Sta­di­on Telegrafen-kaserne

Abbil­dung: Bereits 1899 wur­de dem KFV eine Flä­che auf dem Gelän­de des gro­ßen Exer­zier­plat­zes fest zuge­spro­chen (Mel­dung aus der Stadt­rats­sit­zung vom 22. Dezem­ber 1899 / Karls­ru­her Tagblatt).

Der gro­ße Exer­zier­platz — „Ur-Län­der­spiel“ auf dem Are­al des spä­te­ren Stadions

Der gro­ße Exer­zier­platz war ein ca. 80 ha gro­ßes Gebiet im Wes­ten der Stadt Karls­ru­he, der 1820 durch Wald­ro­dung ent­stand. Auf der west­li­chen Sei­te die­ser gro­ßen Flä­che wur­den in der Karls­ru­her Fuß­ball­früh­ge­schich­te Spie­le ausgetragen.

Am 28. Novem­ber 1899 fand hier eines der sie­ben Ur-Län­der­spie­le (Län­der­ver­glei­che vor der Grün­dung des DFB) einer deut­schen Mann­schaft gegen eine Aus­wahl aus Eng­land statt. Vor 5.000 Zuschau­ern unter­lag die deut­sche Aus­wahl mit 0:7. 

Ein gro­ßer Teil des ehe­ma­li­gen gro­ßen Exer­zier­plat­zes liegt auf dem Gelän­de des alten Flug­ha­fens, aber nur ein Teil davon (die Ost­sei­te). Sehr wahr­schein­lich lag auch der heu­ti­ge KFV-Platz (Tele­gra­fen­ka­ser­ne) auch auf dem ehe­ma­li­gen Exer­zier­platz (inklu­si­ve der Tele­gra­fen­ka­ser­ne selbst die es aber damals noch nicht gab).

Da in Zei­tungs­quel­len zu Spie­len des KFV von der west­li­chen Sei­te des gro­ßen Exer­zier­platz­tes geschrie­ben wur­de, ist es mög­lich das auf dem heu­ti­gen KFV-Platz an der Tele­gra­fen­ka­ser­ne schon vor der Pach­tung des Platz­tes durch den KFV im Jah­re 1904, Fuß­ball­spie­le stattfanden.

Da wo die Dra­go­ner­ka­ser­ne stand, ist heu­te die Blü­cher- und Dra­go­ner­stra­ße. In der Kadet­ten­an­stalt ist heu­te die Ober­fi­nanz­di­rek­ti­on (= Molt­ke­stra­ße 50). Den Exer­zier­platz gab es seit 1820, die Kadet­ten­an­stalt und die Infan­te­rie­ka­ser­ne kamen in den 1890er Jah­ren hinzu.

 

Geweih­ter Boden: Das Sta­di­on an der Telegraphenkaserne

1904 stimm­te der Stadt­rat der Über­ga­be von 20.000 Qua­drat­me­tern „zur Her­stel­lung eines Sport­plat­zes“ zu — das war die Geburts­stun­de des KFV-Sta­di­ons. Die Stand­ort­wahl fiel nicht von unge­fähr, der Sport­platz wur­de in der Süd­west­ecke des eins­ti­gen gro­ßen Exer­zier­plat­zes errich­tet, wo der Ver­ein bereits zuvor regel­mä­ßig Spie­le aus­trug: Bereits in den 1880er Jah­ren bezo­gen die Fuß­ball­be­geis­ter­ten Karls­ru­her einen Sport­platz am West­rand des dama­li­gen Hardt­wal­des. In der Fol­ge schließt der KFV ein Pacht­ver­trag für das neue Sport­ge­län­de im Gewann Mitt­le­rer See an der ver­län­ger­ten Hardt­stra­ße (Hertz­stra­ße) ab.

