Karls­ru­her Derbygeschichte

1946 schon lan­ge ein Klas­si­ker: KFV gegen FC Phönix
Die bei­den Ver­eins­lo­gos in einem Sammelalbum

Ein Text von Tho­mas Alex­an­der Staisch

Es taucht in kei­ner deut­schen oder gar inter­na­tio­na­len Sta­tis­tik auf, dabei ist das Lokal­der­by Karls­ru­her FV gegen Phö­nix Karls­ru­he eines der meist­ge­spiel­ten Deutsch­lands. Allein von 1896 bis 1952 (dann wur­de der KSC gebo­ren) tra­fen die Erz­fein­de 130 Mal auf­ein­an­der. 59 Spie­le gewan­nen die Schwarz­ro­ten, 39 die Schwarz­blau­en, ins­ge­samt fie­len 481 Tore, also fast vier Tore pro Spiel. Obwohl der KFV häu­fig als Favo­rit galt, spre­chen die Zah­len auch eine ande­re Spra­che: „1906 und 1907 war es end­gül­tig aus mit der Aschen­brö­del­stel­lung und jetzt gab es kein Par­don mehr! Von Okto­ber 1907 bis März 1910 konn­te der KFV uns nicht bezwin­gen!“, jubel­te die  Phö­nix-Chro­nik. Kaum ein Match ende­te ohne spek­ta­ku­lä­re Tore, Ver­let­zun­gen, Platz­ver­wei­se, Mas­sen­be­su­che, Abbrü­che 150 Sekun­den (!) vor Spie­len­de oder gar mani­pu­lier­te Spiel­ge­rä­te. So bedeu­te­te das Halb­fi­na­le um die Deut­sche Meis­ter­schaft am 1. Mai 1910 (1:2 für den spä­te­ren Meis­ter KFV) mit „6000 bis 8000 Zuschau­ern“ im Sta­di­on an der Tele­gra­fen­ka­ser­ne einen deut­schen Rekord. 

Abbil­dung: „Bedeu­tends­tes Ereig­nis“: Anzei­ge in der „Süd­deut­schen Sport­zei­tung” für das Der­by KFV-Phö­nix am 3. Okto­ber 1910, das die Schwarz­ro­ten 2:1 gewan­nen, Quel­le: Tho­mas Staisch.

 

Wer den Füh­rer beleidigt

Ange­fan­gen soll alles am 1. Mai 1898 haben: Damals war der KFV gegen Phö­nix FV auf dem legen­dä­ren Eng­län­der­platz ange­tre­ten. Phö­nix-Kapi­tän Bei­er, der „eiser­ne Arthur”, war gera­de nach Karls­ru­he zurück­ge­kehrt und hat­te sei­ne Man­nen auf das Spiel gegen den berühm­ten Lokal­ri­va­len ein­ge­schwo­ren. Vie­le Kicker fand Bei­er nicht vor: Krank­heit, Ein­tritt beim Mili­tär, Weg­zug und Angst vor Nie­der­la­gen (!) hat­ten die Spie­ler­schaft arg dezimiert.

Es war noch kein ech­tes Der­by, da die Schwarz­ro­ten KFV­ler in den vor­an­ge­gan­ge­nen Jah­ren zu über­le­gen waren, aber es wur­de ein his­to­ri­sches Match: Beim Stand von 1:2 ver­lie­ßen die Bei­er-Schütz­lin­ge geschlos­sen das Feld, „wegen Belei­di­gung des ver­dienst­vol­len Füh­rers von Phö­nix“ (wie die Ver­eins­chro­nik spä­ter stolz ver­kün­de­te). „Mit einem Schlag hat­te sich die Atmo­sphä­re die­ser Begeg­nung geän­dert: Bis­her eine mehr oder min­der siche­re Sache für den ‚Ver­ein’, nun auf ein­mal ein hart­nä­cki­ger Kampf“, schreibt Joseph Mich­ler über den spek­ta­ku­lä­ren Abbruch. Das badi­sche „Super­cla­si­co“ war geboren.

Eine ech­te Nebelgranate

Einen hand­fes­ten Skan­dal hat­te das Der­by am 8. Dezem­ber 1912 zu bie­ten: Das Spiel wur­de beim Stand von 2:1 für Phö­nix vom Schieds­rich­ter Phil­lip Bruck­ner wegen Nebels abge­bro­chen („Alles ist erstaunt und läuft erregt ins Spiel­feld!”) – gan­ze zwei­ein­halb (!) Minu­ten vor Schluss. Der Liga­aus­schuss wet­ter­te danach, dass „das Spiel trotz des Nebels wohl auch noch die letz­ten 2 ½ Minu­ten ver­folg­bar war, denn wir kön­nen nicht anneh­men, dass der Ball plötz­lich unsicht­bar gewor­den ist!“ Zudem wur­de der Schi­ri kri­ti­siert, der die Pau­se eigen­mäch­tig um fünf kost­ba­re Minu­ten ver­län­gert hat­te, weil sich Frie­der För­de­rer vom KFV Klötz­chen auf die Stie­fel schla­gen musste.

Abbil­dung: Der­by Phö­nix-KFV am 14. Janu­ar 1912. Bild­un­ter­schrift im „Fuss­ball“: „Eine Sze­ne, die typisch ist für den hart­nä­cki­gen Kampf zwi­schen den bei­den Meis­tern, zeigt die­se eigen­ar­ti­ge  Auf­nah­me. Bei­er, der Mit­tel­läu­fer von Phö­nix, hält einen Vor­stoß von KFV-Stür­mer Hirsch auf, wobei Hirsch ver­sucht, den Ball über den Geg­ner hin­weg­zu­brin­gen“. Fuß­ball-Exper­te Mich­ler schrieb über das Match beein­druckt: „Das schöns­te Spiel, das ich je gese­hen!“ Der KFV sieg­te 1:0, ein zwei­tes Tor von Fuchs wur­de wegen angeb­li­chen Hand­spiels nicht gege­ben – ein Foto in der „Illus­trier­ten Sport­zei­tung” („Fuchs drückt den Ball mit der Brust an Fit­te­rer vor­bei ins Netz”) scheint aber dem Mit­tel­stür­mer Recht zu geben, Quel­le: Tho­mas Staisch.

Der Pfei­fen­mann hat­te sich gerecht­fer­tigt, dass „Anstand und gute Sit­ten eine Ver­län­ge­rung ver­langt hät­ten”, da der KFV behaup­tet habe, För­de­rer sei ver­letzt und müs­se ver­bun­den wer­den. Ein Repor­ter hat­te spä­ter sogar nach­ge­rech­net, dass exakt 22 Minu­ten Zeit vor dem Spiel und in der Pau­se „ver­schenkt” wor­den sei­en – vor dem Match sei z.B. die „pho­to­gra­fi­sche Auf­nah­me der Mann­schaf­ten” schuld gewesen.

Und noch ein Nach­spiel: Die nach­ge­hol­te Begeg­nung am 9. Febru­ar 1913 wur­de vor 3.000 Zuschau­ern zum Schick­sals­spiel für bei­de Mann­schaf­ten. Der KFV griff nach der Meis­ter­schaft, bei Phö­nix ging es gegen den Abstieg. Es wur­de wie immer ein tur­bu­len­tes Der­by, das die Schwarz­blau­en mit 2:0 (1:0) durch Tore von Rei­ser und Firn­rohr gewin­nen konn­ten. Die High­lights: Wege­le ver­schoss einen Elf­me­ter, Phö­nix spiel­te lan­ge mit zehn Mann, weil sich Karth bei einem Sturz ver­letz­te und KFV-Star För­de­rer ras­te­te kom­plett aus. „Neu­mai­er und Itta, zwei äußerst fai­re und kör­per­lich nicht star­ke Leu­te, wirft er zu Boden, ohne dass sie über­haupt mit dem Ball in Berüh­rung kom­men!”, erbos­te sich der „Fussball”-Reporter. Nach­dem Straf­stö­ße (also Frei­stö­ße) „gegen so ein Spiel nichts mehr fruch­ten”, wird För­de­rer des Fel­des verwiesen.

Abbil­dung: Eck­ball für den KFV: Eines der weni­gen Der­bys, die auf dem Papier einen kla­ren Sie­ger fan­den – der KFV gewann am 4. Dezem­ber 1910 nach aus­ge­gli­che­nem (!) Spiel und vor 4.000 Zuschau­ern deut­lich mit 6:2 („Illus­trier­te Sport­zei­tung“). KFV-Goa­lie Franz Bur­ger mach­te sich dar­aus einen Scherz. Auf einer Post­kar­te, die ihn allei­ne und offen­sicht­lich gelang­weilt im Tor zeigt, schrieb er spä­ter: „Umste­hen­de Auf­nah­me wur­de wäh­rend des Spiels gegen Phö­nix gemacht, hier­aus kannst Du erse­hen, wie viel ich zu hal­ten bekam!”, Quel­le: Tho­mas Staisch.

 

Das ers­te öffent­li­che „Faul”

Es ver­wun­dert nicht, dass ein all­täg­li­ches Geran­gel im Karls­ru­her Gigan­ten-Gip­fel sogar zu einer noch nie dage­we­se­nen Medi­en­schlacht im deut­schen Fuß­ball füh­ren soll­te. Denn nach einem Zwei­kampf zwi­schen Max Schwar­ze (KFV) und Ernst Karth (Phö­nix) beim 2:2 im „Pri­vat­po­kal­spiel“ am 16. Juni 1912, das zudem von Orkan und Regen geprägt war, brach nicht nur ein Sturm der Ent­rüs­tung aus – zum ers­ten Mal wur­de eine Schieds­rich­ter­ent­schei­dung auch öffent­lich dis­ku­tiert und „ana­ly­siert“. Im Spiel hat­te der Refe­ree jeden­falls gepfif­fen und Straf­stoß ver­hängt, den der KFV sicher verwandelte.

