenden Aufstiegsspiele für die Bezirksliga Württemberg/Baden wechselte Huber von Offenburg zum direkten Mitkonkurrenten KFV, was die Offenburger dem 19-jährigen Defensivmann durchaus Übel nahmen. Während die Karlsruher souverän den 1. Platz der Aufstiegsrunde holten, landeten die Offenburger abgeschlagen auf dem 6. und damit letzten Platz der Aufstiegsrunde. Huber war bereits Ender der 1920er Jahre ein Anwärter für die deutsche Nationalmannschaft, eine Meniskusverletzung warf ihn aber weit zurück. 1927 wurde Huber schließlich von Reichstrainer Nerz in den Olympia-Kader berufen, blieb aber ohne Einsatz. Erst 1932 kam er gegen Ungarn (1:2) endlich zu seinem (einzigen) Länderspiel „Der Karlsruher Huber überraschte nach der guten Seite, obgleich er nicht ganz fehlerlos war und vor allen Dingen den Siegestreffer der Ungarn auf dem Gewissen hatte. Allerdings hatte er insofern doppelt schwer zu arbeiten, da der vor ihm spielende Janes in der ersten Halbzeit so gut wie gar nicht im Bilde war und Huber zwang, doppelt zu arbeiten“; ASZ, Nr. 89, 1932). Nach dem Glanzjahr 1932 konnte Huber – oftmals verletzungsbedingt – nicht mehr an seine besten Leistungen anknüpfen. Nach einer 1:6‑Niederlage gegen Neckarau landete er 1934 sogar auf der KFV-Ersatzbank. Nachdem Huber kurzzeitig Opfer eines Experiments des KFV-Trainers Eugen Link wurde, der ihn als Mittelstürmer auflaufen ließ, spielte Lora ab 1936 wieder konstant in der Abwehrreihe des KFV.
Der gelernte Kaufmann verschaffte während des Dritten Reichs dem jüdischen Altnationalspieler Hirsch Zutritt ins KFV-Stadion und versorgte auch die Familie Hirsch mit Lebensmitteln aus seinem Karlsruher Geschäft. Nach seiner Karriere blieb er dem KFV treu und war federführend im Spielausschuss der Schwarz-Roten aktiv. Vom KFV wurde er zum Ehrenmitglied und Ehrenspielführer ernannt. Der zweifache Familienvater – seine beiden Söhne Norbert und Jürgen sind bereits ebenfalls verstorben – fokussierte sich nach dem 2. Weltkrieg auf die Führung seines Lebensmittelgeschäfts.
Abbildungen: Zigarettensammelbild und Autogrammkarte von „Lora“ Huber. Quelle: KFV-Archiv.
Abbildung: Autogrammkarte von „Lora“ Huber. Quelle: KFV-Archiv.
Abbildung: Huber (in der Mitte) im Trikot der deutschen Nationalmannschaft. Quelle: Stadtarchiv Karlsruhe.
Abbildung: Zigarettensammelbild von „Lora“ Huber. Quelle: KFV-Archiv.
Ludwig Damminger – Nur ein Weltkrieg konnte ihn stoppen
29. Oktober 1912 in Wörth am Rhein — 4. Februar 1981 in Kandel
Seine fußballerische Laufbahn begann Damminger in seinem Heimatort bei Bavaria Wörth, wo er bereits mit 17 Jahren für die erste Mannschaft auflief. In seinem Klassenlehrer, dem Schulrektor Karl Seibel, der gleichzeitig Vereinsvorsitzender des Wörther Fußballvereins war, fand er einen frühen Förderer und Mentor. Schon bald führte Damminger, der mit drei Brüdern und einer Schwester aufwuchs, die Torschützenlisten der Südpfalz an. Im Oktober 1934 wagte er den Schritt über den Rhein und gab er sein Debüt in der ersten Elf des KFV beim 2:0‑Sieg über den VfR Mannheim. Fortan gehörte er zur Gauligamannschaft des Altmeisters. 1935 klopfte nach einem Spiel der Schwarz-Roten gegen die Stuttgarter Kickers Reichstrainer Dr. Otto Nerz an die Kabinentür der Karlsruher, der den jungen Pfälzer zu einem DFB-Lehrgang einlud.
Abbildung: Autogramm von Ludwig Damminger, Quelle: KFV-Archiv.
Abbildung: Damminger auf einem Zigaretten-Sammelbild der 1930er Jahre sowie auf dem Cover der Deutschen Sport-Illustrierten, Nr. 40 vom 02.10.1935, im KFV-Dress gegen Kamenzin (VfR Mannheim, Endstand 3:4). Quelle: KFV-Archiv.
Abbildung: Damminger, Quelle: KFV
Franz Immig – Zwei Nationalmannschaften und ein früher Tod
10. September 1918 in Sondernheim — 26. Dezember 1955
Der im pfälzischen Sondernheim aufgewachsene Franz Immig genoss seine fußballerische Ausbildung beim SV Sondernheim sowie bis 1937 bei der TSG Friedrichshafen, ehe er als 19-Jähriger zu den Schwarz-Roten kam. Mit August Bolz und Keeper Martin Eßwein (Martin Eßwein, 26. September 1912 in Sondernheim – 27. März 1993 ebenda, war von 1938 bis 1940 Keeper des KFV und wurde später Bürgermeister der pfälzischen Gemeinde Sondernheim, die später nach Germersheim eingemeindet wurde) spielten damit gleich drei Spieler aus Sondernheim in der KFV-Stammelf. Der rechte Verteidiger, der durch konsequentes Deckungsverhalten und starkem Spiel nach vorne überzeugte, debütierte sogleich in der ersten Mannschaft und stieg mit dieser in die Gauliga Baden auf. Als Debütant der Landesauswahl Baden traf er im November 1938 mit einem Freistoß aus 30 Metern zur Führung. Reichstrainer Herberger wurde schnell aufmerksam auf das Talent und setzte ihn im März 1939 gegen Luxemburg erstmalig ein (Endstand 1:2; „Niederlage gegen Luxemburg – Nur der Karlsruher Immig, Flotho und Rhode können gefallen“; ASZ Nr. 25, 27.03.1939). Auch im Testspiel gegen die Schweiz B konnte Immig die Presse von seinem Können überzeugen: „Überragend war das Verteidigerpaar Immig – Gramlich […] der kleine KFV-ler Immig, der nicht nur für unsere Begriffe eine einzigartige Verteidigerkunst hinlegte, sondern selbst Berufene und Berufenste verblüffte“ (Bodensee-Rundschau, 03.04.1939). Der zweite A‑Länderspiel-Einsatz erfolgte im darauffolgenden August, fünf Tage vor Ausbruch des 2. Weltkrieges, in Preßburg gegen die Slowakei (0:2). Auch in die Gauauswahl Baden wurde Immig berufen. Aus beruflichen Gründen zog es Immig 1940 nach Stuttgart, wo er sich den Stuttgarter Kickers anschloss. Als Gauligameister von Württemberg spielte er mit den Kickers zusammen mit den Nationalspielern Edmund Conen und Albert Sing in der Endrunde der deutschen Meisterschaft. Als Wahl-Stuttgarter wurde Immig weiterhin zu DFB-Lehrgängen und B‑Elf-Testspielen eingeladen.
Abbildung: Einberufungsschreiben an Immig. Quelle: Stadtarchiv Karlsruhe.