Bei der Ein­wei­hung des KFV-Sta­di­ons am 1. Okto­ber 1905 sahen 2.000 Zuschau­er ein 8:0 über den FC Zürich. Das ers­te Spiel fand unter der Anwe­sen­heit des Prin­zen Max von Baden statt, der eigens für das Spiel einen Ehren­preis stif­te­te. „Die Anla­ge war ganz aus eige­nen Mit­teln und unter größ­ter Auf­op­fe­rung aller Mit­glie­der, durch deren eige­ne Hän­de mühe­vol­le Arbeit in den Frei­stun­den ent­stan­den“, schrei­ben die KFV-Chro­ni­ker zum Auf­bau des Sta­di­ons. Erst 1907 wur­de neben dem Platz die Tele­gra­phen­ka­ser­ne erbaut, die spä­ter dem Sta­di­on sei­nen Namen gab und die unver­kenn­ba­re, impo­san­te Kulis­se des Plat­zes begrün­de­te. Wie zwei über­gro­ße, impo­san­te Arme brei­tet sich die Kaser­ne an der Nord­sei­te des Plat­zes aus. Auf alten Foto­gra­fien ist die Spiel­stät­te daher leicht zu erken­nen: Im Hin­ter­grund steht stets die mäch­ti­ge Kaser­ne, in der heu­te ein Teil der Karls­ru­her Uni­ver­si­tät (KIT) unter­ge­bracht ist. Zuvor war dort das Tele­gra­phen-Batail­lon Nr. 4, ein Trup­pen­teil der König­lich-Preu­ßi­schen Armee, unter­ge­bracht, in der auch Rudolf Hirsch, Bru­der des KFV-Natio­nal­spie­lers Juli­us, aktiv dien­te. Rudolf Hirsch war in den 1920ern zunächst Kas­sier und dann Spiel­aus­schuss­vor­sit­zen­der des KFV und erhielt 1921 ein Diplom zur lang­jäh­ri­gen Mit­glied­schaft. Rudolf Hirsch kam am 15. Juli 1890 auf die Welt, über­leb­te den Holo­caust und starb am 3. April 1959 in Karlsruhe.

 Abbil­dung: Prinz Max von Baden, der letz­te Reichs­kanz­ler und gro­ßer För­de­rer des KFV, auf der neu­en Zuschau­er­büh­ne im KFV-Sta­di­on beim Spiel KFV gegen den Oxford-Uni­ver­si­ty-Asso­cia­ti­on-Foot­ball­club (1:3), 24.03.1907. Quel­le: KFV

An der Ecke Hertzstr./Julius-Hirsch-Str. ist immer noch ein Grün­der­zeit-Bau vor­han­den, auf dem man die Auf­schrift „Prinz Bert­hold” liest, laut Karls­ru­her Adress­buch von 1912 die „Wirt­schaft zum Prin­zen Bert­hold”. Hier kehr­te man nach gro­ßen Fuß­ball­kämp­fen ein und hier hat­te man auch der Nach­rich­ten vom KFV-Abschnei­den auf frem­den Plät­zen geharrt. Seit 2016 ist dort die „Krops­burg“ zuhau­se. Benannt wur­de das Haus nach Bert­hold Mark­graf von Baden, Ehren­mit­glied des KFV und Sohn des berühm­ten Max von Baden.

Das Spiel­feld wur­de zunächst von der als „Sta­ren­kas­ten” bezeich­ne­ten „wacke­li­gen Holz­tri­bü­ne“ (Chro­nik) ein­ge­fasst, die 1907 errich­tet wur­de. Hin­ter der Holz­tri­bü­ne war in der zwei­ten Hälf­te der 1920er Jah­re oft der KFV-Vor­sit­zen­de August Schnei­der zu fin­den, der vor Auf­re­gung kein Spiel des KFV ansah und sich erst am Ende einer Par­tie nach dem Ergeb­nis erkun­dig­te. Jah­re­lang saß hier Ver­eins­grün­der Walt­her Ben­se­mann auf der wack­li­gen Holz­tri­bü­ne. Auf eben die­ser saß auch Prinz Max von Baden, der letz­te Reichs­kanz­ler und gro­ßer För­de­rer des KFV, regel­mä­ßig, wie beim gut besuch­ten Spiel des KFV gegen den Oxford-Uni­ver­si­ty-Asso­cia­ti­on-Foot­ball­club (1:3) am 24. März 1907.

Auch als am Oster­mon­tag 1912 der Karls­ru­her FV gegen den Deut­schen Meis­ter Vik­to­ria 89 Ber­lin antrat (1:3), hieß es im “Karls­ru­her Tag­blatt”, dies sei „das Tages­ge­spräch der Sports­leu­te in ganz Süd­deutsch­land”: So brach­ten denn die Züge von nah und fern zahl­rei­che Sport­an­hän­ger. Der Zudrang nach dem Sport­plat­ze war gewal­tig. Die Wagen der Elek­tri­schen waren über­füllt. Auto folg­te auf Auto, Zuschau­er in end­lo­ser Zahl pil­ger­ten zum Spiel­platz” (Anm.: schließ­lich waren es 6.000 Zuschau­er).
1920 kam eine 360 Meter lan­ge Aschen­bahn zum Spiel­feld hin­zu. Der KFV erhält 1926 infol­ge des Anstiegs der Mit­glie­der­zah­len den bis­he­ri­gen Sport­platz der Con­cor­dia Karls­ru­he in der ver­län­ger­ten Hardt­stra­ße hin­zu, bei Über­nah­me der Schul­den des Ver­eins. 1939 folgt die Über­nah­me des bis­he­ri­gen Sport­plat­zes des VfB Karls­ru­he in der ver­län­ger­ten Hardtstraße.