Mög­lich wur­den die tage- und in der Pres­se sei­ten­lan­gen, zum Teil hit­zig geführ­ten Wort­ge­fech­te von Spie­lern, Zuschau­ern und Schieds­rich­tern durch den bis dahin im deut­schen Fuß­ball prak­tisch noch nie ein­ge­tre­te­nen Fall, dass die strit­ti­ge Situa­ti­on auf einem Foto fest­ge­hal­ten wor­den war. Die selbst­er­nann­ten Exper­ten stör­te es dabei wenig, dass der berühm­te „Beweis“ bei­na­he jede Deu­tungs­mög­lich­keit zuließ: Der Fuß­ball-Fan freu­te sich, end­lich ein­mal ernst­haft mit­re­den zu kön­nen – selbst wenn er gar nicht im Sta­di­on gewe­sen war!

Abbil­dung: Aus dem Skan­dal­spiel: Karth (re., noch unschul­dig) beob­ach­tet eine „Bra­vour­leis­tung des Phö­nix­tor­wäch­ters: Hirsch brach­te es fer­tig, dass Fit­te­rer den Ball zwei­mal fal­len ließ, aber die Geis­tes­ge­gen­wart des Tor­warts, der sich schließ­lich am Boden wälz­te, ret­te­te den Ball den­noch!“, Quel­le: Tho­mas Staisch.

Die Mei­nun­gen klaf­fen dann auch zwi­schen „Karth stoppt ganz regu­lär den Ball, kein Elf­me­ter“, „Schwar­ze hakt Karth von hin­ten ein und bedrängt ihn mit der lin­ken Faust, Frei­stoß gegen KFV“, über „erlaub­tes Anren­nen von der Sei­te, weder Frei- noch Straf­stoß“, „Karth springt direkt auf Schwar­ze los, 11-Meter-Ball“, „bei­de Tei­le schul­dig, Hoch­wurf!“, „Schwar­ze hät­te sich Knö­chel und Arm bre­chen kön­nen, Platz­ver­weis für Karth“, „Schwar­ze fällt durch unge­schick­te Wen­dung oder den nas­sen Boden, kein Elf­me­ter­stoß“, „Karth klemmt mit sei­nem lin­ken Knie den Fuß von Schwar­ze fest, Elfer“ bis „Schwar­ze ist durch Zufall etwas gefähr­lich aus­se­hend gestürzt, kein Regel­ver­stoß“ mei­len­weit aus­ein­an­der. Der bemit­lei­dens­wer­te Schieds­rich­ter des Spiels war übri­gens August Falsch­lun­ger, nicht nur ein eilig her­bei­ge­ru­fe­ner Ersatz­re­fe­ree (der, weil der offi­zi­el­le Schi­ri nicht erschie­nen war, in „Kava­lier­sklei­dung“ ein­sprin­gen muss­te), son­dern ein akti­ver Spie­ler des Frei­bur­ger FC, der 1907 Deut­scher Meis­ter gewor­den war. Bei der omi­nö­sen Sze­ne hat­te Falsch­lun­ger laut Medi­en­be­rich­ten eine sehr unglück­li­che Figur abge­ge­ben: Zuerst hat­te er gepfif­fen („Das Publi­kum rät, was wohl los sein mag“), dann KFV-Spie­ler Max Breu­nig, der den Ball bereits frech auf die „Straf­mar­ke“ gesetzt hat­te, die Kugel wie­der weg­ge­nom­men, dar­auf­hin sekun­den­lang unent­schlos­sen auf der Stel­le ver­harrt, zum „Nie­der­wurf“ (also Hoch­ball) ange­setzt, schließ­lich aber – obwohl die KFV-Spie­ler bereits resi­gniert in ihre Hälf­te getrot­tet waren – doch den Elf­me­ter gege­ben! Als es dem armen Schi­ri nach all der Medi­en­schel­te dann zu bunt wur­de, ließ er eine fast ganz­sei­ti­ge Stel­lung­nah­me im „Fuss­ball” abdru­cken. Inhalt: Der Elf­me­ter wäre berech­tigt und die min­des­te Stra­fe gewesen.

Die glei­che Zei­tung been­de­te die Dau­er-Dis­kus­si­on schließ­lich mit dem ewig schö­nen Schluss­satz: „Es bleibt jetzt nur noch die Fra­ge offen, wie der Vor­gang sich abge­spielt hat.”

Kurz zum Spiel: Wegen der vie­len Fans (und des Sturms?) erst 20 Minu­ten nach 17 Uhr ange­pfif­fen, wog­te das Spiel lan­ge auf und ab – „groß­ar­ti­ge Leis­tun­gen bei­der­seits ris­sen die Zuschau­er zu lau­tem Bei­fall hin”. Erst nach der Pau­se konn­te Phö­nix durch einen schö­nen Solo­lauf von Ober­le das 1:0 erzie­len, aber schon fast im Gegen­zug brach­te der mys­te­riö­se Elf­me­ter den Aus­gleich durch Breu­nig. Der KFV, in Per­son von Elf­me­ter-Prot­ago­nist Schwar­ze, ging schließ­lich mit 2:1 in Front, doch mit Lei­bolds Schuss acht Minu­ten vor Schluss („Das nas­se Leder ent­glei­tet dem sich blitz­schnell hin­wer­fen­den Tor­wäch­ter”) ende­te das dra­ma­ti­sche Der­by noch 2:2 unentschieden.

 

Ein Sonn­tag­nach­mit­tag in Karlsruhe

Eine schö­ne Lie­bes­er­klä­rung an die Fuß­ball­stadt Karls­ru­he und an das wich­tigs­te Spiel war 1910 in der „Illus­trier­ten Sport­zei­tung“ unter der roman­ti­schen Über­schrift „Ein Sonn­tag-Nach­mit­tag in Karls­ru­he“ zu lesen: „Eini­ge Tau­send Ein­woh­ner der badi­schen Resi­denz ver­brin­gen den Sonn­tag-Nach­mit­tag regel­mä­ßig bei den Fuss­ball-Wett­kämp­fen, die von Sep­tem­ber bis Mai statt­fin­den. Alle Bevöl­ke­rungs­schich­ten und Alters­stu­fen sieht man bei die­sen Wett­spie­len, Mit­glie­der des regie­ren­den Hau­ses, der staat­li­chen und städ­ti­schen Behör­den besu­chen sie, die Tages­pres­se berich­tet aus­führ­lich über den Ver­lauf der Kämp­fe. Karls­ru­he nimmt von jeher eine her­vor­ra­gen­de Stel­lung im deut­schen Fuss­ball­sport ein, seit in Deutsch­land Asso­cia­ti­ons-Fuss­ball gespielt wird, hört man von den voll­ende­ten Leis­tun­gen Karls­ru­her Mann­schaf­ten. Karls­ru­he ist die Wie­ge des deut­schen Fuss­ball­sports und wenn frü­her der KFV allein der Grad­mes­ser war für die Bewer­tung des Kön­nens deut­scher Mann­schaf­ten, so teilt der Ver­ein die­se Ehre jetzt mit dem Deut­schen Meis­ter, Phö­nix. Heu­te fin­den alle Wett­spie­le auf geschlos­se­nen Plät­zen statt und die Zuschau­er ent­rich­ten ger­ne die zwi­schen 50 Pfen­nig und drei Mark schwan­ken­den Eintrittspreise.

 

Zum Mit­rät­seln das berühm­te Beweis­fo­to ist oben abgebildet.

 

Fin­den zwei erst­klas­si­ge Spie­le statt, so wird eines um das ande­re aus­ge­tra­gen und vie­le Zuschau­er lau­fen nach Been­di­gung des einen Spie­les im Sturm­schritt zu dem beträcht­lich ent­fern­ten ande­ren Platz, um auch das ande­re Spiel anzu­se­hen. Die Aus­deh­nung einer sol­chen Bewe­gung ist sehr erfreu­lich und gewiss för­derns­wert, nach­dem die­sel­be für alle Betei­lig­ten den Auf­ent­halt in fri­scher Luft mit sich bringt.“

Der Jahr­hun­dert­schuss

Wie spek­ta­ku­lär ein Sieg im Der­by damals war, zeigt eine Anek­do­te um Emil Ober­le. Als der Phö­nix-Natio­nal­spie­ler – damals schon lan­ge in der Tür­kei wohn­haft – in den 40er Jah­ren zufäl­lig zu Gast bei sei­nem Phö­nix im Wild­park ist, wird der zurück­hal­ten­de Mann von Zuschau­ern erkannt und zu einer ein­ma­li­gen Jubel­tour genö­tigt: Im schnell orga­ni­sier­ten Auto­mo­bil wird er in einer Ehren­run­de um den Platz gefah­ren – just bis zu der Stel­le, an der er vor Jahr­zehn­ten mit einem ein­zi­gen Schuss zur Legen­de wur­de. Obwohl nicht mal das Spiel­feld das­sel­be ist (die Schwarz­blau­en haben den Platz an der Rhein­tal­bahn schon lan­ge auf­ge­ge­ben), muss er nach­spie­len, wie er am 19. Dezem­ber 1909 gegen den KFV zum Held wur­de. Vor einer „Rie­sen­zu­schau­er­men­ge, die das Spiel mit lei­den­schaft­li­chem Inter­es­se ver­folg­te“ („Illus­trier­te Sport­zei­tung“) hat­te der lin­ke Außen­stür­mer vier Minu­ten vor dem Abpfiff „das sieg­brin­gen­de und für den wei­te­ren Ver­lauf der Liga­spie­le so bedeu­ten­de Tor“ erzielt – durch einen ful­mi­nan­ten 40-Meter-Schlag (damals eine unge­heu­er­li­che Wei­te). „Ober­le hat­te aufs Tor gebombt und den Sieg her­aus­ge­schos­sen“, jubel­te man noch 1957 auf einem Toto-Lot­to-Sam­mel­bild­chen. Ins­ge­samt fünf recht wack­li­ge Fotos des groß­ar­ti­gen Spiels  – der ein­zi­gen Nie­der­la­ge des KFV in der gesam­ten Sai­son – haben die Zeit über­dau­ert, das Jahr­hun­dert­tor ist lei­der nicht darunter.

