Jüdi­sche FUß­ball­tra­di­ti­on beim KFV

Nur weni­ge ande­re Fuß­ball­ver­ei­ne Deutsch­lands sind so eng ver­wo­ben mit der oft ver­ges­se­nen und beweg­ten jüdi­schen Fuß­ball­ge­schich­te Deutschlands.

Für uns ist die­ses Erbe Auf­trag und Moti­va­ti­on zugleich, aktiv Gedenk­kul­tur zu gestal­ten. Für nicht weni­ge unse­rer heu­ti­gen Mit­glie­der war genau das der Grund, sich für den KFV zu enga­gie­ren: Die­se ein­zig­ar­ti­ge jüdi­sche Fuß­ball­tra­di­ti­on in Karls­ru­he zu bewah­ren. Für den KFV ist es auch ein Stück sei­ner Identität.

Doch was genau macht die­ses Erbe aus:

  • - Mit Juli­us Hirsch und Gott­fried Fuchs stell­te der Ver­ein die ein­zi­gen deut­schen Natio­nal­spie­ler jüdi­schen Glau­bens 
  • - Walt­her Ben­se­mann ent­stamm­te einer jüdi­schen Ban­kiers­fa­mi­lie und grün­de­te den KFV. 1920 rief er das heu­te noch popu­lä­re Sport­ma­ga­zin „Kicker“ ins Leben
  • - August Marx war ein Cou­sin Albert Ein­steins, jüdi­scher Gym­na­si­al­leh­rer in Karls­ru­he und in den Anfangs­jah­ren des KFV ein streit­ba­rer und zugleich prä­gen­der Zieh­va­ter der jun­gen KFV-Spieler
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Die Bio­gra­phien die­ser vier Per­sön­lich­kei­ten (Hirsch, Fuchs, Ben­se­mann und Marx) fin­den Sie bereits in den vor­de­ren Kacheln die­ser Rubrik.

Auf die­ser Sei­te möch­ten wir weni­ger bekann­te Schick­sa­le jüdi­scher KFV-Mit­glie­der näher bringen: 

  • - Lis­te der jüdi­schen KFV-Ver­eins­mit­glie­der von 1935 — Ein­zel­schick­sa­le & Hintergründe
  • - MaxLeo­pold und Wal­ter Ran­sen­berg — Eine Jüdi­sche Fuß­bal­l­er­fa­mi­lie im KFV
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Jüdi­sche Ver­eins­mit­glie­der 1935 — Ein­zel­schick­sa­le & Hintergründe

In der Epo­chen-Rubrik sind wir bereits auf die Zeit des Natio­nal­so­zia­lis­mus ein­ge­gan­ge­nen. Hier soll es noch ein­mal expli­zit um die Schick­sa­le der jüdi­schen Ver­eins­mit­glie­der gehen.

Die Schick­sa­le der jüdi­schen Mit­glie­der des KFV sind nicht voll­stän­dig bekannt. Aus dem Nach­lass des Ver­eins ist aus dem Jahr 1935 eine Lis­te von Ver­eins­mit­glie­dern jüdi­schen Glau­bens erhal­ten. Die Lis­te wur­de wahr­schein­lich von einem Ver­ant­wort­li­chen des Ver­eins zum Zweck der Vor­be­rei­tung eines “Arier­pa­ra­gra­fen” zum Aus­schluss jüdi­scher Mit­glie­der erstellt. Im Zuge die­ser Vor­be­rei­tun­gen wur­den Schrei­ben an die gelis­te­ten Mit­glie­der ver­fasst, um die­se von der wahr­schein­li­chen Ein­füh­rung eines sol­chen Para­gra­fens zu “infor­mie­ren”, d. h. einen Aus­schluss anzu­dro­hen (ein Bei­spiel eines sol­chen Schrei­bens fin­den Sie hier). Die kon­kre­te Umset­zung des Arier­pa­ra­gra­fen erfolg­te wohl nicht, da Exem­pla­re die­ser Sat­zung erhal­ten sind, die einen sol­chen Para­gra­fen nicht auf­wei­sen (mehr dazu hier).

Im Fol­gen­den sol­len die Schick­sa­le ein­zel­ner KFV-Mit­glie­der die­ser Lis­te skiz­ziert werden.

Namen der Liste:

Fritz Bär, Oskar Behr, Dr. Bill Fuchs, Gott­fried Fuchs, Phil­ipp Fuchs, Oskar Fuchs, Dr. Fritz Hertz (geb. 1901, 1938 in die USA aus­ge­wan­dert und dort als Ver­si­che­rungs­agent aktiv), Karl Hehs, Hein­rich Hirsch (geb. 1879, flüch­te­te in die USA über Kuba), Adolf Löwe, J. Löwe, K. Levis, Hein­rich Mahler, Hugo Marx (geb. 23.3.1884), Paul May­er, Dr. Fritz Spa­ni­er (Kie­fer­chir­urg, wan­der­te nach Ver­kauf sei­ner Kli­nik im Sonmmer 1937 in die USA aus), Oskar Schä­fer (22. 07.1890 in Tar­no­pol, Kauf­mann, 1939 in die Nie­der­lan­de aus­ge­wan­dert, kam in das Lager Wes­ter­bork, 1942 nach Ausch­witz und wur­de für tot erklärt), Hugo Steim / Stein (1887–1951, Rechts­an­walt, Depor­ta­ti­on nach Gurs), Oskar Stern, Juli­us Straus (im Novem­ber 1938 im KZ Dach­au ver­zeich­net), Wal­ter Stern, Dr. Erwin Weil, Dr. Artur Weil­bau­er, Dr. Fritz Wei­le und Juli­us Hirsch.