Abbil­dung: KFV-Stad­t­i­on als neu­tra­ler Boden: Ent­schei­dungs­spiel um die Meis­ter­schaft Württemberg/Baden, 03.02.1924 in Karls­ru­he: Stutt­gar­ter Kickers — Frei­bur­ger FC 4:2. Bild: “Die Platz­an­la­ge des Karls­ru­her FV. 1905 als ers­ter geschlos­se­ner Fuß­ball­platz Süd­deutsch­lands errich­tet, war am Sonn­tag Schau­platz des gro­ßen Tref­fens Kickers — Frei­bur­ger FC”. Quel­le: Fuß­ball 1924 Nr. 6.


 

Klei­ner Exkurs: Die Gebrü­der Zins­er – Archi­tek­ten auf und neben dem grü­nen Rasen

Die Gebrü­der Gott­fried jun. und Juli­us Zins­er (1879 – 13. Mai 1929) tra­ten schon früh dem KFV bei. Bei­de waren auch erfolg­reich im Rudern und erran­gen den ers­ten Sieg bei einem Aus­lands­start des Karls­ru­her Ruder-Ver­eins „Wiking 1899“ in Luzern im Zwei­er. Juli­us Zins­er war der talen­tier­te­re Fuß­bal­ler der Bür­der und wur­de 1905 Vize­meis­ter mit dem KFV. Sowohl Gott­fried als auch Juli­us tra­ten in die die Fuß­stap­fen ihres Vaters und wur­den Archi­tek­ten. Nach Juli­us Zins­ers Plä­nen wur­de u.a. 1912 die Fabrik­hal­le der Hei­del­ber­ger Feder­hal­ter­fa­brik gebaut sowie das Hein­stein­werk Hei­del­berg, wel­ches im glei­chen Zeit­raum  ent­stand (heu­te beher­bergt das Gebäu­de u.a. einen deutsch-fran­zö­si­schen Kin­der­gar­ten). Zwei Jah­re nach dem Tod sei­nes Vaters starb KFV-Vize­meis­ter Juli­us Zins­er 1929 nach kur­zer Krank­heit in Karls­ru­he. Von sei­nem Bru­der Gott­fried Zins­er stam­men die Ent­wür­fe des Klub­hau­ses des KFV von 1909.

Abbil­dung: Ori­gi­nal­zeich­nung von Gott­fried Zins­er. Quel­le: KFV.

 