Zu einem offiziellen A‑Länderspiel kam er allerdings nicht mehr. 1942 wurde der Länderspielbetrieb eingestellt und Immig, der inzwischen an der Front war, geriet in Kriegsgefangenschaft, aus der er erst im November 1947 zurückkehrte. Im Januar 1948 stand er wieder für die Kickers auf dem Platz. Im Mai 1948 zog es ihn schließlich ins Saarland, wo er beim 1. FC Saarbrücken endlich wieder zu alter Form fand. 1948/49 wurde der Verein von der französischen Besatzungsmacht der 2. Französischen Division zugeordnet, in der sich die Saarländer erfolgreich behaupten konnten. Da das Saarland ein eigenständiges FIFA-Mitglied wurde, kam er zwölf Jahre nach seinem letzten Einsatz auf internationaler Bühne zu einem weiteren Länderspiel, das die „saarländische Nationalmannschaft“ mit 5:2 gegen die B‑Auswahl der Schweiz gewann. Zwei weitere Saarländerspiele folgten. 1951/52 wurde das letzte große Jahr für Immig: Mit dem 1. FC Saarbrücken gewann er die südwestdeutsche Meisterschaft und qualifizierte sich für die deutsche Meisterschaftsendrunde, in der die Saarbrücker das Finale erreichten und dem VfB Stuttgart nur knapp unterlagen (2:3). Doch im Finale war Immig schon gar nicht mehr dabei: „Vorboten einer schlimmen Krankheit“ machten sich schon in der laufenden Meisterschaftsendrunde bemerkbar. Immig kehrte nur noch kurz auf den grünen Rasen zurück. 1953/54 bestritt er letztmals ein Pflichtspiel in der Oberliga Südwest, ehe er am zweiten Weihnachtsfeiertag des Jahres 1955 im Alter von nur 37 Jahren an einem Krebsleiden starb. Im Mai 1957 fand Immig zu Ehren ein Benefizspiel zwischen dem 1. FC Saarbrücken und der Borussia Neunkirchen statt.
Abbildungen: Akrobatischer Immig: Hier im Trikot der Stuttgarter Kickers, Quelle: kickersarchiv.de.
Fritz „Frédéric“ Keller – Tragischer Stürmerstar
21. August 1913 in Strasbourg – 8. Juni 1985 in Strasbourg
1913 wurde Keller als Sohn einer Elsässerin aus Plobsheim und eines Deutschen im damaligen „Reichsland Elsaß-Lothringen“, in Straßburg geboren. Seine Familie wanderte nach dem 1. Weltkrieg aus wirtschaftlichen Gründen nach Karlsruhe aus, wo Fritz‘ Vater eine Zigarettenfabrik betrieb. Die acht Kinder der Kellers erhielten teils deutsche, teils französische Vornamen. Im Alter von zwölf Jahren trat er 1925 in den KFV ein und durchlief alle Jugendmannschaften. Der schnelle, beidfüßig starke Flügelstürmer wurde sowohl Rechts- als auch Linksaußen sowie als Mittelstürmer eingesetzt und war – trotz seiner 1,74 m – kopfballstark. Mit seiner Schussstärke gelangen ihm sogar Tore aus 25 m Entfernung! Sein Debüt in der ersten KFV-Elf sollte nicht lange auf sich warten lassen: Schon mit 16 Jahren, vier Jahre nach seinem Vereinseintritt, leistete er einen wesentlichen Beitrag zum Gewinn der Badischen Meisterschaft 1929. Zusammen mit Fritz Müller bildete er den rechten Flügel der Schwarz-Roten. 1931 entschlossen sich die Eltern Kellers nach Frankreich zurückzukehren. Im April 1932 lief der Rechtsaußen das letzte Mal beim Derby gegen den FC Phönix für den KFV auf (3:2). Zusammen mit seinem älteren Bruder Albert (*1911) und seinem jüngeren Curt (1918–1992), die ebenso begabte Fußballer waren, schloss er sich dem Racing Club de Strasbourg an. Racing führte 1933 den Profifußballspielbetrieb ein und stieg mit den drei Keller-Brüdern 1933/34 aus der Division 2 (Nord) – der 2. Liga Frankreichs – in die Division 1 auf. Als Mittelstürmer etablierte sich Fritz Keller bald zum gefeierten Helden der Mannschaft. Die französische Sportzeitschrift „Football“ schrieb 1934 nach einem Spiel gegen Metz: „Strasbourg hat eine großartige Stürmerreihe, worunter F. Keller der große Star ist“. Auf Anhieb wurden die Straßburger nach ihrem Aufstieg Vizemeister Frankreichs und landeten nur einen Punkt hinter dem Meister FC Sochaux. Im Mai 1934 bestritt Keller bereits ein Spiel für die französische B‑Nationalmannschaft (gegen die Schweiz). Bruder Albert wurde derweil französischer Militärmeister mit dem 158. Regiment von Strasbourg. Am 10. Mai 1934 wurde Fritz Keller als erster Spieler von Racing zum Länderspiel der Equipe Tricolore gegen die Niederlande in Amsterdam berufen, wo er sofort mit einem Tor erfolgreich war (Endstand 5:4). 1934 wurde der ehemalige KFV-Recke in den Weltmeisterschaftskader der Franzosen berufen. Im Achtelfinale der WM wurden Kellers Franzosen dort von Österreichs „Wunderteam“ gestoppt (2:3). Sein letztes Länderspiel machte Fritz Keller 1937 – ausgerechnet gegen Deutschland – in Stuttgart (0:4). Insgesamt brachte er es auf acht Länderspiele, in denen er drei Tore erzielte. In der ersten französischen Liga erzielte er in 130 Spielen 56 Tore für Racing und wurde 1937 Vize-Pokalsieger Frankreichs. Fritz‘ jüngerer Bruder Curt wurde zunächst in die französische Amateurnationalmannschaft aufgenommen, bestritt 1937 sein einziges A‑Länderspiel für Frankreich und wurde mit dem FC Sochaux französischer Meister. Mit dem Kriegsausbruch änderte sich alles für den 26-jährigen Elsässer. Nach der Annexion des Elsasses durch Deutschland im Jahr 1939 wurden die französischen Vereine aufgelöst oder „eingedeutscht“. Aus Racing Strasbourg wurde der Rasensportclub Straßburg, der in der neu aufgestellten „Gauliga Elsass“ teilnahm. Eine Formation der deutschen Schutzstaffel (SS), welche die Kontrolle über den früheren „Sport-Club Red-Star Strasbourg“ übernahm und diesen in „SG SS Straßburg“ umbenannte, versuchte von nun an Spitzenspieler des Lokalmatadors Racing zu rekrutieren. Dabei griff die SS auch auf erpresserische Methoden zurück: Man drohte den ins Auge gefassten Spitzenspielern mit Gefängnisstrafe oder Fronteinsatz an der Ostfront, wenn sie sich nicht freiwillig der SG SS Straßburg anschließen wollten. Wohl mehr aus Furcht als aus opportunistischen Gründen wechselte auch Fritz Keller zum SS-Klub (Kellers Mannschaftskollegen Armand Voillet und Ernest Waechter bezeichneten sich als „Zwangsrekrutierte SGSS’ler“). Der SS-Verein nahm – ohne ein Qualifikationsspiel bestritten zu haben – in der höchsten regionalen Liga, der Gauliga Elsass, teil. Die Vereinsfarben des Klubs waren schwarz-weiß und der rote Stern auf dem Trikot des Vorgängerklubs wurde durch einen Totenkopf mit SS-Runen ersetzt. Die Derbys zwischen Kellers ehemaligen Verein, Racing, hinter dem die Straßburger Stadtbevölkerung stand und der verhassten SG Schutzstaffel entwickelten sich zu emotionalen und patriotisch-gefärbten Fußballschlachten. Aus Furcht vor der Besatzungsmacht wagte aber niemand aufzufallen oder gar die SG SS auszupfeifen, wie sich Kellers Nachfolger auf dem rechten Flügel von Racing, Robert Schneider, noch im Jahr 2014 erinnerte. Während Rasensport/Racing die „résistance passive“ verkörperte, stand die SG Schutzstaffel-Elf für die Kollaborateure unter den Franzosen. Auch im restlichen Reich war die SS-Mannschaft aufgrund ihrer Privilegien als Militärmannschaft unbeliebt. Der SS-Verein konnte keines der direkten Duelle gegen Rasensport/Racing gewinnen. 