Bei­spiel­haf­te Schicksale:

Adolf Emil Löwe

Adolf Löwe, der am 12. März 1894 in Karls­ru­he gebo­ren wur­de war schon als Kind begeis­ter­ter Sport­ler und Fuß­bal­ler, von 1903 an war er Mit­glied des KFV.
Vom 11. Novem­ber 1938 bis zum 22. Dezem­ber 1938 wur­de er im Kon­zen­tra­ti­ons­la­ger Dach­au in „Schutz­haft“ (Häft­lings­num­mer 20915) genom­men. Adolf konn­te im Gegen­satz zu Isi­dor Loe­we noch nach Beginn des Krie­ges erfolg­reich in die USA aus­wan­dern und kamen am 18. April 1940 in New York an. Doch nach der Aus­wan­de­rung hat­te die Fami­lie finan­zi­el­le Pro­ble­me, da Adolf Loe­we es nicht schaff­te, Fuß zu fas­sen. Adolf Bru­der isi­dor starb in Auschwitz.


Hugo Marx

Quel­le: Wolf­gang Strauß / Gedenk­buch für Karls­ru­he Juden (http://gedenkbuch.informedia.de)

Hugo Marx’ Per­so­nal­ak­te des Ober­lan­des­ge­rich­tes Karls­ru­he ist ver­schol­len, 1952 gab es die Akte noch (belegt aus dem Wie­der­gut­ma­chungs­vor­gang).
Mary begann im Win­ter­se­mes­ter 1902/03 mit dem Jura-Stu­di­um in Hei­del­berg. Zwei Semes­ter stu­dier­te er in Hei­del­berg, danach drei Semes­ter in Mün­chen und dann wie­der zwei Semes­ter in Hei­del­berg (die­se Stu­di­en­zei­ten sind belegt). Die 1. Staats­prü­fung leg­te er im März 1906 mit der Bewer­tung „genü­gend“ ab als 5. unter 78 Kan­di­da­ten. Über die Sta­tio­nen sei­ner prak­ti­schen Berufs­aus­bil­dung als „Rechts­prak­ti­kant“ lie­gen kei­ne Infor­ma­tio­nen vor. Im März 1910, also vier Jah­re spä­ter, leg­te er sei­ne 2. Staats­prü­fung eben­falls mit „genü­gend“ ab, als 10. von 39 Kan­di­da­ten. Im Novem­ber 1910 wur­de er antrags­ge­mäß als Rechts­an­walt beim Land­ge­richt Karls­ru­he und der Kam­mer für Han­dels­sa­chen in Pforz­heim zuge­las­sen. Hugo Marx war zeit­wei­lig Mit­glied der libe­ra­len Deut­schen Demo­kra­ti­schen Par­tei (DDP) bzw. (nach 1930) der Nach­fol­ge­par­tei Deut­sche Staats­par­tei – wie vie­le Juden auch. Ob es mehr als nur eine nomi­nel­le Par­tei­zu­ge­hö­rig­keit war, konn­te nicht fest­ge­stellt werden.

In den Jah­ren bis 1925 hat­te er wech­seln­de Woh­nun­gen in Karls­ru­he, sein Büro hat­te er bis 1920 in der Lamm­stra­ße 8, in den fol­gen­den Jah­ren bis 1927 in der Her­ren­stra­ße 17. Auch wäh­rend der Kriegs­zeit hat­te er Wohn- und Büro-Adres­se, obwohl er von August 1914 bis Novem­ber 1918 Sol­dat war (Leib­gre­na­dier-Regi­ment 109 Karls­ru­he – das Leib­re­gi­ment des Groß­her­zogs (!) – und Bad. Train­ba­tail­lon Nr. 14 in Dur­lach; Abgang als Gefrei­ter). Hugo Marx wohn­te all die­se Jah­re zusam­men mit sei­ner Mut­ter. Von 1929 bis 1935 hat­te er sein Büro in der Kai­ser­stra­ße 122. Nach­dem der Bru­der der Mut­ter, Dr. Theo­dor Hom­bur­ger, Kin­der­arzt, der seit 1917 im Hau­se Schloss­platz 9 wohn­te, im Dezem­ber 1935 mit sei­ner Frau nach Paläs­ti­na emi­griert war, die Kin­der waren bereits 1933 nach Paläs­ti­na emi­griert, und die Woh­nung frei gewor­den war, zog Ber­tha Marx mit ihrem Sohn Hugo in die­se Woh­nung. Nach sei­ner Hei­rat am 28. August 1936 mit Emmy Cohen (s.u.) zog er jedoch mit sei­ner Frau in die Adler­stra­ße 55 und unter­hielt in der – gro­ßen – Woh­nung sei­ner Mut­ter nur sein Büro, so lan­ge er mit Frau noch in Karls­ru­he lebte.

1930 hat­te Hugo Marx eine Sozie­tät mit dem Rechts­an­walt Paul Eberts­heim (Dau­er nicht bekannt). Des­sen Ehe­frau, eben­falls Rechts­an­wäl­tin, war weit­läu­fig mit den Hom­bur­gers verwandt.