Abbil­dung: Unge­fäh­re Lage des frü­he­ren gro­ßen Exer­zier­plat­zes. Quel­le: KFV.
Abbil­dung: Der gro­ße Exer­zier­platz ist auf die­ser zeit­ge­nös­si­schen Kar­te (1900) links oben ein­ge­zeich­net. Quel­le: KFV
Abbil­dung: Prinz Max von Baden, der letz­te Reichs­kanz­ler und gro­ßer För­de­rer des KFV, auf der neu­en Zuschau­er­büh­ne im KFV-Sta­di­on beim Spiel KFV gegen den Oxford-Uni­ver­si­ty-Asso­cia­ti­on-Foot­ball­club (1:3), 24.03.1907. Quel­le: KFV
Abbil­dung: KFV-Stad­t­i­on als neu­tra­ler Boden: Ent­schei­dungs­spiel um die Meis­ter­schaft Württemberg/Baden, 03.02.1924 in Karls­ru­he: Stutt­gar­ter Kickers — Frei­bur­ger FC 4:2. Bild: “Die Platz­an­la­ge des Karls­ru­her FV. 1905 als ers­ter geschlos­se­ner Fuß­ball­platz Süd­deutsch­lands errich­tet, war am Sonn­tag Schau­platz des gro­ßen Tref­fens Kickers — Frei­bur­ger FC”. Quel­le: Fuß­ball 1924 Nr. 6. 
Abbil­dung: KFV vs. FC Phoe­nix 1928 (4:2). Quel­le: Stadt­ar­chiv Karlsruhe.
Abbil­dung: Ein­wei­hung neu­er Tri­bü­nen, Quel­le: KFV
Abbil­dung: Frü­he­re Holz­tri­bü­ne des KFV-Sta­di­ons. Quel­le: Stadt­ar­chiv Karlsruhe.
Abbil­dung: Füh­rung durch das alte KFV-Sta­di­on: Der frü­he­re 2. Vor­sit­zen­de des KFV, Stef­fen Her­ber­ger und Andre­as Hirsch, ein Enkel von KFV-Natio­nal­spie­ler Juli­us Hirsch. Quel­le: KFV.
Abbil­dung: Die Kom­mer­zia­li­sie­rung des Fuß­balls war schon in den 1920er Jah­ren vor­an­ge­schrit­ten. Hier beschwer­te sich die Brau­er­rei Monin­ger über den Aus­schank von Eich­baum-Bie­ren beim KFV. Quel­le: KFV.
Abbil­dung: Ori­gi­nal­zeich­nung von Gott­fried Zins­er. Quel­le: KFV.
Die Tra­di­ti­ons­mann­schaft des KFV – bestehend aus frü­he­ren und aktu­el­len Spie­lern des Alt­meis­ters – reis­te bereits am frü­hen Mor­gen mit dem Bus nach Bern und besuch­te davor gemein­sam mit dem Schwei­zer Gast­ge­ber das Muse­um der Young Boys Bern im Sta­di­on, wo sich die Karls­ru­her Mann­schaft in das Gäs­te­buch ein­trug. Den Karls­ru­hern wur­de schnell klar: Der zwölf­ma­li­ge Schwei­zer Meis­ter wur­de wie der KFV von Gym­na­si­as­ten gegrün­det und blickt auf eine sehr lan­ge Tra­di­ti­on zurück.
Eini­ge mit­ge­reis­te KFV-Fans und Ange­hö­ri­ge feu­er­ten die Schwarz-Roten im anschlie­ßen­den Spiel im Sta­di­on an. Nach der Par­tie wur­den Wim­pel und Geschen­ke aus­ge­tauscht. Im Sta­di­on­re­stau­rant „Ele­ven“ speis­ten bei­de Mann­schaf­ten schließ­lich zusam­men.
Wolf­gang Ade, Koor­di­na­tor der KFV-Tra­di­ti­ons­mann­schaft, orga­ni­sier­te die Rei­se der Karls­ru­her in die Schweiz. „Wir dan­ken den Senio­ren 40+ des BSC Young Boys Bern/Wyler für das tol­le und fai­re Freund­schafts­spiel“, so der frü­he­re Spie­ler und Trai­ner des KFV. „Das kom­plet­te Bern-Wochen­en­de war ein unver­gess­li­ches Erleb­nis“. Rüdi­ger Herr – stets eng in Kon­takt mit Ade – orga­ni­sier­te auf Sei­ten der Ber­ner Vete­ra­nen­elf das Freundschaftsspiel.
Abbil­dung: Kurz vor dem ers­ten deut­schen Län­der­spiel­sieg: För­de­rer (KFV), Kipp und Ober­le erwar­ten einen Ball von Schwei­ckert. Quel­le: KFV-Archiv.
Abbil­dung: Ers­ter deut­scher Län­der­spiel­sieg der Fuß­ball­na­tio­nal­mann­schaft, 1909 auf dem Platz des Karls­ru­her FV in Karls­ru­he (1:0 gegen die Schweiz). Quel­le: DFB.

His­to­ri­scher Tag: Der ers­te Sieg der deut­schen Fuß­ball­na­tio­nal­mann­schaft im Sta­di­on an der Telegrafenkaserne

Der eigent­li­che Schirm­herr, sei­ne könig­li­che Hoheit Prinz Max von Baden (1867–1929), spä­ter der letz­te Kanz­ler des deut­schen Kai­ser­reichs, sag­te kurz­fris­tig zum Län­der­spiel Deutsch­land gegen die Schweiz am 4. April 1909 im KFV-Sta­di­on ab. 