 

 

„Bedeu­tends­tes Ereig­nis“: Anzei­ge in der „Süd­deut­schen Sport­zei­tung” für das Der­by KFV-Phö­nix am 3. Okto­ber 1910, das die Schwarz­ro­ten 2:1 gewan­nen (Archiv Staisch).
Der­by Phö­nix-KFV am 14. Janu­ar 1912. Bild­un­ter­schrift im „Fuss­ball“: „Eine Sze­ne, die typisch ist für den hart­nä­cki­gen Kampf zwi­schen den bei­den Meis­tern, zeigt die­se eigen­ar­ti­ge Auf­nah­me. Bei­er, der Mit­tel­läu­fer von Phö­nix, hält einen Vor­stoß von KFV-Stür­mer Hirsch auf, wobei Hirsch ver­sucht, den Ball über den Geg­ner hin­weg­zu­brin­gen“. Fuß­ball-Exper­te Mich­ler schrieb über das Match beein­druckt: „Das schöns­te Spiel, das ich je gese­hen!“ Der KFV sieg­te 1:0, ein zwei­tes Tor von Fuchs wur­de wegen angeb­li­chen Hand­spiels nicht gege­ben – ein Foto in der „Illus­trier­ten Sport­zei­tung” („Fuchs drückt den Ball mit der Brust an Fit­te­rer vor­bei ins Netz”) scheint aber dem Mit­tel­stür­mer Recht zu geben (Archiv Staisch).
Eck­ball für den KFV: Eines der weni­gen Der­bys, die auf dem Papier einen kla­ren Sie­ger fan­den – der KFV gewann am 4. Dezem­ber 1910 nach aus­ge­gli­che­nem (!) Spiel und vor 4.000 Zuschau­ern deut­lich mit 6:2 („Illus­trier­te Sport­zei­tung“). KFV-Goa­lie Franz Bur­ger mach­te sich dar­aus einen Scherz. Auf einer Post­kar­te, die ihn allei­ne und offen­sicht­lich gelang­weilt im Tor zeigt, schrieb er spä­ter: „Umste­hen­de Auf­nah­me wur­de wäh­rend des Spiels gegen Phö­nix gemacht, hier­aus kannst Du erse­hen, wie viel ich zu hal­ten bekam!” (Archiv Staisch).
Aus dem Skan­dal­spiel: Karth (re., noch unschul­dig) beob­ach­tet eine „Bra­vour­leis­tung des Phö­nix­tor­wäch­ters: Hirsch brach­te es fer­tig, dass Fit­te­rer den Ball zwei­mal fal­len ließ, aber die Geis­tes­ge­gen­wart des Tor­warts, der sich schließ­lich am Boden wälz­te, ret­te­te den Ball den­noch!“ (Archiv Staisch). 
Unter­schrift im „Fuss­ball“: „Die­ses Bild stellt den kri­tischs­ten Moment des gan­zen Spiel­ver­lau­fes dar; es ist der Augen­blick, in dem Karth Schwar­ze zu Fall brach­te“ (Archiv Staisch). 
Kein Durch­kom­men beim Jahr­hun­dert­match am 1. Mai 1910: KFV-För­de­rer (g.li.) wird „durch das Dazwi­schen­tre­ten von Arthur Bei­er etwas auf­ge­hal­ten“, sei­ne Phö­nix-Kol­le­gen Ernst Karth und Robert Neu­mai­er müs­sen nicht ein­grei­fen, Gott­fried Fuchs (g.re.) steht im Abseits (Archiv Staisch).
Eine frü­he­re Spiel­an­kün­di­gung aus dem Jahr 1908. Quel­le: KFV-Archiv.
Die Tra­di­ti­ons­mann­schaft des KFV – bestehend aus frü­he­ren und aktu­el­len Spie­lern des Alt­meis­ters – reis­te bereits am frü­hen Mor­gen mit dem Bus nach Bern und besuch­te davor gemein­sam mit dem Schwei­zer Gast­ge­ber das Muse­um der Young Boys Bern im Sta­di­on, wo sich die Karls­ru­her Mann­schaft in das Gäs­te­buch ein­trug. Den Karls­ru­hern wur­de schnell klar: Der zwölf­ma­li­ge Schwei­zer Meis­ter wur­de wie der KFV von Gym­na­si­as­ten gegrün­det und blickt auf eine sehr lan­ge Tra­di­ti­on zurück.
Eini­ge mit­ge­reis­te KFV-Fans und Ange­hö­ri­ge feu­er­ten die Schwarz-Roten im anschlie­ßen­den Spiel im Sta­di­on an. Nach der Par­tie wur­den Wim­pel und Geschen­ke aus­ge­tauscht. Im Sta­di­on­re­stau­rant „Ele­ven“ speis­ten bei­de Mann­schaf­ten schließ­lich zusam­men.
Wolf­gang Ade, Koor­di­na­tor der KFV-Tra­di­ti­ons­mann­schaft, orga­ni­sier­te die Rei­se der Karls­ru­her in die Schweiz. „Wir dan­ken den Senio­ren 40+ des BSC Young Boys Bern/Wyler für das tol­le und fai­re Freund­schafts­spiel“, so der frü­he­re Spie­ler und Trai­ner des KFV. „Das kom­plet­te Bern-Wochen­en­de war ein unver­gess­li­ches Erleb­nis“. Rüdi­ger Herr – stets eng in Kon­takt mit Ade – orga­ni­sier­te auf Sei­ten der Ber­ner Vete­ra­nen­elf das Freundschaftsspiel.

 „Sie­we Brot“ – oder wie Phö­nix ein­mal in der 3. Halb­zeit über den KFV siegte 

Die sport­li­che Erz­feind­schaft zwi­schen den Schwarz­blau­en und den Schwarz­ro­ten in Karls­ru­he wur­de „zele­briert“ – das zeigt jeden­falls eine Geschich­te aus den KSC-Ver­eins­nach­rich­ten. Bei einem Der­by „der alten Riva­len“ auf dem Phö­nix-Platz brül­len der „lan­ge Rie­ger-Kar­le“, ein­ge­fleisch­ter Phö­nix­ler, und Zei­tungs­re­por­ter August Müß­le, heim­li­cher KFV-Fan, hin­ter dem Tor abwech­selnd für ihre Mann­schaf­ten. Bei den „Ein­schlä­gen“ rufen sie „Goal, Goal!“ bis sie hei­ser sind und beschimp­fen sich lie­be­voll („Norr lang­sam, du Schorn­stein­mo­dell. Abwar­de!“). Das Spiel endet unent­schie­den und nach einer Stun­de Fuß­marsch durch den Hardt­wald geht’s zum Essen ins „Zum Monin­ger“ (Kai­ser­stra­ße 142/144)  – dem offi­zi­el­len KFV-Stamm­tisch. Müß­le berich­tet: „Kar­le bestell­te ‚zwei­mal Nud­le mit Gulasch un (Hand aufs Herz!) sie­we Brot! Er wur­de im Hand­um­dre­hen fer­tig, stell­te dann zufrie­den fest: ‚Der Phö­nix hat doch g’siegt!‘ “

Für einen hand­fes­ten Eklat sorg­te übri­gens Phö­nix-Natio­nal­spie­ler Karl Wege­le beim Der­by gegen den KFV, die „als Apos­tel des rich­tig eng­li­schen Fuß­ball­spiels“ gal­ten, – gera­de, weil er am 5. Dezem­ber 1915 nicht spiel­te! Die Medi­en hat­ten sich nach dem Spiel über die „unwah­re Wer­bung“ beschwert, die vie­le zusätz­li­chen Zuschau­er ange­lockt hat­te. Was war Uner­hör­tes pas­siert? Der KFV hat­te als Ver­an­stal­ter ange­kün­digt, dass auch die Kriegs­heim­keh­rer und Phö­nix-Stars Wege­le und Karth auf­lau­fen wür­den, was aller­dings nicht stimmte.

Abbil­dung: Kein Durch­kom­men beim Jahr­hun­dert­match am 1. Mai 1910: KFV-För­de­rer (g.li.) wird „durch das Dazwi­schen­tre­ten von Arthur Bei­er etwas auf­ge­hal­ten“, sei­ne Phö­nix-Kol­le­gen Ernst Karth und Robert Neu­mai­er müs­sen nicht ein­grei­fen, Gott­fried Fuchs (g.re.) steht im Abseits, Quel­le: Tho­mas Staisch.

Der KFV wehr­te sich spä­ter in einem öffent­li­chen Schrei­ben, in dem er cle­ver­er­wei­se erklär­te, man habe nur geschrie­ben, dass Wege­le und Karth „zur Zeit auf Urlaub wei­len und an die­sem Spiel teil­neh­men dürf­ten“. Was eini­ger­ma­ßen kor­rekt war, da Ernst Karth (neben Bei­er) zumin­dest unter den Zuschau­ern ent­deckt wor­den war. Streit hin oder her: Das Publi­kum kam voll auf sei­ne Kos­ten, sah elf Tore – und einen 8:3‑Kantersieg der Schwarzblauen.

Abbil­dung: Spiel­an­kün­di­gung zum Lokal­der­by (1908 und 1946). Quel­le: Tho­mas Sta­isch und KFV-Archiv.