Eine Aus­wan­de­rung kam für ihn nicht in Betracht, auch nicht als der Bru­der sei­ner Mut­ter, der Kin­der­arzt Dr. Theo­dor Hom­bur­ger Ende 1935 nach Paläs­ti­na aus­wan­der­te und danach mehr und mehr ihm bekann­te, viel­leicht sogar befreun­de­te jüdi­sche Fami­li­en aus Karls­ru­he und andern­orts das Land ver­lie­ßen – zumeist in die USA, nach Eng­land und nach Paläs­ti­na. Ein gewich­ti­ger Grund dafür sei aber auch gewe­sen, dass er sei­ne krän­keln­de, mit­tel­lo­se Mut­ter und sei­ne Schwes­ter Hed­wig, die mit der Mut­ter zusam­men wohn­te und die­se betreu­te, eben­falls ohne Ein­kom­men, finan­zi­ell vol­len Umfangs unterstützte.

Hugo Marx war in beson­de­rem Maße in die jüdi­sche Reli­gi­on und deren zahl­rei­chen Orga­ni­sa­ti­ons­for­men ein­ge­bun­den: er war seit 1920 Mit­glied des Ober­ra­tes der Israe­li­ten Badens und Syn­oden-Abge­ord­ne­ter, seit 1936 zudem auch Mit­glied des loka­len Syn­ago­gen­ra­tes (Gemein­de­vor­stand); natür­lich war er auch Mit­glied ver­schie­de­ner jüdi­scher sozia­ler und Wohl­fahrts-Orga­ni­sa­tio­nen, auch Orga­ni­sa­tio­nen der Israe­li­ti­schen Reli­gi­ons­ge­sell­schaft (ortho­dox), obwohl er hier nie Mit­glied war – als gesell­schaft­li­che Selbst­ver­ständ­lich­keit wie für unge­zähl­te ande­re auch. Er war auch Vor­sit­zen­der des Ver­wal­tungs­ra­tes der „M. A. von Rothschild’schen Lun­gen­heil­stät­te“ in Nord­rach /Schwarzwald (seit wann ist nicht bekannt).

Mit Schrei­ben des Jus­tiz­mi­nis­te­ri­ums vom 17. Okto­ber 1938 wur­de Hugo Marx’ noch immer bestehen­de Zulas­sung als Anwalt per 30. Novem­ber 1938 zurück genom­men, mit ihm auch für die rest­li­chen elf jüdi­schen Anwal­te in Karls­ru­he, die noch eine Zulas­sung hat­ten. Damit war ihnen die Lebens­grund­la­ge völ­lig ent­zo­gen. Zwar erhielt Hugo Marx durch Ver­fü­gung des OLG-Prä­si­den­ten in Karls­ru­he vom 28. Novem­ber 1938 noch eine Zulas­sung als so genann­ter „Kon­su­lent“ (nur für jüdi­sche Kli­en­tel) für den Land­ge­richts-Bezirk Karls­ru­he mit Wir­kung vom 1. Dezem­ber 1938, jedoch von vorn­her­ein nur befris­tet bis 31. Janu­ar 1939.

Er wur­de in Dach­au inhaf­tiert (Häft­lings-Nr. 22183). Nach der Frei­las­sung floh er über Hol­land nach Lon­don. Hugo Marx konn­te in sei­nem Anwalts­be­ruf natür­lich nicht mehr arbei­ten. Erst im April 1943 bekam er über­haupt eine Anstel­lung , und zwar in dem vor­er­wähn­ten Anwalts­bü­ro Dr. Horo­vitz, in dem er bis April 1944 Hilfs­ar­bei­ten ver­rich­te­te, danach bekam er eine Anstel­lung als Buch­hal­ter in einem Tex­til­haus, das einem Nef­fen von dem oben erwähn­ten Dr. Dan­nen­berg gehör­te. Im Janu­ar 1948 stell­te sich bei ihm eine schwe­re Herz­er­kran­kung ein, die ihn fort­an an sei­ne Woh­nung fes­sel­te, den lan­gen, beschwer­li­chen Weg ins Büro konn­te er nicht mehr auf sich neh­men, daher wur­de ihm die Arbeit in sei­ne Woh­nung gebracht, fast drei Jah­re lang. Sein letz­tes Lebens­jahr, 1950, ver­brach­te er fast nur noch im Bett, arbei­te­te aber gleich­wohl wei­ter­hin. Am 3. Febru­ar 1951 starb er in Lon­don mit knapp 67 Jah­ren. Marx Frau Emmy hei­ra­te­te nach Hugo Marx’ Tod ein wei­te­res Mal und starb 2005 im Alter von 99 Jahren.


Die Ran­sen­bergs – Eine jüdi­sche Fuß­bal­l­er­fa­mi­lie im Drit­ten Reich

teils basie­rend auf den Recher­chen von Josef Wer­ner (Haken­kreuz und Juden­stern. Das Schick­sal der Karls­ru­her Juden im Drit­ten Reich, Karls­ru­he, 1988) und Sophie Fren­zel (Gedenk­buch für die Karls­ru­her Juden, Karls­ru­he, 2006)