Am Tag zuvor hat­te er sich bei einer Auto­mo­bil­fahrt erkäl­tet, tele­gra­fier­te er. Die Begeis­te­rung für das erst fünf­te offi­zi­el­le Län­der­spiel des 1900 gegrün­de­ten Deut­schen Fuß­ball­bun­des (DFB) war den­noch unge­bro­chen: „Zu Fuß, per Rad, mit der Drosch­ke und mit dem Auto­mo­bil kam das Publi­kum“, berich­tet tags dar­auf die Badi­sche Pres­se. Auch aus der Schweiz reis­ten Fuß­bal­len­thu­si­as­ten an. Eine sen­sa­tio­nel­le Kulis­se von bis zu 7.000 Zuschau­ern fand sich im Sta­di­on an der Tele­gra­fen­ka­ser­ne ein. Eini­ge der Besu­cher waren womög­lich erst am Tag des Spiels durch eine unge­wöhn­li­che Wer­be­ak­ti­on ange­lockt wor­den: „Schon im Sport­dress wur­den wir durch die Stadt in Pfer­de­drosch­ken Rekla­me gefah­ren“, erin­ner­te sich Anfang der sech­zi­ger Jah­re der Pforz­hei­mer Rechts­au­ßen Her­mann Schwei­ckert. „Die meis­ten Pas­san­ten lach­ten und wink­ten uns zu. Eini­ge wand­ten sich aber auch sitt­lich ent­rüs­tet ab. Wir erschie­nen ihnen mit unse­ren nack­ten Knien als anstö­ßig.“ Im Sta­di­on ver­sam­mel­te sich den­noch reich­lich „vor­neh­mes Publi­kum“, wozu „Ver­tre­ter der Staats‑, Mili­tär- und Stadt­be­hör­den“ zähl­ten.
Die Spie­ler tra­ten ab 15.40 Uhr in schwar­zen Tri­kots mit wei­ßen Ärmeln und einem gro­ßen Reichs­ad­ler auf der Brust gegen die Schweiz an (Ertz, 2009).

Seit dem ers­ten Län­der­spiel der DFB-Geschich­te, bei­na­he auf den Tag genau vor einem Jahr, am 5. April 1908 (3:5 in Basel gegen die Schweiz) ver­zeich­ne­te deut­sche Län­der­spiel­ge­schich­te noch kei­nen ein­zi­gen Sieg.

Die Auf­stel­lung der Natio­nal­mann­schaft erfol­ge durch Ver­hand­lun­gen der regio­na­len Ver­bän­de. Einen Natio­nal­trai­ner gab es noch nicht. Folg­lich spiel­ten auch in Karls­ru­he aus­schließ­lich süd­deut­sche Spie­ler. Der DFB ent­schied sich für den 4. April zu einem dop­pel­ten Län­der­spiel: Eine Aus­wahl nord­deut­scher Ver­ei­ne spiel­te in Buda­pest gegen Ungarn (3:3), wäh­rend in Karls­ru­he süd­deut­sche Spie­ler aufliefen.

In Karls­ru­he begrüß­te Spiel­füh­rer Josef Gla­ser vom Frei­bur­ger FC sei­ne Kame­ra­den erst am Vor­mit­tag des Spiels. Alle Spie­ler wur­den per Tele­gramm nach Karls­ru­he ein­ge­la­den. Neben Gla­ser gehör­ten Emil Ober­le (Phö­nix Karls­ru­he), Otto Löb­le (Stutt­gar­ter Kickers), Karl Bur­ger von der SpVgg Fürth, der die wei­tes­te Anrei­se hat­te, Eugen Kipp, der für die Sportfreunde.und spä­ter für die Stutt­gar­ter Kickers aktiv war und natür­lich, der ein­zi­ge KFV-Akteur auf dem Platz, Fritz För­de­rer zu den bekann­tes­ten Spielern.

Um etwa halb Drei sol­len als ers­te die Schwei­zer das Spiel­feld betre­ten haben. Mit Warm­mach­übun­gen kön­nen sich die Fuß­ball­pio­nie­re also kaum auf­ge­hal­ten haben. Bei star­kem Wind erkämpf­ten sich die Deut­schen ein Über­ge­wicht. „Wir har­mo­nier­ten recht gut, weil wir uns von den süd­deut­schen Liga­spie­len her kann­ten“, erin­nert sich Schwei­ckert. „In flot­tem Tem­po wog­te der Kampf auf und ab“, kom­men­tier­te der Repor­ter des „Karls­ru­her Tag­blatts“. Sein Kol­le­ge von der „Badi­schen Lan­des­zei­tung“ scheint schon für ande­re Schlach­ten zu üben. Er beschreibt den Füh­rungs­tref­fer so: „4 Uhr 20 Minu­ten [Anmer­kung d. Redak­ti­on: 25. Spiel­mi­nu­te]. End­lich glück­te es Kipp in einem hart­nä­cki­gen und auf­re­gen­den Nah­kampf, den Ball durch das feind­li­che Tor zu trei­ben.“ Laut dem Zeit­zeu­gen Schwei­ckert erhielt jeder Schwei­zer Spie­ler einen Beglei­ter zur Sei­te gestellt, der ihn über sei­nen deut­schen Gegen­spie­ler auf­klär­te. In der Halb­zeit blie­ben die Spie­ler auf dem Platz. „Zum Teil rede­ten wir uns sehr höf­lich mit „Sie“ an“, so Schwei­ckert.
Nach der Pau­se ver­such­ten es die Deut­schen immer mehr mit Ein­zel­ak­tio­nen, ein wei­te­rer Tref­fer fiel nicht mehr. Deutsch­land hat­te zum ers­ten Mal ein Fuß­ball­län­der­spiel gewon­nen! Zu Ende ging der Tag mit einem Fest­ban­kett, bei dem ein Hof­opern­sän­ger auf­trat. Die Spie­ler tra­ten noch mal gegen­ein­an­der an – in einem Sän­ger­wett­streit: „Die Schwei­zer jodel­ten und wir schmet­ter­ten unse­re Fuß­ball­lie­der: Unent­schie­den“, schil­der­te Schwei­ckert sei­ne Erinnerungen.