1942 qualifizierte sich die SG SS jedoch für die deutsche Meisterschaftsendrunde, wo Kellers Team erst im Viertelfinale dem FC Schalke 04 unterlag (0:6). Im Spätherbst 1944 wurde nach dem Rückzug der Wehrmacht aus dem Elsass, der Verein schließlich aufgelöst. Sein erzwungenes Engagement im SS-Verein bezahlte Keller nun teurer: Im Juli 1945 beschloss der wiedergegründete Verband der elsässischen Liga LAFA (Ligue d’Alsace de football association) die Kollaboration französischer Fußballspieler zu untersuchen. Während die meisten der 1940 versetzten Spitzenspieler von Racing rehabilitiert wurden, sperrte man Fritz „Frédéric“ Keller zunächst lebenslang. Die Sperre wurde jedoch schon im folgenden Jahr aufgehoben. Keller ließ nun in den Jahren 1946 bis 1949 seine Karriere als Spielertrainer beim FC Saverne 1906 ausklingen. Bei Racing erlangte er vollständige Rehabilitation und einem Platz auf der Ehrentribüne. Zusammen mit seiner Frau führte er im beliebten Straßburger Stadtteil Neudorf ein Lokal. Heute resümiert der elsässische Historiker Pierre Perny – der über den elsässischen Fußball promovierte – über die schicksalhafte Karriere Fritz Kellers: „Die Zeit, in der Gegner und Freunde diesen und jenen weiß oder schwarz machten, ist vorbei. Was von Fritz Keller zu behalten ist, ist die Tatsache, dass er ein großartiger Fußballer war“.
Abbildung: Keller im KFV-Trikot (links), Quelle: KFV-Archiv. Rechtes Bild: Die französische Nationalmannschaft bei der WM 1938 mit Keller vor dem Spiel gegen Österreich, Quelle: KFV-Archiv.
Emil „Mile“ Kutterer – Auf den KFV folgten die Bayern und die Nationalelf
11. November 1898 in Karlsruhe — 13. Juli 1974
Emil Kutterer wuchs in Daxlanden auf, wo er beim heimischen Fussballverein das Fußballspielen lernte. Da sein Talent auf Dauer nicht die notwendige, fördernde Herausforderung fand, wechselte er 1916 zunächst zum FV Beiertheim und im Sommer 1920 schließlich zum KFV. Unter Trainer Max Breunig gelang dem KFV mit Kutterer in der Saison 1921/22 der Gewinn der Südwestkreismeisterschaft. Nach zwei Jahren beim KFV wechselte Emil Kutterer zum FC Bayern München. In München blieb er bis zu seinem Karriereende 1931. 1925 bis 1928 wurde Kutterer achtmal in der deutschen Nationalmannschaft eingesetzt und gehörte 1928 dem Olympia-Aufgebot an. Ende der 1930er Jahre wurde er Sportlehrer von Tura Leipzig und schnürte für das Jubiläumsspiel seines ersten Vereins, FV Daxlanden, gegen den FC Bayern noch einmal die Kickstiefel.
Abbildung: Kutterer nach seinem Wechsel nach München auf dem Cover des Kickers (mittlerer Spieler) und auf einem Sammelbild. Quelle: KFV-Archiv.
Aldo Poretti – Schweizer Nationalstürmer beim KFV
30. November 1906 – Sterbedatum unbekannt
Abbildung: Aldo Poretti aus der Schweiz. Quelle: KFV-Archiv/ Badische Presse.
Der Tessiner Aldo Poretti kam vom FC Lugano zum KFV, wo er in der Saison 1929/30 25 Tore für Schwarz-Rot erzielte. Ab 1. Dezember 1928 verfügte der Schweizer Stürmer Spielerlaubnis für den KFV und schlug bei seinem Debüt sofort ein: Mit 7:0 (3:0) schoss der KFV den SC Freiburg ab. Am 22. September 1929 gab er bereits wieder seinen Abschied in Karlsruhe. Poretti, der beruflich für ein Jahr in Karlsruhe weilte, kehrte wieder zurück nach Lugano, wo er im elterlichen Geschäft tätig wurde. Später war der Stürmer wieder in Lugano aktiv (1931–36) und wurde u.a. mit einem 2:1 gegen die Grasshopper Zürich Schweizer Pokalsieger (Poretti erzielte den Siegtreffer im Finale). Als verlässlicher Torschütze gehörte er später zur Stammelf der Young Boys Bern (1935–1939). Zwischen 1926 und 1936 bestritt er elf Länderspiele für die Schweiz, in denen er vier Tore erzielte. Nach dem Kriegsausbruch im Jahre 1939 verlieren sich seine Spuren. Damals rückten zahlreiche junge Schweizer in den Aktivdienst (Grenzbesetzung) ein und die schweizerische Fußballmeisterschaft wurde vorerst als Mobilisationsmeisterschaft (ohne Auf- und Absteiger) weitergeführt
Abbildung: Die Schweizer Mannschaft, die am 12.Dezember 1926 gegen Deutschland in München 3:2 siegte. Poretti ist der zweite Spieler von links. Quelle: sportalbum.ch
Takis Xanthopoulos – Hellene im KFV-Tor
28. März 1923, Eintracht Frankfurt – KFV: „Bei Karlsruhe überraschte der neu eingestellte Torhüter Xanthopoulos (ein Grieche), der ein geradezu überragendes Können an den Tag legte und durch Gewandtheit und Waghalsigkeit jeder Lage gewachsen war“ (Fußball, Ausgabe 13/1923 vom 28.03.1923). Der vermutlich erste griechische Auslandsfußballer in Deutschland stand 1922/23 in der Auswahl der Schwarz-Roten. Nachdem Xanthopoulos nach dem 2. Weltkrieg fast schon in Vergessenheit geriet, besuchte er im Mai 1954 zur großen Überraschung seinen Ex-Verein in Karlsruhe. Bei dieser Gelegenheit bekam er im Gartensaal des Moninger die silberne Ehrennadel des Vereins verliehen.
Abbildungen: Takis und Dr. Kessler. Quelle: KFV (links) und Stadtarchiv Karlsruhe (rechts.)
Ernst Willimowski — Ein Superstar als Gastspieler: Ernst Willimowski spielte für zwei Nationalteams, erzielte 1175 Tore – und kickte während des Krieges beim KFV
- Juni 1916 in Kattowitz — 30. August 1997 in Karlsruhe
von Thomas Staisch
Die Meldung in der „Kleinen Sportecke“ der Badischen Presse vom Januar 1944 war nur fünf Zeilen kurz, aber eine echte Sensation. Dort wurde verkündet, dass ein gewisser Willimowski vom Polizeisportverein Chemnitz seine Garnisonszeit in Karlsruhe verbringen und als Gastspieler beim KFV mitwirken werde – am 16. Januar sei sein erster Einsatz beim „Privatspiel“ gegen Forchheim geplant. Was damals bekannt war, heute aber fast völlig vergessen ist: Ernst Willimowski war ein echter Superstar des Fußballsports.