Max Ran­sen­berg – Ers­ter KFV-Nachkriegsvorsitzender

16. Juli 1913 in Karls­ru­he — 7. Mai 1965 in Karlsruhe

Max Leo­pold Ran­sen­berg (es fin­det sich auch die Schreib­wei­se Ran­zen­berg) kam 1913 als Sohn von Leo­pold und Katha­ri­na Ran­sen­berg in Karls­ru­he zur Welt. Im Jah­re 1927 kam er zum KFV, wo er die B- und A‑Jugend durch­lief und schließ­lich für die Senio­ren spiel­te. Ran­sen­berg war „ein sym­pa­thi­scher, net­ter Kerl“, erin­nert sich Franz Ahl, KFV-Spie­ler in den 1930er bis 1950er Jah­ren. Als zu Beginn des Krie­ges „Misch­lin­ge“ (d. h. Per­so­nen mit jüdi­schen Groß­el­tern) noch in die Wehr­macht auf­ge­nom­men wur­den, zog man auch Max Ran­sen­berg zu einem Infan­te­rie-Ein­satz-Batail­lon in Weins­berg ein. Im Herbst 1940 wur­de er nach dem Frank­reich-Feld­zug als „Misch­ling 1. Gra­des“ (d. h. zwei jüdi­sche Groß­el­tern) aus der Wehr­macht ent­las­sen. Max war wie sei­ne Mut­ter Katha­ri­na evan­ge­lisch. Nach 1933 wur­de auch Ran­sen­berg als Spie­ler beim KFV aus­ge­schlos­sen, wes­halb er sich dem jüdi­schen Ver­ein „Turn­club Karls­ru­he 03“ anschloss. Am 22. Sep­tem­ber 1938 berich­te­te die CV-Zei­tung (Organ des Cen­tral-Ver­eins deut­scher Staats­bür­ger jüdi­schen Glau­bens e.V.) zum Spiel der bei­den jüdi­schen Fuß­ball­ver­ei­ne Turn­club Karls­ru­he 03 gegen Hako­ah Karls­ru­he: „Ran­zen­berg I war wie­der die Haupt­trieb­kraft der Mann­schaft und konn­te durch sei­ne wuch­ti­gen Bom­ben­schüs­se zwei schö­ne Tore erzie­len. Sein jün­ge­rer Bru­der, der zum ers­ten Mal spiel­te, bewähr­te sich eben­falls als einen brauch­ba­ren Stür­mer“. Gemeint waren Max und Wal­ter Ran­sen­berg. Trai­niert wur­den die bei­den u.a. vom Alt-Natio­nal­spie­ler Juli­us Hirsch.
Nach Kriegs­en­de wur­de Max Ran­sen­berg zum ers­ten Nach­kriegs­vor­sit­zen­den des KFV gewählt und sei­nem Ver­hand­lungs­ge­schick war es zu ver­dan­ken, dass der KFV in die erst­klas­si­ge Ober­li­ga ein­ge­stuft wur­de. Die Her­aus­for­de­run­gen denen Ran­sen­berg gegen­über­stand, waren immens: Ver­eins­are­al, Club­haus und Sport­uten­si­li­en waren durch Bom­ben zer­stört. Durch Ran­sen­bergs Bemü­hun­gen konn­te der KFV am 29. August 1948 wie­der auf dem ange­stamm­ten Gelän­de sei­ne Heim­spie­le aus­tra­gen. Max Ran­sen­berg wur­de nach sei­ner Amts­zeit mit der sil­ber­nen und gol­de­nen Ver­ein­seh­ren­na­del aus­ge­zeich­net sowie zum Ehren­mit­glied ernannt. Der gelern­te Kauf­mann lei­te­te in Karls­ru­he einen Arz­nei­mit­tel­groß­han­del. Nach einer Ope­ra­ti­on im Novem­ber 1964 berich­te­ten im April 1965 die KFV-Ver­eins­nach­rich­ten besorgt vom erneu­ten Kran­ken­haus­auf­ent­halt Ran­sen­bergs. Auf einer ein­sei­ti­gen Trau­er­an­zei­ge erin­nert der KFV in sei­nen Ver­eins­nach­rich­ten im Dezem­ber 1965 an den Tod von Max Ran­sen­berg, der nach lan­ger, schwe­rer Krank­heit in Karls­ru­he starb.

 