Abbil­dung: Ers­ter deut­scher Län­der­spiel­sieg der Fuß­ball­na­tio­nal­mann­schaft, 1909 auf dem Platz des Karls­ru­her FV in Karls­ru­he (1:0 gegen die Schweiz). Quel­le: DFB.

Abbil­dung: Kurz vor dem ers­ten deut­schen Län­der­spiel­sieg: För­de­rer (KFV), Kipp und Ober­le erwar­ten einen Ball von Schwei­ckert. Quel­le: KFV-Archiv.

Ste­no­gramm
Deutsch­land: Eber­hardt Ill­mer (FV Straß­burg), Otto Nicode­mus (SV Wies­ba­den), Robert Neu­mai­er (Phö­nix Karls­ru­he), Arthur Hil­ler (1. FC Pforz­heim), Josef Gla­ser (Frei­bur­ger FC), Karl Bur­ger (SpVgg Fürth), Her­mann Schwei­kert (1. FC Pforz­heim), Emil Ober­le (Phö­nix Karls­ru­he), Otto Löb­le (Stutt­gar­ter Kickers), Eugen Kipp (Sport­freun­de Stutt­gart), Fritz För­de­rer (KFV)

Schweiz: Josef Ochs­ner (FC La Chaux-de-Fonds), Oskar Kihm (FC Aar­au), Albert Neu­wei­ler (Excel­si­or Win­ter­thur), Emi­le Gla­ser (FC Zürich), Hein­rich Mül­ler (Excel­si­or Win­ter­thur), Alfred Rub­li (BSC Young Boys Bern), Otto Fehl­mann (FC Aar­au), Geor­ges Lang (Excel­si­or Win­ter­thur), Juli­us Staub (FC Young Fel­lows Zürich), Emil Has­ler (FC Basel), Schnei­der (Gras­shop­per Zürich)

Tore: Eugen Kipp (25.), Schieds­rich­ter: Albert Sohn (Frank­furt am Main), Zuschau­er: 7000

Das Ver­eins­heim des KFV war bei Anla­ge des Sta­di­ons eines der moderns­ten Deutsch­lands, so hat­te es bereits im Jahr 1910 Mas­sa­ge­räu­me und ab 1920 sogar ein Ent­mü­dungs­be­cken. Vie­ler die­ser Ein­rich­tun­gen wur­den bei Spit­zen­klubs erst nach dem Zwei­ten Welt­krieg umgesetzt.

„Die Platz­an­la­ge des Karls­ru­her FV. 1905 als ers­ter geschlos­se­ner Fuß­ball­platz Süd­deutsch­lands errich­tet“ (Fuß­ball 1924 Nr. 6) war zudem oft­mals Schau­platz wei­te­rer gro­ßer Auf­ein­an­der­tref­fen. So fand bspw. 1922 das Vier­tel­fi­na­le der deut­schen Meis­ter­schaft zwi­schen Wacker Mün­chen und Armi­nia Bie­le­feld (5:0) vor 10.000 Zuschau­ern, 1924 das Ent­schei­dungs­spiel um die Meis­ter­schaft Württemberg/Baden zwi­schen den Stutt­gar­ter Kickers und dem Frei­bur­ger FC (4:2) oder das Vor­run­den­spiel der deut­schen Meis­ter­schaft zwi­schen Wald­hof Mann­heim und Vik­to­ria Köln 1937, vor immer­hin 6000 Zuschau­ern statt.