Die Redak­ti­on der Web­sei­te führ­te 2017 ein Inter­view mit Tho­mas Sta­isch (Fuß­ball­his­to­ri­ker aus Karls­ru­he). Mit sei­nem Buch “Die Deutsch­meis­ter” erschien die ers­te Publi­ka­ti­on über die Fuß­ball­meis­ter­mann­schaft des Stadt­ri­va­len FC Phö­nix Karls­ru­he, wel­che 1909 den Titel gewann:

Herr Sta­isch, Sie arbei­ten zur­zeit an einem Pro­jekt über den FC Phö­nix Karls­ru­he, einem der Fusi­ons­ver­ei­ne des heu­ti­gen KSC. Wie sind Sie auf die Idee gekom­men und wie steht es um das Geschichts­be­wusst­sein des heu­ti­gen KSC?
Als Jour­na­list, Fuß­ball-Fan und nicht zuletzt als Karls­ru­her war ich ent­täuscht, dass es über die Deut­sche Meis­ter­schaft von 1909 – immer­hin der größ­te Erfolg des KSC – kaum oder wider­sprüch­li­che Infor­ma­tio­nen und gera­de mal zwei, drei his­to­ri­sche Auf­nah­men gab. Über die Spie­ler war so gut wie nichts bekannt. Das woll­te ich ändern. Vor­läu­fi­ges Ergeb­nis: Ich habe hun­der­te unbe­kann­te Fotos der „Phö­nix­ler“, der Mann­schaft und sogar aus dem End­spiel selbst gefun­den, natür­lich eben­so vie­le Spiel­be­rich­te, habe noch leben­de Ange­hö­ri­ge der Hel­den von 1909 inter­viewt und auch Ori­gi­nal-Doku­men­te wie Mit­glieds­aus­wei­se oder Ein­tritts­kar­ten ent­deckt. Das ist span­nend, da der KSC bekannt­lich kein eige­nes Archiv besitzt – und somit jeder Fund eine klei­ne Sen­sa­ti­on bedeu­tet. Natür­lich habe ich dabei auch KFV-Schät­ze ent­deckt: So hat Phö­nix-Ver­tei­di­ger Robert Neu­mai­er ein Tage­buch hin­ter­las­sen, das eini­ge (lila­far­be­ne!) Ori­gi­nal-Ein­tritts­kar­ten ent­hält – von sei­nen Besu­chen beim „Neben­buh­ler“ an der Telegrafenkaserne.

Dem KSC geht es wie vie­len ande­ren Clubs, bei denen ich recher­chiert habe: Die momen­ta­ne Lage und vor allem aktu­el­le Pro­ble­me las­sen kaum Platz für eine Auf­ar­bei­tung der Ver­eins­chro­nik. Dass mein Pro­jekt aber wich­tig für die Blau­wei­ßen, die Fans und die Stadt sein kann, zeigt ein klei­nes Bei­spiel: Seit Jah­ren haben hie­si­ge Medi­en das The­ma „Phö­nix“ zumeist mit einem groß­for­ma­ti­gen Schwarz­weiß-Foto der stol­zen Hel­den illus­triert – pein­lich nur, dass es sich dabei aus­ge­rech­net um die Mann­schaft der Stutt­gar­ter Kickers von 1908/09 handelt.

Was hat der KSC, gegrün­det 1952, noch mit sei­nen bei­den Fusi­ons­ver­ei­nen, vor allem dem FC Phö­nix, gemein­sam?
Die Gemein­sam­kei­ten hal­ten sich natür­lich in Gren­zen – wenn ich mein For­schungs­ob­jekt (Phö­nix zwi­schen 1893-ca.1918) mit dem aktu­el­len Ver­ein ver­glei­chen soll. Ganz banal: Phö­nix spiel­te zur Meis­ter­schaft in Schwarz­blau gestreift (anfangs gar in Karo­mus­tern, spä­ter mit dem „Phö­nix“ auf der Brust), ohne ech­ten Trai­ner, ohne Ersatz­bank, ohne Spon­so­ren, jah­re­lang ohne eige­nen Platz, dafür mit 11 Fuß­ball-Hero­en, die ihr letz­tes Geld, ihre gan­ze Frei­zeit und ihre gan­ze Kraft in den Club inves­tiert haben. Eine der­ar­ti­ge Opfer­be­reit­schaft und Lei­den­schaft wäre heu­te nicht mehr vor­stell­bar – ein Bruch­teil davon wür­de aber jeder KSC-Mann­schaft gut tun. Bekannt ist ja: Mühl­burg brach­te sei­ne star­ke Mann­schaft, Phö­nix den Platz im Wild­park in die Fusi­on ein. Aber um das nicht zu ver­ges­sen: Phö­nix war zu sei­ner Glanz­zeit eine der bes­ten Mann­schaf­ten des Kon­ti­nents, stell­te Natio­nal­spie­ler und domi­nier­te mit den Spie­lern des KFV zusam­men jah­re­lang sowohl den Kron­prin­zen­po­kal („Vor­läu­fer“ des DFB-Pokals) als auch die Län­der­mann­schaft – das ist mit der Situa­ti­on 2012/13 ein­fach nicht zu vergleichen.

Was waren die größ­ten Unter­schie­de zwi­schen den bei­den gro­ßen Fuß­ball­klubs, FC Phö­nix und KFV, in der ers­ten Hälf­te des 20. Jahr­hun­derts? Was Erfol­ge, Beru­fun­gen in die Natio­nal­mann­schaft, inter­na­tio­na­le Bezie­hun­gen und Zuschau­er­zah­len angeht hat­te der KFV die Nase vorn?
Eins vor­weg: Es ist ein Jam­mer für ganz Fuß­ball-Deutsch­land, dass es die­se Duel­le nicht mehr gibt! Und noch ein zwei­tes: Bei mei­ner Recher­che bin ich auf so vie­le unglaub­li­che, ja film­rei­fe Gip­fel­tref­fen zwi­schen den Schwarz­ro­ten und den Schwarz­blau­en gesto­ßen, dass ich vor­ha­be, dem „Badi­schen Super­cla­si­co“ ein Extra-Pro­jekt zu wid­men. Die Aus­gangs­la­ge war bekannt: Der KFV (frü­her nur respekt­voll „der Ver­ein“ genannt) war die Über­mann­schaft, der FC Bar­ce­lo­na die­ser Jah­re, dem aber durch viel Pech und Unver­mö­gen die Krö­nung ver­sagt geblie­ben war. Still und heim­lich war dann aus­ge­rech­net in der glei­chen Stadt ein Riva­le (tat­säch­lich wie „Phö­nix“ aus der Asche!) empor gestie­gen, der auch prompt Deut­scher Meis­ter wur­de – ein beson­de­re Demü­ti­gung für den KFV. Obwohl das vie­le KFV­ler viel­leicht nicht wahr­ha­ben wol­len, war das Der­by, das eine gan­ze Stadt spal­te­te, oft­mals ein Duell auf Augen­hö­he, das sel­ten einen kla­ren Sie­ger kann­te. In der ewi­gen Bilanz ist natür­lich der KFV deut­lich über­le­gen, aber der Phö­nix blieb z.B. von Okto­ber 1907 bis März 1910 vom KFV unbe­siegt. Sport­lich ist inter­es­sant, dass bei­de Spiel­sys­te­me ihre Anhän­ger hat­ten: Der KFV mit sei­ner sehr schlag­kräf­ti­gen, effi­zi­en­ten Stür­mer­rei­he („in ihren bau­schi­gen wei­ßen Blu­sen wie Schwä­ne auf den Flu­ten trei­bend“), der Phö­nix mit sei­nem tech­nisch bril­lan­ten Flü­gel­spiel über die schnel­len „Natio­nal­flü­gel“ Wege­le und Oberle.

Wie war das Ver­hält­nis der bei­den Ver­ei­ne KFC — KFV?
Die vie­len hei­ßen Kämp­fe (man sag­te: „schar­fe Spie­le“) las­sen ver­mu­ten, dass sich auch die Spie­ler von KFV und Phö­nix gehasst haben müs­sen, was natür­lich nicht der Fall war. Man kann­te sich aus zig gemein­sa­men Spie­len – außer der Natio­nal­mann­schaft gab es ja auch Pokal­spie­le, Städ­te­spie­le, Pri­vat- und Propaganda(=Werbe)Spiele – und respek­tier­te ein­an­der. „Sei­ne Geg­ner, ins­be­son­de­re den KFV, nahm er nie per­sön­lich, son­dern rein sport­lich, sach­lich“, wird über Phö­nix-Kapi­tän und Legen­de Arthur Bei­er berich­tet – der übri­gens (das zum The­ma Riva­li­tät) bis 1898 sogar eini­ge Male vom KFV „aus­ge­lie­hen“ wur­de! Bei­er grün­de­te kurio­ser­wei­se auch den „KFV“ – aller­dings den Kie­ler FV. Und spä­ter waren z.B. der bekann­te „Phö­nix-Inter­na­tio­na­le“ Karl Wege­le und der genia­le KFV-Mann Fritz För­de­rer nicht nur in der Natio­nal­mann­schaft, son­dern auch in ande­ren Aus­wahl­spie­len ein Dream­team. Zudem glau­be ich, dass es nicht nur an den guten Manie­ren der dama­li­gen Zeit lag, dass sowohl 1909 als auch 1910 der jeweils unter­le­ge­ne Stadt­kon­tra­hent als ers­ter und mit Lor­beer­kranz zur Meis­ter­schaft gra­tu­lier­te. Rich­tig ist aber auch, dass sich bei­de Ver­ei­ne bei den berühmt-berüch­tig­ten Stadt­du­el­len – die Fuß­ball­fans in ganz Deutsch­land und halb Euro­pa in den Bann zog – mit allen lega­len und eini­gen ille­ga­len Mit­teln bekämpft haben.