Abbil­dung: 1935 vom KFV erstell­te Lis­te mit jüdi­schen Mit­glie­dern des KFV. Quel­le: KFV.
Abbil­dung: Schrei­ben den das Mit­glied Fritz Hertz. Ob das Schrei­ben an die betrof­fe­nen Per­so­nen der Lis­te ver­sandt wur­de ist nicht bekannt. Quel­le: KFV.
Abbil­dung: Max Ran­sen­berg, Quel­le: KFV-Archiv.
Abbil­dung: Max Ran­sen­berg, Quel­le: KFV-Archiv.
Abbil­dung: Leo­pold Ran­sen­berg Quel­le: Stadt­ar­chiv Karls­ru­he / Josef Wer­ner: Haken­kreuz und Juden­stern. Das Schick­sal der Karls­ru­her Juden im Drit­ten Reich, Karls­ru­he, 1988. 
Abbil­dung: Die KFV-Mann­schaft mit ihrem Ver­eins­vor­sit­zen­den Max Ran­sen­berg (links außen). Quel­le: KFV-Archiv.
Die Tra­di­ti­ons­mann­schaft des KFV – bestehend aus frü­he­ren und aktu­el­len Spie­lern des Alt­meis­ters – reis­te bereits am frü­hen Mor­gen mit dem Bus nach Bern und besuch­te davor gemein­sam mit dem Schwei­zer Gast­ge­ber das Muse­um der Young Boys Bern im Sta­di­on, wo sich die Karls­ru­her Mann­schaft in das Gäs­te­buch ein­trug. Den Karls­ru­hern wur­de schnell klar: Der zwölf­ma­li­ge Schwei­zer Meis­ter wur­de wie der KFV von Gym­na­si­as­ten gegrün­det und blickt auf eine sehr lan­ge Tra­di­ti­on zurück.
Eini­ge mit­ge­reis­te KFV-Fans und Ange­hö­ri­ge feu­er­ten die Schwarz-Roten im anschlie­ßen­den Spiel im Sta­di­on an. Nach der Par­tie wur­den Wim­pel und Geschen­ke aus­ge­tauscht. Im Sta­di­on­re­stau­rant „Ele­ven“ speis­ten bei­de Mann­schaf­ten schließ­lich zusam­men.
Wolf­gang Ade, Koor­di­na­tor der KFV-Tra­di­ti­ons­mann­schaft, orga­ni­sier­te die Rei­se der Karls­ru­her in die Schweiz. „Wir dan­ken den Senio­ren 40+ des BSC Young Boys Bern/Wyler für das tol­le und fai­re Freund­schafts­spiel“, so der frü­he­re Spie­ler und Trai­ner des KFV. „Das kom­plet­te Bern-Wochen­en­de war ein unver­gess­li­ches Erleb­nis“. Rüdi­ger Herr – stets eng in Kon­takt mit Ade – orga­ni­sier­te auf Sei­ten der Ber­ner Vete­ra­nen­elf das Freundschaftsspiel.
Abbil­dung: Ein Ableh­nungs­schrei­ben des „Gene­ral­be­voll­mäch­tig­ten für das jüdi­sche Ver­mö­gen in Baden“ an Leo­pold Ran­sen­berg, der bean­trag­te, Mobi­li­ar aus der Woh­nung sei­ner nach Gurs depor­tier­ten und ermor­de­ten Mut­ter Ber­ta ent­neh­men zu dür­fen. Quel­le: Juden in Karls­ru­he. Quel­le: Wer­ner, Josef: Haken­kreuz und Juden­stern. Das Schick­sal der Karls­ru­her Juden im Drit­ten Reich, Karls­ru­he, 1988. 
Abbil­dung: KFV-SPie­ler Ten­si. Quel­le: KFV.
Abbil­dung: Wal­ter Ran­sen­berg. Quel­le: KFV.

Leo­pold Ran­sen­berg – Die letz­te Deportation

17. Janu­ar 1890 in Straß­burg — 16. Janu­ar 1968 in Karlsruhe

Leo­pold Ran­sen­berg – Sohn jüdi­scher Eltern – wur­de in Straß­burg gebo­ren und hei­ra­te­te dort 1915 die evan­ge­li­sche Maria Katha­ri­na Richert (gest. 27.03.1979 in Karls­ru­he). Das Ehe­paar hat­te die bei­den Söh­ne Max und Wal­ter Ran­sen­berg. KFV-Mit­glied Leo­pold Ran­sen­berg hat­te nach der Eta­blie­rung der NS-Dik­ta­tur in Deutsch­land die Depor­ta­ti­on schon früh geahnt und ver­such­te ver­geb­lich dafür Vor­keh­run­gen zu tref­fen: Ran­sen­berg, seit 1935 arbeits­los, beab­sich­tig­te zu Kriegs­be­ginn in die USA zu flüch­ten und gewann auch einen Bür­gen für die Finan­zie­rung der Über­fahrt. Das US-Kon­su­lat in Stutt­gart lehn­te sei­nen Bür­gen jedoch als nicht über­zeu­gend genug ab. Ein Jahr spä­ter wur­de sei­ne 1879 in Posen gebo­re­ne jüdi­sche Mut­ter Ber­tha Ran­sen­berg, gebo­re­ne Sil­ber, am 22. Okto­ber 1940 nach Gurs, Frank­reich depor­tiert. Am 30. Mai gelang sie von Dran­cy nach Aus­schwitz, wo sie von den Nazis ermor­det wur­de. Sein Vater Lud­wig (1860–1939) starb bereits ein Jahr zuvor (Gedenk­buch für die Karls­ru­her Juden, URL: http://gedenkbuch.informedia.de/index.php/PID/12/name/3443/suche/R.html).

Am 14. Febru­ar 1945, eini­ge Wochen vor der Beset­zung Karls­ru­hes durch die Fran­zo­sen, muss­te nun auch Fami­li­en­va­ter Leo­pold Ran­sen­berg als einer von 17 noch in der Stadt leben­den Mit­bür­gern, Juden in „Misch­ehe” und Kin­der aus sol­chen Ehen, vom Karls­ru­her Haupt­bahn­hof aus die Fahrt ins Unge­wis­se antre­ten. Vor­aus­ge­gan­gen war ein Brief vom 5. Febru­ar in dem per „Ladung” die letz­ten in „Misch­ehe” leben­den Per­so­nen sowie „Halb­ju­den” zum Büro der Karls­ru­her Gesta­po in der Rit­ter­stra­ße ein­be­stellt wur­den. Den über 20 Per­so­nen – dar­un­ter Leo­pold Ran­sen­berg – wur­de dort eröff­net, dass sie sich am Abend des 14. Febru­ar „betreffs Arbeits­ein­satz” im Luft­schutz­kel­ler des Karls­ru­her Haupt­bahn­hofs ein­zu­fin­den hät­ten (Vgl. Wer­ner, Josef: Blick in die Geschich­te Nr. 86 vom 19. März 2010; 1940–1945: Depor­ta­tio­nen besie­gel­ten das Ende der Karls­ru­her Juden).