Das Leben des Rekord-Kickers und Paradiesvogels liest sich wie ein Hollywood-Drehbuch: Am 23. Juni 1916 wurde Willimowski (mit einem polnischen oder zwei deutschen „l“ geschrieben) als Ernst Otto Pra(n)della im damalig oberschlesischen Kattowitz geboren – mit sechs Zehen am linken Fuß. Die Behinderung erwies sich als Glücksfall: Obwohl er rechts härter schießen konnte, erzielte „Ezi“ die meisten Treffer mit seiner „Glückszehe“ – und das natürlich ohne Spezialschuh.
Willimowski wurde von seiner Mutter aufgezogen, der Vater war im Weltkrieg gefallen, und erhielt den Nachnamen seines Stiefvaters. Das Supertalent heuerte beim „deutschen Club“ 1. FC Kattowitz an, wo er bis 1934 bereits Tore im Akkord schoss. Der große Durchbruch kam mit dem Wechsel zum heutigen Ruch Chorzów (deutsch: Königshütte), wo er in 86 Spielen 112 Treffer erzielte. Lohn der Mühe: Als polnischer „Ernest“ wurde er 1934 und 1936 Torschützenkönig, gewann mit seinem Team von 1933 bis 1939 in Folge die Meisterschaft. Für den Vereinswechsel hatte Kattowitz 1000 Zloty erhalten – damals das Jahresgehalt eines Briefträgers. „Er hat einfach immer Fußball gespielt, hatte dadurch eine exponierte Stellung“, berichtete seine Tochter Sylvia.
Willimowski hatte viele Talente, er spielte in der oberschlesischen Eishockey-Auswahl und war Mitglied im Handball- sowie im Ski-Team. Bei einer Bergtour freundete er sich mit einem Skifahrer namens Karol Wojtyla an – der später als Papst Johannes Paul II. berühmt werden sollte. Ob mit oder ohne päpstlichen Segen, der „doppelte Ernst“ wurde 1934 mit 17 Jahren in die polnische Nationalmannschaft berufen, wo er auf (vermutlich) 25 Einsätze kam und dabei beeindruckende 25 Tore schoss. An seiner Treffsicherheit könnte ein kleines Heiligenmedaillon „Schuld“ gehabt haben, dass der abergläubische „Ezi“ bei jedem Match im Stutzen versteckte. Allerdings warf ihn der Verband 1936 auch für 12 Monate aus dem Kader – weil er zu viel feierte.
Weltweit bekannt wurde Willimowski durch das Achtelfinalspiel bei der Weltmeisterschaft 1938: Bei der 5:6‑Niederlage nach Verlängerung gegen Brasilien holte der 22-jährige Oberschlesier nicht nur den Elfmeter zum 1:0 heraus, sondern traf zudem vier Mal – er schoss damit als erster Fußballer überhaupt vier Tore in einem WM-Spiel. Nachspiel: Partylöwe Willimowski war nach der Niederlage aus dem Mannschaftsquartier ausgebüxt und hatte in einem Nachtclub gefeiert – und dabei sowohl bei Racing Paris als auch bei zwei brasilianischen Vereinen Verträge unterschrieben. Der Legende nach soll er seine nackten Füßen auf den Tisch gepackt und den Gästen das Ergebnis des Spiels anhand seiner Zehen (5:6) gezeigt haben! Bei Tageslicht konnte sich der arme Ernst allerdings an nichts mehr erinnern und die polnischen Fußballfunktionäre dachten gar nicht daran, ihren Top-Stürmer wegzugeben – er musste zurück nach Polen.
Abbildung: Das unscheinbare Grab Willimowskis auf dem Karlsruher Hauptfriedhof (links) und Willimowski 1980 in Karlsruhe. Quelle: Thomas Staisch.
Fußballerisch war der Rothaarige mit den Sommersprossen und den markanten Segelohren ein feiner Techniker, der seine Gegenspieler reihenweise mit Körpertäuschungen oder Drehungen narrte und dann entweder hart mit rechts, aber vor allem gefühlvoll mit links einnetzte – Kopfbälle vermied er fast völlig.
Nach der Besetzung Polens wurde der Oberschlesier Deutscher und nannte sich Ernst Willimowski. „Er hat sich nie viel aus Nationalitäten gemacht. Er war mal der Pole, mal Deutscher, so wie er am besten durchkam“, so Tochter Sylvia. „Ezi“ wechselte zum PSV Chemnitz und traf wie gewohnt nach Belieben: „Willimowski hat für Chemnitz schon so viel Tore geschossen wie oft ein Verein im ganzen Jahr zusammen“, wunderte sich das „Reichssportblatt“. Kein Wunder: Nach sieben Spielen hatte Ernst bereits 35 Tore erzielt.
Dann begann seine zweite Karriere: Sepp Herberger, der Willimowski beim 5:6 gegen Brasilien live gesehen hatte, berief den „Volksdeutschen“ 1941 in die Nationalmannschaft. Mit Erfolg: In acht Länderspielen erzielte er 13 Tore. Sein Geheimrezept? Vor jedem Spielen trank er Buttermilch und schlürfte rohe Eier! Laut der Biographie „Sport ohne Grenzen: Die Lebensgeschichte des Fußball-Altnationalspielers Ernst Willimowski“ (von seinem Schwiegersohn verfasst) musste „Ezi“ dabei ein bizarres Aufnahmeritual über sich ergehen lassen. Jedem Neuling wurde nämlich traditionell der „Heilige Geist“ verabreicht – in Form von Schlägen auf den nackten Po. Trotz der „Abreibung“ war Willimowski kaum zu bändigen. Obwohl ihn Herberger ständig ermahnte („Vor dem Spiel keine Liebe und kein Alkohol!“), war das Schlitzohr oft vor wichtigen Matches unterwegs. Aber egal was er angestellt hatte, das Tor-Phänomen war spätestens beim Anpfiff topfit. Besonders den starken Eidgenossen lehrte „Ezi“ das Fürchten: Gegen den berüchtigten „Schweizer Riegel“ traf er beim 5:3‑Sieg gleich vier Mal – der Schweizer Torwart Erwin Ballabio soll sich danach beim Bankett aus Kummer fürchterlich betrunken haben.
Um dem Fronteinsatz zu entgehen, spielte der Wunderstürmer in der Soldatenelf „Die Roten Jäger“ (nach ihren roten Trikots so genannt), die sich der bekannte Jagdflieger Hermann Graf leistete. „Für mich der größte aller Torjäger“, urteilte Fußball-Legende Walter über seinen Mitspieler. Und: „Er hatte keine Nerven, er war eiskalt. Er war der einzige Stürmer, den ich je gesehen habe, der mehr Tore machte als er Chancen hatte“. Der Kontakt zu Graf rettete Willimowskis Mutter Pauline das Leben: Als sie nach einer Liebesbeziehung zu einem Juden nach Auschwitz abtransportiert wurde, konnte er ihre Entlassung arrangieren. Sie starb erst 1981 in Karlsruhe. Ende 1942 war der Jahrhundertfußballer bei 1860 München gelandet, wo er seinen Verein mit 13 Toren bis in Finale des „Tschammer-Pokals“ schoss (dem Vorgänger des DFB-Pokals) und dort vor 80.000 Zuschauern auch einen Treffer zum 2:0‑Sieg gegen den Favoriten Schalke 04 beitrug. 14 Tore im Pokalwettbewerb – diesen Rekord hält Ernst Willimowski bis heute. Beim 15:1‑Sieg im Achtelfinale gegen Straßburg hatte „Ezi“ allein sieben bis zehn Tore (je nach Quelle) beigesteuert.