Im Febru­ar 2005 schrie­ben Sie im 11Freun­de-Maga­zin einen mehr­sei­ti­gen Arti­kel über den KFV mit der Über­schrift „Sturz der Kai­ser­li­chen“. Ein Jahr spä­ter wur­de das KFV-Ver­eins­heim abge­ris­sen. Wie beur­tei­len Sie die Ent­wick­lung von 2005 bis heu­te? Was hat sich ver­bes­sert was muss der KFV in der Zukunft noch lie­fern?
Wenn man die Lage im Jahr 2005 betrach­tet, ist es ein klei­nes Wun­der, dass es den KFV nicht nur wie­der gibt, son­dern, dass er wächst und gedeiht. Dazu war sicher viel Enga­ge­ment, Geduld und Hin­ga­be nötig – Respekt! Das Inter­es­san­te am KFV ist: Er muss kei­ne Tra­di­ti­on erfin­den wie z.B. Hof­fen­heim, son­dern sich viel­leicht nur selbst neu erfin­den, was ein Stück weit schon getan wur­de. Was noch fehlt, ist ganz ein­fach: Ein eige­ne Spiel­stät­te, am bes­ten natür­lich der alte, legen­dä­re Platz an der Tele­gra­fen­ka­ser­ne! Er hat immer noch einen sagen­haf­ten Ruf: Als ich kürz­lich mit dem (fuß­ball­be­geis­ter­ten) Chef­re­dak­teur einer pol­ni­schen Zei­tung auf das The­ma KFV kam und ihm sag­te, dass das Gelän­de an sich immer noch exis­tiert, plan­te er für sei­ne nächs­te Deutsch­land-Visi­te sofort einen Besuch der Anla­ge ein!

Wel­che Anek­do­te und wel­che Per­sön­lich­keit des KFV ist Ihnen bei der Beschäf­ti­gung mit dem Ver­ein im Rah­men Ihrer Recher­chen, beson­ders in Erin­ne­rung geblie­ben?
Im Zuge mei­nes Pro­jekts gab es natür­lich vie­le schö­ne Geschich­ten rund um den KFV zu ent­de­cken – also dür­fen auch KFV-Fans auf das Buch gespannt sein! Unab­hän­gig davon, dass ich sehr ger­ne ein­mal ein Spiel der alten Hero­en wie Hirsch, Fuchs oder För­de­rer live gese­hen hät­te und sie alle beein­dru­cken­de Kicker waren, hängt mein Fuß­bal­ler-Herz an Max Breu­nig. Er wur­de geliebt und gehasst, hat nicht nur durch sei­ne Kör­per­ma­ße („Bei­ne wie Baum­stäm­me“) alle über­ragt. Aber dass der „star­ke Max“ – um nur eini­ge Kurio­si­tä­ten zu nen­nen – den Ball auch bei wich­ti­gen Spie­len rück­wärts mit der Hacke drib­bel­te und „India­ner­tän­ze“ um sei­ne Geg­ner aus­führ­te, Phö­nix 1910 aus knapp 70 Metern (!) eine „Frei­stoß-Bom­be“ ins Netz setz­te (was deut­scher Rekord bedeu­tet hät­te, wenn der Tref­fer gezählt hät­te), für die „Illus­trier­te Sport­zei­tung“ schon mal auf einer gan­zen Sei­te als grie­chi­scher Modell­ath­let im knap­pen Hös­chen posier­te, beim Olym­pia-Match 1912 gegen Ungarn nicht ein­ge­setzt wer­den konn­te, weil er sich beim Dis­kus-Trai­ning ver­letzt hat­te, aber gleich­zei­tig See­le und Herz des KFV und auch der Natio­nal­mann­schaft war – das alles macht ihn zu einer viel­schich­ti­gen, fas­zi­nie­ren­den Sportler-Persönlichkeit.

Sie sind in Karls­ru­he auf­ge­wach­sen – wie haben Sie den KFV in die­ser Zeit wahr­ge­nom­men?
Aus zwei­er­lei, völ­lig unter­schied­li­chen Blick­wei­sen: Zum einen hat mir mein Opa immer wie­der von der guten alte Zeit – die Geschich­te des gefälsch­ten Tele­gramms kann­te ich bald aus­wen­dig – und den gro­ßen Tri­um­phen des „KV“ erzählt (obwohl er eigent­lich ein Mühl­burg-Anhän­ger war), zum ande­ren stand ich als jugend­li­cher Fuß­bal­ler öfters auf dem Platz, wenn es gegen den damals noch über­mäch­ti­gen KFV ging – meis­tens hat es mit einer def­ti­gen Schlap­pe geendet!

 

Die Tra­di­ti­ons­mann­schaft des KFV – bestehend aus frü­he­ren und aktu­el­len Spie­lern des Alt­meis­ters – reis­te bereits am frü­hen Mor­gen mit dem Bus nach Bern und besuch­te davor gemein­sam mit dem Schwei­zer Gast­ge­ber das Muse­um der Young Boys Bern im Sta­di­on, wo sich die Karls­ru­her Mann­schaft in das Gäs­te­buch ein­trug. Den Karls­ru­hern wur­de schnell klar: Der zwölf­ma­li­ge Schwei­zer Meis­ter wur­de wie der KFV von Gym­na­si­as­ten gegrün­det und blickt auf eine sehr lan­ge Tra­di­ti­on zurück.
Eini­ge mit­ge­reis­te KFV-Fans und Ange­hö­ri­ge feu­er­ten die Schwarz-Roten im anschlie­ßen­den Spiel im Sta­di­on an. Nach der Par­tie wur­den Wim­pel und Geschen­ke aus­ge­tauscht. Im Sta­di­on­re­stau­rant „Ele­ven“ speis­ten bei­de Mann­schaf­ten schließ­lich zusam­men.
Wolf­gang Ade, Koor­di­na­tor der KFV-Tra­di­ti­ons­mann­schaft, orga­ni­sier­te die Rei­se der Karls­ru­her in die Schweiz. „Wir dan­ken den Senio­ren 40+ des BSC Young Boys Bern/Wyler für das tol­le und fai­re Freund­schafts­spiel“, so der frü­he­re Spie­ler und Trai­ner des KFV. „Das kom­plet­te Bern-Wochen­en­de war ein unver­gess­li­ches Erleb­nis“. Rüdi­ger Herr – stets eng in Kon­takt mit Ade – orga­ni­sier­te auf Sei­ten der Ber­ner Vete­ra­nen­elf das Freundschaftsspiel.
Aus dem Sen­sa­ti­ons­film: Phö­nix-Ver­tei­di­ger Robert Neu­mai­er (2.v.re.) klärt eine KFV-Flan­ke, in der Mit­te kämp­fen Gott­fried Fuchs vom KFV gegen Arthur Bei­er, am lin­ken Rand beob­ach­tet Robert Heger (Archiv Staisch).
Aus Lon­don: Der Pro­jek­tor mit der ers­ten Ein­stel­lung des Films – und die berühm­te Film­rol­le (Archiv Staisch).
Links: Ecke für den KFV. Rechts: Emil Ober­le stürzt beim Zwei­kampf am Straf­raum (Archiv Staisch).
oben: Packen­de Sze­ne aus dem Der­by – „Got­ti“ Fuchs und „Jul­ler“ Hirsch (v.li.) war­ten auf einen Eck­ball vor dem Phö­nix-Tor. Die Schwarz­blau­en Karth, Firn­rohr, Bei­er, Dr. Göltz und Neu­mai­er (v.li.) sind zur Abwehr bereit (Archiv Sta­isch). unten: Fal­scher Flie­gen­fän­ger: Kein Tor von Arthur Bei­er (3.v.re.), aber eine „kri­ti­sche Situa­ti­on“ vor dem KFV-Kas­ten – einen Schuss von Wil­helm Noe (g.li.) köpft „Ersatz­tor­hü­ter“ Max Breu­nig (g.re.) von der Linie; Ruz­eck, Tscher­ter, Hüb­ner (v.li., alle KFV) und Karth (2.v.re.) schau­en zu (Archiv Staisch).
oben: 1:0‑Elfmetertor durch Max Breu­nig (mit x mar­kiert), der in der aller­ers­ten Jugend­mann­schaft von Phö­nix stand (Archiv Staisch).unten: Die berühm­te „Spe­zi­al­auf­nah­me“ mit den KFV-Läu­fern 1) Ruzek, 2) Breu­nig 3) Schwar­ze, mit dem KFV-Sturm: 4) Tscher­ter 5) För­de­rer 6) Fuchs 7) Trump 8) Hirsch, dem Phö­nix-Sturm: 9) Wege­le 10) Noe 11) O. Rei­ser 12) Kas­per 13) Ober­le 14) Lin­nen­rich­ter Geppert, den Phö­nix-Läu­fern 15) Bei­er 16) Schieds­rich­ter Rave und 17) Heger.

Der ältes­te Film im deut­schen Fuß­ball – und das Spiel des Jahrhunderts

Das berühm­te Phan­tom-Tor von Gott­fried Fuchs (hin­ter der Linie). Phö­nix-Goa­lie Dr. Göltz ist zum zwei­ten Mal geschlagen.