14. Febru­ar 1945: Am Tag der Depor­ta­ti­on beglei­te­te Otto Ten­si (24. 02. 1893–1984), ehe­ma­li­ger Spie­ler des KFV und spä­ter Ehren­mit­glied des Ver­eins, in sehr gedrück­ter Stim­mung sei­ne Frau Jòs­za (1897–1974) zum Karls­ru­her Bahn­hof. Auch sie war eine der 17 Ein­be­stell­ten gewe­sen. Als Ten­si im Büro der Gesta­po nach dem Zweck des Arbeits­ein­sat­zes frag­te, wur­de er des Rau­mes ver­wie­sen. Jòz­sa hat­te bereits mit 14 Jah­ren den gegen­über woh­nen­den 17-jäh­ri­gen Otto Ten­si ken­nen gelernt. „Schon früh ver­lieb­ten sich Jòz­sa und Otto inein­an­der. Otto war bei Jòz­sas Fami­lie herz­lich will­kom­men. Bei­de hei­ra­te­ten am 30. August 1919 in der evan­ge­li­schen Stadt­kir­che“ (Fren­zel, Sophie: Gedenk­buch für die Karls­ru­her Juden, Ema­nu­el Spit­zer, URL: http://gedenkbuch.informedia.de/index.php/PID/12/name/4107/suche/S.html.)

(1928 ließ sich Jòz­sa christ­lich tau­fen). Im März des glei­chen Jah­res begann er noch an der Sei­te von Juli­us Hirsch und Gott­fried Fuchs die Früh­jahrs­ver­bands­run­de gegen Ger­ma­nia Dur­lach. Ein­ge­tre­ten war er in den KFV 1914. 1934 erhielt er die sil­ber­ne Ehren­na­del des KFV. Bis 1922 führ­te Ten­si eine Wein­stu­be in sei­nem Eltern­haus in der Adler­stra­ße, bevor er als Buch­bin­der arbei­te­te. Ab 1933 warf aber die Dik­ta­tur ihre Schat­ten auf das Ehe­paar: Ten­sis Schwie­ger­mut­ter Ade­le Spit­zer begann 1940 mit Schlaf­ta­blet­ten Selbst­mord, Schwie­ger­va­ter Ema­nu­el starb 1943 in einem süd­fran­zö­si­schen Inter­nie­rungs­la­ger. Da Buch­bin­der­meis­ter Ten­si auch Akten von öffent­li­chen Stel­len band, wur­de er dazu auf­ge­for­dert, sei­ne Frau nicht mehr wei­ter zu beschäf­ti­gen. Manch ein Auf­trag wur­de ihm ent­zo­gen. Spä­ter bekam Otto aller­dings gar kei­ne Auf­trä­ge mehr, so dass die Fami­lie bald Pro­ble­me hat­te, den nöti­gen Unter­halt aufzubringen.

14. Febru­ar 1945: Die Wag­gons mit den Ein­be­ru­fe­nen setz­te sich nach Ein­bruch der Dun­kel­heit (auf­grund dro­hen­der Flie­ger­an­grif­fe) in Gang und nach zwei­tä­gi­ger Bahn­fahrt kamen die 17 Karls­ru­her in The­re­si­en­stadt an und erleb­ten dort Käl­te, Hun­ger, Durst, schwe­re Arbeit und den viel­fa­chen Tod. Zu der Grup­pe der 17 Karls­ru­her gehör­ten mit Esther und Hei­no auch die Kin­der des KFV-Natio­nal­spie­lers Juli­us Hirsch. Jòz­sa Ten­si hat Leben und Ster­ben in The­re­si­en­stadt in einem Tage­buch fest­ge­hal­ten. Nach drei Mona­ten wur­de The­re­si­en­stadt im Mai 1945 befreit, die 17 Karls­ru­her, die ver­läss­lich zusam­men­hiel­ten, erlöst. Leo­pold Ran­sen­berg wur­de bald zu einer Art Füh­rungs­fi­gur für die Karls­ru­her Gefan­ge­nen. Im April schreibt Ten­si in ihrem Tage­buch: „Leo­pold ist unser Freund. Ich wuss­te, dass er ein fabel­haf­ter Mensch ist mit Herz und viel Lie­be, aber er hat in der gro­ßen Not, in der wir uns befin­den, alle Erwar­tun­gen über­trof­fen. Mit sei­ner Ruhe und Güte sowie Über­le­gen­heit in vie­len Din­gen ist er uns fast uner­setz­lich. Wer ihn als Freund hat, ist geborgen“.

Abbil­dung: Ein Ableh­nungs­schrei­ben des „Gene­ral­be­voll­mäch­tig­ten für das jüdi­sche Ver­mö­gen in Baden“ an Leo­pold Ran­sen­berg, der bean­trag­te, Mobi­li­ar aus der Woh­nung sei­ner nach Gurs depor­tier­ten und ermor­de­ten Mut­ter Ber­ta ent­neh­men zu dür­fen. Quel­le: Juden in Karls­ru­he. Quel­le: Wer­ner, Josef: Haken­kreuz und Juden­stern. Das Schick­sal der Karls­ru­her Juden im Drit­ten Reich, Karls­ru­he, 1988.