Über seine Zeit beim KFV ist dagegen wenig überliefert. Immerhin wurde über Willimowskis Einsatz bei der Begegnung in Rastatt am 5. März 1944 berichtet: Beim letzten Gauligaspiel der Schwarzroten avancierte der Nationalspieler gleich zum Matchwinner – beim 4:3‑Auswärtssieg steuerte „Willi“ drei Tore bei. Das NS-Presseorgan „Der Führer“ jubelte: „Entscheidenden Anteil des Erfolges der Gäste hatte zweifellos Willimowski, der alle seine Kameraden überragte, nicht nur, weil alle Direktiven von ihm ausgingen, sondern weil er darüber hinaus noch vollendete Fußballkunst mit allen Feinheiten demonstrierte, die ihn zum besten Spieler auf dem Platz stempelte“.
Nach Kriegsende tingelte Globetrotter Willimowski von Verein zu Verein (insgesamt ballerte er für knapp 20 Clubs), bevor er in Südbaden sesshaft wurde – 1949/50 wurde er Spielertrainer beim Offenburger FV, bis 1959 kickte er für den Kehler FV. Wie sehr Ernst den Fußball liebte, zeigt auch die Geschichte, dass er 1951 zu seiner Hochzeit mit dem Auto vom Training abgeholt werden musste!
Der „Deutsche aus Polen“, der im Nationaldress sowohl gegen Deutschland als auch für Deutschland spielte (also den weißen und den schwarzen Adler auf der Brust trug), konnte gar nicht aufhören zu spielen – und Tore zu schießen. 1955 wurde er mit 39 Jahren noch Torschützenkönig beim VfR Kaiserslautern in der Oberliga Südwest, die damals zur höchsten deutschen Spielklasse zählte. „Er konnte fast anderthalb Stunden auf dem Platz herumstehen und kaum etwas tun, um anschließend doch noch das entscheidende Tor zu schießen“, so Fritz Walter.
In Karlsruhe arbeitete er später bei den Pfaff-Werken und war auch öfters im Wildparkstadion zu sehen. Seinen Lebensabend verbrachte er mit seinen Katzen und Hund „Huskie“ – er starb am 30. August 1997 mit 81 Jahren, sein Grab ist auf dem Hauptfriedhof zu finden. In Polen galt er bis 1990 noch als „Vaterlandsverräter“, sein Name und seine Tore wurden aus allen Statistiken getilgt – heute zählt er dort zu den besten polnischen Fußballern aller Zeiten. Und fast jedes Jahr an seinem Todestag legen Fans seines ehemaligen Vereins Ruch Chorzów Blumen an seinem Grab in Karlsruhe nieder. In den (nie eindeutigen) ewigen Torjägerlisten der besten Schützen aller Zeiten steht Ernst Willimowski mit 1175 Pflichtspieltoren hinter den brasilianischen Giganten Arthur Arthur Friedenreich und Pelé – aber noch vor den Superstars Ferenc Puskás und Alfredo Di Stéfano.
Karl Ziegler – Der spätere Radbundestrainer beim KFV
geb. 1. Dezember 1919 in Mannheim — 29. Mai 2019 in Mannheim
„Außerordentlich erfolgreich und für drei arbeitend auch der technisch gute Halblinke Ziegler, der sich mit dem anpassungsfähigen Linksaußen Bachmann gut verstand“, würdigte das Blatt „Der Führer“ das Engagement des jungen Mannheimer Stürmers Ziegler im Spiel gegen Daxlanden (4:3), der seit dem Frühjahr 1944 für den KFV am Ball war. Eigentlich wollte Ziegler Fußballtorwart werden, doch dafür war der zierliche Ziegler zu klein. 1926 entschied er, sich primär auf den Radsport konzentrieren zu wollen, spielte nebenher aber immer noch Fußball. Zum KFV kam er durch sein Maschinenbaustudium in Karlsruhe. Angeblich soll Willimowski den jungen Mannheimer davon überzeugt haben, zum KFV zu wechseln. Zuvor war er als Soldat bereits in der Bretagne und in Krasnodar stationiert. Nach dem Zweiten Weltkrieg machte Ziegler eine Ausbildung zum Fußball-Trainer und eröffnete 1950 ein Fahrradgeschäft in der Mannheimer Neckarstadt.
Abbildung: Ziegler, Quelle: KFV.
Abbildung: Ziegler, Quelle: KFV.
Als Radtrainer entdeckte er Rudi und Willi Altig. Ersteren betreute er bei dessen Weltmeisterschaftssieg 1959. 1961 wurde Karl Ziegler vom Bund Deutscher Radfahrer (BDR) zum Bundestrainer berufen. Die von ihm betreuten Rennradfahrer Klaus May und Bernd Rohr gewannen 1962 Gold bei den Weltmeisterschaften. Der BDR beurlaubte Ziegler, nach dem sich dieser über mangelnde Unterstützung beklagte. 1976 wurde er erneut Bundestrainer, erlitt jedoch einen Zusammenbruch, nach dem die Bundesrepublik die Olympischen Spiele in Moskau 1980 boykottierte. Als 90-jähriger fuhr Ziegler 2009 noch täglich 50 Kilometer mit dem Fahrrad (!)
Weitere Spieler:
Leopold „Bolde“ Kastner (1901–1982) wurde wiederholt zu DFB-Vorbereitungskursen berufen, kam aber nie zu einem Länderspiel. Der Stürmer schloss sich im Jahr 1923/24 dem KFV an. Berühmt waren die „Kastner-Bomben“, sein gefürchteter Schuss mit rechts. Willi Nagel, Verteidiger der Stuttgarter Kickers wurde bei einer Kopfabwehr 1925 Opfer einer solchen Bombe und zog sich eine Gehirnerschütterung zu. Torwart Peter Riese vom Sportclub Stuttgart brach sich gar die Hand beim Versuch Kastners Schuss abzuwehren. 1934–36 war der Fleisch- und Viehbeschauer aus Hagsfeld noch einmal als Trainer des KFV aktiv. Der Blondschopf Walter Finneisen (01. 04. 1904 — 1985) spielte schon mit 18 Jahren in der 1. Mannschaft des KFV und wurde prompt Meister. Der blonde Allrounder spielte zunächst als Linksaußen und rückte dann in die halblinke Position vor, bis ihn Trainer Lawrence in die Läuferreihe stellte. Finneisen war beidfüßig, gewandt und verfügte über ein ausgezeichnetes Kopfballspiel. Während seiner Laufbahn von 1921 bis 1933 errang er 8 Meisterschaften und 3 Vizemeisterschaften. 1933 stoppte eine Meniskusverletzung die Karriere des KFV-Ehrenspielführers (seit 1934). Auch sein Bruder Leopold war für die Schwarz-Roten aktiv. Quelle: KFV-Archiv.