Von Tho­mas Alex­an­der Staisch

Der Film, der Anfang Juni 2013 auf­taucht, dau­ert nur gan­ze zwei Minu­ten und 14 Sekun­den – ist aber eine ech­te Sen­sa­ti­on. Denn die holp­ri­gen Schwarz­weiß-Auf­nah­men sind stol­ze 103 Jah­re alt und zei­gen ein deut­sches Fuß­ball­spiel in beweg­ten Bil­dern! Und das kam so: Als der Autor Tho­mas Sta­isch rou­ti­ne­mä­ßig das Archiv des „Bri­tish Film Insti­tuts“ (BFI) in Lon­don durch­fors­te­te, ent­deckt er einen nicht für mög­lich gehal­te­nen Ein­trag: „Fuss­ball­wett­spiel um die Deut­sche Meis­ter­schaft in Karls­ru­he i.B. am 1. Mai 1910“. Der Satz stellt die bis­her bekann­te Fuß­ball­ge­schich­te auf den Kopf, denn die frühs­ten Auf­nah­men deut­scher Kicker sol­len laut DFB, Bun­des­ar­chiv u.a. von 1923 und 1924 stam­men – und zei­gen Län­der­spie­le gegen Hol­land (0:0) und Ita­li­en (0:1). Der Jour­na­list fliegt nach Groß­bri­tan­ni­en, lässt sich die 35-Mil­li­me­ter-Rol­le aus­he­ben und vor­füh­ren. Die Über­ra­schung ist per­fekt: Der Strei­fen ist echt, er zeigt tat­säch­lich knapp 21 Sze­nen aus dem berühm­ten Halb­fi­nal­spiel zwi­schen dem KFV und Phönix.

Unab­hän­gig von der sport­his­to­ri­schen Bedeu­tung las­sen sich anhand des „Schat­zes“ auch die Daten des spek­ta­ku­lä­ren Spiels bewei­sen – oder wider­le­gen. So bestä­ti­gen die Auf­nah­men erst­mals nicht nur den Zuschau­er­re­kord, son­dern auch die Exis­tenz von Tor­rich­tern (in wich­ti­gen Begeg­nun­gen): In meh­re­ren Sze­nen ist ein „Line­s­man“ in Zivil und mit wei­ßer Fah­ne zu erken­nen, der neben dem Goal sei­nen Dienst tut. Außer­dem scheint selbst die „Legen­de von den zwei Bla­sen“ wahr zu sein: Denn auf den Bil­dern schla­gen selbst aus­ge­zeich­ne­te Tech­ni­ker unter den Spie­lern mehr­mals wild über den eigen­ar­tig hop­peln­den Ball.

Und wie wur­de der Film (ca. 54 Meter Län­ge, 16 Bil­der pro Sekun­de) gedreht? Auf der Höhe eines Straf­raums (von der KFV-Tri­bü­ne aus gese­hen beim rech­ten Tor) wur­de eine ein­zi­ge Kame­ra plat­ziert: Kamen die Spie­ler dann aufs Tor gelau­fen, wur­de gefilmt – sonst nicht. Bei den Pro­du­zen­ten des Sen­sa­ti­ons-Strei­fens han­delt es sich ver­mut­lich um die Kauf­leu­te Bern­hard Gott­hart, Franz Wenk, Franz Stei­ger und Oscar Köch­ler, die den Film in ihrem Kino, dem „Welt-Kine­ma­to­graph“ (1906 eröff­net) in Frei­burg und wahr­schein­lich auch ande­ren Licht­spiel­thea­tern vor­führ­ten. Auch die Vor­ge­schich­te des Films ist jetzt bekannt: Der Strei­fen kam von Frei­burg per Schen­kung oder Ver­kauf zur berühm­ten Samm­lung des Schwei­zer Jesui­ten­pa­ters und Film­pio­niers Abbé Joye (1852–1919), der ab 1900 Vor­füh­run­gen ver­an­stal­te­te und 1906 in Basel das ers­te Film­thea­ter („Kino Bor­ri“) des Lan­des eröff­ne­te. Er hin­ter­ließ tau­sen­de teils ver­schol­len geglaub­te Titel, alle auf Nitrat­ba­sis, die hoch­sen­si­bel zu hand­ha­ben waren. Grund: Fil­me mit Nitro­zel­lu­lo­se­trä­ger haben eine höhe­re Spreng­kraft als Schwarz­pul­ver und fal­len heu­te unter das Bun­des­spreng­stoff­ge­setz. In den 1970er Jah­ren wur­de beschlos­sen (da die Schwei­zer nicht in der Lage waren, die Fil­me sicher zu lagern), die Samm­lung nach Groß­bri­tan­ni­en zu trans­por­tie­ren und beim „Natio­nal Film Archi­ve“ in Lon­don (zu dem das BFI gehört) Sicher­heits­ko­pien anzu­le­gen. Und war­um sind nur knapp zwei Minu­ten statt der damals übli­chen acht oder neun Minu­ten erhal­ten geblie­ben? Eine mög­li­che Lösung könn­te mit dem ita­lie­ni­schen His­to­ri­ker Davi­de Tur­co­ni zu tun haben, der bereits in den 60er Jah­ren ver­such­te, alle Joye-Fil­me zu ret­ten. Als er fest­stell­te, dass dies nicht mög­lich war, ent­schloss er sich zu einer ver­zwei­fel­ten Maß­nah­me: Er schnitt aus den Fil­men ein­zel­ne Stü­cke her­aus, um wenigs­tens die­se Frag­men­te der Nach­welt zu erhal­ten. Am Ende sol­len es 20.000 „Schnip­sel“ gewe­sen sein, zu denen auch der Karls­ru­her Film gehört haben könnte

Das Spie­le der Spiele

Nüch­tern betrach­tet traf der Karls­ru­her FV im Halb­fi­na­le um die Deut­sche Meis­ter­schaft am 1. Mai 1910 auf Phö­nix Karls­ru­he, gewann im hei­mi­schen Sta­di­on an der Molt­ke­stra­ße mit 2:1 und zog ins End­spiel ein, wo er Hol­stein Kiel mit 1:0 besieg­te und Deut­scher Meis­ter wur­de. Doch das Match war mehr als das – schon die Film­auf­nah­men bewei­sen das. Es war das Duell der Meis­ter, das Legen­den-Der­by, das Jahr­hun­dert­spiel, das Rekord­match. Zwi­schen 6.000 und 8.000 Zuschau­er sol­len gezählt wor­den sein: „Es war die größ­te Zuschau­er­zahl, die je bei einem Wett­spiel zwi­schen deut­schen Mann­schaf­ten gese­hen wur­de“, ver­mel­de­te die „Illus­trier­te Sport­zei­tung“. Sie schrieb, dass „der End­spiel­geg­ner von Hol­stein Kiel in jedem Fall die Fuß­ball­hoch­burg Karls­ru­he stellt: KFV, der so oft ver­hin­der­te Meis­ter oder Phö­nix, der sich aus der Asche des Außen­sei­ters zum erbit­ter­ten und als Vor­jah­res­meis­ter erfolg­rei­chen Kon­kur­ren­ten erho­ben hat“. Und: „Das Inter­es­se ist außer­ge­wöhn­lich und es stei­ger­te sich noch, weil das Resul­tat ent­schei­den wird, ob der bis­he­ri­ge Meis­ter oder der Meis­ter von Süd­deutsch­land am Ent­schei­dungs­spiel um die Deut­sche Meis­ter­schaft teil­nimmt. Man schätzt den KFV und Phö­nix mit Recht als die bei­den bes­ten deut­schen Mann­schaf­ten!“ In „Deutsch­lands Fuß­ball-Meis­ter“ ist zu lesen: „Nur über den gewal­ti­gen Riva­len ging also der Weg des KFV. Der Zusam­men­prall die­ser Karls­ru­her Neben­buh­ler zur Zeit ihrer größ­ten Macht­ent­fal­tung gehört zu den denk­wür­digs­ten Gescheh­nis­sen der Fuß­ball­ge­schich­te. Das erbit­ter­te Rin­gen ende­te mit dem knap­pen 2:1‑Sieg des KFV. Der Deut­sche Meis­ter hat­te wei­chen müs­sen, doch der stol­ze Titel soll­te den­noch in Karls­ru­he blei­ben.“ Josef Mich­ler dich­te­te: „Die­se vor­ent­schei­den­de Begeg­nung mit sei­nem schärfs­ten Wider­sa­cher galt als die in Wirk­lich­keit schwers­te Prü­fung des deut­schen Fuß­ball-Jah­res 1909/10. Ein tief­blau­er Him­mel, so blau wie die Teil­strei­fen auf den Phö­nix-Tri­kots, wölb­te sich über einem der wil­des­ten, zugleich aber fairs­ten Fuß­ball-Wett­kämp­fe, die je statt­fan­den!“ Und leg­te noch eins drauf: „Stolz tra­gen die Anhän­ger ihre Ver­eins­far­ben weit­hin sicht­bar als Stroh­hut­band, schwarz­blau Phö­nix, schwarz­rot der KFV. Es ist eine Riva­li­tät, die die gan­ze Stadt beherrscht – und soll­ten Sohn und Toch­ter zwei­er so gegen­sätz­lich ein­ge­schwo­re­nen Fuß­ball­fa­mi­li­en in heim­li­cher Lie­be ent­bren­nen, so könn­te es wie ein Motiv aus Romeo und Julia anmu­ten.” Bezeich­nend auch, was der „Fuss­ball“ nach der Begeg­nung schrieb: „Der Name Karls­ru­he bedeu­tet ein Pro­gramm im deut­schen Fuß­ball­sport, ihn umgibt der Nim­bus des Voll­ende­ten, Erreich­ten, wenn er in Ver­bin­dung mit den fuß­ball­sport­li­chen Ereig­nis­sen gebracht wird“.

Die Prot­ago­nis­ten: Der KFV spiel­te mit Dell, Hüb­ner, Hol­stein, Ruzek, Breu­nig, Schwar­ze, Tscher­ter, För­de­rer, Fuchs, Trump und Hirsch, Phö­nix mit Dr. Göltz, Karth, Neu­mai­er, Firn­rohr, Bei­er, Heger, Wege­le, Noe, O. Rei­ser, Kas­per, Ober­le. Schieds­rich­ter war Wil­li Rave aus Ham­burg, und da die Par­tie so wich­tig war, wur­den sogar Tor­rich­ter (die öfters und wort­wört­lich „einen auf den Deckel” beka­men) und Lini­en­rich­ter auf­ge­bo­ten (die es offi­zi­ell schon seit 1891 gab). Einer der „Assis­ten­ten“ hieß Geppert – ob es aller­dings Karl Geppert war, Ex-Phö­nix-Spie­ler und Ehren­vor­sit­zen­der der Schwarz­blau­en, ist unbekannt. 