Hein­old Hirsch sag­te spä­ter bei einem Inter­view zur Befrei­ung des KZ durch die Rote Armee: „Wir hat­ten einen Anfüh­rer im Lager, das war der Herr Ran­sen­berg, er war die See­le unse­rer Grup­pe (…) Damals hat­ten sie außer­halb ein paar Deut­sche ein­ge­fan­gen, und die Leu­te hat­ten natür­lich alle Wut auf die­se Deut­schen und woll­ten an die ran.” – „Die Rus­sen?” – „Nein, unse­re Lager­in­sas­sen! Da ist der Herr Ran­sen­berg zusam­men mit zwei ande­ren und einem Gewehr hin­ge­gan­gen und hat die­se Deut­schen beschützt. Nachts stand er da und hat auf­ge­passt, dass ihnen auch nichts pas­siert. Das muss man sich mal vor­stel­len!” Nach der Befrei­ung führ­te Leo­pold Ran­sen­berg die 17 Karls­ru­he in einer ein­mo­na­ti­gen, beschwer­li­chen Rei­se im Güter­zug, Omni­bus, den letz­ten Teil der Stre­cke schließ­lich mit einem Lkw mit Holz­ver­ga­ser über die Auto­bahn, zurück nach Karls­ru­he. Ran­sen­berg war es, der die jüdi­sche Gemein­de in Karls­ru­he neu auf­bau­te. Am 1. Dezem­ber 1945 lud Leo­pold Ran­sen­berg im Namen des pro­vi­so­ri­schen Vor­stands der jüdi­schen Kul­tus­ge­mein­de Karls­ru­he zur Grün­dung der jüdi­schen Nach­kriegs­ge­mein­de in die in Karls­ru­her Gast­stät­te „Zum Wei­ßen Berg“ ein. Als ers­ter Vor­sit­zen­der des Ober­rats der Israe­li­ten Badens setz­te Ran­sen­berg sich fort­an viel­fach für die NS-Opfer ein und wur­de auch wie­der für sei­nen Fuß­ball­klub, den KFV, aktiv. Leo­pold Ran­sen­berg grün­de­te das „Kaf­fee-Kaba­rett Roland“, in der Kreuz­stra­ße 14, und war des­sen Direk­tor (bereits sei­ne Eltern Lud­wig und Ber­tha führ­ten das Lokal). Bis 1952 gab es dort täg­lich Tanz­mu­sik und Kaba­rett­be­glei­tung und auch der KFV fei­er­te 1946 im Hoch­som­mer das 55-jäh­ri­ge Jubi­lä­um sowie eini­ge Jah­re spä­ter (1952) sei­ne Ama­teur­vi­ze­meis­ter­schaft im Lokal von „Leo“, der im obe­ren Stock des Varie­tés mit sei­ner Frau wohn­te. 1956 führ­te er auch das Hotel „Wind­sor“ in der Adler­stra­ße 33. Im März 1965 wur­de Leo­pold Ran­sen­berg, inzwi­schen Ehren­vor­sit­zen­der der jüdi­schen Gemein­de Karls­ru­he, durch Vize-Kanz­ler Men­de und Ober­bür­ger­meis­ter Klotz das Bun­des­ver­dienst­kreuz ver­lie­hen. Ran­sen­berg ruht auf dem libe­ra­len jüdi­schen Fried­hof, Grab­num­mer 905.


 