Abbildung: Der aus Heidelberg stammende Kaufmann Karl „Bubi“ Waßmannsdorf („Der jugendliche Torhüter, der Karlsruher Waßmannsdorf ist ein großes Talent. Wir sehen hier auf unserem Bilde, wie er in mächtigem Sprunge einen hohen Ball über die Latte hebt. Das macht kein alter besser“) der von 1926 bis 1930 das KFV-Tor hütete, Bernhard „Jean“ Vogel und Wilhelm „Willy“ Quasten auf Zigaretten-Sammelbildern. Jean Vogel, nach seiner Zeit als KFV-Spieler noch Trainer der Spielvereinigung Sandhofen (1936) sowie Spielertrainer bei Germania Durlach und fiel wie sein Mannschaftskollege Quasten im 2. Weltkrieg. Nach dem Urteil des KFV-Trainers Lawrence war Quasten „der perfekteste Spieler“ und hochbegabt. Aufgrund seines Jobs als Vertreter waren seine körperlichen Kräfte jedoch leider oft nicht auf der Höhe, sodass er „häufig etwas langsam und nicht stoßkräftig genug“ war. Quelle: KFV-Archiv.
Weitere verdiente Spieler der Epoche, die allesamt zu Ehrenspielführern des KFV ernannt wurden, waren Karl Link (geb. 24.01.1908), der linke Läufer Eugen Nagel (14. 11. 1906–1983), Otto Raupp (15. 11.1897–1971, in der Freizeit ein engagierter Feuerwehrmann), Alfred Reeb (23. 01. 1899–1975, beruflich Werksmeister in Rintheim) und Herrmann Greiler (1895–1968).
Abbildung: Zigarettensammelbild des KFV-Torhüter Eberlein, um 1925. Quelle: KFV.
Herausstechende KFV-Trainer der 1920- und 30er Jahre
Robert Kraft – Karlsruher Fußballpionier
9. Januar 1894 in Karlsruhe – 9. Dezember 1973 in Karlsruhe
„Boba“ Kraft schloss sich bereits 1907 im Alter von 13 Jahren dem KFV an und spielte nach seiner Rückkehr aus dem Ersten Weltkrieg von 1919 bis 1923 in der 1. Mannschaft des Vereins. 1921 war er Spielführer der ersten Mannschaft und wurde schon 1923 zum Ehrenspielführer ernannt. Als Assistent von KFV-Coach Jimmy Lawrence machte er seine ersten Trainererfahrungen. Nachdem er durch einen schweren Sportunfall gezwungen war, seine Karriere als Spieler aufzugeben, war er ab 1927 beim FC Mühlburg bzw. später beim VfB Mühlburg als Trainer tätig. Die Mühlburger führte Kraft in die erste Liga und legte damit den späteren sportlichen Grundstein des KSC, der 1952 auf der Mannschaft des VfB Mühlburg aufbaute. 1949 wechselte er für ein Jahr zum FC Phönix, ehe er wieder zum KFV zurückkehrte. Neben seinen Prüfungen für das Lehramt erwarb er ihm Jahre 1935 auch das Diplom für Fußballlehrer des DFB (Deutscher Fußballbund). „Boba“ Kraft feierte seine größten Erfolge als Trainer nach dem Zweiten Weltkrieg: 1951 betreute er den KFV beim Endspiel um die Deutsche Amateurmeisterschaft in Berlin. 1962 errang der KFV unter seiner Leitung die Badische Pokalmeisterschaft.
Abbildung: Zum Tod von Boba Kraft, Quelle: KFV.
Jack Burton – Der Unbekannte aus England
(*1887 in England — † in England)
Zu seinem Abschied schrieb Burton einen herzlichen Brief an seine Mannschaft: „Liebe Freunde! Vergönnt mir nur eine Zeile, um Euch den besten Erfolg für die Fußballsaison 1925/26 zu wünschen. Vergeßt nicht, so hart wie möglich zu trainieren. Tut alles, was Herr Hirsch oder Euer Trainer von Euch verlangt. Seid Kameraden zu einander und spielt mit restloser Aufopferung. Denkt immer daran, dass ich jeden Montag nach den Resultaten des KFV schaue und dass ich hoffe, Euch stets auf der Gewinnseite zu finden.“ Über Burtons Leben ist fast nichts bekannt. Den KFV verließ der Engländer bereits nach einer Saison (1924/25). Im Oktober 1926 ist Burton wieder zurück in Karlsruhe: Jetzt als Trainer des Lokalrivalen FC Phönix, den er aber wieder im Frühsommer 1927 verließ. 1925 taucht Jack Burton beim HSV als Trainer auf und verschwindet ebenso schnell wieder: „Mister Burton aus England, der fabelhafteste Fußball-Lehrer aller Zeiten, bedacht mit einem Ministergehalt für dreißig Tage Nichtstun im Monat, ist abhanden gekommen. Futsch, weg. […] Ich weiß nicht, ob der HSV über diesen plötzlichen Verlust eher traurig ist, ich weiß auch nicht, welche Umstände ihn herbeigeführt haben. Einsichtige wussten von vornherein, dass diesem Glück nur kurze Dauer beschieden sein würde; ein Mann, der die deutsche Sprache so gut wie gar nicht beherrscht, kann nicht Lehrer einer so eigenwilligen Schülerschar sein, wie es die jüngeren und älteren Leute in der HSV-Oberprima sind (Hamburger Anzeiger, 5. 11. 1925). (Nachforschungen von Jens R. Prüß, Hamburg. Es ist nicht abschließend geklärt, ob es sich bei dem Hamburger Jack Burton, um den Burton des KFV handelt.)
Abbildung: Jack Burton. Quelle: Stadtarchiv Karlsruhe.
James „Jimmy“ Lawrence –
Rekordspieler bei Newcastle United / Rekordtrainer beim KFV
16. Februar 1885 in Glasgow — November 1934 in Glasgow
“It is with a heavy heart that I ave to record the death of the Chairmann of Stranraer Football Club, Mr. James Lawrence, who passed away on Wednesday last in the Victoria Infirmary, Glasgow, after an operation. Jimmie Lawrence lived for the game of football and it is no exaggeration to say that he died for it. His trouble was caused through over-training while he was in charge of a football team in Germany and he was forced to retired prematurely. Over enthusiasm and eagerness to show the young Germans the finer points of the game strained his heart.” (Wigtown Free Press Newspaper, 29. 11. 1934, S. 2)
Mit nur 49 Jahren erlag der schottische Trainer einem Herzleiden, nachdem er sich als Trainer lange Zeit völlig verausgabt hatte.
Begonnen hatte Lawrences Weg in der Industriemetropole Glasgow bei Patrick Athletic und Glasgow Perthshire. In jener Zeit vertrat er auch gelegentlich beim Erstligisten Hibernian Edinburgh in der schottischen Hauptstadt deren Stammtorwart Harry Rennie. Im Jahr 1904 wurde er vom englischen Erstligisten Newcastle United verpflichtet, für den er dann bis April 1922 spielte. Während dieser 18 Jahre absolvierte er insgesamt 432 Spiele in der Liga und 64 Spiele im Pokal, bis heute Vereinsrekord! Die Anzahl der Spiele wäre noch weit höher gewesen, wenn nicht der Spielbetrieb wegen des Ersten Weltkrieges zwischen 1915 und 1919 ausgesetzt gewesen wäre. Sein Debüt zwischen den Pfosten bei Newcastle United feierte er – schon nach zwei Probespielen – im Heimspiel am 1. Oktober 1904 mit einem 2:0 Sieg gegen Manchester City FC. Bereits in der ersten Saison gewann er mit den Nordengländern die englische Fußballmeisterschaft und damit den ersten Titel der Vereinsgeschichte. In den Jahren 1907 und 1909 folgten zwei weitere Meisterschaften sowie 1910 auch der FA Cup – im vierten Anlauf, nachdem man 1905, 1906 und 1908 als Verlierer vom Platz ging. 1907 lernte Lawrence den KFV kennen: Newcastle United gastierte in Karlsruhe und schlug den überforderten KFV mit 7:0. Lawrence galt als „an intellectual joker in the dressing-room and off the field […]. He was a fine, consistent goalkeeper, always attempting to raise spirits, he was cool, confident and extremely popular, both with Tyneside‘s supporters and his colleagues.” Am 1. April 1911 bestritt James Lawrence im Goodison Park in Liverpool, beim 1:1 gegen England vor 38.000 Zuschauern sein einziges Länderspiel für Schottland. Als er im April 1922 mit einer 1:2 Niederlage gegen Bradford City AFC sein letztes Spiel für Newcastle bestritt, war er bereits stolze 42 Jahre alt. Lawrence war, für einen Profi-Fußballer ungewöhnlich, auch politisch aktiv. Beim Aufbau der Spielergewerkschaft „Association Football Players Union“ (dem Vorgänger der heutigen Professional Footballers Association) spielte er eine bedeutende Rolle. Von 1921 bis 1922 wurde er zu zum Präsidenten der Fußballergewerkschaft gewählt. Vom Mai 1922 bis Januar 1923 managte Lawrence den damaligen Zweitligisten South Shields FC sowie anschließend bis Juli 1925 den englischen Traditionsverein Preston North End FC.