Wie­der­auf­bau nach Zer­stö­rung / Publi­kums­re­kord 1949

Da die nahe Tele­gra­phen­ka­ser­ne im Krieg Ziel der Luft­an­grif­fe war, wur­de der KFV-Platz 1944 fast völ­lig zer­stört. Zudem park­te die US-Army bis zum 1. Febru­ar 1946 dort Räum­fahr­zeu­ge. Als 1945/46 die Ober­li­ga Süd – die damals höchs­te Spiel­klas­se – star­te­te, muss­te der KFV „für eine ziem­lich hohe Platz­mie­te“ beim KSC-Vor­läu­fer FC Phö­nix im Hardt­wald, am Ort des heu­ti­gen Wild­park­sta­di­ons sei­ne „Heim­spie­le“ absol­vie­ren. Aus der Not ent­stand in den Rei­hen des KFV der Gedan­ke, ähn­lich wie in Stutt­gart, Mün­chen und Frankfurt/M. an der Hertz­stra­ße ein Karls­ru­her „Zen­tral­sta­di­on“ für 30.000 bis 40.000 Men­schen zu bau­en. Das Städ­ti­sche Hoch­bau­amt aber woll­te – ver­ständ­lich ange­sichts der herr­schen­den Woh­nungs­not –, die erfor­der­li­chen 2.000 Sack Zement nicht lie­fern und stell­te nur 200 zur Ver­fü­gung. Auch Geld­mit­tel für einen Tri­bü­nen-Neu­bau ver­sag­te die Stadt. Immer­hin brach­te der KFV sein Sta­di­on auf ein Fas­sungs­ver­mö­gen von 40.000. Der  Platz­aus­bau belas­te­te den KFV der­art, dass er im Dezem­ber 1948 vor der Zah­lungs­un­fä­hig­keit stand. Die Stadt erließ dar­auf­hin zum Teil die Platz­mie­ten. Auf­grund sei­nes Sta­di­on­aus­baus konn­te der KFV jedoch nicht in Neu­zu­gän­ge inves­tie­ren, wor­aus mit­tel­fris­tig ein sport­li­cher Nach­teil ent­stand. Immer­hin konn­te der letzt­mals erst­klas­si­ge KFV am 17.November 1946 in sein Sta­di­on zurück­keh­ren, als 15.000 Zuschau­er das 1:0 des 1. FC Nürn­berg sahen. Die Publi­kums­nach­fra­ge war mit fast 7.500 Besu­chern pro Spiel unge­bro­chen. Der Zuschau­er­re­kord an der Tele­gra­phen­ka­ser­ne kam in der Deut­schen Meis­ter­schaft 1949 zustan­de, als sich dort am 19. Juni im Wie­der­ho­lungs­spiel nach einem 2:2 n. V. in Kai­sers­lau­tern im Vier­tel­fi­na­le Worma­tia Worms und Kickers Offen­bach (0:2) gegen­über stan­den. 35.000 Zuschau­er wur­den gezählt, die u .a. in Son­der­zü­gen aus Worms, Offen­bach, Hanau, Stutt­gart und Süd­ba­den anreisten. 

Abbil­dung: Das Rekord­spiel 1949, Quel­le: KFV.

Kost­spie­li­ges Ver­eins­heim
Die Grund­stein­le­gung für das neue Gebäu­de des Ver­eins­heims fand am 11. Mai 1968 statt. Finan­ziert wur­de es mit Zuschuss­mit­teln von Stadt und Staat sowie Dar­le­hen der Braue­rei Monin­ger und der Fir­ma Troul­lier. Zuvor über­re­de­te Rüs­sel die KFV-Mit­glie­der dem Vor­ha­ben zuzu­stim­men. Am 26. Okto­ber 1969 konn­te es ein­ge­weiht wer­den. Im Unter­ge­schoss gab es eine auto­ma­ti­sche Kegel­an­la­ge, auf der Ebe­ne des Sport­plat­zes befan­den sich vier Umklei­den mit Duschen, Schieds­rich­ter- und Sani­täts­raum. Im Ober­ge­schoss war der gro­ße, bewir­te­te Saal mit Ter­ras­se, gleich­zei­tig Tri­bü­ne.
Ein­ge­denk sei­ner Rol­le als Fuß­ball-Pio­nier und Deut­scher Ex-Meis­ter bat der 80-jäh­ri­ge Jubi­lar KFV 1971 den DFB, des­sen Natio­nal­mann­schaft in Karls­ru­he gegen Alba­ni­en antrat, im Vor­feld die­ser Begeg­nung um ein Freund­schafts­spiel. Der DFB teil­te, auch im Sin­ne von Bun­des­trai­ner Hel­mut Schön, mit, dafür sei kei­ne Zeit.