Geheim­nis­vol­le Ver­letz­te – und ein Protest

KFV-Stür­mer Trump hät­te die Spiel ent­schei­den­de Figur des ins­ge­samt vier­ten Duells der Stadt­ri­va­len im Jahr 1910 (Phö­nix hat­te zuvor zwei Begeg­nun­gen gewon­nen, der KFV eine) wer­den kön­nen – und wur­de es dann doch nicht. Der Kri­mi: Bereits nach 14 Minu­ten muss­te der Angrei­fer ver­letzt vom Feld: „Dem kör­per­lich star­ken Halb­lin­ken Trump pas­sier­te ein Miss­ge­schick, das damals Seh­nen­zer­rung genannt wur­de. Der schuss­ge­wal­ti­ge Mann brach zusam­men und schied gänz­lich aus. Da noch fast 80 Minu­ten zu spie­len waren, kann sich jeder leicht aus­ma­len, was die­se Schwä­chung für den Titel­an­wär­ter aus­mach­te!“, so Mich­ler. Mys­te­riö­ser­wei­se berich­ten ande­re Quel­len, dass auch Phö­nix das Match nicht kom­plett been­det haben soll – Läu­fer Adolf (und wohl nicht Emil) Firn­rohr soll das Opfer gewe­sen sein. Die „Illus­trier­te Sport­zei­tung“ beharr­te auf Ver­si­on eins: „Der KFV war genö­tigt, fast das gan­ze Spiel mit zehn Mann durch­zu­füh­ren, da sein halb­lin­ker Stür­mer nach den ers­ten 15 Minu­ten aus­setz­te, aber auch Phö­nix war geschwächt, da er für sei­nen famo­sen Mit­tel­stür­mer Lei­bold Ersatz ein­stel­len muss­te“. Das Dra­ma um Trump ging noch wei­ter: Nach dem Match leg­te Phö­nix (erfolg­los) Pro­test beim DFB ein – Trump sei nicht spiel­be­rech­tigt gewesen.

Ein Schau­spie­ler im Kas­ten, zwei „fal­sche Ein­ser” und ein Zaubertor

Beson­ders für KFV-Tor­wäch­ter Adolf Dell soll­te das Der­by eine ech­te Ner­ven­schlacht geben: Über den sen­si­blen Goa­lie, der nach sei­ner Kar­rie­re als bekann­ter Büh­nen­schau­spie­ler (unter Gus­taf Gründ­gens!), Film- und Fern­seh­star sowie preis­ge­krön­ter Maler im Rhein­land gefei­ert wur­de, ist jeden­falls bekannt, dass er spä­ter im Fina­le vor Auf­re­gung – laut eige­nen Anga­ben – „halb ohn­mäch­tig“ gewor­den ist. Und dass er sich gegen Phö­nix zur Ver­stär­kung zwei Feld­spie­ler mit ins Tor (!) hol­te. Kein Witz: „In der letz­ten so kri­ti­schen Vier­tel­stun­de wur­de die Tor­si­che­rung mit allen Schi­ka­nen wie Men­schen­mau­er, drei Mann im Tor oder Läu­fer­stür­mer vor­ge­nom­men“, berich­te­te Mich­ler in sei­nem Buch „Mit­tel­läu­fer spie­len auf“. Und ergänz­te: „Der KFV hat­te bei einem Straf­stoß Breu­nig und Hüb­ner, die­se zwei Rie­sen­ge­stal­ten, neben dem gleich­falls statt­li­chen Dell ins Tor genom­men. In 99 sol­cher Fäl­le lohnt sich eine der­ar­ti­ge Anord­nung!“ Doch in der 67. Minu­te trat der unwahr­schein­li­che 100. Fall ein: Obwohl der KFV das Tor ver­ram­melt hat­te, schoss Phö­nix den Anschluss­tref­fer. Und das kam so: „Wirk­lich ver­sperr­ten auch die drei Hüter fürs ers­te dem ganz ver­we­gen gedreh­ten Ball den Zutritt. Aber, schlecht zu fas­sen wie die tru­deln­de leder­ne Nudel war, kam sie einem Bume­rang gleich noch­mals aufs Tor zurück. Und bevor die im Tor­raum zusam­men­ge­zo­ge­nen übri­gen KFV-Streit­kräf­te oder einer der drei Tor­wäch­ter dem Ball nahe­ka­men, der seit­lich des rech­ten Pfos­tens gegen die Tor­li­nie zuroll­te, schoss ein Blau-Schwar­zer her­an. Es war der röt­lich leuch­ten­de Arthur Bei­er, der, sei­nen Stür­mern vor­aus, vom eige­nen Über­schwang fort­ge­ris­sen, mit einem Bein fast außer­halb des Spiel­fel­des stand. Er hat­te gera­de noch soviel Kraft, zu brem­sen und sich her­um­zu­rei­ßen, schwang das ande­re Bein aus, traf den Ball. Und aus die­ser unmög­li­chen Stel­lung neben dem Pfos­ten ward der Ball auch ins Netz gehakt!“

Das Phan­tom-Tor

Vom spek­ta­ku­lä­ren Match fin­det sich in Chro­ni­ken und Zei­tun­gen ein wie­der­keh­ren­des Motiv: Das Bild zeigt das 2:0 für den KFV. Und auch die Bild­un­ter­schrift ist immer die glei­che: „Ein denk­wür­di­ger Augen­blick: K.F.V. hat ein Tor erzielt (Fuchs mit dem Ball im Tor)“. Die Fol­ge war, dass in den meis­ten Abhand­lun­gen über das Spiel bis zum heu­ti­gen Tag Goal­get­ter „Got­ti“ Fuchs als Tor­schüt­ze geführt wird. Die Wahr­heit ist aber: Fuchs hat sicher 1000 Tref­fer erzielt, die­sen aber nicht! Denn tat­säch­lich hat­te Ver­tei­di­ger Hans „Bock“ Ruzek (der laut Mich­ler eine Nase „wie ein rie­si­ger Papa­gei­en­schna­bel“ gehabt haben soll) den armen Dr. Göltz mit einem Weit­schuss (damals ein „lan­ger Schuss“) über­rascht, der im Straf­raum lau­ern­de Fuchs war nur durch­ge­lau­fen – viel­leicht, um auf Num­mer sicher zu gehen oder das Goal hin­ter der Linie gebüh­rend zu fei­ern. Bewei­se für das Distanz­tor gibt es zu genü­ge, auch Augen­zeu­ge Neu­mai­er hat­te in sei­nen Tage­bü­chern berich­tet: „Zu Halb­zeit führ­te KFV durch einen unge­rech­ten Elfer und ein Leicht­sinns­tor von Freund Gölz (Schuss von 20–25 Meter)“. Kurio­ser­wei­se hielt das vie­le Repor­ter nicht davon ab, von „Got­tis“ Traum­tor zu schwär­men: „Im rasen­den Kampf lagen die KFV­ler durch Tor-Ein­lauf Fuchs’ vor­ne. Sein Vor­drin­gen über das hal­be Spiel­feld von ‚Ottl’ Rei­ser an über Karth, Neu­mai­er bis zu Göltz im ewig denk­wür­di­gen Vor­schluss­spiel, die­ses Hin­flie­gen, die­se Ball­be­hand­lung, konn­te ihm nie­mand nach­ma­chen“ – so Josef Mich­ler, dem man aber zugu­te hal­ten muss, dass er sei­ne Zei­len erst 20 Jah­re nach dem Match zu Papier brachte.

Das Bild des Jahrhunderts

Das Match war auch aus foto­gra­fi­scher Sicht her­aus­ra­gend: Exis­tier­ten bei „gewöhn­li­chen“ Spie­len der Kai­ser­zeit ent­we­der gar kei­ne Auf­nah­men oder nur Mann­schafts­bil­der, so waren Bil­der der Tore eine abso­lu­te Sen­sa­ti­on. Dass vom Der­by gleich neun Fotos über­lie­fert sind und zwei der drei Tref­fer für die Ewig­keit fest­ge­hal­ten wor­den waren, beweist die Ein­zig­ar­tig­keit der Begeg­nung. Der Ein­druck wird auch dadurch nicht geschmä­lert, dass das 1:0 durch Breu­nig ein („unheim­lich schar­fer“) Elf­me­ter war – und sich die Foto­gra­fen also hat­ten vor­be­rei­ten können.

Über­sichts­bil­der wie die­se, von den Zei­tun­gen ger­ne „Spe­zi­al­auf­nah­men“ genannt, genos­sen damals Sel­ten­heits­wert. Bedan­ken muss­te man sich bei den Klet­ter- und Foto­gra­fier­küns­ten eines Redak­teurs namens Eugen Sey­bold. Der Fuß­ball­fan war bei dem Jahr­hun­dert­spiel auf das Dach der KFV-Tri­bü­ne und des Klub­hau­ses gekra­xelt und hat­te die sen­sa­tio­nel­len Bil­der für die „Illus­trier­te Sport­zei­tung“ geschos­sen. Spä­ter gab er als Ver­le­ger die Sport­zei­tung „Fuss­ball“ her­aus. Weil er dort regel­mä­ßig dafür sorg­te, dass „sei­ne“ Karls­ru­her Mann­schaf­ten nie zu kurz kamen, haben hun­der­te his­to­risch ein­ma­li­ge Auf­nah­men von KFV und Phö­nix über­lebt – und wur­den noch Jah­re nach der Glanz­zeit des Karls­ru­her Fuß­ball­sports stolz abge­druckt. So zeig­te der „Fuss­ball” noch 1922 und 1940 ein Bild, dass sei­nes­glei­chen sucht. Zum ers­ten Mal wur­den auf einem Foto (fast) alle Spie­ler eines Matches abge­lich­tet! „All die bekann­ten Spie­ler in tak­tisch vor­bild­li­cher Kampf­auf­stel­lung“ gab den Jour­na­lis­ten nun die Mög­lich­keit, die Sze­ne einer aus­führ­li­chen Ana­ly­se zu unter­zie­hen. Dass es sich bei dem „packen­den Augen­blick“ und „Doku­ment aus klas­si­scher Fuß­ball­zeit zwei­er Deut­scher Meis­ter“ nur um einen Ein­wurf von Robert Heger han­del­te, war dabei nicht so wichtig.