Dann der Sprung auf den Kontinent: James Lawrence wurde im August 1925 vom KFV als Nachfolger für seinen Landsmann Burton verpflichtet. Bei seinem Amtsantritt stellte er entschlossen klar: „Ich will arbeiten, in dem Bestreben, dem Pionier des Fußballsportes in Süddeutschland Erfolg und Ehre zu verschaffen“. Nachdem William Townley 1909 das 2–3‑5-Spielsystem nach Karlsruhe brachte, war es mit Lawrence wiederum ein Brite, der einen fußballerischen Paradigmenwechsel auf dem Kontinent – zumindest lokal – einläutete: Das sogenannte WM-System. Das WM-Spielsystem ist eine Reaktion auf die 1925 geänderte Abseitsregel: Statt drei mussten nun nur noch zwei Gegenspieler bei einem Zuspiel der angreifenden Mannschaft näher zum Tor stehen. Auf diese Regeländerung hin zog man (zunächst nur in England) den Mittelläufer zurück und hatte erstmals drei Verteidiger. Die beiden Halbstürmer (auch Verbindungsstürmer genannt) zog man ebenso zurück, so dass die Formation auf der Taktiktafel den Buchstaben „W“ und „M“ ähnelte (siehe Abbildung).
Nach und nach formte auch Lawrence die Karlsruher Mannschaft gemäß der britischen Fußballinnovation. Die Spielsystemumstellung fand jedoch nicht nur Freunde: „Das neue Dogma Lawrences wirkte in Karlsruhe, wo man mit allen Fasern des Fußballherzens am alten Stil hing, direkt revolutionierend. Der lange Engländer [Anmerkung d. Redaktion: Lawrence war Schotte], der mit seiner umstürzlerischen Methode heiliges Karlsruher Fußballgut verschandeln wollte, war darum viel umstritten“ (Badische Presse, 22.7.1942, No. 169). Lawrence wird in den Karlsruher Chroniken oftmals damit gerühmt, das WM-System als Erster in Deutschland eingeführt zu haben. Die Wahrheit liegt bekanntlich auf dem Platz: „Wir wissen, daß er mit dieser neuen Taktik beim KFV viel erreichte, aber doch nicht zum letzten großen Erfolg vorstieß, und zwar deshalb, weil seine Lehre Anfangs- und Uebergangsschwierigkeiten begegnete. […] So war es eben: Das damals Neue […] setzte sich erst allmählich durch“. Dass das WM-System nie in seiner theoretischen Reinform auf dem Platz übertragen werden konnte, lag an den Spielern, die noch zu sehr am offensiveren 2–3‑5 hafteten: Ein „Mittelläufer (Groke), dem in seinem Hang zum Balltreiben und in seinem eingefleischten Drang nach vorwärts die Stopperrolle wenig zusagte, und in seinem eingefleischten Drang nach vorwärts die Stopperrolle wenig zusagte, und 2 Verbindungsstürmer (Kastner und Bekir), denen das Torschießen über das Operieren im Mittelfeld und über das Ballschleppen ging, bewirkten Systemvermischungen und ‑verzerrungen […].“
Abbildung: Das WM-System beim KFV (so spielte die Mannschaft bspw. im Februar 1928 gegen die Stuttgarter Kickers) mit der angedeuteten Spielsystemänderung: Die blassen Nummern und Pfeile machen die (defensiveren) Veränderungen zum 2–3‑5-System deutlich. Quelle: KFV-Archiv.
Erfolge feierte Lawrence dennoch in Karlsruhe: Bis zu seinem Weggang vom KFV im Jahre 1931 gewann der Schotte mit dem KFV 1925/1926 die Meisterschaft von Württemberg/Baden und 1928, 1929 sowie 1931 den Titel des Badischen Meisters. Mit einer Amtszeit von sechs Jahren am Stück ist Lawrence Rekordhalter in der 125-jährigen Geschichte des KFV. Legendär war Lawrences britischer Akzent und sein gebrochenes Deutsch. Vermochte ein Spieler seinen Anweisungen nicht folgen, fragte er vehement „Du Gras im Kopf?, Du Gras im Kopf?“ Nachdem er aus Deutschland nach Schottland zurückkehrte, wurde er 1933 Präsident des Stranraer FC, der seinerzeit jedoch noch nicht am schottischen Ligabetrieb teilnahm. 1934 verstarb er dort im Amt.
Ausführliche Biografie (in englisch): JamesLawrence.pdf
Ralph Hymmen – Belgischer Offensivtrainer
24. Dezember 1893 in Antwerpen — ??
Hymmens Eltern stammten aus dem Raum Dortmund und zogen vermutlich aus beruflichen Gründen nach Antwerpen. Hymmen studierte in Antwerpen und trat am 8. September 1909 dem Royal Antwerp FC, dem ältesten Fußballklub des Landes, der deswegen auch „The Great Old“ genannt wird, bei. Dort spielte er 1911 in der Jugendmannschaft sowie in der zweiten Mannschaft, ehe er zu Beerschot AC (Beerschot Antwerpen Club) wechselte, einem Verein aus einem südlichen Randbezirk von Antwerpen. 1911/12 absolvierte Hymmen dort einige Pflichtspiele in der ersten belgischen Liga und entkam mit dem Klub knapp dem Abstieg. Auch bei den Young Boys Bern soll er gespielt haben (Fußball Nr. 35, 31. 08. 1937). In der Gauliga Niedersachen betreute er als Trainer zunächst die „Wunderdorfmannschaft“ SV Algermissen und wechselte daraufhin nach Schlesien zu Vorwärts Rasensport Gleiwitz. Von dort aus zog es ihn an den Norden nach Pommern, wo er sich für zwei Jahre dem SV Viktoria 09 Stolp anschloss. Als Trainer gewann er 1936 und 1937 dort die Pommernmeisterschaft und führte das Team zur deutschen Meisterschaftsendrunde. In der Meisterschaft setzte es jedoch schon in der Gruppenphase hohe Niederlagen gegen Schalke 04, Hertha BSC und Werder Bremen. Beim KFV trat Hymmen am 20. Juli 1937 seine Trainerstelle an.