Wal­ter Ran­sen­berg – „Immer eine Bar­rie­re dazwischen“

9. April 1923 in Karls­ru­he – 6. Mai 2003 in Karlsruhe

Schon mit sie­ben Jah­ren trat Wal­ter Ran­sen­berg dem KFV 1931 bei. Der jun­ge KFV-Spie­ler Wal­ter Ran­sen­berg – Sohn von Leo­pold – leb­te bis 1936 in gutem Ein­ver­neh­men mit sei­nen Leh­rern und Mit­schü­lern in der dama­li­gen Pes­ta­loz­zi­schu­le in der Bis­marck­stra­ße, bis er eines Tages einen glü­hen­den Natio­nal­so­zia­lis­ten als neu­en Leh­rer bekam. Der neue Leh­rer erklär­te zu Beginn, er kön­ne bei 27 Schü­lern kei­ne Rück­sicht auf einen ein­zi­gen neh­men. Als guter Fuß­bal­ler war er beim Aus­wäh­len von Mann­schaf­ten im Schul­sport immer als ers­ter „gewählt“ wor­den, unter dem neu­en Leh­rer jedoch immer als letz­ter, weil sich die Mit­schü­ler nicht trau­ten, den „Halb­ju­den“ in ihre Mann­schaft zu wäh­len. Zahl­rei­che wei­te­re Krän­kun­gen und Zurück­set­zun­gen sei­tens jenes Leh­rers führ­ten dazu, dass Ran­sen­berg sich wei­ger­te, wei­ter­hin in die Schu­le zu gehen. Sein Gesuch im Herbst 1936 in die jüdi­sche Schu­le zu gehen, lehn­te das Stadt­schul­amt ab, da dort nur (voll-)jüdische Schü­ler auf­ge­nom­men wur­den. Nach 1933 konn­te er nur noch beim jüdi­schen „Turn­club Karls­ru­he“ Fuß­ball spie­len, auch beim KFV war für ihn kein Platz mehr geblie­ben (dort spiel­te er übri­gens zusam­men mit Juli­us Hirsch). Schließ­lich wur­de dem frus­trier­ten Wal­ter immer­hin der Wech­sel zur Wai­sen­schu­le in der Stös­ser­stra­ße erlaubt, wo er bes­ser behan­delt wur­de. „Es hat Momen­te gege­ben, wo wir uns abge­setzt hat­ten, wo wir … ver­sucht haben, das Wei­te zu fin­den“. Je nach Situa­ti­on waren die Ran­sen­bergs bis zu 14 Tage von Karls­ru­he weg­ge­we­sen, um sich dro­hen­den Depor­ta­tio­nen zu ent­zie­hen. Schmerz­lich erin­ner­te sich er noch an die Depor­ta­ti­on sei­ner Groß­mutter: Nach Bekannt­wer­den der Zwangs­aus­wei­sung von jüdi­schen Karls­ru­hern fuhr er allei­ne zur Woh­nung sei­ner allein woh­nen­den Oma Ber­ta, die er aber nicht mehr auf­fand. Er radel­te zum Bahn­hof, um die Groß­mutter auf dem Vor­platz zu sehen, konn­te sie in der men­schen­über­füll­ten Unter­füh­rung (905 Karls­ru­her Juden wur­den an die­sem Tag depor­tiert) nicht mehr fin­den. Er sah sie nie wie­der. Als 15-Jäh­ri­ger wur­de er für kur­ze Zeit sogar fest­ge­nom­men. Die Spit­ze der Häss­lich­keit erfuh­ren Wal­ter und Vater Leo­pold Ran­sen­berg am Vor­mit­tag des 10. Novem­bers 1938, als man sie zusam­men mit jüdi­schen Mit­bür­gern wie Vieh über den Karls­ru­her Markt­platz jag­te, ange­trie­ben von einer fre­ne­tisch-gehäs­si­gen Men­schen­men­ge: „Um halb zehn Uhr mor­gens kamen sie. Ich soll­te mit­kom­men. Mein Vater und ich. Und da stand unten ein Wagen, wie man ihn ver­wen­det, um Schwei­ne zu ver­frach­ten. Da hat man uns hin­ein­ge­setzt und über die Kai­ser­stra­ße gefah­ren, im Schritt­tem­po. Am Markt­platz hat man uns aus­stei­gen las­sen. Da stan­den dann schon die Men­schen, 1000 und mehr Per­so­nen. Man hat eine Gas­se gebil­det, viel­leicht einen Meter breit und 300 bis 400 Meter lang, bis zum Poli­zei­prä­si­di­um. Es gab Leu­te, die haben gespuckt und geschla­gen. Ande­re haben kei­nen Ton gesagt“. Die Demü­ti­gun­gen ver­gaß das spä­te­re KFV-Ehren­mit­glied, das 1962 auch die gol­de­ne KFV-Ehren­na­del für lang­jäh­ri­ge Mit­glied­schaft erhielt, jedoch nie: „Ich bin mit die­ser Sache nie fer­tig gewor­den, bis zum heu­ti­gen Tag nicht, so dass ich zwi­schen jedem ande­ren Men­schen und mir immer eine Bar­rie­re gelegt sehe“ (Wer­ner, Josef: Haken­kreuz und Juden­stern. Das Schick­sal der Karls­ru­her Juden im Drit­ten Reich, Karls­ru­he, 1988.), erklär­te Ran­sen­berg spä­ter. Ran­sen­berg blieb dem KFV in der Nach­kriegs­zeit lan­ge ver­bun­den und war im Jahr 2000 noch als Alters­prä­si­dent der KFV-Jah­res­haupt­ver­samm­lung mit der Lei­tung der Vor­stands­wah­len betraut. Mit sei­ner Frau Irm­gard (gest. 1981) leb­te Wal­ter Ran­sen­berg bis zu sei­nem Lebens­en­de in Ettlingen.

Die Tra­di­ti­ons­mann­schaft des KFV – bestehend aus frü­he­ren und aktu­el­len Spie­lern des Alt­meis­ters – reis­te bereits am frü­hen Mor­gen mit dem Bus nach Bern und besuch­te davor gemein­sam mit dem Schwei­zer Gast­ge­ber das Muse­um der Young Boys Bern im Sta­di­on, wo sich die Karls­ru­her Mann­schaft in das Gäs­te­buch ein­trug. Den Karls­ru­hern wur­de schnell klar: Der zwölf­ma­li­ge Schwei­zer Meis­ter wur­de wie der KFV von Gym­na­si­as­ten gegrün­det und blickt auf eine sehr lan­ge Tra­di­ti­on zurück.
Eini­ge mit­ge­reis­te KFV-Fans und Ange­hö­ri­ge feu­er­ten die Schwarz-Roten im anschlie­ßen­den Spiel im Sta­di­on an. Nach der Par­tie wur­den Wim­pel und Geschen­ke aus­ge­tauscht. Im Sta­di­on­re­stau­rant „Ele­ven“ speis­ten bei­de Mann­schaf­ten schließ­lich zusam­men.
Wolf­gang Ade, Koor­di­na­tor der KFV-Tra­di­ti­ons­mann­schaft, orga­ni­sier­te die Rei­se der Karls­ru­her in die Schweiz. „Wir dan­ken den Senio­ren 40+ des BSC Young Boys Bern/Wyler für das tol­le und fai­re Freund­schafts­spiel“, so der frü­he­re Spie­ler und Trai­ner des KFV. „Das kom­plet­te Bern-Wochen­en­de war ein unver­gess­li­ches Erleb­nis“. Rüdi­ger Herr – stets eng in Kon­takt mit Ade – orga­ni­sier­te auf Sei­ten der Ber­ner Vete­ra­nen­elf das Freundschaftsspiel.