Abriss des Ver­eins­heims, Umge­stal­tung der Platz­an­la­ge und Ent­eig­nung
„Alles war zwar etwas über­wu­chert, aber die His­to­rie war über­all greif­bar. Das ist so ein unglaub­lich his­to­risch besetz­ter Ort gewe­sen. Ich war damals dabei, die „Urplät­ze“ der Fuß­ball­früh­ge­schich­te auf­zu­su­chen, und nir­gend­wo war die Geschich­te der­art prä­sent und greif­bar wie beim KFV“, erin­nert sich Fuß­ball­his­to­ri­ker Har­dy Grü­ne an sei­nen Besuch beim KFV. Doch 2006 ver­schwan­den die Stehr­än­ge für zuletzt 4.000 Zuschau­er sowie das maro­de Ver­eins­heim. Redu­ziert hat­te man das Fas­sungs­ver­mö­gen wegen des Aus­baus der angren­zen­den Hertz­stra­ße bereits frü­her. Den Gras­wall des eins­ti­gen Sta­di­ons zur Hertz­stra­ße hin kann man heu­te noch gut erken­nen, die Rück­mau­er schmü­cken nach wie vor alte Rekla­men: “Spar­kas­se Karls­ru­he”, “Auto­haus Bade­nia”, “Fei­er­abend! …und jetzt ein Monin­ger” (die auf­ge­ge­be­ne Braue­rei-Gast­stät­te “Zum Monin­ger”, Ecke Kai­ser­str. 144/Karlstraße im Zen­trum, war das lang­jäh­ri­ge KFV-Vereinslokal).

Die Grund­stein­le­gung für das neue Gebäu­de des Ver­eins­heim fand am 11. Mai 1968 statt. Finan­ziert wur­de es mit Zuschuss­mit­teln von Stadt und Staat sowie Dar­le­hen der Braue­rei Monin­ger und der Fir­ma Troul­lier. Am 26. Okto­ber 1969 konn­te es ein­ge­weiht wer­den. Im Unter­ge­schoss gab es eine auto­ma­ti­sche Kegel­an­la­ge, auf der Ebe­ne des Sport­plat­zes befan­den sich vier Umklei­den mit Duschen, Schieds­rich­ter- und Sani­täts­raum. Im Ober­ge­schoss war der gro­ße, bewir­te­te Saal mit Ter­ras­se, gleich­zei­tig Tribüne.

 

 

Abbil­dung: Das Rekord­spiel 1949, Quel­le: KFV.
Abbil­dung: Urkun­de über die Grund­stein­le­gung des Ver­eins­heims im Jah­re 1968. Quel­le: KFV
Abbil­dung: Gemein­sa­mes Bege­hen der Bau­stel­le des neu­en Klubheims.Quelle: KFV.
Abbil­dung: Gemein­sa­mes Bege­hen der Bau­stel­le des neu­en Klubheims.Quelle: KFV.
Abbil­dung: Ein­gang in das Sta­di­on an der Hertz­stra­ße (1996), Quel­le: KFV.
Abbil­dung: Die Kabi­nen im KFV-Sta­di­on (1998), Quel­le: KFV.
Die Tra­di­ti­ons­mann­schaft des KFV – bestehend aus frü­he­ren und aktu­el­len Spie­lern des Alt­meis­ters – reis­te bereits am frü­hen Mor­gen mit dem Bus nach Bern und besuch­te davor gemein­sam mit dem Schwei­zer Gast­ge­ber das Muse­um der Young Boys Bern im Sta­di­on, wo sich die Karls­ru­her Mann­schaft in das Gäs­te­buch ein­trug. Den Karls­ru­hern wur­de schnell klar: Der zwölf­ma­li­ge Schwei­zer Meis­ter wur­de wie der KFV von Gym­na­si­as­ten gegrün­det und blickt auf eine sehr lan­ge Tra­di­ti­on zurück.
Eini­ge mit­ge­reis­te KFV-Fans und Ange­hö­ri­ge feu­er­ten die Schwarz-Roten im anschlie­ßen­den Spiel im Sta­di­on an. Nach der Par­tie wur­den Wim­pel und Geschen­ke aus­ge­tauscht. Im Sta­di­on­re­stau­rant „Ele­ven“ speis­ten bei­de Mann­schaf­ten schließ­lich zusam­men.
Wolf­gang Ade, Koor­di­na­tor der KFV-Tra­di­ti­ons­mann­schaft, orga­ni­sier­te die Rei­se der Karls­ru­her in die Schweiz. „Wir dan­ken den Senio­ren 40+ des BSC Young Boys Bern/Wyler für das tol­le und fai­re Freund­schafts­spiel“, so der frü­he­re Spie­ler und Trai­ner des KFV. „Das kom­plet­te Bern-Wochen­en­de war ein unver­gess­li­ches Erleb­nis“. Rüdi­ger Herr – stets eng in Kon­takt mit Ade – orga­ni­sier­te auf Sei­ten der Ber­ner Vete­ra­nen­elf das Freundschaftsspiel.