Die Legen­de von den zwei Blasen

Die auf­se­hen­er­re­gends­te und gleich­zei­tig schöns­te Geschich­te des Spiels ist die so genann­te Legen­de der zwei Bla­sen. Obwohl der KFV vor dem Der­by als Favo­rit galt, konn­te sich die Karls­ru­her Bevöl­ke­rung laut Medi­en­be­rich­ten nicht auf einen Sie­ger fest­le­gen: „Jeder kann gewin­nen, der Ball ist rund!“, so die all­ge­mei­ne Aus­sa­ge. Doch damit hat­ten sich die Fans getäuscht: „Die­ser spe­zi­el­le Ball vom 5. Mai ist nicht rund. Er ent­hält zwei Bla­sen, eine davon auf­ge­pumpt und gleicht so einem Rug­by­ei“, will Fuß­ball­ex­per­te Josef Mich­ler („Ein komi­scher Ball!“) mit Bestimmt­heit wis­sen. Und er kennt die Fol­gen: „Die meis­ten Phö­nix­ler waren furcht­bar erregt und brach­ten mit dem unbe­re­chen­bar, dop­pel­manns­hoch auf­sprin­gen­den Ball ganz ver­dreh­te Schlä­ge her­aus, da sie vor lau­ter Hast das Stop­pen ver­ga­ßen. Ein Nach­teil weni­ger für den KFV-Flach­pass als für Phö­nix’ hohes Flü­gel- und Kopf­ball­spiel. Tat­säch­lich ver­feh­len die gefürch­te­ten Flan­ken der Natio­nal­flü­gel Ober­le und Wege­le ver­hält­nis­mä­ßig häu­fig ihr Ziel!“ Und auch der „Fuss­ball“ berich­tet: „Wege­le, der sonst so exakt flank­te, brach­te den fun­kel­na­gel­neu­en Ball nicht hoch, Karth fabri­zier­te unge­wohn­te Kis­ten, wäh­rend das Town­ley-Sys­tem [„stop­pen, schau­en, zuspie­len“ statt „hart und weit schie­ßen“] unter sol­chen Ball­nau­ben natur­ge­mäß weni­ger litt.“

Über den wei­te­ren Ver­lauf des Skan­dals gibt es zwei Fas­sun­gen: Mich­ler schreibt, dass das Publi­kum und die Phö­nix-Spie­ler „stür­misch, laut und anhal­tend Ersatz“ for­der­ten – und beka­men. Aber auch die­ses Spiel­ge­rät hät­te geei­ert: „Es kam ein zwei­ter Ball, um nichts nor­ma­ler!“, berich­tet auch die Phö­nix-Chro­nik. Im „Fuss­ball“ wird erzählt, dass der Schieds­rich­ter den Ball einer Prü­fung unter­zog, für gut befand und mit dem alten Spiel­ge­rät wei­ter­ma­chen ließ. Und obwohl das Ei „bis zum Ende“ bzw. „bis zum Abpfiff“ im Ein­satz gewe­sen sein soll, kann damit eigent­lich nur die ers­te Halb­zeit gemeint gewe­sen sein. Die Phö­nix-Ver­ant­wort­li­chen gaben dem Ei gar die Schuld für den Tref­fer zum 2:0: „Das zwei­te Tor war direkt belus­ti­gend, wäre nicht so viel auf dem Spiel gestan­den. Ein schwa­cher Schuss, ein harm­lo­ser Rol­ler. Im Augen­blick, wo Göltz ihn auf­neh­men will, schlägt der schalk­haf­te Ball einen Haken und setzt sei­nen Weg unge­fähr­det in die rech­te unte­re Ecke fort!“ Wahr ist jeden­falls, dass die Phö­nix-Anhän­ger KFV-Trai­ner Town­ley aufs Korn nah­men: „Eng­li­sche List und Tücke!“, pro­tes­tier­ten sie. Zudem mach­te sich ein schwarz­ro­ter Kicker ver­däch­tig: Der erfah­re­ne Hans Ruzek, „ein noto­risch trick­rei­cher Spie­ler“, schnapp­te sich nach dem Spiel „in gro­ßer Eile“ den Ball und brach­te ihn unter dem Arm ins Club­haus – und ent­zog ihn so einer spä­te­ren Kon­trol­le. Bezeich­nend ist viel­leicht auch, dass KFV-Star Tscher­ter den Absatz über den getürk­ten Ball in sei­ner eige­nen Zei­tungs­aus­ga­be zwar extra rot ange­stri­chen, aber kei­ne Wider­wor­te o.ä. an den Rand notiert hatte.

Und wäh­rend die Phö­nix-Chro­nik den Betrug offen ansprach („Heu­te wis­sen wir, dass in dem in die­sem Spiel ver­wen­de­ten Ball eine zwei­te Gum­mi­bla­se war und er dadurch exzen­trisch und viel zu schwer gemacht wur­de“) baut die KFV-Chro­nik auf aus­glei­chen­de Gerech­tig­keit: „Mag die­se Behaup­tung stim­men oder nicht, es wird wohl – wie das gefälsch­te Tele­gramm – ein ewig unlös­ba­res Rät­sel bleiben“.

Erreg­te Spie­ler, „Ner­ven-Erschüt­te­run­gen“ – und ein Thronwechsel

Der Rest vom Spiel ist schnell erzählt. Die Repor­ter erkann­ten eine „begreif­li­che Erre­gung der Spie­ler“, ein „ver­rückt auf­re­gen­des und auf­ge­reg­tes Match“, „eine Men­ge Ein­zel­hei­ten, die guter eng­li­scher Ama­teur­klas­se gleich­ge­stellt wer­den kön­nen“ sowie einen KFV, der „vor der Pau­se durch gera­de­zu wun­der­ba­re Leis­tun­gen sei­nem Geg­ner sehr hart zusetz­te“, ein „halb­stün­di­ges Bom­bar­de­ment“ abfeu­er­te und dass dies, zusam­men mit der „her­vor­ra­gen­den Ver­tei­di­gung des Phö­nix“, zu einem „glanz­vol­len Fuß­ball­wett­kampf“ führ­te, der „oft durch den begeis­tern­den Bei­fall des Publi­kums unter­bro­chen wur­de.“ Nach Abklin­gen der durch den getürk­ten Ball ver­ur­sach­ten „Ner­ven-Erschüt­te­rung“ und „Panik“ der Phö­nix-Spie­ler „gelang ihnen, die sonst so blen­den­de Kom­bi­na­ti­on des Geg­ners zu zer­stö­ren und mit der ihnen eige­nen Pfeil­ge­schwin­dig­keit dem ande­ren Tor ent­ge­gen­zu­stre­ben!“ Der KFV geriet ins Schwim­men: „Wenn ande­re Mann­schaf­ten vor Bedräng­nis und deren Abwehr Schweiß­strö­me ver­gos­sen, dann hat KFV hier Blut geschwitzt. Doch ver­lie­ßen ihn selbst dann die Kräf­te und die ruhi­ge Selbst­be­herr­schung nicht, als Phö­nix durch ‚Vater’ Bei­er sei­nen Tor­vor­sprung kürzte.“

Der „Thron­wech­sel unter den Karls­ru­her Meis­tern“ (Mich­ler) rück­te näher – und wur­de zum „heroi­schen Kampf von zehn KFV-Spie­lern“ (KFV-Chro­nik). „Phö­nix griff wohl zum Schluss noch an, als kämen Mee­res­wo­gen daher. Allein För­de­rer ver­tei­dig­te als soge­nann­ter flie­gen­der Läu­fer und schlug mit einer Vehe­menz die Bäl­le zurück, dass sich nur noch die Arbeit Hol­steins damit ver­glei­chen ließ, wenn er, in der Luft ste­hend oder lie­gend, drei Angrei­fer mit­zu­tra­gen hat­te und doch die Bäl­le weg­brach­te. Tscher­ter [der die Kunst des „Umschwei­fens“, also den Ball am Geg­ner vor­bei­le­gen, per­fek­tio­niert haben soll] und Fuchs schaff­ten durch Ein­zel­läu­fe über drei­vier­tel der Spiel­feld­län­ge vor­über­ge­hend Luft. Trotz­dem war der Schluss­pfiff eine Erlö­sung für den KFV!“, liest man im „End­spiel-Fie­ber“. Und auch Neu­mai­er muss­te in sei­nem Tage­buch aner­ken­nen: „Nach Halb­zeit hat­ten wir das Spiel ganz in der Hand, konn­ten jedoch gegen zu fes­te Mau­ern des KFV nicht gleich­zie­hen.“ Als der KFV spä­ter Meis­ter wird, ist die Riva­li­tät schon fast ver­ges­sen: „Ein ethi­scher Höhe­punkt war, als unter den ers­ten Tele­gram­men noch am Abend ein Glück­wunsch des Alt­meis­ters und Lokal­ri­va­len ‚FC Phö­nix’ ein­lief“, freu­te sich die KFV-Chronik.