In der Karlsruher Lokalzeitung (Badische Presse, 3.6.1937, No. 150) ließ er zuvor seinen Lebenslauf in einem Artikel zum Amtsantritt verklären: Als belgischer Landesmeister (er spielte nur für die zweite Mannschaft) soll er für Furore gesorgt haben und zudem als Spieler von West Ham United auf Welttournee gegangen sein (zu dieser Station findet sich kein Nachweis). Die Stärkung des Sturms war das Hauptaugenmerk des Belgiers während seiner Tätigkeit in der Residenzstadt. Der Nicht-Raucher, der auch keinen Tropfen Alkohol trank, war Vorbild in der Lebensführung für die Aktiven. Hymmen blieb bis 1939 beim KFV. Von 1943 bis zum Ende des Spielbetriebs im August 1944 war Hymmen Trainer der Alemannia Aachen, die als erste deutsche Stadt zwei Monate später von den Alliierten eingenommen wurde.
Abbildung: Trainervertrag Hymmen, Quelle: KFV.
Ludwig Tretter – Bayrischer „Hans Dampf“ und Wandervogel
19. August 1900 in Plattling – gest. in Regensburg
Als Spieler trat der Niederbayer für Jahn Regensburg gegen das Leder. Nach dem 1. Weltkrieg arbeitete er für einige Tageszeitungen, war aber schon zu dieser Zeit als freiberuflicher Sportlehrer und „Wanderlehrer“ aktiv. Seine Fußball-Trainerkarriere begann er beim FC Bayern Hof (1928–30) und dem SSV Elberfeld. Seine ersten renommierten Stationen waren Leipzig, FV Saarbrücken (1936/37), Ulm (1938/39), ehe er über die Stuttgarter Kickers schließlich 1939 beim KFV landete. Tretters Start beim KFV stand unter keinem guten Stern. KFV-Vereinsführer Künkel wurde nach Tretters Verpflichtung unterstellt, er hätte ein schlechtes Zeugnis der Stuttgarter Kickers bei der Entscheidung für einen neuen Trainer absichtlich unterschlagen und somit den Vorstandskollegen nicht genügend zur Kenntnis gebracht. Grund für sein schlechtes Zeugnis bei den Stuttgartern waren wohl „Zwistigkeiten“ zwischen ihm und dem damaligen Stuttgarter Vereinsführer. In Karlsruhe war der Vater von vier Kindern außerdem privater Sportlehrer am Humboldt- sowie am Kantgymnasium. Er gehörte dem Nationalsozialistischen Lehrerbund an.
Ende 1946 forderte er – inzwischen Aushilfskraft an einer bayrischen Schule – verbittert vom „Landesbezirk Baden, Abt. Kultus u. Unterricht“ ihm doch endlich Zeugnisse und Papiere aus seiner Arbeitszeit in Karlsruhe zuzusenden, ohne die er nirgendwo eine Anstellung finden könne: „Nachdem ich nur Antifaschist war, wiederholt von der Gestapo geholt wurde und nur durch Zufall dem KZ entging (der Zufall lautete Einberufung, Krankheit, Krieg, Verwundung und zuletzt Gefangenschaft, wundert mich Ihre Handlungsweise nicht mehr. Mein Freund Orf. Alfred Kanzler hatte nicht unter solchen Zufälligkeiten zu leiden und starb im KZ. Ich selbst kehrte als kranker Mensch heim und konnte an meiner ehemaligen Wirkungsstätte (Kantschule Humboldt- und Rastatt) nicht ankommen, während man gute Nazis ohne weiteres beschäftigt.“
Abbildung: Die erste Mannschaft des KFV in den späten dreißiger Jahren mit Trainer Hymmen (ganz rechts): Spielausschuss und Meisterspieler Tscherter, Weckel, Torhüter Stadler, Nationalspieler Immig, Bolz I, Bolz II, Wünsch, Helm, und Weindel. Knieend von links: Brecht, Benz, Rapp, Walz und Nationalspieler Damminger. Quelle: KFV-Archiv.
Nach dem Krieg tingelte Ludwig Tretter durch die deutsche Fußballwelt: 1947/48 trainierte er Wacker München, in der Oberliga Süd schließlich den BC Augsburg (1948/49), den TSV Schwaben Augsburg (1949–1951) und 1952 erneut kurzzeitig den FC Bayern Hof. Über den VfR Mannheim (1952/53) kam er zum SV Sodingen. Der Verein aus dem Bergmannsstädtchen konnte sich unter Tretter für die Endrunde der deutschen Meisterschaft qualifizieren. Gegen den HSV verlor der SV Sodingen dort in der Gruppenphase knapp mit 1:0 in der 81. Minute und verpasste damit die K.O.-Phase. Ein vermeintlicher Ausgleich, der wegen Handspiels des Sodinger Spielers Wächter aberkannt wurde, brachte Trainer Tretter in einem Interview mit dem Kicker in Rage: „Da will doch nicht etwa ein Mensch behaupten, es sei ein Handspiel Wächters gewesen. Unserem Wächter fehlt doch der Unterarm überhaupt. Ich habe keine Worte mehr!”. 1953/54 wechselt Tretter schließlich zu Preußen Münster.
Rudolf Jansen – Glückloser Rheinländer
Der um 1895 geborene Rheinländer soll sich als Schüler der Borussia Mönchengladbach (damals noch München-Gladbach) angeschlossen und schon mit 16 Jahren in der Erstligaelf gestanden haben. 1912 – mit 17 Jahren – spielte er bereits repräsentativ für den Westdeutschen Fußballverband. Der Mittelläufer wechselte jedoch bald zum VfR Köln 04 (Vorreiter der heutigen Viktoria Köln) und diente im 1. Weltkrieg als Soldat. Nach dem Krieg zog es ihn angeblich in die Niederlande zu Go Ahead Deventer. Laut einem Artikel der Badischen Presse zur Vorstellung des Trainers gehörte er zum Team, das zweimal die holländische Meisterschaft (1917 und 1922) holte. Nachgewiesen ist in Deventer aber nur ein Jansen, der in der zweiten Mannschaft spielte. Ob Jansen seinen Lebenslauf frisierte oder der KFV absichtlich dick auftrug, ist nicht bekannt. Von 1924 bis 1927 soll er Trainer von MVV Maastricht gewesen sein. Auch das ist nirgendwo verbürgt. Über Bremen, Borussia Rheine (heute: FC Eintracht Rheine), Preußen Münster und VfB 03 Bielefeld (heute: VfB Fichte Bielefeld) kam Jansen schließlich zum KFV. Jansen lehnte strikt die damals neue WM-Formation aus England ab und gehörte damit zu den fußballerischen Traditionalisten, die dem 2–3‑5-System nahe standen. Im Abstiegsjahr des KFV wurde er schon früh entlassen und in der KFV-Mitgliederversammlung als „ungeeignete Person“ abgestempelt.
Einige mitgereiste KFV-Fans und Angehörige feuerten die Schwarz-Roten im anschließenden Spiel im Stadion an. Nach der Partie wurden Wimpel und Geschenke ausgetauscht. Im Stadionrestaurant „Eleven“ speisten beide Mannschaften schließlich zusammen.
Wolfgang Ade, Koordinator der KFV-Traditionsmannschaft, organisierte die Reise der Karlsruher in die Schweiz. „Wir danken den Senioren 40+ des BSC Young Boys Bern/Wyler für das tolle und faire Freundschaftsspiel“, so der frühere Spieler und Trainer des KFV. „Das komplette Bern-Wochenende war ein unvergessliches Erlebnis“. Rüdiger Herr – stets eng in Kontakt mit Ade – organisierte auf Seiten der Berner Veteranenelf das Freundschaftsspiel.